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Russland

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Russland (Begriffsklärung) aufgeführt.
Российская Федерация
Rossijskaja Federazija
Russische Föderation
Flagge Russlands
Wappen Russlands
Flagge Wappen
Amtssprache Russisch, Sprache der Nationalitäten in den Teilrepubliken und Autonomen Kreisen
Hauptstadt Moskau
Staatsform Semipräsidiale Republik
Staatsoberhaupt Präsident Dmitri Medwedew
Regierungschef Ministerpräsident Wladimir Putin
Fläche (1.) 17.075.400 km², davon in Europa: 3.952.550 km², in Asien: 13.122.850 km²
Einwohnerzahl (9.) 142.905.200 (Volkszählung 2010)
Bevölkerungsdichte (179.) 8 Einwohner pro km²
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (Nominal)
  • Total (PPP)
  • BIP/Einw. (Nominal)
  • BIP/Einw. (PPP)
2010[1]
  • 1.479 Mrd. US$ (12.)
  • 2.230 Mrd. US$ (7.)
  • 10.355 US$ (60.)
  • 15.611 US$ (52.)
Human Development Index 0,817 (71.)
Währung 1 Rubel = 100 Kopeken
Gründung 862: Rurikiden-Dynastie
882: Kiewer Rus
1263: Großfürstentum Moskau
1547: Zarentum Russland
1721: Russisches Kaiserreich[2]
1917: Russische Republik
1917: Sowjetrussland[3]
1917: RSFSR
12. Juni 1990: Russische Föderation (Souveränitätserklärung)[4]
Nationalhymne Hymne der Russischen Föderation
Nationalfeiertag 12. Juni (Tag Russlands)
Zeitzone UTC +3 bis +12
Kfz-Kennzeichen RUS
Internet-TLD .ru, .рф und .su
Telefonvorwahl +7
Russia on the globe (Russia centered).svg
Rs-map (de).png

Russland (russisch Россия Audio-Datei / Hörbeispiel Aussprache?/i, Transkription Rossija; beziehungsweise amtlich Russische Föderation oder seltener Russländische Föderation, russisch Российская Федерация, Audio-Datei / Hörbeispiel Aussprache?/i/Transkription Rossijskaja Federazija) ist ein Staat im nordöstlichen Eurasien, flächenmäßig der größte der Erde und zählt knapp 143 Millionen Einwohner. Die Hauptstadt ist Moskau. Mit mehr als einhundert indigener Ethnien gilt Russland als Vielvölkerstaat, wobei ethnische Russen etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Die Russische Föderation ist „Fortsetzerstaat[5] der Sowjetunion in internationalen Organisationen, Atommacht und ständiges Mitglied des Weltsicherheitsrates. Das Land gilt nach der partiellen Erholung von der postkommunistischen Transformationskrise insbesondere wegen des Reichtums an natürlichen Ressourcen als wichtige Industrienation und wurde deshalb als Mitglied in die wirtschaftspolitische G8 aufgenommen.[6]

Geographie

Angrenzende Staaten und Meere

Im Folgenden sind die an Russland angrenzenden Nachbarländer und Meere entgegen dem Uhrzeigersinn aufgeführt. Die Grenzlänge ist hinter den jeweiligen Staaten in Klammern angegeben.

Russland und die Volksrepublik China haben mit jeweils vierzehn die größte Anzahl von Nachbarstaaten mit einer Landgrenze.

Das russische Kernland grenzt an die Staaten Norwegen (196 Kilometer) und Finnland (1.340 Kilometer), gefolgt von einem kurzen Küstenstreifen zur Ostsee. Danach teilt sich Russland eine Grenze mit den baltischen Ländern Estland (334 Kilometer) und Lettland (217 Kilometer), weiter südlich gefolgt von Weißrussland (959 km) und der Ukraine (1.576 Kilometer).

Das Schwarze Meer trennt die europäischen Grenzen Russlands von den asiatischen. Im Kaukasus grenzen Georgien (723 Kilometer) und Aserbaidschan (284 Kilometer) an. Es folgt ein Küstenstreifen am Kaspischen Meer und eine lange gemeinsame Grenze mit Kasachstan (6.846 Kilometer).

In Ostasien grenzt Russland erstmals an die Volksrepublik China (etwa 40 Kilometer) und dann an die Mongolei (3.485 Kilometer). Danach trifft das russische Hoheitsgebiet zum zweiten Mal mit dem der Volksrepublik China zusammen (3.605 Kilometer). Mit Nordkorea (19 Kilometer) besteht die letzte Landverbindung zu einem anderen Staat. Danach folgen die Küstenlinien zum Japanischen Meer, dem Ochotskischen Meer, zum Pazifischen Ozean und schließlich zur Beringsee. Über die nur etwa 85 Kilometer schmale und 30 bis 50 Meter tiefe Beringstraße ist Russland im äußersten Osten von Alaska getrennt. Die inmitten der Beringstraße befindliche russische Große Diomedes-Insel liegt nur vier Kilometer von der US-amerikanischen Kleinen Diomedes-Insel entfernt.

Der gesamte nördliche Teil des Landes grenzt an den Arktischen Ozean. Dort liegen verschiedene zu Russland gehörende Inseln, als nördlichste Franz-Josef-Land. Russland betrachtet zudem noch weitere Gebiete der Arktischen Ozeans und der Eisfläche als Teil seines Hoheitsgebietes.

Neben dem Kernland besitzt Russland noch eine Exklave, den nördlichen Teil des ehemaligen Ostpreußens, die heutige Oblast Kaliningrad. Die Exklave grenzt an Litauen (227 Kilometer) und Polen (206 Kilometer) und gehörte bis 1945 zu Deutschland.

Die Gesamtlänge der Landesgrenzen beträgt 20.017 Kilometer, die Küstenlinie umfasst 37.653 Kilometer.

Das Land ist in neun Zeitzonen eingeteilt (von UTC+3 bis UTC+12). Seit 2011 gibt es keine Sommerzeit mehr.


Großlandschaften

Topografie von Russland


Russland gliedert sich geografisch betrachtet hauptsächlich in die folgenden Großlandschaften (etwa in West-Ost-Richtung):

Flüsse

Im europäischen Teil Russlands ist der wichtigste Fluss die Wolga. Sie ist der längste Fluss Europas und verläuft ausschließlich in Russland. Nach 3.534 Kilometern mündet sie schließlich ins Kaspische Meer. Als Wasserweg erfährt die Wolga besondere Bedeutung, da sie Nordeuropa mit Zentralasien verbindet. Eine große Bedeutung für die slawischen Staaten besitzt auch der Dnepr (auch Dnjepr genannt). Der Strom entsteht westlich von Moskau und fließt anschließend durch Weißrussland und die Ukraine, wo er ins Schwarze Meer mündet. Über den Dnepr-Bug-Kanal ist er mit dem polnischen Fluss Bug und mit Weichsel und Memel verbunden, was den Dnepr zu einer wichtigen Wasserstraße macht.

Wolga-Klippen im Süden der Oblast Saratow

Flüsse, die in das Kaspische Meer münden:

  • Die Wolga entspringt in den Waldaihöhen beim Dorf Wolgowerchowe (228 m ü. NN) und mündet ins Kaspische Meer (-28 m), hat also ein Gefälle von 256 Metern und ist mit 3.534 Kilometer Länge der längste Fluss Europas.
    • Die Kama ist ein 1.805 Kilometer langer, linker und der größte Nebenfluss der Wolga im europäischen Teil von Russland.
      • Die Wjatka ist ein 1.314 Kilometer langer Zufluss der Kama im Osten des europäischen Teils von Russland.
    • Die Oka ist ein rechter, 1.480 Kilometer langer Nebenfluss der Wolga im europäischen Teil Russlands.
      • Die Moskwa entspringt in den Smolensker Höhen, fließt von dort durch die zentralrussischen Oblaste Smolensk und Moskau und mündet in die Oka.
  • Der Ural entspringt im gleichnamigen Gebirge und verläuft in Richtung Süden nach Kasachstan. Da er erst jenseits der kasachischen Grenze schiffbar wird, hat er für Russland nur geringe wirtschaftliche Bedeutung, jedoch wird er allgemein als Teil der Innereurasischen Grenze angesehen.

Flüsse, die in den Atlantik münden:

Flüsse, die in das Polarmeer münden:

Das Lena-Delta, Infrarot-Satellitenbild
  • Die Petschora (Fluss) ist ein 1.809 Kilometer langer, zum Nordpolarmeer fließender Strom im nördlichen, europäischen Teil Russlands.
  • Der Ob entwässert 2.430.000 km² mit etwa 13.070 m³/sec (Jahresdurchschnitt 1994). Er fließt aus dem Altai in den Arktischen Ozean.
    • Der Tschulym ist ein 1.799 km langer Nebenfluss des Ob. Mit seinem rechten Quellfluss Weißer Ijus ist er 2.023 Kilometer lang.
    • Der Irtysch ist mit 4.248 Kilometer der längste Nebenfluss des Ob.
      • Der Tobol ist ein 1.591 Kilometer langer Zufluss des Irtysch in Kasachstan und Russland.
  • Der Jenissei entwässert 2.440.000 km² mit etwa 20.022 m³/sec (Jahresdurchschnitt 1995) und fließt aus dem Sajangebirge in den Arktischen Ozean.
    • Die Angara ist der einzige Abfluss des Baikalsees und mündet in den Jenissei.
      • Die Selenga ist ein Zufluss des Baikalsees und damit der Angara. Sie entspringt in der Mongolei.
    • Die Steinige und die Untere Tunguska münden in den Jenissei.
  • Die Lena entwässert 2.460.000 km² mit etwa 16.440 m³/sec (Jahresdurchschnitt 1994) und entspringt im Baikalgebirge. Sie mündet bei Tiksi.
  • Die Kolyma entwässert 526.000 km² mit etwa 2.728 m³/sec (Jahresdurchschnitt 1994) und fließt vom Tscherskigebirge nach Tscherski, wo sie mündet.

Flüsse, die in den Pazifik münden:

  • Der Amur, 2.824 km, mit Quellflüssen sogar 4.411 km lang, bildet oberhalb der Ussurimündung seit 1858/1860 einen Teil der Grenze zwischen Russland und China.
    • Der Ussuri ist ein rechter Nebenfluss des Amur in Russland und China. Der 588 Kilometer lange Fluss entspringt in Russisch-Fernost nordöstlich von Wladiwostok im Süden des Sichote-Alin-Gebirges.
    • Die Seja (russisch Зея) ist ein linker und etwa 1.200 Kilometer langer Nebenfluss des Amur in der Oblast Amur.

Gebirge und Berge

Datei:ElbrusKarach.jpg
Der Blick auf Elbrus, den höchsten Berg Russlands

Die russische Topografie ist sowohl von vielen Gebirgen und Gebirgszügen als auch von Senken geprägt.

Die bedeutendsten Gebirge in Russland sind (alphabetisch):

Altai, Baikalgebirge, Chibinen, Kaukasus, Kolymagebirge, Putoranagebirge, Sajangebirge, Stanowoigebirge, Stanowoihochland, Tannu-ola-Gebirge, Tscherskigebirge, Ural, Werchojansker Gebirge.

Der höchste Berg in Russland ist der Elbrus (5.642 Meter) im Kaukasus.

Städte

Die Innenstadt von Jekaterinburg

Die 10 größten Städte Russlands (ehemalige Namen aus sowjetischer Zeit in Klammern):

  1. MoskauZentralrussland (10,51 Millionen Einwohner)
  2. Sankt Petersburg (Leningrad)Nordwestrussland (4,58 Millionen Einwohner)
  3. NowosibirskSibirien (1,40 Millionen Einwohner)
  4. Jekaterinburg (Swerdlowsk)Ural (1,33 Millionen Einwohner)
  5. Nischni Nowgorod (Gorki)Wolga (1,27 Millionen Einwohner)
  6. Samara (Kuibyschew)Wolga (1,13 Millionen Einwohner)
  7. KasanWolga (1,13 Millionen Einwohner)
  8. OmskSibirien (1,13 Millionen Einwohner)
  9. TscheljabinskUral (1,09 Millionen Einwohner)
  10. Rostow am DonSüdrussland (1,04 Millionen Einwohner)

Für weitere Städte siehe Liste der Städte in Russland.

Klima- und Vegetationszonen

Alle Vegetationszonen auf einen Blick:
  • Kältewüste)
  • Tundrazone
  • Taiga
  • Mischwald
  • Steppe
  • Große Teile des Landes sind vom Kontinentalklima mit heißen Sommern und sehr kalten Wintern geprägt. Die Klima- und Ökozonen verlaufen in Russland weitgehend breitenkreisparallel, so dass eine Nord-Süd-Abfolge entsteht.

    Im Nordpolarmeer, herrscht die lebensfeindliche Kältewüste. Dies betrifft unter anderen den nördlichen Teil der Taimyrhalbinsel und die Inseln im Nordpolarmeer. Es herrscht ein ausgeprägtes Eisklima in der es kaum Pflanzen gibt. In dieser Zone gibt es nur wenige ständige Siedlungen. Die Durchschnittstemperaturen steigen nur in drei Monaten knapp über den Gefrierpunkt und in den kältesten Monaten Januar und Februar erreichen sie bis –30 °C. Die jährlichen Niederschlagsmengen in Form von Schnee steigen selten über 250 mm.

    Beginnend vom nördlichsten Eurasischen Festland schließt sich ein baumloser und durch Permafrost gekennzeichneter Landschaftsgürtel an, der eine Nord-Süde Ausdehnung zwischen 200-800 Kilometer besitzt und sich bis zum Polarkreis, im Mittelsibirischen Bergland bis 70° nördlicher Breite erstreckt. Die Küstenlandschaft im Norden ist mit Ausnahme der Bucht um das Weiße Meer von der Tundra geprägt. Die Sommer sind dort zu kurz und zu kühl, als dass sich Wald ausbilden könnte. Die Durchschnittstemperaturen liegen nur vier bis fünf Monate pro Jahr über dem Gefrierpunkt, wobei die wärmsten Monate in den Randgebieten ein Mittel über 10 °C aufweisen. Daher taut auch der Boden nur an der Oberfläche auf, so dass sich die reichlichen Niederschläge auf dem gefrorenen Unterboden stauen und die Tundra im Sommer in ein Meer von Sümpfen und Mooren mit einer Vegetation aus Flechten, Gräsern und Zwergsträuchern verwandeln. Landwirtschaft ist nicht möglich, nur die indigenen Rentiernomaden finden dort ihr Auskommen. Daher gibt es nur wenige menschliche Siedlungen. Weiter südwärts der Kältesteppe beginnen Fichten zunächst einzeln zu wachsen, um dann zusammen mit Moorbirken und Espen von Sümpfen durchsetzte Waldtundra zu bilden. An ihrem Südgrenze geht die Waldtundra dann fließend in die Waldzone über.

    Taiga bei Krasnojarsk

    Diese 1000 bis 2000 km breite Zone verläuft nördlich entlang der Linie St.Petersburg–Ufa–IrkutskSachalin und bildet den borealer Nadelwald, bzw. die Taiga. Die Waldzone durchzieht ganz Nordeurasien. Wegen dieser gewaltigen Ausdehnung gliedert sie sich in mehrere breitenparallelen Unterzonen: in den der Fläche nach weitaus dominierenden Nadelwaldgürtel, der Taiga im Norden und in den Mischwaldgürtel, der sich nur im europäischen Russland südlich daran anschließt. Die Taiga ihrerseits bildet drei breitenparallel hintereinander geschaltete Unterzonen.

    • Westlich des Urals besteht die nördliche Taiga aus niedrigen Fichtenwäldern mit vereinzelten Birken. Nur in Karelien herrscht die Kiefer vor.
    • Die mittlere Taiga bildet dunkle Fichtenwälder mit Einschlüssen von Birken, nach Süden hin zunehmend auch Kiefern, sowie ersten Vorboten von Laubhölzern wie der Winterlinde. Geringe Fruchtbarkeit des Bodens und Artenarmut der Vegetation macht diese Landschaft für eine Landwirtschaft ungeeignet.
    • Die südliche Taiga, zeichnet sich durch einen hohen Anteil von Laubhölzern am Unterwuchs aus, bedingt durch ergiebigere Böden. Die Taiga Sibiriens ist durch lichte Wälder, bestehend aus Sibirischen Lärchen, Fichten und Zirbelkiefern gekennzeichnet.

    Die Waldzone ist durch Kontinentales Klima mit einem starken Temperaturgefälle zwischen heißen Sommern und kalten Wintern geprägt. Die mittlere Jahrestemperatur nimmt vom Westen nach Osten deutlich ab. In Pskov beträgt sie noch 5,1 °C, sinkt aber bis zum Ural auf 2,3 °C ab und erreicht im westsibirischen Tomsk nur noch 0,1 °C. Im ostsibirischen Jakutsk liegt sie dann bei −10,0 °C. Die niedrigen Jahresmittel sind auf den langen und sehr kalten Winter in Sibirien zurückzuführen. Dagegen entsprechen die durchschnittlichen Sommertemperaturen dem mitteleuropäischen Mittel.

    In den von den kühlgemäßigten Klimaten beherrschten Gebieten die sich der Taiga südlich anschließen wächst sommergrüner Laub- und Mischwald. Verläuft im europäischen Russland innerhalb des Dreiecks St.Petersburg–Odessa–Ufa, außerdem in Westsibirien der Streifen Tscheljabinsk–Krasnojarsk und das Amur-Gebiet. Damit befinden sich in dieser Zone die am dichtesten besiedelten Regionen Russlands. Die Mischwaldzone verläuft damit in einem nach Osten hin sich verjüngenden Dreieck von den mittleren Karpaten und von der baltischen Küste bis an den Südural. Die Vegetation besteht aus Fichten, Kiefern und Eichen, die weiter südwärts in reinen Laubwald übergeht. Leithölzer bilden dort die Eiche und in der Westukraine Buche und Hainbuche. Kiefern wachsen wie auch im Mischwaldbereich am besten in sandigen Senken wie im Pripjetbecken. Östlich des Urals gibt es aus klimatischen Gründen keinen Mischwald. Stattdessen leiten in Westsibirien Birkenhaine unmittelbar von der Taiga in die Waldsteppe über. Der Mischwald tritt dann wieder im Fernen Osten auf. Die Mischwaldzone bietet für die Landwirtschaft im Allgemeinen akzeptable, die Laubwaldzone gute Existenzbedingungen.

