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Ökologische Landwirtschaft

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Gemüsegarten eines Ökobauernhofs in Ifenthal, Schweiz
Naturland-Betrieb mit ökologischer Schweinezucht und Freilandhaltung in Gömnigk, Deutschland

Die Begriffe ökologische Landwirtschaft, biologische Landwirtschaft oder Ökolandbau bezeichnen die Herstellung von Nahrungsmitteln und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen auf der Grundlage möglichst naturschonender Produktionsmethoden unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Ökologie und des Umweltschutzes. Die ökologische Landwirtschaft verzichtet auf den Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger und Gentechnik, wie sie zum Teil in der konventionellen Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Den Erzeugnissen der ökologischen Landwirtschaft dürfen vor dem Verkauf als Bio-Lebensmittel keine Geschmacksverstärker, künstliche Aromen oder Farb- und Konservierungsstoffe zugefügt werden.

Abgrenzung

Im Unterschied zur konventionellen Landwirtschaft ist die ökologische oder biologische Landwirtschaft rechtlich verpflichtet, im Ackerbau unter anderem auf chemische Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger und Grüne Gentechnik zu verzichten. Die ökologische Viehzucht unterliegt strengeren Auflagen als die konventionelle, wie dem Verbot einzelner Futtermittel und höheren Mindestanforderungen im Platzangebot für Tiere. Die integrierte Landwirtschaft hat wie die ökologische einen gegenüber der konventionellen Produktion erhöhten Anspruch, umweltschonend zu wirtschaften, allerdings gelten dafür andere rechtliche Grundlagen.

Geschichte

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Die Anfänge des ökologischen Landbaus

Viele vormoderne landwirtschaftliche Anbauweisen sowie einige heute noch existierende Formen der traditionellen Subsistenz-Landwirtschaft in Entwicklungsländern ähneln der ökologischen Landwirtschaft in der Nichtanwendung bestimmter Technologien (Mineraldünger, bestimmte Pflanzenschutzmittel), jeweils ohne dabei kontrolliert biologisch zu sein.[1][2] Die Anfänge des ökologischen Landbaus im engeren Sinne reichen bis in die 1920er Jahre zurück, die Zeit der sogenannten Lebensreform-Bewegung. Diese war eine Reaktion auf die zunehmende Urbanisierung und Industrialisierung um die Jahrhundertwende und die damit einhergehenden sozialen Probleme. Zudem strebte die Lebensreformbewegung als Gegenpol zur „Unnatürlichkeit“ der städtischen Lebensverhältnisse eine „Rückkehr zu einer naturgemäßen Lebensweise“ und in Bezug auf die Landwirtschaft das Siedeln auf dem Land mit Selbstversorgung durch Obst- und Gartenbau, vegetarische und qualitativ hochwertige Ernährungsweise sowie den Verzicht auf industrielle Hilfsmittel an.[3] Zudem stützte sich die Bewirtschaftung bezüglich der Bodenbewirtschaftung und Nahrungsmittelqualität auf Erkenntnisse biologisch ausgerichteter Landbauwissenschaften.[4] Aus dem Gedankengut der Lebensreform-Bewegung entwickelte sich in den 20er und 30er Jahren das Landbausystem „Natürlicher Landbau“. Die 1925 von Walter Rudolph gegründete Zeitschrift Bebauet die Erde unterstützte dieses ökologische Landbausystem. Sie diente dem Informationsaustausch und der Beratung und bot ein Forum für Landwirte, die sich mit Fragen der Forschung beschäftigten. Zur Weiterentwicklung des Natürlichen Landbaus trug insbesondere auch Ewald Könemann (1899–1976) bei, der die Konzepte des Natürlichen Landbaus in seinem dreiteiligen Werk Biologische Bodenkultur und Düngewirtschaft zusammengefasst hatte.[5] Die wissenschaftlichen Grundlagen lieferte der österreich-ungarische Botaniker und Mikrobiologe Raoul Heinrich Francé bereits im Jahre 1913 mit seiner Veröffentlichung Das Edaphon. Untersuchungen zur Oekologie der bodenbewohnenden Mikroorganismen. Im Jahre 1922 erschien eine populärwissenschaftliche Fassung unter dem Titel Das Leben im Ackerboden. Diese Fassung wurde vom Kosmos-Verlag als Vierteljahresgabe an die Leser seiner Monatszeitschrift ausgeliefert und erlangte eine große Verbreitung auch außerhalb von Fachkreisen. Von diesem Zeitpunkt an sind bis heute im Wesentlichen zwei Hauptströmungen der ökologischen Landwirtschaft auszumachen, die sich größtenteils parallel entwickelt haben. Auf der einen Seite ist dies die „biologisch-dynamische Wirtschaftsweise“; sie beruht auf Vorstellungen der anthroposophischen Weltanschauung. Ihre Grundsätze blieben im Wesentlichen bis heute erhalten, wurden jedoch durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse ergänzt sowie in ihrer Anwendung stetig weiterentwickelt. Der Verband Demeter ist der einzige Vertreter der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise. Auf der anderen Seite steht der „organisch-biologische Landbau“[6], der in den 1950er Jahren aus der Schweizer Heimatbewegung entstand, aber auch Wurzeln in der Lebensreform der 1920er Jahre sowie im biologisch-dynamischen Landbau hat. Im Laufe der Zeit wurde der organisch-biologische Landbau durch neue Konzepte und wissenschaftliche Erkenntnisse ergänzt und erweitert und ist heute mit der gängigen ökologischen Landbaupraxis zu identifizieren, der sich die ökologischen Anbauverbände (mit Ausnahme von Demeter) verschrieben haben.[7][8]

Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise

Die Grundlage der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise bildet die Vortragsreihe „Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“[9], die der Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, im Juni 1924 auf Gut Koberwitz bei Breslau hielt. In diesem „Landwirtschaftlichen Kurs“ stellte Rudolf Steiner kein erprobtes und ausgereiftes Konzept der ökologischen Landwirtschaft vor, sondern gab lediglich Anstöße für anthroposophisch fundierte Methoden der Landbewirtschaftung. Noch während der Vortragsreihe wurde der Landwirtschaftliche Versuchsring der Anthroposophischen Gesellschaft gegründet, der in den Folgejahren die Arbeit der angeschlossenen ‚Versuchsbetriebe’ koordinierte und auswertete. Ziel war es, die theoretischen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen und Erfahrung zu gewinnen.[10] Inwieweit Rudolf Steiner die Schriften von Francé selber kannte und verwendete, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Hieraus und durch nachfolgende Facharbeiten entwickelte sich die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise. Die aus der anthroposophischen Naturanschauung heraus entwickelten Grundlagen beruhen in erster Linie auf ideellen Prinzipien und nicht nur auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.[8][11] So bildet die Grundlage der Alltagsarbeit als auch der Lebensarbeit ein persönliches Verhältnis zum Naturgeschehen. Der landwirtschaftliche Betrieb wird als eine lebendige Individualität, der Betriebsorganismus, angesehen, der auch nichtmateriellen Einflüssen unterliegt und dessen Gestalt von den einzigartigen, lokalen Standortverhältnissen geprägt ist.[12] Kosmische Äther- und Astralkräfte werden als Grundlage des irdischen Lebens und somit des Wachstums und der Entwicklung von Pflanzen angesehen. Durch spezielle Düngeverfahren sollen diese Kräfte gezielt gefördert werden.[8][13] Auch soll der Betrieb in der Lage sein, sich weitgehend aus sich selbst heraus zu erhalten. Des Weiteren nimmt die Qualität von Lebensmitteln innerhalb der anthroposophischen Ernährungslehre einen zentralen Stellenwert ein, was die Bedeutung qualitativer Aspekte in der Landwirtschaft wie gesunde Pflanzen und Tiere, hochwertige Futtermittel und gesundes Saatgut bedingt. Hierzu zählt auch der Verzicht auf Mineraldünger.[14] Diese anthroposophischen Grundsätze wurden in den 1950er Jahren durch sozioökonomische Konzepte ergänzt, die auf den Erhalt der bäuerlichen Lebensweise abzielten. Ebenfalls erst in den 1950er Jahren begann die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, die allgemein anerkannten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu Bodenfruchtbarkeit und Humuswirtschaft zu integrieren.[15] In den 1990er Jahren rückte der Betriebsorganismusgedanke sowie die Ausrichtung auf eine bäuerliche Lebenswelt zugunsten der Fragen des Naturschutzes und der Nachhaltigkeit in den Hintergrund, wobei die bisherige Landbaupraxis hinsichtlich umweltschonender Landbewirtschaftung erweitert und neu betrachtet wurde. Der einzige biologisch-dynamische Anbauverband Demeter wurde in seiner heutigen Struktur als Vermarkter und Zertifizierer 1954 als Demeter-Bund e. V. (heute Demeter e. V.) gegründet. Allerdings geht seine Geschichte bis auf die Anfänge der biologisch dynamischen Bewegung zurück. So wurde bereits 1928 das Demeter-Warenzeichen eingeführt und entsprechende Qualitätsmerkmale formuliert.[16]