    Iwan Schischkins Gemälde Der Roggen zeigt die Waldsteppe in der zentralen Schwarzerde-Region

    Weiter südlich folgt ein Steppengürtel, der am Unterlauf von Don und Wolga, Nordkaukasus, Kaspische Senke, Tuwa verläuft. Der Steppengürtel untergliedert sich im Norden in die Waldsteppe und im Süden in die eigentliche Steppe. Der Wald löst sich von Norden nach Süden in Inseln auf und verschwindet schließlich fast ganz. Das hängt mit dem nach Südosten abnehmenden Niederschlag bei gleichzeitig wachsender Verdunstungsintensität zusammen. Außer in Flusstälern (als Auwald) oder in Senken mit günstigen Grundwasserverhältnissen reicht das im Lössboden gespeicherte Wasser nicht aus, um den Flüssigkeitsbedarf von Laubhölzern zu decken. Daher bilden in der Waldsteppe Wiesen-, in der eigentlichen Steppe Federgrasformationen die Pflanzendecke. Der Steppengürtel ist aufgrund der fruchtbaren Schwarzerdeschicht ideal für den Getreideanbau.

    An der Schwarzmeerküste zwischen Noworossisk und Sotschi folgt eine Hartlaubwaldzone.

    Bevölkerung

    Die Bevölkerung Russlands ist sehr ungleichmäßig verteilt. 85 Prozent der Einwohner leben im europäischen Teil, der 23 Prozent des russischen Territoriums umfasst. Gleichzeitig leben nur 15 Prozent im flächenmäßig größeren asiatischen Teil, der 77 Prozent der Gesamtfläche ausmacht. Die Bevölkerungsdichte variiert von 362 Personen pro km² in der Hauptstadt und ihrer Umgebung (Gebiet Moskau) und unter eine Person pro km² im Nordosten und im Russischen Fernen Osten. Im Schnitt beträgt sie 8,3 Personen pro km².

    Völker und Sprachen

    Russland ist ein Vielvölkerstaat. Die größte Gruppe stellen die Russen, die mit 79,8 Prozent die Mehrheit der Bevölkerung bildet. Daneben gibt es fast 100 andere Völker auf dem Gebiet des Landes, wobei nur 23 Völker mehr als 400.000 Personen zählen. Größere Minderheiten sind die Tataren (4,0 Prozent), die Ukrainer (2,2 Prozent), die Armenier (1,9 Prozent), die Tschuwaschen (1,5 Prozent), die Baschkiren (1,4 Prozent), die Deutschen (0,8 Prozent) und andere. Zu den kleineren Minderheiten zählen beispielsweise die Mescheten und verschiedene Minderheiten jüdischen Glaubens. Sie sprechen meistens Sprachen aus dem Kreis der uralischen Sprachen (samojedische Sprachen), altaische Sprachen und paläosibirische Sprachen. Für viele nichtrussische Völker wurden Republiken mit weitgehender Autonomie errichtet. Während manche Minderheiten wie etwa Armenier und Deutsche auf die verschiedensten Regionen Russlands verteilt sind, gibt es auch auf europäischem Boden, also zwischen dem traditionellen russischen Siedlungsgebiet und dem Ural, mehrere indigene Völker. Groß ist die Zahl der Ethnien im Kaukasusgebiet, das erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zu Russland kam.

    Russisch ist die einzige überall geltende Amtssprache, parallel dazu wird in den einzelnen autonomen Republiken oftmals die jeweilige Volkssprache als zweite Amtssprache verwendet. Das kyrillische Alphabet ist die mit der Ausnahme Tatarstans einzige offizielle Schrift, und es besteht die Richtlinie, dass alle jeweiligen Sprachen kyrillisch zu schreiben sind. Tatarisch wurde als einzige Ausnahme ab 2001 gegen den Widerstand der in Tatarstan ansässigen russischsprachigen Bevölkerung ausschließlich in lateinischer Schrift geschrieben. Diese Praxis verbot das russische Verfassungsgericht jedoch im November 2004 mit der Begründung, dass für die Einigkeit Russlands eine einheitliche Schrift notwendig sei.[7]

    Siehe auch: Sprachen Russlands, Indigene Völker des russischen Nordens, Indigene Völker Sibiriens

    Bevölkerungsentwicklung

    Bevölkerungsentwicklung 1990–2009

    Russland Bevölkerungszahl sank von 147,0 Millionen bei der Volkszählung im Januar 1989 bis 2007 auf 142,2 Millionen. Seither verlangsamte sich der Bevölkerungsrückgang und lag 2010 bei 141,9 Millionen.[9] Dies lässt sich auf die chaotischen 1990er Jahren herleiten die zur Senkung der Geburtsrate und drastischen Anstiege der Sterberate der Männer herführen. So sank die Fertilitätsrate zwischen 1988 und 1999 von zwei auf 1,6 Geburten pro Frau. Gleichzeitig verdoppelte sich bei den Männern die Sterblichkeitsrate von 9,4 (1970) auf 18,7 pro 1000 Einwohner (2005). Das Durchschnittalter der Männer sank von 63,9 Jahren 1986 auf 57,5 Jahre (1994). Bis 2004 stieg es wieder leicht auf 58,9 Jahren an. Als Hauptursache für diese niedrige Lebenserwartung gilt die relativ hohe Sterblichkeit infolge der ungesunden Lebensweise sowie vermeidbarer Ursachen wie Alkoholvergiftungen, Tabakrauchen, Verkehrsunfälle, Suizid und Mord. Als häufigste Todesursache gelten mit 56,7 % diverse Herzkrankheiten,[10] sehr häufig sind auch Krebserkrankungen. Einen merklichen Anstieg seit dem Ende der Sowjetunion wiesen auch Todesfälle infolge des Drogenkonsums, der Tuberkulose und des HIV.

    Um die demographischen Probleme zu mildern, hat die russische Regierung in jüngster Zeit mehrere nationale Programme eingeleitet, die helfen sollen, die Geburtenrate zu steigern. So erhalten seit 2007 Eltern ab ihrem zweiten neugeborenen Kind eine einmalige staatliche Beihilfe in Höhe von 250.000 Rubel, also umgerechnet gut 7100 Euro.[11] Dadurch konnte in der ersten Jahreshälfte 2007 die Geburtenrate auf das höchste Niveau seit dem Zerfall der Sowjetunion gebracht werden.[12] Inzwischen ist sie wieder auf fast 1,9 gestiegen.

    Die Bevölkerungsdichte sank zwischen 1989 und 2009 von 8,6 auf 8,3 Einwohner pro Quadratkilometer. Der Anteil der Stadtbevölkerung lag in diesem Zeitraum konstant bei 73 %.[13]

    Zur Auswanderung neigen besonders höher Gebildete, teilweise wegen der herrschenden Rechtsunsicherheit.[14] In den letzten Jahren verlangsamte sich dieser Trend dank der neuen Demographie-Politik der Regierung jedoch stark.[15] Zugleich ist Russland das zweitwichtigste Einwanderungsland der Welt. Herkunftsländer sind hierbei vor allem die ärmeren, südlichen ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens und des Kaukasus, aber in zunehmender Zahl auch Afrika und Südostasien. Die Mehrheit der Einwanderer stellen bisher jedoch die Nachkommen von Russen, die im Kaiserreich und der Sowjetzeit in anderen Teilrepubliken angesiedelt wurden und nun großenteils mit ihren Familien nach Russland zurückkehren.

    Aufgrund der demographischen Umbrüche in den chaotischen 1990er Jahren wird die Bevölkerung Russlands genau wie in vielen anderen Ländern Europas (u. a. Deutschland) in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich weiter abnehmen.

    Religionen

    Nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem damit verbundenen Verschwinden der atheistischen Staatsideologie des Marxismus-Leninismus fand eine Rückbesinnung auf religiöse Werte statt. Die in Russland am weitesten verbreiteten Religionen sind das Christentum – vor allem der russisch-orthodoxe Glaube – sowie der Islam (→ Islam in Russland). Vertreten sind darüber hinaus zahlreiche andere Konfessionen wie der Römisch-Katholische Glauben, der Protestantismus, das Judentum, Buddhismus sowie traditionelle Glaubensrichtungen einiger Volksgruppen. Mindestens ein Drittel der Bevölkerung bezeichnet sich als Atheisten oder Konfessionslose.[16]

    Was die Zugehörigkeit zu einzelnen Religionsgruppen angeht, gibt es keine zuverlässigen Zahlen, da die Mitglieder von Kirchen und Gemeinden in Russland nicht registriert werden. 2007 bezeichneten sich 51 Prozent der Befragten als Anhänger der Russisch-Orthodoxen Kirche,[17] Sieben Prozent bekannten sich zum Islam, ein Prozent zu anderen Konfessionen. Elf Prozent glaubten an eine übernatürliche Kraft, ohne sich an eine Glaubensrichtung gebunden zu fühlen; acht Prozent bezeichneten sich als Atheisten.[18]

    Das CIA-World-Factbook geht für das laufende Jahr von folgenden groben Schätzungen für praktizierende Gläubige aus, also von solchen die ihren Glauben aktiv ausüben: 15 bis 20 Prozent Russisch-Orthodoxe, 10 bis 15 Prozent Muslime, 2 Prozent übrige christliche Konfessionen.[19] Der Fischer Weltalmanach gibt 14 % Muslime an, Meyers online bis zu 15 %[20]

    Russisch-Orthodoxe Kirche

    Der russisch-orthodoxe Glauben reicht fast so weit zurück wie die Geschichte des Russischen Staatstums selbst. Bereits im 10. Jahrhundert wurde die ansässige Bevölkerung der Ostslawen zum griechisch-orthodoxen Glauben bekehrt. Die engen Kontakte zu dieser Glaubensrichtung resultierten aus den hauptsächlich auf Konstantinopel ausgerichteten Handel und den damit engen Kontakten mit Byzanz. Die Fürstin Olga (893–924) ließ sich als erste Herrscherin aus der riurikidischen Dynastie taufen, konnte den christlichen Glauben im Reich aber nicht durchsetzten. Erst unter ihrem Enkel, Vladimir der Heilige wurde das Christentum 988/989 zur Staatsreligion erhoben und die Kiewer Bevölkerung in Massentaufen bekehrt. In 35 Jahren, bis 1015, war das gesamte, bis dahin heidnische Russland bekehrt. Die Annahme des byzantinischen Christentums verschloss zugleich Russland eine kulturelle Beziehung zum römischen Christentum. Denn Byzanz betrieb zu dieser Zeit seine Kirchenpolitik im bewussten Gegensatz zu Rom und vermittelte den Ostslawen bei ihrer Bekehrung antirömische Tendenzen.[21] Die Kirche Kiews wurde als Teilkirche des Patriarchates von Konstantinopel zunächst von Exarchen verwaltet, was keine Auswirkungen auf die politische Selbständigkeit der Kiewer Großfürsten hatte. Die Orthodoxe Kirche und ihre Werte bildete zukünftig eine tragende gesellschaftliche Säule des russischen Reiches.

    Nach der Vernichtung der Kiewer Rus durch die Mongolen übersiedelte der Kiewer Metropolit im 14. Jahrhundert zunächst nach Wladimir, dann 1328 nach Moskau. Im 15. Jahrhundert löste sich die Russisch-Orthodoxe Kirche endgültig vom griechisch-orthodoxen Patriarchat in Konstantinopel und errichtete 1589 ein eigenes Patriarchat. Peter I. hob das Patriarchat auf und setzte 1721 statt dessen einen Synod an die Spitze der Kirche, erst 1917 stellten die Sowjets das Patriarchat wieder her.

    Im Russland vor 1917 gab es strenge Vorschriften für die Anhänger der Russisch-Orthodoxen Kirche. Sie durften beispielsweise nicht zu einer anderen Konfession, auch wenn sie christlich war, hinübertreten, sie durften „Nichtchristen“ nicht heiraten. Der Russisch-Orthodoxen Kirche war es als einziger Religion erlaubt zu missionieren. Erst mit der Revolution von 1905 wurden die Gesetze gelockert. Nach der Herrschaftsübernahme der Kommunisten wurden hauptsächlich Mitglieder dieser Kirche unterdrückt, da sie als Symbol der Autokratie galt. Zwischen 1918 und 1939 wurden ca. 40.000 orthodoxe Geistliche hingerichtet. Während es 1917 noch 77.800 Gemeinden gab, wurden 1941 nur noch etwa 3.100 gezählt.

    Heute erlebt die Russisch-Orthodoxe Kirche eine Wiederbelebung, insbesondere in ländlichen Gebieten. Viele Klöster wurden gegründet oder wiedererrichtet. Die Kirche zählt gegenwärtig etwa 100 Millionen Mitglieder, von denen jedoch nur 5 bis 10 Prozent regelmäßige Gottesdienstbesucher sind. Auch in der Politik spielt die Russisch-Orthodoxe Kirche wieder vermehrt eine Rolle. Religionsunterricht an Schulen wurde 2006 wieder eingeführt.

    Eine Kreuzprozession der Altgläubigen-Gemeinde in der Oblast Moskau

    Daneben haben sich im Verlauf der Geschichte Abspaltungen vom orthodoxen Glauben vollzogen. Die älteste Abspaltung sind die Altorthodoxen oder Altgläubigen. Weitere aus der Orthodoxie hervorgegangene Glaubensrichtungen sind die Molokanen. Aus ihnen gingen wiederum die Duchoborzen hervor. Beide Religionsgemeinschaften lehnen Reichtum ab, versuchen ein Leben in Bescheidenheit zu führen und suchen nach einer wahrhaft biblischen Gemeinschaft. Von einigen Leibeigenen wurde die Gemeinschaft der Subbotniki gegründet. Diese berufen sich in erster Linie auf das Alte Testament. Viele dieser Sekten oder Gruppierungen waren im Zarenreich willkürlichen Verfolgungen ausgesetzt.

    Andere christliche Konfessionen

    In Russland gibt es neben der russisch orthodeoxen Ausrichtung weitere christliche Konfessionen:

    • Die Römisch-katholische Kirche in Russland war durch die Byzanntinischen Einbflüsse unbeliebt. So dauerte es bis 1705 bis Peter I. erstmals den Bau einer römisch-katholischen Kirche erlaubte. Die Katholiken waren sehr strengen staatlichen Kontrollen unterstellt. Kümmerten sich die Bolschewiki in erster Linie nach der Oktoberrevolution um die Kontrolle der orthodoxen Kirche, wurden die Katholiken später wieder mehr beobachtet. Bis 1930 waren alle kirchlichen Strukturen der Kirche aufgelöst. Nach 1945 gab es im russischen Teil der Sowjetunion nur 20 Gemeinden, denen es allerdings untersagt war, Verbindungen untereinander aufzubauen. Heute existieren ungefähr 200 katholische Gemeinden mit etwa 400.–800.000 Mitgliedern in Russland. Die Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis (Moskau) wurde restauriert und wieder ihrer Bestimmung zugeführt. Seit 2010 gibt es wieder einen Apostolischen Nuntius in Moskau.
    • Die evangelische Kirche in Russland war früher fast nur unter den Russlanddeutschen und in ihren Kolonien verbreitet. Erst nach der Revolution von 1905 wurden auch für Russen und Ukrainer andere Konfessionen legalisiert. Jedoch gab es auch durch die russlanddeutschen Adventisten und Baptisten erfolgreiche Missionierungsversuche unter der einheimischen Bevölkerung vor der Lockerung der Religionsgesetze. Der Protestantismus erlebte in den 1920er Jahren trotz des Atheismus der Regierung der Sowjetunion eine Blütezeit (insbesondere die Baptisten, Siebenten-Tags-Adventisten und die Pfingstler). Jedoch wurden die Baptisten, Evangeliumschristen und die Pfingstler zu zentralistischen Ordnungen gezwungen, um sie besser kontrollieren zu können. Mit den Siebenten-Tags-Adventisten und den Mennoniten geschah dasselbe im Jahr 1963. In der Zeit des Stalinismus wurden viele evangelische Christen aller Strömungen hingerichtet und verfolgt.
    Neuapostolische Kirche in Krasnoturjinsk
    • Wie den meisten Konfessionen war es auch der Neuapostolischen Kirche (NAK) unmöglich vor dem Fall der Berliner Mauer (1989) und des eisernen Vorhangs in Russland zu missionieren. Seitdem wächst die Zahl der neuapostolischen Christen in Russland stetig. Während es um die Jahrtausendwende 23.500 waren, zählt die Neuapostolische Kirche heute beinahe 40.000 Gläubige. Auch ist sie seit Beginn der 90er Jahre staatlich anerkannt.[22][23]
    • Derzeit gibt es etwa 150.000 aktive Zeugen Jehovas in Russland. Erste Aktivitäten der Gemeinschaft sind für das späte 19. Jahrhundert nachgewiesen. In der Sowjetunion, insbesondere der Stalinzeit, wurde die Glaubensgemeinschaft verfolgt. Vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bis 1965 wurden viele Zeugen Jehovas inhaftiert und nach Sibirien deportiert. Danach entspannte sich die Situation für die Gläubigen. Im März 1991 erfolgte die gesetzliche Anerkennung.

    Islam, Judentum und sonstige vertretene Religionen

    Der Islam in Russland ist im Nordkaukasus schon seit dem 7. Jahrhundert verbreitet und damit auf dem heutigen russischen Staatsgebiet älter als die erste russische Staatsgründung und die Christianisierung des Landes. Im Jahr 922 traten auch die Wolgabulgaren zum Islam über und gaben ihn im 13. Jahrhundert an die Tataren weiter. Die einheimischen Völker des Kaukasus und die Turkvölker sind zumeist sunnitische Gläubige. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren im Russischen Reich 11,1 Prozent der Gesamtbevölkerung muslimischer Herkunft. Im heutigen Russland ist der Anteil der Muslime mit rund 14 Prozent etwa ebenso groß wie er einst in der Sowjetunion war. Seit 1990 existiert in Russland eine islamische Partei, die sich Wiedergeburt nennt. Sie gibt es auch in den übrigen Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Seitdem sind zahlreiche weitere Organisationen und Abspaltungen entstanden. Zentren des Islam in Russland sind heute neben Kasan und Moskau auch Ufa und Dagestan.

    Die Geschichte der Juden in Russland lässt sich seit dem 4. Jahrhundert als Juden in Armenien und auf der Krim siedelten, nachweisen. Im späten 8. oder frühen 9. Jh. konvertierten die Chasaren zum Judentum. Nach der Vernichtung des Chasaren-Reiches durch Swjatoslaw I. (969) beschränkt sich das Judentum im Wesentlichen auf Kiew, die Krim und den Kaukasus. Im Großfürstentum Moskau werden Juden 1471 das erste Mal erwähnt. Bis zur Zeit Iwan des Schrecklichen (1533–84) wurden Juden bis auf einige gegen sie gerichtete Gesetze toleriert. Ab 1721 wurden Juden aus dem Russischen Kaiserreich ausgewiesen, bis dies durch die Eingliederung der östlichen Teile Polens (1793 und 1795) unmöglich wurde. Die Juden mussten jedoch weiterhin innerhalb des Ansiedlungsrayons leben, die sich auf dem heutigen Gebiet der Ukraine, Weißrusslands und des Baltikums befand.

    Im 19. Jahrhundert unterstützten Beamte antisemitische Strömungen in der Bevölkerung. So kam es im südlichen Russland 1881 zu vielen Pogromen, nachdem den Juden fälschlich der Anschlag auf Alexander II. unterstellt wurde. Die Gesetzgebung vertrieb die Juden selbst im Ansiedlungsrayon aus den ländlichen Gebieten, und begrenzten mit Quoten die Anzahl der Juden, die zu höherer Bildung zugelassen wurden, auf 3 bis 10 Prozent. Zwischen 1880 und 1920 flohen mehr als zwei Millionen Juden aus Russland, besonders nach Amerika. 1903 brachen neue Pogrome aus, die sich in der Russischen Revolution nochmals verstärkten und zu zwischen 70.000 und 250.000 Opfern in der jüdischen Zivilbevölkerung führten. Während des Stalinismus wurde die Jüdische Autonome Oblast in Russisch-Fernost gegründet, wo sich allerdings nur wenige Juden ansiedelten, da dort bis in die 1920er Jahre kein Jude gelebt hatte. Im Vergleich zu den Jahrzehnten davor, gibt es heute nur noch wenige Juden, da viele von ihnen nach Deutschland oder nach Amerika, die meisten aber nach Israel ausgewandert sind. Heute gibt es in Russland 87 Synagogen, die meisten davon in Sankt Petersburg und in Moskau, darunter die Moskauer Gedenksynagoge. Fast alle in Russland lebenden Juden sind Aschkenasim, aber es gibt auch noch einige wenige Bergjuden und Bucharische Juden.

    Buddhistisches Kloster in Burjatien

    In Russland ist auch die tibetische Form des Buddhismus verbreitet. Ursprünglich war der Buddhismus nur unter asiatischen Völkern verbreitet (Kalmücken, Tuwiner). Auch buddhistische Mönche wurden während der kommunistischen Herrschaft verfolgt und unterdrückt, wie jede Religion in der Sowjetunion. Seit der politischen Wende in Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion verzeichneten die buddhistischen Gemeinschaften Mitgliederzuwachs von den Angehörigen der traditionell buddhistischen Völker, aber auch von Russen und anderen Nationalitäten.

    Der Schamanismus ist unter der indigenen Bevölkerung in Sibirien wieder weit verbreitet. In vielen Gebieten und autonomen Republiken werden die schamanistischen Feiertage von vielen Menschen begangen. Zwar sind heute die meisten Bewohner Sibiriens Christen, dennoch sehen sie es nicht als Widerspruch die Rituale ihrer Vorfahren zu praktizieren.

    Geschichte

    Die Kiewer Rus um 1000 n. Chr.

    Etymologie

    Der alte ostslawische Name für das Gebiet des von Slawen bewohnten Teils des europäischen Russlands, Weißrusslands und der Ukraine war Rus (siehe auch Kiewer Rus), auf Griechisch Rossia. Auf diese Form geht der heutige russische Landesname Rossija zurück.

    Streng genommen würde Rossijskaja Federazija wörtlich übersetzt ‚Russländische Föderation‘ (von Rossija ‚Russland‘) und nicht ‚Russische Föderation‘ heißen. Man hat bewusst nicht Russkaja Federazija (‚Russische Föderation‘) als Staatsbezeichnung gewählt, um auch die nicht-russischen Ethnien einzubeziehen. Ist von dem russischen Volk oder der russischsprachigen Kultur die Rede, spricht man daher im Russischen von russkij (‚russisch‘). Ist dagegen von den Staat Russland betreffenden Sachverhalten die Rede, verwendet man das Adjektiv rossijskij (‚russländisch‘). Trotzdem wird im Deutschen in beiden Fällen zumeist das Adjektiv ‚russisch‘ verwendet. Der Gebrauch des Wortes ‚russländisch‘ beschränkt sich weitgehend auf Fachpublikationen. Auch die amtliche Übersetzung der Staatsverfassung verwendet diese Variante.

    Altrussland, Mongolensturm und Großfürstentum Moskau

    Die früheste Geschichte des europäischen Russlands (für die Geschichte des asiatischen Teils, siehe Geschichte Sibiriens) ist im Norden geprägt von finno-ugrischen Völkern und Balten, und im Süden von den indogermanischen Steppenvölkern des Kurganvolks, der Kimmerer, Skythen, Sarmaten und Alanen; später kamen hier noch Griechen, Goten, Hunnen und Awaren hinzu. In die Mitte, zwischen Dnepr und Bug, kamen die slawischen Völker, die sich ab dem 6. Jahrhundert auch nach Norden und Osten auszudehnen begannen.

    Rus-Fürstentümer zum Zeitpunkt des Mongolensturms 1237

    Ab dem 8. Jahrhundert befuhren skandinavische Wikinger die osteuropäischen Flüsse und vermischten sich später mit der slawischen Mehrheitsbevölkerung. Diese auch Waräger oder Rus genannten Kriegerkaufleute waren maßgeblich an der Gründung des ersten ostslawischen Staates, der Kiewer Rus mit Zentren in Kiew und Nowgorod, beteiligt. Im südlichen Steppengebiet und an der Wolga waren hingegen Reiche der aus Asien eingeströmten Turkvölker der Chasaren und Wolgabulgaren entstanden, mit denen die Rus Handel trieben, aber auch Kriege führten. Intensive Kontakte mit dem Byzantinischen Reich führten schließlich 988 zur orthodoxen Christianisierung der Kiewer Rus.

    Russland in den Jahren 1500, 1600 und 1700

    Aufgrund des ungünstigen Senioratsprinzips bei der Regelung der Erbfolge begann die Kiewer Rus im 12. Jahrhundert zu zerfallen, was es den ab 1223 einfallenden Mongolen erleichterte, die zerstrittenen russischen Fürstentümer zu unterwerfen. Die Goldene Horde beherrschte nun für zwei Jahrhunderte einen großen Teil der Rus, ein anderer Teil wurde dem Großfürstentum Litauen und später Polen-Litauen eingegliedert. Das Großfürstentum Moskau, das sich als politischer Nachfolger von Wladimir-Susdal etablieren konnte, konnte sich schließlich von der mongolischen Fremdherrschaft befreien und einen zentralisierten Staat erschaffen, indem es die Herrschaft über die meisten benachbarten russischen Fürstentümer erlangte. Großfürst Iwan IV. ließ sich 1547 zum ersten „Zar der ganzen Rus“ krönen, obwohl weite Teile der westlichen Rus noch lange unter polnisch-litauischer Herrschaft standen, was eine lange Rivalität um diese Gebiete bedingte. Unter der Herrschaft Iwans IV. begann auch die Eroberung Sibiriens, die russische Kosaken erstmals im 17. Jahrhundert bis an den Pazifik brachte.

    Öffnung Russlands unter Peter dem Großen

    Hauptartikel: Russisches Kaiserreich

    An der Wende zum 18. Jahrhundert öffnete Zar Peter der Große das teilweise in mittelalterlichen Strukturen erstarrte Zarentum Russland westeuropäischen Einflüssen und förderte Wissenschaft und Kultur. 1703 gründet er die Stadt Sankt Petersburg, die – seit 1710 als neue Hauptstadt – das Symbol für den russischen Fortschritt werden sollte. Mit dem Sieg gegen Schweden im über 20 Jahre währenden Großen Nordischen Krieg und der damit erlangten Vormachtstellung im Ostseeraum machte er Russland zu einer gesamteuropäischen Großmacht.

    Katharina die Große ging Peters Weg weiter und betrieb konsequent Expansionspolitik, im Laufe derer sie die Schwarzmeerküste vom Osmanischen Reich eroberte (Neurussland) und sich an den Teilungen Polens beteiligte. 1812 fielen Napoleons Truppen in Russland ein und eroberten Moskau, wurden schließlich jedoch vernichtend geschlagen. Bald darauf zog Alexander I. als „Retter Europas“ in Paris ein. Russland gehörte nun zu den führenden Mächten in Europa und erlebte ein goldenes Zeitalter.

    Das Russische Reich zur Zeit seiner größten Ausdehnung 1867

    Ab 1825 gab es im unzufriedenen Volk, in den annektierten Gebieten (Polen, Litauen etc.) und bei der Intelligenzija immer wieder Aufstände, Unruhen und Attentate (siehe Dekabristen), und in den 1860er Jahren kam es zur Aufhebung der Leibeigenschaft. Trotz erheblicher Industrieproduktion (Stahl, Kohle, Öl, Militärbedarf) geriet Russland immer mehr ins Hintertreffen gegenüber den westeuropäischen Großmächten. Der Grund hierfür war die Ineffizienz des staatlich kontrollierten Aufbaus der Industrie, der nur in den städtischen Ballungszentren vorangetrieben wurde. Während in den großen Städten wie Moskau und St. Petersburg aufgrund der Landflucht ein Industrieproletariat entstand, verharrte das übrige Land in Armut und der Rechts- und Sozialordnung der Feudalgesellschaft.

    Die Industrialisierung drang nicht in die ländlichen Provinzen des Riesenreichs vor, sondern beschränkte sich hauptsächlich auf Moskau, Sankt Petersburg, Warschau und Łódź. Mangelnde Infrastruktur, die Armut der Arbeiter und Bauern und die fehlende Demokratisierung bereiteten große Probleme, wie das Zarenreich erstmals im Krimkrieg und schließlich 1905 bei der Niederlage gegen Japan schmerzlichst erfahren musste. Allerdings war Nikolaus II. nicht bereit, grundlegende Reformen einzuleiten. So ließ er ein weitgehend funktionsloses Parlament, die Duma, das er notgedrungen genehmigt hatte, nur kurze Zeit später wieder auflösen.

    Russische Revolution und Gründung der Sowjetunion

    Hauptartikel: Sowjetunion
    Boris Kustodijew: Der Bolschewik (1920)

    Als im Jahre 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, erfasste Russland eine patriotische Welle. Die anfänglichen Erfolge, vor allem gegen Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich, wurden bald abgelöst von einem Stellungskrieg, bis 1917 die Moral der russischen Soldaten nachgab und die Front zusammenbrach. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung und die trostlose Versorgungslage führten in der Hauptstadt Petrograd zu Demonstrationen der Arbeiter und Bauern. Nach blutiger Niederschlagung der Demonstranten stürmten diese den Winterpalast und der Kaiser wurde zum Abdanken gezwungen. Eine Doppelregierung von provisorischer bürgerlicher Regierung und den Arbeitersowjets kam an die Macht. Dieser republikanischen Herrschaft machte kurz darauf die von Lenin, Leo Trotzki und den Bolschewiki initiierte Oktoberrevolution ein Ende.

    Aus dem der Oktoberrevolution folgenden Bürgerkrieg zwischen „roten“ kommunistischen und „weißen“ monarchistischen, republikanischen und anderen anti-kommunistischen Kräften gingen die Kommunisten im russischen Kernland als Sieger hervor. Nachdem die Roten ihre Macht politisch und militärisch gefestigt hatten, war es nun naheliegend, diese Macht auch an der Peripherie zu sichern. Diese Periode des Bürgerkrieges wird als „Eisenbahnkrieg“ bezeichnet, da sich die militärischen Aktionen der Roten vor allem auf Verschiebung von revolutionären Verbänden über das auf Petrograd und Moskau zentrierte Eisenbahnnetz an die verschiedenen Krisenherde stützten. Durch die Abwehr der Roten Armee erkämpften die baltischen Staaten Estland und Lettland ihre Unabhängigkeit von Russland. Im Laufe des Bürgerkriegs, sowie des darauf folgenden polnisch-russischen Kriegs, verlor Russland 1920 Teile Weißrusslands und der Ukraine („Ostpolen“) an Polen. 1921 wurde dann die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) ausgerufen, die den wichtigsten Teil der späteren Sowjetunion darstellte.

    Am 30. Dezember 1922 wurde der Zusammenschluss aller Sowjetischen Sozialistischen Republiken zur Sowjetunion beschlossen und eine staatlich kontrollierte Wirtschaftspolitik ausgerufen. Die Sowjets wurden als Eigentümer von Boden und Produktionsmitteln erklärt. Lenins Tod am 21. Januar 1924 führte zu einem erbitterten Nachfolgekampf, in dem sich Josef Stalin gegen Leo Trotzki durchsetzte. Stalin festigte seine Macht durch gezielten Terror. Seit 1928 wurde die staatliche Wirtschaft Fünfjahresplänen unterworfen, die Industrialisierung und Infrastruktur, speziell im asiatischen Teil des Landes, vorangetrieben und die Landwirtschaft kollektiviert.

    Siegesparade auf dem Roten Platz 1945

    Im August 1939 schloss die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt mit Deutschland und sicherte sich in einem geheimen Zusatzabkommen die Wiedereingliederung der infolge des Polnisch-Sowjetischen Krieges verlorenen ostpolnischen Gebiete, des Baltikums und Bessarabiens. Nach der Besetzung genannter Gebiete und Länder durch die Rote Armee wurden diese in die Sowjetunion eingegliedert.

    Nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 trat diese an der Seite der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg ein (in der Sowjetunion Großer Vaterländischer Krieg genannt). In den ersten Kriegsmonaten verlor die Rote Armee Millionen von Soldaten, große Teile der westlichen Landesteile wurden verwüstet, später verhungerte bei der Belagerung Leningrads über eine Million Zivilisten. Bei Moskau (Winter 1941/1942), Stalingrad (Winter 1942/1943) und Kursk (Sommer 1943) fügte die Rote Armee den deutschen Truppen schwere Niederlagen zu und eroberte schließlich im Mai 1945 Berlin. Gegen Ende des Krieges eroberten und besetzten sowjetische Truppen japanisches Gebiet im Fernen Osten. 1945 bekam die RSFSR nach dem Potsdamer Abkommen das nördliche Ostpreußen, die heutige Oblast Kaliningrad, daneben gewann sie das südliche Sachalin und die Kurilen von Japan.

    Nach Ende des Krieges, aus dem die Sowjetunion als Siegermacht hervorging, traten die Spannungen zwischen Stalin und den Alliierten zunehmend hervor. Im Laufe der Friedensverhandlungen sicherte sich die Sowjetunion großen Einfluss auf die angrenzenden Länder Polen, Tschechoslowakei, Ungarn und Rumänien sowie auf Bulgarien und die DDR, zeitweise auch auf Albanien. In diesen Ländern blieben Hunderttausende sowjetische Soldaten stationiert. Der Kalte Krieg dominierte bis 1989 die Weltpolitik.

    Nach der Perestroika, dem vom sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow eingeleiteten Prozess zum Umbau des politischen und wirtschaftlichen Systems in der Sowjetunion 1987, und Glasnost, der ebenfalls von Gorbatschow eingeführten Politik einer größeren Transparenz und Offenheit der Staatsführung gegenüber der Bevölkerung 1985, entwickelten sich Unabhängigkeitsbestrebungen in den einzelnen Unionsrepubliken. Kurz vor der bevorstehenden Unterzeichnung eines neuen Unionsvertrages putschten konservative Kommunisten im Augustputsch in Moskau 1991 gegen Gorbatschow, um die Unterzeichnung des Unionsvertrages sowie weitere Reformen zu verhindern. Nach dem misslungenen Putschversuch beschlossen der russische Präsident Boris Jelzin und Vertreter der Sowjetrepubliken die Auflösung der Sowjetunion zum 31. Dezember 1991.

    Russland seit 1992

    Die Russische Föderation übt seit 1992 als größte ehemalige Sowjetrepublik (Russische SFSR) die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten der UdSSR aus.[24]

    In der russischen Verfassungskrise 1993 löste Jelzin per Ukas den – zu Sowjetzeiten gewählten – Volksdeputiertenkongress sowie den Obersten Sowjet Russlands auf, die sich seinen Bemühungen widersetzt hatten, unpopuläre neoliberale Reformen durchzusetzen. Jelzin ordnete eine gewaltsame Stürmung des Parlamentsgebäudes (Weißes Haus) an, in dem sich etwa 100 Parlamentarier und weitere Anhänger verbarrikadiert hatten. Bei der gewaltsamen Niederschlagung eines weiteren Aufstandes gegen ihn am 3. und 4. Oktober, gab es in Moskau 190 Tote. Im Dezember billigte die russische Bevölkerung per Volksabstimmung die neue Verfassung der Russischen Föderation (Zweikammersystem, Präsidialverwaltung). Bei den Wahlen zur wiedereingeführten Duma (die letzte wurde 1917 aufgelöst) im Dezember 1993 erstarkten die nationalistische Liberaldemokratische Partei sowie die kommunistische KPRF.

    Unter Jelzin wurden in Russland Teile der Wirtschaft privatisiert und demokratische Reformen durchgeführt. Beide verfehlten jedoch ihr Ziel und führten zum Zusammenbruch der Wirtschaft, hoher Inflation und politischer Destabilisierung. Nach Ansicht vieler Russen hat sich sowohl die politische als auch wirtschaftliche Lage des Landes nach dem Amtsantritt Wladimir Putins 2000 deutlich verbessert. Die hohen Rohstoffpreise (Öl, Gas, Stahl), Steuerreform und Kapitalrückfluss fördern diese Entwicklung.