Organisch-biologische Landwirtschaft

Angestoßen durch den Natürlichen Landbau der Lebensreformbewegung sowie durch das Konzept der biologisch dynamischen Wirtschaftsweise entwickelten Bäuerinnen und Bauern der schweizerischen Bauernheimatbewegung in den 1940er und 1950er Jahren den organisch-biologischen Landbau als eigenständiges ökologisches Landbausystem. Aufbauend auf ihren Erfahrungen und unter Leitung von Hans Müller (1891–1988) und seiner Frau Maria (1894–1969) war das Ziel der Heimatbewegung, die bäuerliche Lebensweise in der industrialisierten Welt vor dem Untergang zu bewahren.[17] Aus dem christlichen Glauben leiteten Maria und Hans Müller die Verantwortung der Landwirtschaft gegenüber der Familie als Lebensgemeinschaft und Tradition sowie gegenüber der Natur als Heimat und Schöpfung ab.[18] Die theoretische Grundlage des organisch-biologischen Landbaus lieferte der deutsche Arzt und Mikrobiologe Hans Peter Rusch (1906–1977), der 1951 zu den Müllers stieß. Seine Forschungsarbeiten lieferten neue Erkenntnisse über die Bodenmikrobiologie, deren Kreisläufe und die damit zusammenhängende Bodenfruchtbarkeit und wurden als Naturhaushaltkonzept des „Kreislaufs der lebendigen Substanz“ in den organisch-biologischen Landbau eingegliedert.[19] Dieses ökologische Landbausystem breitete sich in Deutschland ab den 1960er Jahren aus. Erstmals stellten Betriebe auf die organisch-biologische Wirtschaftsweise um,[20] und im Zuge dessen wurde 1971 der Verein „bio gemüse e.V.“ gegründet, aus welchem der Anbauverband Bioland hervorging. [21] Das beschriebene System bildete die Grundlage für die weitere Entwicklung des ökologischen Landbaus in Deutschland, unter Ausnahme der sich eigenständig entwickelnden biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise.

Entwicklung des ökologischen Landbaus bis heute

Angesichts der sozialen, ökonomischen und vor allem ökologischen Folgen der chemisch-technischen Intensivierung der Landbewirtschaftung und der aufkeimenden Umweltbewegung gewann der ökologische Landbau in den 1970er und 1980er Jahren in Gesellschaft und Landwirtschaft an Bedeutung.[22] Auf internationaler Ebene gründete sich 1975 die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM).[23] In Deutschland wurden, insbesondere durch die Stiftung Ökologie & Landbau, zahlreiche Publikationen zum Thema ökologischer Landbau verlegt,[8] und es kam zur Gründung weiterer Anbauverbände, z. B. Biokreis (1979) oder Naturland (1982). Nachdem 1984 erste gemeinsame Rahmenrichtlinien zum Ökolandbau in Deutschland verabschiedet wurden, gründete sich 1988 die Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AGÖL) als Dachverband der Anbauverbände in Deutschland.[21] In den folgenden Jahren verbreitete sich der ökologische Landbau schnell. Einen maßgeblichen Beitrag hierzu leisteten nach der Wiedervereinigung die großflächigen ostdeutschen Betriebe sowie die staatliche Förderung seit 1989 im Rahmen des EG-Extensivierungsprogramms, seit 1994 durch die EG-Verordnung 2078/92 und seit 2000 durch die EG-Verordnung 1257/1999. [8][21] 1991 wurden mit dieser EU-Ökoverordnung erstmals gesetzliche Standards für Bioprodukte, zunächst für pflanzliche und seit 1999 auch für tierische Erzeugnisse, festgelegt.[24] Im Jahr 2000 kam es zur Einführung eines einheitlichen europäischen Biosiegels, das freiwillig verwendet werden konnte. 2010 wurde es durch ein neues europäisches Siegel ersetzt, mit dem seitdem alle Bioprodukte gekennzeichnet werden müssen.[25] Das 2001 eingeführte deutsche Biosiegel verliert mit der verpflichtenden Kennzeichnung durch das EU-Biosiegel an Bedeutung. 2002 löste sich die AGÖL auf und wurde durch den neuen branchenübergreifenden Spitzenverband aller Anbau-, Verarbeitungs- und Handelsverbände „Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft“ (BÖLW) ersetzt.[21] Eine bedeutende Rolle für die weitere Entwicklung des Ökolandbaus in Deutschland spielte das „Bundesprogramm ökologischer Landbau“ (BÖL), seit 2011 „Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Wirtschaft (BÖLN)“, über das Mittel zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft vergeben wurden (seit 2002 jährlich 35 Mio. Euro, seit 2004 20 Mio. Euro, seit 2007 16 Mio. Euro).[26] Im Rahmen ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie strebt die Bundesregierung einen Flächenanteil von 20% „in den nächsten Jahren“ an.[27] Um diesem Ziel näher zu kommen, fordert der Rat für nachhaltige Entwicklung, mehr Forschungsgelder für den Ökolandbau bereitzustellen und den Ökolandbau als „Gold-Standard“ für das Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft zu etablieren.[28] Dieses Ausbauziel wurde während der Zeit der rot-grünen Bundesregierung (1998 bis 2005) durch die Ministerin Künast ausgegeben und war Bestandteil der damals geforderten „Neuausrichtung der Agrarpolitik“, welche auch unter dem Begriff „Agrarwende“ bekannt wurde.[29]