    Ein international beachteter Konfliktherd bleibt jedoch die Situation in der abtrünnigen Republik Tschetschenien und im Nordkaukasus, siehe Kapitel Politik. Der Krisenherd veranlasste Präsident Putin, Maßnahmen zur Stärkung der Terrorabwehr einzuleiten, die demokratische Mechanismen einschränken. Im August 2008 brach ein bewaffneter Konflikt mit Georgien aus, als im Rahmen eines georgischen Versuchs zur militärischen Wiedereingliederung der nach Unabhängigkeit strebenden georgischen Region Südossetien russisches Militär in die Kämpfe eingriff, nachdem gemäß russischen Angaben südossetische Zivilisten mit russischer Staatsbürgerschaft sowie Angehörige russischer Friedenstruppen getötet worden waren. In den Folgetagen griff der Konflikt auf das georgische Kernland über.[25]

    Politik

    Verfassung bei der Amtseinführung von Dmitri Medwedew

    Nach dem Untergang der Sowjetunion Ende 1991 und der gewaltsamen Auflösung des kommunistisch dominierten Volksdeputiertenkongresses durch den damaligen Präsidenten Boris Jelzin im Herbst 1993 bildete sich in Russland auf der Grundlage einer neuen Verfassung ein demokratisch und marktwirtschaftlich orientiertes politisches System heraus, das trotz aller Schwierigkeiten und Probleme bis heute Bestand hat. Die heute gültige Verfassung der Russischen Föderation wurde am 12. Dezember 1993 durch eine allgemeine Volksabstimmung angenommen und trat am 25. Dezember 1993 in Kraft. Sie stellt einen vollständigen Bruch zur sowjetischen Vergangenheit dar. Es ist nicht mehr der Aufbau einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft das höchste Ziel des Staates. Auch auf die Grundlagen der marxistisch-leninistischen Ideologie basierende KPdSU ist nicht mehr Bestandteil des politischen Systems. Stattdessen sind der Mensch, seine Rechte und Freiheiten die höchsten Werte. Zu diesen Freiheiten gehören die Rede, die Presse- und die Reisefreiheit. Freiheiten, die die Bevölkerung Russlands bisher nicht kannte.

    Die Entwicklung des politischen Systems unter Jelzin wurde von vielen jedoch eher als Auflösung einer gesicherten und berechenbaren staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung empfunden. Die politische Entscheidungsfindung im Geflecht des Familienclans Jelzins und seiner Hintermänner aus dem Kreis der Oligarchen, die durch die Privatisierungspraktiken der Regierung Jelzin innerhalb weniger Jahren zu immensen Vermögen gekommen waren, blieb intransparent, der Einfluss des Parlaments eng begrenzt.

    Außenpolitisch stand die russische Führung nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion vor der Aufgabe, das Verhältnis Russlands gegenüber den übrigen früheren Sowjetrepubliken neu zu gestalten. Dies erfolgte unter anderem durch Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und einiger Verträge zu vertiefter Kooperation, vor allem mit Belarus, Ukraine und Kasachstan.

    Politisches System

    Ministerpräsident Wladimir Putin spricht in der Staatsduma (8. Mai 2008)


    Politisches System Russlands

    Russland ist ein demokratischer föderativer Rechtsstaat mit republikanischer Regierungsform. Nach der russischen Verfassung vom 12. Dezember 1993 besitzt Russland ein parlamentarisches Regierungssystem mit Präsidialdominanz. So ist das Staatsoberhaupt der Präsident Russlands, der vom Volk für jeweils sechs Jahre direkt gewählt wird. Die Haupteinwirkungsform des Präsidenten ist das Dekret, mit dem er jeden Sachverhalt mit unmittelbarer Rechtswirkung regeln kann.

    • Die Legislative wird durch die Föderationsversammlung ausgeübt, die aus zwei Kammern besteht. Der Föderationsrat ist das Oberhaus und der Vertreter der Föderationssubjekte. Alle von der Staatsduma verabschiedeten Gesetze müssen dem Föderationsrat vorgelegt werden, dem es frei steht, sie innerhalb von zwei Wochen zu behandeln oder nicht, was als Zustimmung gilt. Die Staatsduma ist das Unterhaus und besteht aus 450 Abgeordneten, die für vier Jahre nach Parteilisten gewählt werden. Um im Parlament einzug zu halten muss eine Partei bei der Wahl mindestens 7 Prozent der Stimmen erhalten. Die Hauptaufgabe der Staatsduma ist die Verabschiedung von Gesetzen.
    • Die Exekutive Gewalt liegt bei der Regierung der Russischen Föderation, deren Ministerien aber teilweise dem Präsidenten direkt unterstellt sind. Das Kabinett tagt wöchentlich öffentlich. Der Präsident hat das Recht des Kabinettsvorsitzes, das er aber nicht immer wahrnimmt. Der Ministerpräsident von Russland, auch als Premierminister bezeichnet, wird vom Präsidenten vorgeschlagen und muss von der Duma bestätigt werden.
    • Die Judikative Gewalt bildet das oberste Verfassungsschutzorgan, das Verfassungsgericht der Russischen Föderation an dem sich staatliche Organe und auch Bürger wenden können (vgl. Recht Russlands).

    Unter Präsident Putin (2000 bis 2008) ist die Macht des Staatsoberhaupts ausgebaut worden. Er schlägt (seit Ende 2004) die Gouverneure vor – die Regionalparlamente können diese nur noch bestätigen. Die Gouverneure wiederum ernennen (seit 2002) die Vertreter für den Föderationsrat.

    Politische Kooperation der Nachfolgestaaten

    Treffen der GUS-Staatsoberhäupter 2008 in Bischkek

    Die Auflösung der Sowjetunion stellte Russland vor die Aufgabe, das Verhältnis zu deren aus Russlands Sichts oft als „Nahes Ausland“ bezeichneten Nachfolgestaaten neu zu gestalten. Im Ergebnis ist Russland jetzt im Vergleich zum engen Verbund in der Sowjetunion nur noch locker mit einigen früheren Sowjetrepubliken verbunden. Die bekannteste gemeinsame Organisation ist die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Diesem 1991/1992 vereinbarten Zusammenschluss gehören 12 der 15 Nachfolgestaaten an; nur die 3 baltischen Staaten traten nicht bei.

    Mit Weißrussland hat sich Russland in der Russisch-Weißrussischen Union zusammengeschlossen, auf die sich Boris Jelzin mit Aljaksandr Lukaschenka (weißrussischer Präsident seit 1994) verständigte. Sie wird jedoch von Kritikern als „kaum funktionierend und halb-illegal“ bezeichnet. Von ihr wurde lediglich die Verteidigungs- und vorübergehend die Zollunion umgesetzt.

    Als nach Jelzin 1999 Wladimir Putin russischer Präsident wurde, kühlte sich das Verhältnis zu Weißrussland ab, dem Putin aber später den Beitritt in die Russische Föderation vorschlug. Lukaschenka lehnte dies ab, doch vereinbarte man 2004/2005 eine Währungsunion. Sie sollte zwar Anfang 2005 in Kraft treten, allerdings wurde dieser Schritt aufgrund offener Fragen bisher nicht vollzogen. Insgesamt ist die Integration Weißrusslands mit Russland von schwankendem Interesse geprägt und hat an Dynamik verloren. Im Mai 2009 trat Weißrussland mit fünf weiteren GUS-Staaten der von der EU initiierten Östlichen Partnerschaft bei, der Russland überwiegend ablehnend gegenübersteht.

    Etwas beständiger ist demgegenüber das militärische Defensivbündnis Russlands mit Weißrussland, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan, die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (sogenannter Rat für kollektive Sicherheit). Ein neues Bündnis in Asien deutet sich mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit an, zu dem auch China gehört. Russland hat bereits im August 2005 ein gemeinsames Manöver mit den chinesischen Streitkräften durchgeführt.[26]

    Menschenrechte

    Unter Staatspräsident Putin fand Russland zu mehr politischer und wirtschaftlicher Stabilität, allerdings auf Kosten der Meinungs- und Pressefreiheit und mittels einer weitreichenden Konzentration der Macht beim Präsidenten. Am brisantesten ist die Menschenrechtslage seit Jahren im Kaukasus, namentlich in Tschetschenien.

    In westlichen Medien und von internationalen Bürgerrechtsorganisationen werden immer wieder Einschränkungen der Pressefreiheit in Russland kritisiert. Verwiesen wird z. B. auf mehrjährige Gefängnisstrafen von Kritikern wie Grigori Pasko und Igor Sutjagin. Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland berichtet in seinen Länder-Informationen zu Russland zu den Einschränkungen der Pressefreiheit: So ist die staatliche Einflussnahme im Bereich des Fernsehens am deutlichsten. Alle drei landesweit sendenden TV-Stationen sind entweder direkt in staatlichem Besitz oder unter staatlicher Kontrolle. Im Radiobereich ist die Situation ähnlich.

    Die Überprüfung von Bürgerrechten, z. B. bei Verstößen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, findet vor dem Obersten Gerichtshof Russlands statt.

    Militär

    Hauptartikel: Russische Streitkräfte

    Der Russische Staat besitzt noch immer den zu den Zeiten der Sowjetunion, seit dem Jahre 1949, erlangten Status als Atommacht und verfügt heute mit 5200 Stück über die weltweit größte Anzahl an nuklearen Sprengköpfen, noch vor den USA mit 4100 Atomsprengköpfen.[27]

    In Russland gilt eine allgemeine Wehrpflicht von 12 Monaten für wehrfähige Männer ab 18 bis maximal 27 Jahren. 2007 wurde sie von 24 auf 18, 2008 dann auf 12 Monate verkürzt. Da die wehrpflichtigen Soldaten früher auch in Krisengebieten wie Tschetschenien eingesetzt wurden, gibt es in der Bevölkerung, besonders durch die Mütter Wehrpflichtiger, immer wieder Kritik an der Wehrpflicht.

    Insgesamt hat sich die Lage in den Streitkräften stabilisiert. Die Probleme aus den 90er Jahren wurden bereinigt. Es werden seit dem Jahr 2000 wieder mehr Manöver und Übungen durchgeführt. Auch viele soziale Probleme wie der Wohnungsmangel für Offiziere werden nach und nach gelöst. Die Rüstungsindustrie ist wieder im Stande hochmoderne Waffen, Kampfflugzeuge, Schiffe, U-Boote oder strategische Atomraketen, wie die durch Raketenabwehrsysteme schwer zu bekämpfende Topol-M, zu produzieren.

    Die Stärke der Streitkräfte betrug 2001 1.183.000 Mann, davon 321.000 Landstreitkräfte, 171.500 Marine, 184.600 Luftstreitkräfte, 149.600 Atomstreitkräfte. 40.000 dienen in Staaten der GUS als Friedenstruppen und 316.900 werden als „sonstige Militärs“ geführt. Dazu kommen noch diverse paramilitärische Einheiten, wie 410.000 Soldaten des Innenministeriums, des Grenzschutzes oder Notstandstruppen. Allein bei den Eisenbahntruppen dienen 48.000 Mann.

    Russland gibt heute ca. 3,6 Prozent seines BIP für das Militär aus.[28] Die Militärausgaben liegen in absoluten Zahlen mit 44 Mrd. US-Dollar (2001) weit unter denen der USA.

    Für die Modernisierung der Armee und die Instandsetzung von Waffen und Militärtechnik bis ins Jahr 2015 stellt die Regierung in den nächsten Jahren ca. fünf Billionen Rubel (ungefähr 144 Milliarden Euro) bereit.

    Seit Juli 2007 fliegen die strategischen Langstreckenbomber, erstmals seit Ende des Kalten Krieges, auch wieder wie zur Zeit der Sowjetunion Einsätze über das russische Territorium hinaus. Eine Tupolew Tu-95 (NATO-Code Bear) flog u. a. von Blagoweschtschensk bis zum US-Luftwaffenstützpunkt Guam im Pazifik.

    Verwaltungsgliederung

    Artikel 65 der Verfassung Russlands nennt die 83 Subjekte, aus denen die Russische Föderation besteht: 21 Republiken, 9 Regionen (Kraj), 46 Gebiete (Oblast), 2 Städte föderalen Ranges (Moskau und Sankt Petersburg), 1 Autonomes Gebiet und 4 Autonome Kreise.

    Im Jahr 2000 schuf Präsident Putin per Dekret sieben Föderationskreise, welche jeweils mehrere Föderationssubjekte zu einer größeren Einheit zusammenfassen. Ziel dieser Reform war die Stärkung der Vertikalen der Macht und eine Verschärfung der Kontrolle über die regionalen Machthaber. Die Einwohnerzahlen in der folgenden Tabelle beziehen sich auf die Volkszählung vom 9. Oktober 2002. Im Jahr 2010 wurde zudem der Föderationskreis Nordkaukasus, durch Ausgliederung aus dem Föderationskreis Südrussland, als achter Föderationskreis geschaffen.

    Föderationskreis Fläche in km² Einwohner insgesamt Einwohner je km²
    Fernost 6.215.900 6.692.865 1
    Nordwestrussland 1.677.900 13.974.466 8
    Sibirien 5.114.800 20.062.938 4
    Südrussland 416.840 13.800.000 33
    Nordkaukasus 170.439 9.108.737 53
    Ural 1.788.900 12.373.926 7
    Wolga 1.038.000 31.154.744 30
    Zentralrussland 650.700 38.000.651 58
    Russland Gesamt 17.075.400 145.166.731 9

    Quelle: Staatliches Komitee der Russischen Föderation für Statistik

    Infrastruktur

    Russland verfügt über ein relativ gut ausgebautes Infrastruktursystem. Die derzeitige Infrastruktur stammt noch zu einem größeren Teil aus den Zeiten der Sowjetunion und sind inzwischen Modernisierungsbedürftig. Die Erweiterung und Modernisierung der Transport-Infrastruktur besitzt für die russische Regierung daher hohe Priorität. 2005 wurde von der Regierung eine Modernisierungsstrategie für die Erneuerung der Verkehrswege beschlossen. Die darin genannten Schwerpunkte sind die Fortsetzung der Modernisierungen im Schienen- und Straßenverkehr, die Modernisierung des Luftfahrtsektors, die Verbesserung des Schiffsverkehrs samt der Sanierung der Häfen des Landes. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Forcierung von Konzessionen und anderen Public-Private-Partnership Modellen im Transportsektor, um auch in diesem Sektor Finanzierungsmittel privater Investoren zu mobilisieren.

    Das Streckennetz in Russland wird von der staatlichen Bahngesellschaft Rossijskije schelesnyje dorogi betrieben. Die berühmteste Verkehrsachse ist die Transsibirische Eisenbahn (Transsib, rote Linie in der Grafik) von Moskau nach Wladiwostok. Parallel dazu wurde Ende des 20. Jahrhunderts zur Erschließung des fernen Ostens Sibiriens die Baikal-Amur-Magistrale (BAM, grüne Linie in der Grafik) vom Baikalsee zum Fluss Amur gebaut. Durch diese beiden und die abzweigenden Strecken wird das Land in west-östlicher Richtung erschlossen. Insgesamt umfasst das Eisenbahnnetz (1.524 Millimeter Spurbreite) rund 87.000 Kilometer, davon ist knapp die Hälfte (40.000 Kilometer) elektrifiziert. Auf der Insel Sachalin existieren fast 1.000 Kilometer in 1.067 Millimeter Breite. Daneben gibt es zusätzlich 30.000 Kilometer nicht öffentlicher Industriebahnen (alle Angaben 2004).

    Der Straßenverkehr hat vor allem im europäischen Teil Russlands Bedeutung für den Regionalverkehr. Das russische Autobahn- und Fernstraßennetz umfasst zusammen etwa 540.000 Kilometer (2001), davon sind zwei Drittel befestigt. Erst seit 2003 existiert eine räumlich und saisonal durchgehende Straßenverbindung von der Ostsee zum Pazifik. Die Fernstraßen sind außerhalb der Ballungsgebiete in der Regel nicht als Autobahnen oder Schnellstraßen ausgebaut und auch bei größeren breiten Straßen sind die Richtungsfahrbahnen nicht durch Leitplanken voneinander getrennt. Die wichtigste Fernstraße in Russland ist die Europastraße 30, die in Sibirien endet.

    Russischer Atomeisbrecher Jamal

    Russland verfügt auch über eine beträchtliche Anzahl von Häfen sowie befahrbare Wasserstrassen. 72.000 Kilometer Wasserwege verbinden im europäischen Teil Russlands die Ostsee, das Schwarze Meer, die Binnenseen und das Weiße Meer miteinander. Wichtige Wasserstraßen dabei sind die Wolga, die Kama, die Nischni Nowgoroder Oka, die Wjatka, der Don und die Kanäle, die diese Flüsse miteinander verbinden. Für den Güterverkehr zwischen dem russischen Kernland und der Exklave Kaliningrad ist der Fährverkehr von Bedeutung. In Sibirien sind 24.000 Kilometer schiffbar. Durch die Entwässerung der großen Flüsse Ob, Jenissei und Lena in das Polarmeer fehlt eine Ost-West Erschließung auf dem Wasserweg und durch Eisbildung ist die Polarroute nur wenige Monate im Sommer möglich. Die wichtigsten Seehäfen befinden sich in St. Petersburg und Kaliningrad an der Ostsee, Noworossijsk und Sotschi am Schwarzen Meer sowie Wladiwostok, Nachodka, Magadan und Petropawlowsk-Kamtschatski am Pazifischen Ozean.

    Eine Il-96 der Aeroflot

    In Russland und der Sowjetunion kam der Luftfahrt schon immer eine große Bedeutung zu, nicht nur dank der technischen Errungenschaften vieler russischer Flugzeugkonstrukteure, wie z. B. Andrei Tupolew. Besonders wichtig ist der nationale Flugverkehr in entlegenen Gebieten, deren Erschließung auf dem Landweg sehr beschwerlich wäre und sich auch größtenteils nicht lohnen würde. Mehrere internationale Fluggesellschaften fliegen außer Moskau auch andere russische Städte direkt an. Neben der Aeroflot fliegen als größere Gesellschaften noch Rossija, S7 Airlines oder UTair. Ca. 2500 Flughäfen und Flugplätze gibt es in der Russischen Föderation, davon 55 mit einer befestigten Piste über 3000 m Länge. Die größten und wichtigsten Flughäfen sind Scheremetjewo-2 und Domodedowo in der Nähe von Moskau.