Anfang 2013 gab die Regierung von Bhutan bekannt, dass sie als erstes Land der Welt auf 100 % ökologische Anbauweise umstellen wolle.[30]

Produktionsstandards

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Die ersten ökologischen Produktionsstandards wurden Mitte des 20. Jahrhunderts von Anbauverbänden geschaffen. Die ersten gesetzlichen Verordnungen entstanden in den 1980er Jahren in Österreich und Frankreich. 1991 etablierte die EU mit 2092/91 ihre erste Verordnung. In den 1990er Jahren etablierten mehrere europäische sowie lateinamerikanische und asiatische (inkl. Japan) Staaten gesetzliche Standards. Indien führte 2001, die USA 2002, China 2005 und Kanada 2006 (noch nicht umgesetzt) gesetzliche Standards ein. In der EU wurde eine überarbeitete Version am 1. Januar 2009 wirksam. Diese Standards werden auch in einigen Nicht-EU-Staaten umgesetzt. Bisher haben 69 Staaten gesetzliche Standards für ökologische Landwirtschaft implementiert, und 21 weitere Staaten arbeiten daran. Weltweit gibt es knapp 500 Zertifizierungs-Organisationen. Davon sind 37 % in Europa, 31 % in Asien und 18 % in Nordamerika. Die Staaten mit den meisten Zertifizierungs-Organisationen sind die USA, Japan, Südkorea, China und Deutschland. Die 2003 gegründete International Task Force on Harmonisation and Equivalence in Organic Agriculture bemüht sich um eine Harmonisierung der verschiedenen Richtlinien.[31]

Bioverbände

Die Mehrzahl der ökologischen Produzenten haben sich in verschiedenen Anbauverbänden zusammengeschlossen wie in der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise Bioland, Demeter, Naturland, Biokreis, Gäa oder Biopark, welche durch ihre im Vergleich zur EU-Gesetzgebung nochmals strengeren Bestimmungen und Kontrollen dem Verbraucher zusätzliche Produktsicherheit garantieren. In der Schweiz ist Bio Suisse der größte Anbauverband, in Österreich Bio Austria.

Im Folgenden wird zunächst eine Übersicht über die in Deutschland agierenden Anbauverbände, ihre Struktur und Aufgaben gegeben. Um deren Entstehung und Ideologien nachzuvollziehen, wird anschließend die geschichtliche Entwicklung des Ökolandbaus in Deutschland erläutert und nachfolgend der heutige ökologische Landbau der Anbauverbände vorgestellt. Dabei sollen die bestehenden ideellen und praktischen Unterschiede der beiden ideologischen Strömungen innerhalb der Biobranche herausgearbeitet werden. Zum Ökolandbau gemäß EU-Kriterien siehe obigen Abschnitt: dort findet sich ein Richtlinienvergleich, der die EG-Kriterien vom ökologischen Landbau der Anbauverbände abgrenzt.