    Der öffentliche Nahverkehr galt zu sowjetischen Zeiten als gut ausgebaut: Straßenbahnen, Obusse und Vorortzüge existierten in allen größeren Städten. In Metropolen ab einer Million Einwohner wurde eine U-Bahn errichtet, wobei nicht alle Netze vollendet wurden. In den 1990er Jahren verfielen viele der guten Nahverkehrsnetze und wurden zunehmend durch private Bus- oder Linientaxibetriebe ergänzt oder ersetzt. Auch in jüngster Zeit wurden in mehreren Großstädten Straßenbahn- oder Obussysteme zugunsten von Bussen stillgelegt (so 2008 der Obus in Archangelsk und die Straßenbahn in Iwanowo oder 2009 die Straßenbahn in Woronesch).

    Wirtschaft

    Währung

    Die russische Währung ist der russische Rubel (Рубль; Kürzel RUB) zu 100 Kopeken (Копейка). Ein Euro entspricht gegenwärtig 41,44 Rubel. Nach starker Inflation in der 1990er Jahren wurde im Jahr 1998 eine Währungsreform durchgeführt, bei der 1.000 alte Rubel (RUR) durch je einen neuen Rubel (RUB) ersetzt wurden, seitdem war der Rubel bis 2008 gegenüber US-Dollar und Euro im Wesentlichen stabil und betrug 2006 8,2 %. Dazu hat bisher vor allem die Wechselkurspolitik der russischen Zentralbank beigetragen. Um eine rasche Aufwertung des Rubels mit einer Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit russischer Produzenten zu verhindern, intervenierte sie am Devisenmarkt. Sie kaufte die Russland mit den hohen Leistungsbilanzüberschüssen zufließenden Devisen gegen Rubel auf. Die umlaufende Rubelgeldmenge stieg stark. Das Inflationspotential wuchs. Im Zuge der Internationalen Wirtschaftskrise verlor der Rubel seit dem zweiten Halbjahr 2008 allerdings rund 20 Prozent seines Wertes gegenüber dem Euro.[29]

    Neben dem Rubel finden im Alltag auch US-Dollar Verwendung. Durch die Dollarschwäche übernimmt aber zunehmend der Euro dessen Bedeutung. Bis zum Januar 2007 wurden Preise auch oft in Verrechnungseinheiten angegeben, die je einem US-Dollar entsprachen. Da die Verwendung von Drittwährung in Russland nicht erlaubt ist, wurde dennoch in Rubel gezahlt. Diese Praxis ist aber seit Januar 2007 verboten.

    Wegen häufiger Bankeninsolvenzen und Finanzkrisen sind viele Russen dazu übergegangen, ihre Ersparnisse als Bargeld in Euro- und Dollar- Scheinen oder in Immobilien anzulegen.

    Grundlagen

    Russisches BIP/Kopf nach Regionen

    Der Wert des russischen Bruttoinlandsprodukts wurde vom Internationalen Währungsfonds für das Jahr 2008 mit 1.698,647 Milliarden US-Dollar angegeben, was einem BIP pro Kopf in Höhe von 12.012,448 US-Dollar entspricht. Bei Berücksichtigung der Kaufkraftparität ist der Wert des russischen Bruttoinlandproduktes jedoch um gut ein Drittel höher: Nach IWF-Angaben für 2008 beträgt es 2.274,584 Milliarden Dollar (pro Kopf 16.085,349 US$).[30]

    Nach Angaben der russischen Statistikbehörde Rosstat steuerte der Handels- und Dienstleistungssektor 2004 knapp 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Auf die Industrie entfielen rund 30 Prozent, auf die Bauwirtschaft und die Landwirtschaft jeweils rund 6 Prozent. Nach Einschätzung der Weltbank dürfte die amtliche Statistik den Anteil der rohstofffördernden Industrien (2004: 7,7 Prozent) jedoch zu niedrig und den Anteil des Handels (2004: 21,3 Prozent) zu hoch ausgewiesen haben, da die russischen Rohstoffkonzerne durch Anwendung interner Verrechnungspreise Wertschöpfung aus dem Rohstoffbereich auf den Handelsbereich verlagern – insbesondere um Steuern zu sparen. Die Weltbank schätzt, dass tatsächlich rund ein Viertel der gesamtwirtschaftlichen Produktion vom Rohstoffsektor gestellt wird.

    Energie und Rohstoffe haben deswegen für die russische Wirtschaft herausragende Bedeutung, insbesondere Erdöl und Erdgas. Russland verfügt aber auch über bedeutende Vorkommen an Metallen (Nickel, Platin, Gold unter anderem) sowie Kohle, Uran, Cobalt und Diamanten.

    Mit der kräftigen Erholung der Erdölförderung und der Zunahme der Ölexporte bei steigenden Ölpreisen ist die Bedeutung der Energiewirtschaft seit Ende der 1990er Jahre weiter gewachsen. Der Export von Energieträgern und Elektrizität erreichte nach Angaben der russischen Zollbehörde 2005 am Gesamtvolumen der russischen Ausfuhren über die Grenzen der GUS hinaus einen Anteil von rund 67 Prozent.

    2004 nahm die Produktion von Brennstoffen um insgesamt 7,1 Prozent zu (Erdöl und Gaskondensat: +8,9 Prozent auf 459 Mio. t; Erdgas: +1,9 Prozent auf 632 Mrd. m³; Kohle: +1,3 Prozent). Die Stromproduktion wächst seit 1999 ebenfalls wieder. Mit Öl-, Erdgas- oder Kohle betriebene Wärmekraftwerke stellte 2003 rund 63 Prozent der gesamten Stromproduktion von rund 851 Mrd. Kilowattstunden. Auf Wasserkraftwerke entfielen 21 Prozent, auf Kernkraftwerke 16 Prozent. Die russische Regierung plant, den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung bis 2020 auf etwa ein Drittel zu verdoppeln, um noch mehr Erdöl und Erdgas exportieren zu können. Schon heute ist Russland weltweit zweitgrößter Exporteur von Rohöl und weltweit größter Exporteur von Erdgas.

    Die verarbeitende Industrie (Maschinenindustrie, Autoindustrie) fiel nach dem Ende der Sowjetunion in eine tiefe Krise. Die Produktion ging stark zurück. In den 2000er Jahren ging es aber auch in der verarbeitenden Industrie wieder bergauf. Vor allem auf Märkten in der GUS konnten Marktanteile zurückgewonnen und neue Märkte in Asien gefunden werden, weil sich einige russische Erzeugnisse als einfacher und preiswerter als westliche Konkurrenzprodukte profilieren konnten.

    Siehe auch: Energiewirtschaft Russlands

    Von der Lieferstruktur her wichtigster Handelspartner Russlands ist Deutschland, das vor allem industrielle Fertigerzeugnisse wie Maschinen, Anlagen und Spitzentechnologie nach Russland liefert. Im Jahr 2010 betrug das deutsche Exportvolumen nach Russland 26,4 Milliarden Euro. Russland ist im Gegenzug Deutschlands größter Rohöllieferant und deckt rund ein Drittel des deutschen Erdgasbedarfs. Im Jahre 2005 betrug das gemeinsame Handelsvolumen 35 Milliarden Euro. Die VR China ist seit der Wirtschaftskrise der größte Exporteur vor allem von Konsumgütern, ebenfalls von Bedeutung sind die USA.

    Russlands Anteil am weltweiten Warenhandel ist trotz seiner bedeutenden Stellung als Rohstofflieferant jedoch vergleichsweise gering. Er beträgt nur etwa 2 Prozent, knapp ein Drittel des Anteils Deutschlands.

    Russland ist Mitglied der International Cocoa Organization.

    Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

    Die jüngste Entwicklung des BIP Russlands (Kaufkraftparität)

    Die russische Wirtschaft hat sich vom Produktionseinbruch im Zuge der Finanzkrise des Jahres 1998 rasch erholt, da die 1998 eingetretene deutliche Abwertung des Rubels der russischen Wirtschaft Auftrieb verschaffte. Durch die Abwertung wurden ausländische Güter verteuert. In Russland hergestellte Produkte wurden auf dem Inlandsmarkt wettbewerbsfähiger. Die russischen Exporteure konnten von der Abwertung allerdings nur wenig profitieren, weil ihre Produkte auf den westlichen Märkten qualitativ mangelhaft und damit nicht wettbewerbsfähig waren. Ab Mitte 1999 gaben dann die kräftig steigenden Preise für die russischen Energieexporte der Wirtschaft einen weiteren Wachstumsschub. Steigende Gewinne führten zu höheren Investitionen. Mit wachsenden Steuer- und Zolleinnahmen kam es zu Überschüssen in den öffentlichen Haushalten. Die bis Mitte der 1990er Jahre deutlich zurückgegangene Ölproduktion erholte sich. Der Erdölboom spülte in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts hohe Einnahmen in die russische Staatskasse. So konnte seit 2000 in jedem Jahr ein Haushaltsüberschuss verbucht werden. Er stieg 2005 weiter auf 7,4 Prozent. Ein Teil der Öleinnahmen floß seit 2004 in einen nationalen Stabilisierungsfonds, der die Auswirkungen schwankender Rohstoffpreise auf Wirtschaft und Staatshaushalt mindern sollte.

    Die gesamtwirtschaftliche Produktion setzte ihren Aufschwung bis 2008 fort. Die russische Wirtschaft machte auf dem Weg zu einer breiter diversifizierten Produktionsstruktur Fortschritte. Außenwirtschaftlich verstärkte sich die Abhängigkeit der russischen Wirtschaft vom Energiesektor allerdings weiter. Nach Angaben der Zollstatistik stieg der Anteil der Energieexporte beim Handel mit Ländern außerhalb der GUS von 60 auf 67 Prozent aller Ausfuhren. Die staatlichen Auslandsschulden konnten beglichen werden und eine große Währungsreserven angelegt werden.

    Trotz kräftig gestiegener Investitionen wurde in Russland im internationalen Vergleich zu wenig investiert. Das zeigte sich insbesondere am geringen Zufluss ausländischer Direktinvestitionen. Internationale Investoren kritisieren insbesondere fehlende Rechtssicherheit, weit verbreitete Korruption, eine überbordende Bürokratie und die geringe Leistungsfähigkeit des russischen Bankensystems.

    Im Zuge der Internationalen Wirtschaftskrise wies die russische Wirtschaft seit Mitte 2008 deutlich negative Entwicklungen auf, was in hohem Maße auf ihre immer noch große Abhängigkeit vom Energiesektor zurückzuführen ist. Aufgrund des drastischen Preisverfalls beim Erdöl und Erdgas sanken die Staatseinnahmen. Um den Bankensektor und die Industrie zu stützen, musste die russische Regierung auf die in den Zeiten hoher Ölpreise angesammelten Mittel aus dem Reservefonds zurückgreifen.[31] Spätestens durch diese Krise erkannte die russische Regierung, das die Fixierung auf den Rohstoffreichtum das Land in eine Sackgasse führt und die Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen für Erdöl, Erdgas oder Metalle zu hoch ist.

    Die Wirtschaft des Landes soll deswegen diversifiziert, von der Rohstofflastigkeit befreit und mehr Wertschöpfung im Inland erzielt werden. Dafür will die Regierung die Entwicklung von Innovationen und weltmarktfähigen Produkten fördern und gleichzeitig mehr Hightech ins Land holen.

    Ausgewählte Wachstumszahlen der russischen Volkswirtschaft
    Wachstum des BIP (Bruttoinlandsprodukts)
    in Prozent gegenüber dem Vorjahr
    Jahr 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
    BIP (real) 1,4 -5,3 6,4 10,0 5,1 4,7 7,3 7,2 6,4 8,2 8,5 5,2
    Quelle: bfai[32]
    Entwicklung des Haushaltssaldos
    (in Prozent des BIP)
    Jahr 2003 2004 2005 2006
    Haushaltssaldo 1,7 4,7 8,4 9,4
    Quelle: bfai[33]
    Entwicklung der Inflationsrate
    (in Prozent gegenüber dem Vorjahr)
    Jahr 2003 2004 2005 2006 2007
    Inflation 12,0 11,7 10,9 9,0 11,9
    Quelle: bfai[34]
    Entwicklung des Außenhandels
    (in Mrd. US$ und in Prozent gegenüber dem Vorjahr)
    2003 2004 2005 2006
    Mrd. US$ % gg. Vj. Mrd. US$ % gg. Vj. Mrd. US$ % gg. Vj. Mrd. US$ (1. Hj.) % gg.Vj.
    Einfuhr 57,3 24,0 75,6 32,0 98,5 30,3 56,6 33,2
    Ausfuhr 133,5 25,1 181,7 36,1 241,4 32,9 143,0 86,2
    Saldo 76,2 106,1 142,9 86,4
    Quelle: bfai[35]

    Wirtschafts- und Finanzpolitik

    Das neue Russland: Moskau City, Bauphase Mai 2010

    Priorität hatte für die russische Regierung lange Zeit offenbar die Aufrechterhaltung möglichst hoher Wachstumsraten – vor einer Stabilisierung der Preise. Das vom damaligen Präsidenten Putin gesetzte Ziel, das Bruttoinlandsprodukt in einem Zeitraum von zehn Jahren zu verdoppeln, sollte möglichst weitgehend erreicht werden – notfalls mit einem nur kurzfristig wirksamen staatlichen Ausgabenprogramm. Dafür sprechen auch Beschlüsse, die Ausgaben für Gehälter im öffentlichen Dienst, Renten und sonstige Sozialleistungen zu erhöhen. Damit reagierte die Regierung auch auf weitverbreitete Proteste der Bevölkerung. Sie wurden ausgelöst, als Anfang 2005 bisher entgeltfreie staatliche Sachleistungen, z. B. Freifahrten für Rentner in öffentlichen Verkehrsmitteln, durch Geldleistungen ersetzt werden sollten.

    2005 sind die Einnahmen im Föderationshaushalt um rund die Hälfte gestiegen. Die Ausgaben wurden vergleichsweise zurückhaltend um rund ein Drittel erhöht. Im Budget 2006 wurden weitere Ausgabensteigerungen um insgesamt rund ein Viertel vorgesehen, insbesondere zur Terrorismusbekämpfung sowie im Bildungs- und Gesundheitswesen zur Erhöhung der relativ niedrigen Gehälter in diesen Bereichen.

    Angesichts der herausragenden Bedeutung des Energiesektors ist die russische Politik insbesondere darauf ausgerichtet, die staatliche Kontrolle über die Energiewirtschaft zu verstärken und private Unternehmen aus diesem Bereich zurückzudrängen. Das zeigt die Zerschlagung des Erdölkonzerns Yukos. Ein weiterer Hinweis ist die Übernahme des Ölkonzerns Sibneft durch die halbstaatliche Erdgasgesellschaft Gazprom, die damit ihre Geschäftstätigkeit im Ölbereich weiter ausbaut.

    Auch außerhalb des Energiesektors baut der Staat seinen Einfluss aus. Die Regierung fördert die Bildung staatlicher Großkonzerne, die wichtige Branchen dominieren sollen. So wurden beispielsweise im Bereich des Maschinen- und Automobilbaus private Unternehmen von Staatsbetrieben übernommen.

    Im Bankensektor, der von zwei großen Staatsbanken, der Sberbank und der WTB (ehemals Wneschtorgbank), beherrscht wird, hat die WTB ihre Marktmacht 2005 nach der Übernahme der vormals privaten Promstroibank ausgebaut. Die verbliebenen Privatbanken sind bis auf wenige Ausnahmen klein und unterkapitalisiert. Die Schwächen des russischen Bankensystems zeigten sich im Frühsommer 2004, als ein Ansturm verunsicherter Anleger auf die Banken schnell zu Liquiditätsproblemen führte und das Land an den Rand einer Bankenkrise brachte.

    Seit die Internationale Finanzkrise ab 2007 auch zu Krisenentwicklungen in der russischen Wirtschaft führt, werden Mittel aus dem Staatshaushalt vornehmlich zur Stabilisierung des Bankensektors und Förderung strategisch wichtiger Industriebetriebe eingesetzt, aber auch zur Aufrechterhaltung bestehender Sozialleistungen. So hat Präsident Medwedew den russischen Banken Kredite mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren von bis zu 950 Milliarden Rubel (rund 27 Milliarden Euro) zugesagt, um deren Eigenkapitalbasis zu stärken. Mehrere Gesetze zur Stabilisierung des Finanzsektors wurden erlassen, deren Umfang auf rund 112 Milliarden Euro geschätzt wird. Die Altersrenten sollen im Laufe des Jahres 2009, überproportional zur erwarteten Inflationsrate, um insgesamt gut 37 Prozent angehoben werden.[36]

    Tourismus

    Eine weiße Nacht in Sankt Petersburg


    Der Tourismus in Russland konzentriert sich vor allem auf die beiden Metropolen Moskau und Sankt Petersburg mit ihrem reichen kulturellen Angebot. Darüber hinaus sind Schifffahrten auf der Wolga sowie Besichtigungen von altrussischen Städten nordöstlich von Moskau, dem sogenannten Goldenen Ring, gefragt. Natururlaub ist vor allem in Karelien und dem Altai-Gebirge möglich. Beliebt sind unter ausländischen Gästen die Reisen mit der Transsibirischen Eisenbahn sowie der Besuch des Baikalsees. Individualtouristen werden häufig durch Visa-Beschaffung und sprachliche Hürden abgeschreckt, hingegen ist das Land bei Reisegruppen beliebter.

    Im innerrussischen Fremdenverkehr sind die Badeorte der Schwarzmeerküste sowie eine Reihe von nordkaukasischen Thermalquellen-Kurorten wie Kislowodsk, Pjatigorsk usw. von Bedeutung. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich der Skitourismus im Nordkaukasus. Vor allem im Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi wird hierfür die Infrastruktur ausgebaut.