Als Interessengemeinschaft ökologisch wirtschaftender Landwirte gegründet, haben sich die Anbauverbände als Vertreter von Erzeugern, Verarbeitern und Vermarktern der Biobranche in Politik und Gesellschaft mit dem vorrangigen Ziel der Ausweitung und Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus etabliert. Durch breite Netzwerke bestehender Infrastrukturen und Leistungen wie Beratung und Fortbildung bieten sie einerseits ihren Mitgliedern Entwicklungs-, Austausch- und Absatzmöglichkeiten. Andererseits sorgen Richtlinien und Labels für Qualitätssicherung und deren Kommunikation nach außen.

Anbauverbände

Allgemeines
Übersicht über die in Deutschland zugelassenen Bioverbände
Name Gründungsjahr Beschreibung Logo
Biokreis 1979 Schwerpunkt Süddeutschland
BK Logo Juni 2011 4c.jpg
Bioland 1971 Verband für organisch-biologischen
Anbau
Bioland Logo 2012.svg
Biopark 1991 Fleisch produzierende Betriebe,
Schwerpunkt nordöstliche Bundesländer
Logo biopark.svg
Demeter 1928 Einziger Verband für biologisch-
dynamischen Anbau, weltweit tätig
Demeter Logo.svg
Ecoland 1996 Regionaler Schwerpunkt Hohenlohe
Ecovin 1985 Verband ökologischer Winzer
Ecovin Logo.svg
Gäa 1989 Schwerpunkt östliche Bundesländer
Gäa e.V. Logo.svg
Naturland 1982 Eine der weltweit größten
Zertifizierungsorganisationen für
Ökoprodukte
Naturland Logo.svg

Derzeit gibt es in Deutschland acht ökologische Anbauverbände, die sich in Größe, Tätigkeitsbereich und regionaler Ausbreitung unterscheiden. Darüber hinaus gibt es den national agierenden „Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft“ (BÖLW), in dem die meisten der Anbauverbände sowie weitere fachverwandte Institutionen organisiert sind. Auf internationaler Ebene wird die Biobranche durch den Dachverband „International Federation Of Organic Agriculture Movements“ (IFOAM) vertreten. Die nebenstehende Tabelle gibt eine kurze Übersicht über die Verbände mit ihren Labeln.

Nach der Gründung der „Pionierverbände“ Demeter für biologisch-dynamischen und Bioland für organisch-biologischen Anbau etablierten sich Anfang der 1980er Jahre mit Naturland und Biokreis zwei weitere, inzwischen bundesweit tätige Anbauverbände. In Verbindung mit dem wachsenden Interesse an der Biobranche wurden in den Jahren bis 1996 vier weitere Verbände gegründet, die produktbezogene (Ecovin) oder regionale (Gäa, Biopark und Ecoland) Schwerpunkte setzen.

Die Größe der Anbauverbände in Deutschland nach Betrieben und nach Fläche (Stand Januar 2006)
Struktur und Aufgaben

Den Hauptanteil der Mitglieder der Verbände stellen Erzeugerbetriebe, daneben haben sich Fördermitglieder wie wissenschaftliche Institutionen oder Privatleute den Verbänden angeschlossen. Die Vertragspartner der Verbände wie Lebensmittelhersteller, Verarbeitungsbetriebe und Handelsunternehmen etablieren Absatz- und Vermarktungswege für die Verbandserzeugnisse. Die Einnahmequellen der Verbände ergeben sich im Wesentlichen aus den Mitgliedsbeiträgen und den Lizenzgebühren der Vertragspartner für die Nutzung des Verbandssiegels.

Durch die Zusammenarbeit mit fachverwandten Interessengruppen, gesellschaftlichen Organisationen und wissenschaftlichen Institutionen verfügen die Verbände teilweise über große Informationsnetzwerke sowohl zur internen Weiterentwicklung als auch zur Einflussnahme in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Des Weiteren ist allen Anbauverbänden die Herausgabe eigener Richtlinien für die Erzeugung und Verarbeitung im ökologischen Landbau gemein. An diese müssen sich ihre Mitglieder halten, was durch regelmäßige Kontrolle auf Einhaltung der Standards gewährleistet und mit der Möglichkeit einer Zertifizierung mit dem verbandseigenen Label belohnt wird. Die Richtlinien der jeweiligen Verbände ähneln einander sehr in Inhalt und Ausführung. Jedoch liegen ihnen teils verschiedene Grundsätze und Ideologien zugrunde, was aus der Entwicklung des ökologischen Landbaus hervorgeht. Bei der Erarbeitung der EG-Öko-Verordnung und deren Richtlinien für die ökologische Landwirtschaft wurde auf diese privatwirtschaftlichen Standards der Anbauverbände zurückgegriffen, jedoch gehen Letztere klar über den gesetzlichen Standard hinaus.