    Staatshaushalt

    Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 303,6 Mrd. US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 231,1 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 5,9 % des BIP.[37]
    Die Staatsverschuldung betrug 2009 77,6 Mrd. US-Dollar oder 6,3 % des BIP.[37]

    2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

    Gesundheit und Soziales

    Lebenserwartung (2010)* 69,0 Jahre
    Lebenserwartung (Männer) (2010)* 63,0 Jahre
    Lebenserwartung (Frauen) (2010)* 74,9 Jahre
    Säuglingssterblichkeit (2010)* 7,5 von 1000
    Kindersterblichkeit (2004) 2,1 %
    Müttersterblichkeit (2005)** 28 / 100.000 Geb.
    Ärzte* 4,9 / 1000 Einw.
    Krankenhausbetten* 10,7 / 1000 Einw.
    Zugang zu sauberem Trinkwasser (gemäß WHO Kriterien)** 88 % (Land); 100 % (Stadt)
    Geburtenrate (2010)* 12,6 / 1000 Einw.
    Sterblichkeit (2010)* 14,3 / 1000 Einw.
    Suizide (pro 100.000 Einwohner)* 23,5
    Bevölkerungswachstum (2009) +0,008 %
    Fruchtbarkeit (2009) 1,54 Kinder / Frau
    HIV-Infektionsrate (2005)** 0,78 %
    HIV/AIDS-Infizierte (2004) 350.000
    Öffentliche Ausgaben für Gesundheit (1997) 4,6 % des BIP
    Öffentliche Ausgaben für Altersversorgung (1996) 5,7 % des BIP
    Öffentliche Ausgaben für Bildung und Erziehung k. A.
    Schulpflicht 7–18 Jahre
    Analphabetenquote (2002) ** 0,6 %
    Armutsquote 13,0 %
    Kinderunterernährung 3 %
    Quelle: Rosstat(*); WHO (**)

    Gesundheitswesen

    Im Artikel 41 der Verfassung Russlands ist für alle Bürger das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung verankert. Dieser seit den Sowjetzeiten bestehende Grundsatz ist zum Teil die Ursache dafür, dass Russland im internationalen Vergleich eine vergleichsweise hohe Anzahl der Ärzte und der Krankenhäuser pro Kopf der Bevölkerung aufweist.[39][40] Dennoch ist der gesundheitliche Zustand der russischen Bevölkerung schlecht. Gerade beim wirtschaftlichen Niedergang der 1990er Jahre in Russland wurde das Gesundheitswesen stark getroffen.[41] Das Ergebnis führte zu äußerst niedrigen Entlohnungen der Ärzte und Krankenschwestern und als Folge eine massive Verschlechterung der Qualität der medizinischen Versorgung der breiten Öffentlichkeit. So ist inzwischen jede dritte Klinik der 7000 Krankenhäuser im Land dringend renovierungsbedürftig. Schrittweise werden in letzter Zeit die Gehälter für das medizinische Personal angehoben sowie staatliche Mittel in die Einrichtung neuer und Modernisierung bestehender Kliniken investiert. In den Jahren 1999–2003 betrugen die durchschnittlichen Gesamtausgaben für den Gesundheitssektor in Russland im Verhältnis zum BIP 5,70 Prozent.

    In Russland ist der Gesundheitssektor dezentral organisiert. Das Gesundheitsministerium ist auf föderaler Ebene für den gesamten Sektor zuständig, die Erbringung der konkreten medizinischen Leistungen (inklusive die Bereitstellung von Krankenhäusern) aber Aufgabe der Föderationssubjekten und Gemeinden. Die Bedeutung der Föderationssubjekten und Gemeinden im Gesundheitssektor gemäß, werden rund 2/3 der gesamten Budgetausgaben von diesen bestreitet. Das russische Gesundheitssystem wird durch einen Mix aus Budgetmitteln und Mitteln aus der Sozialversicherung finanziert.

    Armut

    Der Anteil der Bevölkerung, der unter der Armutsgrenze lebt, betrug 2002 nach Angaben der Weltbank 19,6 %. Dieser Anteil ist jedoch landesweit ungleich verteilt. In Tschetschenien und Dagestan lebten mehr als die Hälfte der Menschen in Armut; weitere arme Regionen sind demnach Inguschetien (47 %), Tuwa & Kabardinien-Balkarien (42 %), Mari El (39 %), Kalmückien (36 %), Burjatien & Altai (32 %) und Mordwinien (31 %). Nach dem Zerfall der UdSSR ist die Armut jedes Jahr erheblich gestiegen und war 1999 mit über 40 % auf dem Höhepunkt. Seitdem hat sich die Lage bis heute spürbar gebessert. Allerdings lebt der Großteil der Nicht-Armen Bevölkerung meistens nur knapp über der Armutsgrenze.

    Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich seit 2001 vervielfacht und im Jahr 2008 im Landesdurchschnitt 14.425 Rubel pro Monat[42] (umgerechnet rund 400 Euro) erreicht. Eine ähnliche Entwicklung gab es beim Durchschnittslohn, der 2008 mit 17.112 Rubel berechnet wurde.[43] Dadurch sank die Zahl der Armen. Allerdings verbesserte sich der Lebensstandard regional sehr unterschiedlich. Während besonders in Moskau und St. Petersburg heute einige Viertel in neuem Glanz erstrahlen, ist in anderen Regionen die Armut nach wie vor groß. Insgesamt konnte der Anteil der „Armen“ seit 1998 deutlich gesenkt werden, noch immer lebt aber etwa ein Sechstel der russischen Bevölkerung unter der offiziellen Armutsgrenze. Zudem gibt es große Einkommensdifferenzen. So liegen die Löhne in der Ölindustrie inzwischen über 50.000 Rubel pro Monat, während Beschäftigte in der Landwirtschaft im Schnitt nur auf rund 7800 Rubel kommen.[44]

    Weiter zweistellig steigende Verbraucherpreise erschweren allerdings die Lebensbedingungen jener Bevölkerungskreise, die bisher nicht am Rohstoffboom teilhaben. Der jährliche Preisanstieg, der in der Regel nicht wie international üblich als Veränderung des Indexes der Verbraucherpreise im Jahresdurchschnitt, sondern als Veränderung der Jahresendstände des Verbraucherpreisindexes im Dezember angegeben wird, verringerte sich 2005 lediglich geringfügig auf 10,9 Prozent. Zudem macht sich der Produktionsaufschwung auf dem Arbeitsmarkt nur allmählich bemerkbar. Mit 7,6 Prozent war die nach Standards der Internationalen Arbeitsorganisation berechnete Arbeitslosenquote 2005 0,6 Prozentpunkte niedriger als 2004. Allerdings gilt die Arbeitslosenquote nur als begrenzt aussagefähig, weil viele Arbeitslose nicht erfasst werden dürften.

    Umweltschutz

    Das Recht des Bürgers auf gesunde Umwelt und auf verlässliche Informationen über ihren Zustand ist im Artikel 42 der russischen Verfassung verankert. Allerdings hat der Umweltschutz in der russischen Politik, so auch in der regierungstreuen Partei „Einiges Russland“, bislang faktisch nur eine vergleichsweise niedrige Priorität, was von internationalen Umweltorganisationen wie WWF oder Greenpeace immer wieder kritisiert wird.[45] So wurden in der Vergangenheit oft gängige Umweltstandards bei der Erschließung neuer Erdöl- oder Erdgasvorkommen nur unzureichend eingehalten. Ein bekanntes Beispiel der jüngsten Zeit ist die Erschließung der Fördergebiete Sachalin II, bei der in höherem Maße gegen Umweltauflagen verstoßen worden sein soll.[46] Hinzu kommt eine immer noch verbreitete Korruption innerhalb staatlicher Umweltbehörden, die mehrfache Verstöße gegen Umweltauflagen beim Bau von Häusern oder massenhaften illegalen Holzeinschlag ermöglicht. Auch eine Vielzahl von Altlasten aus den Sowjetzeiten, darunter marode Fabriken, die die heutigen Umweltstandards nicht einhalten können, belasten die Umwelt in Teilen des Landes erheblich. Einige Städte mit solchen Fabriken, wie Norilsk oder Dserschinsk, gelten als ökologisches Notstandsgebiet.[47]

    Erst in jüngster Zeit wurden vereinzelte Bemühungen der russischen Staatsmacht zum Vorantreiben des Umwelt- und Klimaschutzes sichtbar. So wurde in Russland die Ratifizierung des Kyoto-Abkommens am 5. November 2004 mit der Zustimmung des Präsidenten zum Beschluss der Staatsduma abgeschlossen.[48] Am 30. Januar 2008 äußerte sich der designierte Präsident Dmitri Medwedew für eine schnelle Entwicklung des einheimischen Marktes für Innovationstechnologien im Umweltschutz.[49]

    Kultur

    Russlands Kulturgeschichte beginnt weitgehend mit seiner Christianisierung (988/989) am Ende des 10. Jahrhunderts, wobei auf Ersuchen des Kiever Fürsten Wladimir I. die byzantinische Kultur in ihren slawisierten Formen für die nächsten sieben Jahrhunderte bei den Russen die Vorherrschaft gewann. Es folgte ein rasches Aufblühen ihres Schrifttums, ihrer Kunst und Architektur nach der Einführung des Christentums.

    Die religiöse Weltanschauung und kirchliche Textauffassung bestimmte und verlangsamte im Moskauer Reich bis etwa 1700 die kulturelle Entwicklung. Gerade die Orthodoxie bedingte ein anderes Kulturverständnis. Peter I. forcierte dann die Säkularisierung und Europäisierung des gesellschaftlichen Lebens.

    Russland versteht sich als das radikale Andere des Westens. So ist die russische Kultur im Vergleich zu der westeuropäischen andersartig. Diese Entwicklung wurde durch ihren Standort und Ausgangspunkt an der Peripherie der westlichen Kulturentwicklung verursacht. Weiterhin führte das Schisma von 1054 zu einem sich völlig anders entfaltenden orthodoxe Christentum mit einer wachsenden Ablehnung zum Katholizismus. Die russische Staats- und Rechtsauffassung, die dem byzantinischen Cäsaropapismus entstammt, im Unterschied zur römischen Rechtstradition im Westen, trug ebenso zu der Abgrenzung der russischen Kultur zu der westeuropäischen bei. Im Gegensatz zu der Entwicklung von Nationalstaaten in Westeuropa vollzog sich in Russland ab 1550 der Wandel zu einem Vielvölkerreich, der die kulturelle Entwicklung mitprägte.

    Die russiche Kultur ist weiterhin durch zeitlich verschiedene Entwicklungsphasen zur westeuropäischen Kultur geprägt. Die lässt sich durch die geokulturelle Randlage und gleichzeitige Ausdehnung Russlands nach Osten erklären, die ein unterschiedliches Evolutionstempo im Wechselspiel verlangsamter und beschleunigter Nachhol- und Entwicklungsphasen hervorrufen, wodurch es in der russischen Geschichte wiederholt zu gesellschaftlichen Umbrüchen und politischen Radikalisierungen kam. Demnach kann Russland als eine Übersetzungskultur angesehen werden, allerdings nicht in passiver Nachahmung, sondern aus dem Bedürfnis des Nachholens und Überbietens. Dies erzeugt produktive Wechselwirkungen, indem Eigenes nach dem imitierten Fremden modelliert wird und so Neues hervorbringt.

    Russische Literatur

    Hauptartikel: Russische Literatur

    In Russland genießt die Literatur eine große Wertschätzung. Die in Westeuropa üblichen und gültigen Ordnungsmuster der Poetik und Gattungslehre, wie auch literarische Epochenbezeichnungen werden aber in Russland anders, weil zeitversetzt und in anderer Funktion, verwendet. Der Romanik entsprach in der Kiewer Rus die „Periode der stilistischen Einfachheit“ (11. Jh.), der Gotik das „Zeitalter des ornamentalen Stils“ (12. und 13. Jh.), für die folgenden Jahrhunderte vom 14. bis zum 16. gibt es gebräuchliche ideologische und geopolitische Epochennamen („Periode der geistigen Auseinandersetzungen“ und „Moskauer Literatur“). Erst für das 17. und 18. Jh. gelang der Nachweis barocker Stilverfahren und der verspätete Gleichklang mit dem westeuropäischen Zeitstil.

    Der aus Byzanz übernommene Grundbestand an geistlichen Texten und Gattungen legten die Grundlage der kirchenslawische Tradition fest, was im slawischen Mittelalter als Literatur und als literarischer Text galt. Es herrschte die Dominanz eines geistlich-kirchlichen Literaturbegriffs (d.h. Lesen und Schreiben – ähnlich wie in der Ikonenmalerei – zum Nutzen der Seele). Andererseits fehlte die ästhetische Funktion, Individualstil, Fiktionalität (Trennung von Wahrheit und Dichtung), literarische Gattungen im neuzeitlichem Sinn und ein moderner Autorenbegriff. Literatur mit nicht vorherrschend geistlicher Funktion im alten Russland (vor 1700) ist vergleichsweise wenig vertreten.

    Zu den russischen Schriftstellern von Weltrang gehören: Fjodor Dostojewski, Nikolai Gogol, Maxim Gorki, Boris Pasternak, Alexander Puschkin, Alexander Solschenizyn, Lew Tolstoi, Anton Tschechow, Iwan Turgenew und Iwan Bunin, der erste russische Schriftsteller, der mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde.

    1990 verzeichneten Bücher in Russland eine Auflagenstärke von insgesamt 1,6 Milliarden Büchern. 2004 waren es nur noch 562 Millionen. Auflagenstärkste Autorin war dabei Darja Donzowa mit 99 Bänden und einer Auflagenstärke von 18,1 Millionen Büchern.

    Musik

    Die Anfänge der russischen Kunstmusik begannen sich im 18. Jahrhundert zu entwickeln und standen, da vorrangig am europäisch ausgerichteten Zarenhof gepflegt, stark unter Beeinflussung westeuropäischer Musik. Als typisch russisch anzusehen sind dagegen die A-cappella-Gesänge der orthodoxen Kirchenmusik. Der wichtigste Komponist dieser Zeit war Dmytro Bortnjanskyj, in dessen Schaffen beide Stilrichtungen vertreten sind. Wendungen aus der russischen Volksmusik tauchen erstmals verstärkt in den Opern und Orchesterstücken Michail Glinkas und Alexander Dargomyschskis auf, wodurch sie den Weg zu einer nationalrussischen Komponistenschule ebneten. Im Anschluss daran formierte sich aus fünf jungen Komponisten die sogenannte Gruppe der Fünf (Alexander Borodin, César Cui, Mili Balakirew, Modest Mussorgski, Nikolai Rimski-Korsakow), welche es sich zur Aufgabe machte, gezielt die Eigentümlichkeiten russischer Volksmusik für Symphonien, Opern, Tondichtungen und Kammermusik nutzbar zu machen.

    In Kontrast dazu entwickelte sich eine eher an westlicher Musik (besonders der deutschen Romantik) orientierte Gegenströmung, die durch Anton Rubinstein begründet wurde. Ihr gehörte auch der bedeutendste russische Komponist des 19. Jahrhunderts, Peter Tschaikowski, an, dessen Werke (Symphonien, Opern, Ballette, Kammermusikwerke) der russischen Musik erstmals auch im Ausland zu größerem Ansehen verhalfen. Die nachfolgenden Komponisten wie Anatoli Ljadow, Sergei Tanejew, Anton Arenski, Alexander Gretschaninow, Alexander Glasunow und Wassili Kalinnikow setzten in ihren Kompositionen vor allem auf eine aussöhnende Vereinigung des westlich-internationalen und des russisch-nationalen Stiles. Während Sergei Rachmaninow in seinen Klavierkonzerten und Symphonien den Stil Tschaikowskis eigenständig weiterentwickelte, hielt mit Alexander Skrjabin, Schöpfer eines eigenwilligen harmonischen Systems, erstmals die musikalische Moderne in Russland Einzug.

    Der Expressionismus ist in der russischen Musik durch das Frühwerk Igor Strawinskis und Sergei Prokofjews repräsentiert. In den 1920er Jahren experimentierten viele Komponisten mit neuartigen musikalischen Gestaltungsmitteln, so auch der junge Dmitri Schostakowitsch, dessen frühe Werke sich besonders durch satirischen Tonfall auszeichnen. Die meisten älteren Komponisten hielten dagegen an der Romantik fest, wie Glasunow, Reinhold Glière und Nikolai Mjaskowski, später dann auch Prokofjew. Ab Mitte der 1930er Jahre wurde für russische Musiker auf Anordnung Stalins die Doktrin des Sozialistischen Realismus bindend, die avantgardistische Experimente verbot und eine „volksnahe“ Kunst forderte. Dieser Zwang lockerte sich erst nach Stalins Tod 1953 allmählich. Hauptrepräsentanten einer sowjetischen Musikkultur wurden im Anschluss neben Schostakowitsch vor allem Dmitri Kabalewski und der Armenier Aram Chatschaturjan. Ab etwa 1980 machen sich auch wieder die einst verpönten avantgardistische Elemente in russischen Kompositionen bemerkbar, so bei Edisson Denissow, Sofia Gubaidulina und Alfred Schnittke. Dagegen hielten Komponisten wie der gebürtige Pole Mieczysław Weinberg oder Boris Tschaikowski die Tradition in der Nachfolge Schostakowitschs aufrecht.

    Neben klassischer Musik sind auch einige russische Volkslieder, wie zum Beispiel „Kalinka“ und Katjuscha, über die Grenzen Russlands hinaus bekannt.

    Die russische Popmusik ist recht vielfältig. Neben der althergebrachten Unterhaltungsmusik aus der Zeit der Sowjetunion, der sogenannten Estrada, gibt es eine Reihe unterschiedlicher Genres. Zu Beginn der 1980er Jahre, und vor allem in der Zeit der Perestroika, hatte sich in Russland eine vitale, russischsprachige Rockmusikszene entwickelt. Als Galionsfigur dieser Jahre gilt gemeinhin der im Jahre 1990 verstorbene Frontmann von Kino, Wiktor Zoi, dessen Lieder und Texte eine große Anzahl Jugendlicher ansprach und die für viele Bands der nachfolgenden Jahre prägend waren. Neben originären russischen Bands wie Kino, Ljube, Aquarium, DDT und Nautilus Pompilius, oder den Punkbands Graschdanskaja Oborona und Sektor Gasa wurde die Popkultur im Bereich der Musik stark vom internationalen Mainstream beeinflusst.

    In den 1990er Jahren etablierte sich in den kulturellen Zentren des Landes, aber insbesondere in St. Petersburg ein weitläufiger Underground, der bis heute das gesamte Spektrum der Musik abdeckt. Gegen Ende des Jahrhunderts startete auch das russische MTV. Während dieser Zeit wurde eine Vielzahl von Rockbands gegründet und aufgelöst, vor allem aber feierten die bereits in den 1980er Jahren gegründeten Formationen große Erfolge. Auch die ersten Bands der Untergrundkultur konnten viele Zuhörer gewinnen, so z. B. Leningrad. Sehr bekannt wurde in dieser Zeit auch Zemfira. Spätestens seit Beginn dieses Jahrzehnts hat auch russische Popsa bedeutende Marktanteile inne. Dabei handelt es sich um tanzbare Musik mit einem hohen Elektroanteil, die besonders Teenager zur Zielgruppe hat und sich musikalisch vollständig an international erfolgreichen Projekten orientiert (Walerija, VIA Gra). Das Duo t.A.T.u. ist die bislang einzige international erfolgreiche russische Popband. Ein weiteres, in der Zeit der Sowjetunion weitgehend an den Rand gedrängte Genre erlebt die letzten Jahre ebenfalls eine Renaissance – das russische Chanson. Ein populärer Star dieser Richtung ist der Sänger Michail Schufutinski.

    Ballett, Theater und Oper

    Das Ballett hat in Russland lange Tradition. Russland brachte so große Persönlichkeiten wie Anna Pawlowa, Galina Ulanowa, Vaslav Nijinsky, Rudolf Nurejew, Mikhail Baryshnikov, Sergej Diaghilew, Michail Fokin und Maja Plissezkaja hervor. Ballett ist in Russland eine sehr beliebte Form der Unterhaltung. Aus einer 1773 gegründeten Ballettgruppe ging später das weltberühmte Bolschoi-Ballett hervor.

    Die heute wohl bekannteste Ballettgruppe ist das Russische Staatsballett. Es wurde 1981 von Irina Tichimisova gegründet und ist seit 1984 unter der Leitung von Wjatscheslaw Gordejew, Ex-Bolshoi-Star. Weltweit hatte das Russische Staatsballett bisher 20 Millionen Besucher.

    Neben den klassischen Künsten spielt aber auch die Volkskunst eine große Rolle. Viele russische Volkslieder, wie zum Beispiel „Kalinka“, „Schwarze Augen“ oder „Das Lied der Wolgaschlepper“, sind über die Grenzen Russlands hinaus bekannt.

    Malerei

    Auch auf dem Gebiet der Malerei leistete Russland einen großen Beitrag. Im Zusammenhang mit dem Impressionismus und der Russische Avantgarde sind Namen wie Wassily Kandinsky, Kasimir Malewitsch, Alexej von Jawlensky, Wladimir Tatlin, Michail Larionow und Natalja Gontscharowa zu erwähnen. Zu den großen russische Malern zählen außerdem Andrei Rubljow, Ilja Repin, Marc Chagall, Michail Wrubel, Walentin Serow, Wassili Surikow, Iwan Aiwasowski, Isaak Lewitan, zu den bedeutenden Landschaftsmalern gehören Nikolai von Astudin und viele mehr.

    In neuerer Zeit machen vor allem provokative Künstler und Künstlergruppen wie „Die blauen Nasen“ Furore, welche international ausgezeichnet, von der russisch-orthodoxen Kirche und den Behörden aber immer wieder in die Schranken verwiesen werden.

    Film

    Andrei Tarkowski auf einer russischen Briefmarke


    Die russische Filmgeschichte begann bereits in der Epoche des Russischen Kaiserreich mit Stummfilmpionieren wie Alexander Chanschonkow, Iwan Mosschuchin und Wera Cholodnaja. Zur Sowjetzeit brachte Russland auch einige der wichtigsten europäischen Filmregisseure hervor, beispielsweise Sergei Eisenstein und Andrei Tarkowski. Zahlreiche bemerkenswerte russische Filme und Regisseure blieben jedoch aufgrund des Ost-West-Konfliktes im Westen weitgehend unbekannt. Während der Sowjetzeit unterlag das Kino einer strengen ideologischen Zensur, innerhalb des erlaubten ideologischen Rahmens wurde jedoch eine beachtenswerte Talentförderung und staatliche Unterstützung des Kinogewerbes betrieben. Auch heute noch betrachten viele Russen die Sowjetzeit, die viele beliebte Schauspieler und Filme hervorbrachte, als den Höhepunkt der russischen Filmkunst und der Schauspielschule.

    Trotz des postsowjetischen Krise der russischen Filmindustrie erreichten seit den 1990er Jahren russische Filme gelegentlich internationale Erfolge: Zu nennen ist beispielsweise der oscarprämierte Streifen Die Sonne, die uns täuscht (1994) von Regisseur Nikita Michalkow, das Jugenddrama The Return – Die Rückkehr (2003) von Andrei Swjaginzew, der hierfür mit dem Goldenen Löwen bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig ausgezeichnet wurde, sowie die Fantasy-Verfilmung Wächter der Nacht – Nochnoi Dozor (2004), die zur kommerziell bislang erfolgreichsten russischen Filmproduktion wurde.

    Feiertage

    Als Nationalfeiertage gelten in Russland der sogenannte Tag der Einheit des Volkes am 4. November, der an die Befreiung Moskaus im Jahre 1612 von polnisch-litauischen Fremdherrschern erinnert, sowie der Tag Russlands am 12. Juni anlässlich der Erklärung der Staatssouverenität der Russischen SFSR an diesem Tag im Jahr 1990. Daneben gibt es jährlich mehrere gesetzliche Feiertage, von denen vor allem das Neujahrsfest (durchgehend vom 1. bis 5. Januar) sowie der Tag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland (am 9. Mai) einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung genießen.

    Fällt ein gesetzlicher Feiertag auf einen Dienstag oder einen Donnerstag, ist die Einrichtung eines arbeitsfreien Brückentags am Montag bzw. Freitag üblich, indem der vorhergehende Samstag bzw. der nachfolgende Sonntag im Gegenzug zu Arbeitstagen erklärt werden.

    Architektur

    Sophienkathedrale im Nowgoroder Kreml: das zweitälteste erhaltene Gebäude einer russisch-orthodoxen Kirche

    Die frühe Architektur Russlands orientiert sich an der des Byzantinischen Reichs: frühe Sakralbauten orientieren sich wie die byzantinischen am Griechischen Kreuz, das von fünf Kuppeln gekrönt wird. Beispiele hierfür sind die Sophienkathedrale in Nowgorod oder die Kirche Sankt Demetrios in Wladimir.

    Ein eigenständiger russischer Stil hatte sich wahrscheinlich ursprünglich nur im Bereich der Holzbauten entwickelt, von denen aufgrund des Baumaterials aber keine Bauten erhalten sind, die älter als das 17. Jahrhundert sind. Die Kirchen, die daraus entstanden, zeichnen sich durch eine einfachere zentrale Anlage und einen großen oktogonalen Mittelturm aus. Diese wurden im Laufe der Zeit immer dekorativer ausgestaltet. Ein berühmtes Beispiel ist die Basilius-Kathedrale auf dem Moskauer Roten Platz von 1555.

    Westeuropäische Einflüsse breiteten sich mit dem Barock aus. Barockeinflüsse (→ Russischer Barock) begannen sich Ende des 17. Jahrhunderts in Russland zu zeigen (Kirche der Mutter Gottes von Wladimir in Moskau).

    Katharinenhof, Gartenansicht

    Ihren Durchbruch erreichte sie jedoch in der von Zar Peter I. gegründeten Stadt Sankt Petersburg. Europäische Architekten wie Schlüter oder Domenico Trezzini kamen nach Russland, sie bauten Gebäude wie das Menschikow-Palais oder die Peter-und-Paul-Festung.

    Architektur von Weltniveau erreichten die Baumeister unter Katharina II. (Bartolomeo Francesco Rastrelli). Die Paläste wie der Winterpalast in St. Petersburg, das Schloss Peterhof oder der Katharinenpalast zeigen an den Fassaden einen großen und gewaltigen Rokoko-Stil und sind im Inneren exorbitant luxuriös ausgestattet.

    Mit dem Klassizismus, der in Russland ungefähr zur selben Zeit einsetzte wie im restlichen Europa begannen erstmals originär russische Baumeister wie Iwan Jegorowitsch Starow eine herausragende Stellung einzunehmen. Die meisten Gebäude der Petersburger Innenstadt sind bis heute klassizistisch geprägt.

    Lomonossow-Universität, Moskau

    Ein Paradebeispiel dafür ist die Rossistraße in Sankt Petersburg, benannt nach dem Architekten Carlo Rossi, deren Gesamtanlage einschließlich der Häuser einem streng geometrischen Gesamtmuster folgt. In den Sakralbauten wie der Isaakskathedrale allerdings mischen sich klassizistische und historistische Stilelemente.

    Anfang des 20. Jahrhunderts waren avantgardistische Strömungen in der gesamten russischen Kultur stark. Nach der Oktoberrevolution konnten ihre Verfechter diese kurze Jahre umsetzen. Beispielgebend ist hier El Lissitzky oder neuartige Prototypen für Wohnungsbau, Industriebau und für die öffentliche Verwaltung. Internationale Architekten wie Le Corbusier, Walter Gropius, Peter Behrens und Ludwig Mies van der Rohe konnten in Moskau bauen.

    Unter Stalins Herrschaft erfolgte jedoch schnell ein Rückschlag auf monumental gesteigerte klassische Muster. Der Zuckerbäckerstil begann vorherrschend zu werden, die Repräsentativität stand gegenüber künstlerischen Entwürfen klar im Vordergrund.

    Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wird zunehmend ein historisierender Baustil modern, der Anknüpfungspunkte in der traditionellen russischen Architektur sucht. Beispiele hierfür sind neben vielen anderen Gebäuden die wiederaufgebaute Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau oder die gleichnamige Kathedrale in Kaliningrad.

    Siehe auch: Russische Kultur in Deutschland

    Sport

    In Russland hat Sport einen relativ hohen Stellenwert, was man auf die umfassende sportliche Förderung in der UdSSR zurückführen kann (siehe auch: Sport in der Sowjetunion). Im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum gibt es dort reine Sporttageszeitungen, wie beispielsweise die Sport-Express. Die beliebtesten Sportarten der Russen sind Fußball (siehe auch: Fußball in Russland) und Eishockey (siehe auch: Eishockey in Russland). Aber auch Handball, Basketball, Schach und neuerdings Tennis erfreuen sich großer Beliebtheit.

    Russland hat bereits zahlreiche Weltklassesportler hervorgebracht. Besonders in den Kategorien Leichtathletik, Wintersport, Turnen/Gymnastik und Gewichtheben dominieren russische Sportlerinnen und Sportler. Aus keiner Nation stammen mehr aktuelle und ehemalige Schachweltmeister und Großmeister als aus Russland.

    1980 war die damals sowjetische Hauptstadt Moskau zum ersten Mal Ausrichter der Olympischen Sommerspiele. Im Jahr 2005 hatte sich Moskau vergeblich um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2012 bemüht. Der Schwarzmeer-Kurort Sotschi wird 2014 zum ersten Mal die Olympischen Winterspiele in Russland ausrichten.

    Darüber hinaus ist Russland häufig Austragungsort von internationalen Wettbewerben wie Welt- und Europameisterschaften. So trägt Russland zum ersten Mal die Fußball-Weltmeisterschaft aus, die 2018 unter anderem in Moskau, Sankt Petersburg, aber auch in der Exklave Kaliningrad entschieden wird.

    Bildung und Wissenschaft

    Bildungssystem

    Bildungssystem in Russland

    Das Bildungssystem in Russland gliedert sich in vier Abschnitte:

    • allgemeine Schulausbildung
    • Berufsausbildung
    • Hochschulausbildung
    • Postgraduierte Ausbildung

    Die Allgemeine Schulausbildung untergliedert sich in die Abschnitte Grundstufe, Hauptstufe und Oberstufe.

    Der Schuleintritt erfolgt im Alter von sieben Jahren. Das vorgezogene Schuleintrittsalter von sechs Jahren wird durchschnittlich etwa 35 % der Kinder nach einem psychologischen Gutachten empfohlen. Die vierjährige Primarstufe der Grund- oder Anfangsschule absolvieren die mit sieben Jahren eingeschulten Kinder binnen drei Jahren. Sie gelangen auf diese Weise aus dem dritten sofort in das fünfte Schuljahr.

    Danach folgt eine obligatorische sechsjährige Hauptschulstufe. Sie führt zum Erwerb der „grundlegenden allgemeinen Bildung“ – in der Regel am Ende der neunten Klasse und nach dem Erreichen des Pflichtschulalters von 15 Jahren. Dieser Abschluss berechtigt zum Besuch der oberen Sekundarstufe (zweijährig), deren Abschluss durch das „Zeugnis über die vollständige mittlere Bildung“ (das traditionell so genannte „Reifezeugnis“) – zu Deutsch Abitur, eine Studiumaufnahme ermöglicht.

    Nach der neunjährigen Pflichtschulbildung kann statt der Oberschulstufe auch eine Berufsausbildung an der mittleren Fachschule (Berufsschule) beziehungsweise dem Technikum gemacht werden. Diese Einrichtungen stehen im vertikal durchlässigen gesamten beruflichen Bildungswesen weiterhin für den Erwerb der vollständigen mittleren Bildung zur Verfügung (dualer Ausbildungsgang). Denn zusätzlich zu den berufsspezifischen Fächern auch die allgemeinbildenden Fächer unterrichtet werden, inhaltlich allerdings an der beruflichen Ausrichtung orientiert.

    Für die Hochschulausbildung steht den Studenten in Russland ein vielfältiges Hochschulwesen zur Verfügung. Außer der klassischen Universität mit einem breiten Fächerangebot gibt es verschiedene Hochschulen und Akademien mit einer speziellen technischen, pädagogischen oder ökonomischen Ausrichtung. Das Abitur ist zwar Voraussetzung für den Hochschulbesuch, es muss jedoch zusätzlich eine Aufnahmeprüfung bestanden werden. Die Studienfinanzierung gibt es für leistungsstarke Schüler kostenfrei, für einen immer größer werdenden Teil der Bevölkerung aber nur gebührenfinanziert.

    Sowohl das Studienjahr als auch das Schuljahr beginnen in ganz Russland einheitlich am 1. September eines Jahres.

    Die Akademie der Wissenschaften wurde in Sankt Petersburg auf Anordnung von Peter I. per Erlass des regierenden Senats am 28. Januar (8. Februar) 1724 gegründet. Dieses Datum gilt als Gründungstag der Russischen Akademie der Wissenschaften. Seitdem war Wissenschaft und Forschung in Russland ein wichtiges Anliegen.

    Das gegenwärtige Bildungssystem der Russischen Föderation befindet sich derzeit in einer großen Umbruchphase. Nach der zentralistischen Führung haben die Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie auch größere Rechte zur Selbstverwaltung erhalten. Diese Chancen werden verstärkt genutzt. Hochschulen werden neu aufgestellt; altehrwürdige Einrichtungen erhalten neue Namen und moderne Strukturen. Insgesamt lassen sich vier Kategorien von Hochschuleinrichtungen in folgender Hierarchie aufstellen:

    • Universitäten
    • Akademien
    • Institute (= Hochschulen)
    • Colleges

    Wissenschaft

    Der Start einer Proton-K-Rakete

    Erste Anfänge der wissenschaftlichen Tätigkeiten gab es in Russland bereits zu Zeiten der Kiewer Rus. So stammen die ersten überlieferten Chroniken, die Nestorchroniken, aus dem Jahr 1070. Dort wurden vor allem historische Ereignisse und auch meteorologische Beobachtungen festgehalten. Weitere wichtige Meilensteine der russischen Wissenschaft waren die Erschaffung des Kyrillischen Alphabets im 9. Jahrhundert, die Christianisierung des Rus Ende des 10. Jahrhunderts sowie die Herausgabe des ersten gedruckten Buches in kyrillischer Schrift im Jahr 1564.

    Wissenschaft als soziale Einrichtung entstand in Russland aber erst Anfang des 18. Jahrhunderts unter der Herrschaft Peter des Großen. Zu dieser Zeit wurden die ersten wissenschaftlichen Einrichtungen des Russischen Reichs gegründet, vor allem 1724 die Akademie der Wissenschaften. 1755 wurde in Moskau mit der heutigen Lomonossow-Universität die erste Universität Russlands gegründet. Im Jahre 1916 gab es in ganz Russland rund 100 Hochschulen, davon 10 Universitäten, sowie einige Dutzend Forschungseinrichtungen. Damit befand sich die Wissenschaft des Russischen Reichs im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern auf einem niedrigen Entwicklungsniveau. Dennoch genossen schon damals bestimmte Bereiche der russischen Wissenschaft internationales Ansehen. So waren unter den ersten Nobelpreisträgern zwei russische Akademiker, Iwan Pawlow (1904) und Ilja Metschnikow (1908).

    Einen erheblichen Entwicklungsschub bekam die russische Wissenschaft zu Sowjetzeiten. Charakteristisch für diese Zeit war der hohe Zentralisierungsgrad der Forschung. So waren die meisten Wissenschaftler bei der Akademie der Wissenschaften oder in ihren regionalen Abteilungen angestellt. Da der Sowjetstaat der Industrialisierung und militärischer Überlegenheit eine sehr hohe Priorität einräumte, förderte er die Forschung und Entwicklung auf diesen Gebieten besonders großzügig. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs förderte der Staat auch die Entwicklung der sowjetischen Raumfahrt sehr intensiv. Dies alles führte dazu, dass die Sowjetunion in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem Industrieland aufgestiegen war. Die Forschung und Entwicklung galt auf bestimmten Gebieten, wie der Rüstungsindustrie und der Raumfahrt, als weltweit führend.

    Die Wissenschaft erlebte in der Russischen Föderation in den 1990er Jahre eine schwere Krise, da es permanent an finanziellen Mitteln fehlte, um das zu Sowjetzeiten aufgebaute System an Forschungseinrichtungen und Betrieben weiter ausreichend zu unterstützen und ihre Mitarbeiter leistungsgerecht zu bezahlen. Das führte zu Entwicklungsstopps auf vielen Gebieten und zur Abwanderung qualifizierter Forschungs- und Lehrkräfte ins europäische Ausland oder in die USA.

    Erst seit Anfang 2000 werden seitens der Regierung wieder Anstrengungen unternommen, die einheimische Forschung und Entwicklung zu fördern. Hierzu wurden spezielle nationale Zielprogramme entworfen, die unter anderem eine Erhöhung der Gehälter für Angestellte in der Wissenschaft, die Förderung von Nachwuchsakademikern und die landesweite Einrichtung von Technologieparks vorsehen. Dabei wird besonders auf die Weiterentwicklung in den Bereichen Wert gelegt, in denen Russland früher Spitzenergebnisse erzielte, also vor allem in Naturwissenschaften und der Rüstungsindustrie.

    Trotz Krisen der 1990er nehmen einige Bereiche der Wissenschaft Russlands nach wie vor im internationalen Vergleich obere Positionen ein. So wurden fünf russische Physiker in jüngster Zeit mit dem Nobelpreis ausgezeichnet: Schores Alfjorow im Jahr 2000, Alexei Abrikossow und Witali Ginsburg im Jahr 2003 sowie Andrei Geim und Konstantin Nowosjolow im Jahr 2010.

    Medien

    Printmedien

    Die tagesaktuelle Presse der UdSSR wurde jahrzehntelang vor allem durch die halbamtliche Presseagentur TASS mit Informationen versorgt. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR entwickelte sich in Russland eine freie Presse, die sich jedoch heute wieder zunehmender Repressalien durch die Regierung ausgesetzt sieht.

    Wichtigste Tageszeitung ist die Komsomolskaja Prawda, mit einer Auflage von heute 830.000 Exemplaren. Dahinter folgt der Moskowski Komsomolez mit einer Auflage von 750.000 Exemplaren.

    Eine staatliche Informations- und Analyseagentur ist seit 1993 RIA Novosti.

    Fernsehen

    In den meisten Teilen Russlands können drei landesweite und ein bis zwei regionale Fernsehsender empfangen werden. In Moskau sind je nach Lage mehr als ein Dutzend Fernsehanbieter terrestrisch empfangbar.

    Ein Teil der russischen Fernsehsender wird vom staatlichen Medienkonzern WGTRK betrieben. Zu dessen Angebot gehören neben dem Kanal Rossija 1 auch ein Sportsender namens Sport (russisch: Спорт) und ein Kultursender namens Kultura.

    In den 1990er Jahren entwickelten sich in Russland mehrere teils landesweite private Fernsehsender, die auch unabhängige und auch Kreml-kritische Informationssendungen im Programm hatten. Zu Beginn der 2000er Jahre gerieten jedoch die landesweit empfangbaren Sender unter die indirekte Kontrolle des Staates oder wurden geschlossen und durch staatliche Sender ersetzt. So sendet Sport heute auf der Frequenz von TW-6.

    Russland sendet mit der Fernsehnorm SECAM (Variante Osteuropa). Russland plant langfristig (in den 2010er Jahren) DVB-T einzuführen. Angeblich sollen derartige Geräte subventioniert werden, damit sich die Bevölkerung das verhältnismäßig teure Gerät anschaffen kann.

    Hörfunk

    Neben dem staatlichen Radio Rossii gibt es zahlreiche private Hörfunksender – meist Lokalsender. Einige Moskauer Stationen haben auch Lizenzen in den Regionen. Der Sender Echo Moskwy gilt als einziger verbliebener Vertreter regierungskritischer Medien.

    Russische Radiosender nutzen heutzutage die auch in Deutschland üblichen UKW-Frequenzen (87,5 MHz bis 108,0 MHz) unter der englischen Bezeichnung „FM“. Zu Sowjetzeiten wurde das so genannte OIRT-Band (65,9 bis 73,1 MHz) genutzt, wo heute unter dem Namen UKW noch einzelne Sender laufen.

    Viele russische Wohnungen haben einen Radiostecker, mit dem man in der Art des Drahtfunks ein bis drei Sender empfangen kann. Die simplen Geräte benötigen keine weitere Stromversorgung und haben oftmals als einziges Bedienelement einen Lautstärkeregler.

    Unter der Bezeichnung „Stimme Russlands“ wird der umfangreiche Rundfunk-Auslandsdienst betrieben.

    Internet

    Die Geschichte des Internets in Russland beginnt im September 1990, als die Top-Level-Domain „.su“ für die damalige Sowjetunion angemeldet wurde. Diese Domain wird von russischen Websites teilweise bis heute benutzt. Im März 1994 wurde die offizielle Top-Level-Domain „.ru“ für russische Internet-Adressen angemeldet. Websites unter dieser Domain machen heute einen beträchtlichen Teil des russischen Internets – oft kurz Runet genannt – aus.

    In den 2000er Jahren stieg die Anzahl der Internetnutzer in ganz Russland kontinuierlich an: Gab es im Jahre 2000 nur 3,1 Millionen Nutzer (2,1 % der Bevölkerung) landesweit, betrug ihre Anzahl im Jahre 2007 bereits 28 Millionen (19,5 %).[50] Das Meinungsforschungsinstitut ROMIR schätzt den Anteil der Internet-Nutzer an der erwachsenen Bevölkerung im zweiten Quartal 2007 auf 21 %. Demnach sollen 8 % der Russen das Internet täglich nutzen, wobei dieser Anteil in Großstädten mit einer Bevölkerungszahl von über 500.000 wesentlich höher sei als in kleineren Orten. 51 Prozent der Benutzer sind männlich, das Durchschnittsalter der Benutzer bezifferte ROMIR auf 31 Jahre.[51]

    Im September 2007 überstieg die Gesamtzahl der Second-Level-Domains unter „.ru“ erstmalig den Wert von einer Million.[52] Zu den bedeutendsten Internet-Projekten des Runet gehören die Suchmaschinen Rambler und Yandex, das Online-Netzwerk W Kontakte, die Informations- und Nachrichtenportale RBC Informations Systems, lenta.ru und gazeta.ru. Zu den bekanntesten Providern gehören größere Telekommunikationsunternehmen wie CenterTelekom, MGTS, North-West Telecom oder WolgaTelekom.

    Im Zuge der staatlichen Internet-Förderung verzeichnen die Social-Media-Aktivitäten in Russland einen außergewöhnlich starken Auftrieb, entsprechende Plattformen spielen in Russland eine bedeutende Rolle. Besonders populär sind die in Russland entstandenen Plattformen Vkontakte.ru und Odnoklassniki.ru, die höhere Wachstumsraten ausweisen als internationale, wie etwa Facebook. Auch LiveJournal wird in Russland im internationalen Vergleich überdurchschnittlich genutzt. Die Bruttoreichweite der Social Networks beträgt 49,2 Millionen in Russland lebende Personen.[53]

    Telekommunikation und Post

    Der überwiegende Teil des russischen Postwesens wird vom staatlichen Unternehmen Potschta Rossii abgewickelt. Dieses wurde 2002 aus dem zugleich aufgelösten föderalen Post- und Telekommunikationsministerium ausgegliedert, das auch zu Sowjetzeiten für den Postverkehr zuständig war. Heute bietet die Potschta Rossii ihre Dienstleistungen in insgesamt über 42.000 Postämtern an, die flächendeckend über ganz Russland verteilt sind. Die Zahl der Beschäftigten im Unternehmen beläuft sich russlandweit auf rund 415.000.[54] In vielen Städten bieten Postfilialen seit Anfang des 21. Jahrhunderts neben grundlegenden Postdienstleistungen – wie etwa dem Versenden und Empfangen von Briefen, Paketen und Telegrammen sowie dem Postgiro – auch ergänzende Dienste an, darunter öffentliche Computerarbeitsplätze mit Internetzugang.

    Im Briefzustellungsbereich ist Potschta Rossii in Russland Monopolist. Im Bereich der Paketpost sind seit den 1990er Jahren auch international tätige Kurierunternehmen wie DHL oder TNT in Russland tätig.

    Für die Telekommunikation im Festnetzbereich gibt es je nach Region verschiedene Anbieter. Der größte russische Telekommunikationskonzern ist Svyazinvest, zu dem sieben große regionale Anbieter als Tochterunternehmen gehören. Den Mobilfunkmarkt teilen sich landesweit im Wesentlichen die drei größten Anbieter des Landes Mobile TeleSystems, Beeline und MegaFon, ferner einige kleinere regionale Anbieter. Diese Branche erlebte in Russland ab dem Jahr 2000 einen rasanten Wachstum: Besaß noch im Jahr 2000 weniger als ein Prozent der russischen Bevölkerung ein Mobiltelefon, überschritt 2006 die landesweite Anzahl von Handys bereits die Bevölkerungszahl und betrug mit dem Stand vom 31. März 2007 gut 155 Millionen.[55]

    Literatur

    Allgemeines
    • Volker Ullrich(Hrsg.): Russland und der Kaukasus. Fischer Weltalmanach aktuell (mit Analysen und Reportagen aus der ZEIT und Zahlen, Daten und Fakten aus dem Fischer Weltalmanach). Fischer Taschenbücher. Bd. 72303. Fischer, Frankfurt/M. 2005, ISBN 3-596-72303-5.
    Aktuelle Politik
    Geschichte
    • Carsten Goehrke: Russland. Eine Strukturgeschichte. Schöningh Verlag, Paderborn 2000, ISBN 978-3-506-76763-9 (Rezension).
    • Richard Pipes: Russland vor der Revolution. Staat und Gesellschaft im Zarenreich. München 1977.
    • Abraham Ascher: Geschichte Russlands. Magnus-Verlag, Essen 2005, ISBN 3-88400-432-8.
    • Tim Guldimann: Moral und Herrschaft in der Sowjetunion. Erlebnis und Theorie. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1984, ISBN 3-518-11240-6.
    • Andreas Kappeler: Russland als Vielvölkerreich. Entstehung, Geschichte, Zerfall. 2. durchgesehene Auflage. Beck, München 2003, ISBN 3-406-36472-1.
    • Andreas Kappeler: Russische Geschichte, 4. aktualisierte Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-47076-9.
    • Tanja Wagensohn: Russland nach dem Ende der Sowjetunion. Pustet, Regensburg 2001, ISBN 3-7917-1751-0.
    Soziologie & Kultur
    • Norbert Franz (Hrsg.): Lexikon der russischen Kultur. Primus, Darmstadt 2002, ISBN 3-89678-413-7.
    • Carsten Goehrke: Russischer Alltag. Chronos, Zürich 2003, ISBN 3-0340-0583-0.
    • Orlando Figes: Nataschas Tanz. Eine Kulturgeschichte Russlands. Berlin Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-8270-0487-X.
    • Dorothea Redepenning: Geschichte der russischen und sowjetischen Musik. Das 19. und 20. Jahrhundert in 2 Bänden. Laaber-Verlag, Laaber 1994, ISBN 978-3-89007-206-7.

    Weblinks

     Portal:Russland – Themenüberblick

     Commons: Russland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    Dateikategorie Dateien: Russland – lokale Sammlung von Bildern und Mediendateien

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     Wikisource: Russland – Quellen und Volltexte
    Wiktionary: Russland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
    Wikinews Wikinews: Russland – in den Nachrichten
    Wikiatlas Wikimedia-Atlas: Russland – geographische und historische Karten

    Einzelnachweise

    1. International Monetary Fund: World Economic Outlook Database, September 2011
    2. Vgl. Andreas Zimmermann: Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge: Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation. Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Springer, Berlin 2000, ISBN 3-540-66140-9, S. 86 (Fn 304 f.), 90, 120.
    3. Andreas Zimmermann, Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge, I. Teil., 3. Kap. III.4.a, S. 85 ff. mwN (86, 90); vgl. auch die a.A. Schweisfurths, Vom Einheitsstaat (UdSSR) zum Staatenbund (GUS). Juristische Stationen eines Staatszerfalls und einer Staatenbundsentstehung, ZaöRV, Bd. 52 (1992), S. 541–702, hier S. 545 f., 547 (PDF), der zwar eine Identität zwischen dem Russischen Reich und Sowjetrussland annimmt, aber die UdSSR als neues Völkerrechtssubjekt betrachtet.
    4. Vgl. Theodor Schweisfurth: Staatensukzession, S. 172.
    5. Nach h.M. ist der Inhalt dieses Begriffes synonym mit „völkerrechtlicher Identität“ zu verstehen, womit sich dieser Begriff und die Bezeichnung „Nachfolgestaat“ wechselseitig ausschließen; vgl. Andreas Zimmermann, Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge, passim, insbes. S. 85–97 mzN.
    6. Helmut Wagner, Einführung in die Weltwirtschaftspolitik. Globalisierung: Internationale Wirtschaftsbeziehungen – Internationale Organisationen – Internationale Politikkoordinierung, 6. Aufl., Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-59109-5, S. 154.
    7. Russland-Aktuell: Tataren müssen Kyrillisch schreiben, 16. November 2004.
    8. Nationalitätenstatistik der russischen Volkszählung von 2002 (englisch)
    9. Russlands Bevölkerungszahl auf knapp 142 Millionen geschrumpft, RIA Novosti vom 18. Juni 2010.
    10. RIA Novosti, 14. Februar 2007; abgerufen am 5. April 2008
    11. Rossijskaja Gaseta; abgerufen am 5. April 2008.
    12. The Economic Times, 2. Februar 2008; abgerufen am 5. April 2008.
    13. Bevölkerungsentwicklung Russlands beim Föderalen Dienst för staatliche Statistik Russlands (englisch; Berechnungen für den 1. Januar des jeweiligen Jahres, wenn nicht anders angegeben)
    14. Die russische Tragödie, FAZ vom 10. Juli 2011; abgerufen am 12. Juli 2011.
    15. RIA Novosti: Russlands Bevölkerung stirbt langsamer aus – Statistik und Prognose, 22. November 2007.
    16. Laut Fischer Weltalmanach 2007, S. 398 sind 50 Mio. von 143,8 Mio. konfessionslos (ebenso die Ausgaben 2008 und 2009), das sind fast 35 %. Das zusammen mit Der Spiegel herausgebrachte dtv-Jahrbuch 2004 (S. 354 f.) gibt 40 % Konfessionslose an, der Spiegel Almanach von 2002 (S. 328) 33 % Atheisten. Der Time Almanach 2008 (S. 462) unterscheidet zwischen 27,4 % Konfessionslosen und 5,2 % Atheisten. Demgegenüber geht The World Almanac and Book of Facts 2009 der New York Times (S. 801) sogar von über 60 % Konfessionslosen aus.
    17. RUFO: Russlands größter Reichtum sind seine Menschen, 27. April 2007.
    18. Information der Botschaft der RF in der Bundesrepublik; abgerufen am 11. März 2011.
    19. CIA: The World Factbook
    20. Meyers Lexikon online: Russland – Bevölkerung – Religion
    21. Vgl. Antonia von Reiche: Der Weg des russischen Zarentums zur Anerkennung in der Zeit von 1547 bis 1722: Eine völkerrechtlich-historische Studie, 2001, S. 17.
    22. NAK-Mitteldeutschland; Mission
    23. NAK-Berlin-Brandenburg; Auslandsgemeinden
    24. Andreas Zimmermann, Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge, S. 91 ff.
    25. http://www.tagesschau.de/ausland/suedossetien220.html (nicht mehr online verfügbar)
    26. Meldung eines gemeinsamen Militärischen Manovers von Russland und China. Abgerufen am 25. Dezember 2008.
    27. Vgl. Le mond diplomatique – Atlas der Globalisierung, 2. Auflage 2010, S. 29.
    28. Spiegel-Online-Länderlexikon: Russland
    29. Handelsblatt: Der Rubel rutscht
    30. International Monetary Fund: World Economic Outlook Database, April 2008
    31. Siehe dazu Spiegel Online: Folgen der Finanzkrise: Russlands Wirtschaft gerät in den Abwärtssog
    32. Entwicklung des BIP Russlands: bfai, 2006
    33. Entwicklung des Haushaltssaldos Russlands: bfai, 2006
    34. Entwicklung der Inflationsrate Russlands: bfai, 2006
    35. Entwicklung des Außenhandels Russlands: bfai, 2006
    36. Regnum.ru, 18. November 2008
    37. 37,0 37,1 37,2 37,3 CIA: The World Factbook
    38. Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen, Daten, Fakten. Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4.
    39. Ländervergleich Welt in Zahlen; abgerufen am 5. April 2008.
    40. WHO-Report 1999; abgerufen am 5. April 2008.
    41. William R. Leonard: Declining growth status of indigenous Siberian children in post-Soviet Russia. Abgerufen am 5. April 2008.
    42. Regnum.ru, 8. Dezember 2008
    43. Lenta.ru, 27. Januar 2009
    44. Zarplata.ru; überprüft am 9. Mai 2009
    45. netzeitung.de; abgerufen am 3. April 2008
    46. Sakhalin Environment Watch; abgerufen am 3. April 2008
    47. The Blacksmith Institute; abgerufen am 3. April 2008
    48. www.russland.ru vom 5. November 2004: „Ratifizierung des Kyoto-Protokolls in Russland abgeschlossen“; abgerufen am 3. April 2008
    49. RIA Novosti; abgerufen am 3. April 2008
    50. FOM.ru; abgerufen am 13. April 2008
    51. ROMIR, Umfrage zur Internetnutzung, zweites Quartal 2007; abgerufen am 13. April 2008
    52. cnews.ru, 17. September 2007; abgerufen am 13. April 2008
    53. Die wichtigsten Social Media Plattformen Russlands im Überblick. Social Media Schweiz. Abgerufen am 8. März 2010.
    54. http://www.russianpost.ru/company/ru/home
    55. http://beefon.ru/news/phones/86961.php
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