Sowohl die EG-Öko-Verordnung als auch die verbandsinternen Regelungen verlangen eine jährliche Überprüfung der Einhaltung der jeweiligen Richtlinien. Die EU-Bio-Zertifizierung wird vom Fachpersonal staatlich zugelassener, privatwirtschaftlicher Kontrollstellen durchgeführt. Die Kontrollstellen übernehmen gegebenenfalls im Auftrag des kontrollierten Betriebs oder des jeweiligen Verbands auch die Zertifizierung nach den Verbandsrichtlinien. Der Betrieb ist nach erfolgreicher Kontrolle und Ausstellung eines Zertifikats dazu berechtigt, seine Waren mit einem Bio-Siegel zu kennzeichnen. Sofern die Vertragspartner des Verbandes das Verbandssiegel ebenfalls nutzen wollen, erstrecken sich die Richtlinien und das beschriebene Kontrollsystem auch auf diesen Teil der Wertschöpfungskette.

Aus dem übergeordneten Ziel der Weiterentwicklung und Verbreitung des ökologischen Landbaus ergibt sich ein vielfältiges Aufgabengebiet für die Verbände. In ihrer Beratungsfunktion stellen die Verbände ihren Mitgliedern und Vertragspartnern ein breites Informations- und Betreuungsangebot zu Fragen der ökologischen Produktion, des Öko-Marktes und der Agrarpolitik zur Verfügung. Zusätzlich fungieren sie als Plattform für Erfahrungsaustausch und Kommunikation der Mitglieder und Partner untereinander, wobei konkrete Leistungen wie Konferenzen, Fortbildungen und Publikationen zu nennen sind. Einige Verbände unterstützen in diesem Zusammenhang gezielt Betriebe bei der Umstellung auf ökologische Wirtschaftsweise.[32] Durch die Bindung der Vertragspartner sowie der Bereitstellung von Infrastrukturen und Distributionskanälen verbessern die Verbände einerseits die Absatzmöglichkeiten der Erzeuger für ihre Produkte sowie andererseits den Zugang der Vermarktungsseite zu ökologischen Erzeugnissen.

Einen weiteren großen Aufgabenbereich stellt die Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit dar. Zum einen informieren die Verbände die Verbraucher oder Unternehmen, zum anderen versuchen sie durch Mitsprache und Organisation in Politik und Gesellschaft ihre Mitglieder zu vertreten und die Rahmenbedingungen für den ökologischen Landbau mitzugestalten.

Wie oben bereits ausgeführt stellt des Weiteren die Herausgabe und Weiterentwicklung von Richtlinien für Produktion und Verarbeitung, die Kontrolle auf deren Einhaltung und nachfolgender Zertifizierung sowie ggf. Sanktionierungsmaßnahmen bei Nichteinhaltung eine wesentliche Aufgabe der Verbände dar.

Allgemeines zum ökologischen Landbau der Anbauverbände

Im Folgenden seien einige entscheidende Punkte genannt, die den heutigen ökologischen Landbau der Anbauverbände charakterisieren sowie auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte Bezug nehmen. Diese Grundsätze beziehen sich auf beide in Deutschland vertretenen oben beschriebenen ökologischen Landbausysteme, wobei die konkrete Ausgestaltung der Grundlagen durchaus unterschiedlich ist.

  • Der ökologische Landbau bezog sich zunehmend auf die Konzepte der Ökosystem-Theorie, die den Naturhaushalt über Stoff- und Energiekreisläufe beschreibt. Gekoppelt mit der ursprünglichen Idee der Selbstversorgung lässt sich daraus der in der ökologischen Landbaupraxis verfolgte Grundsatz der Kreislaufwirtschaft ableiten. Hiernach soll der Betrieb nach einer ganzheitlichen Auffassung idealerweise lediglich durch die Nutzung seiner eigenen Ressourcen gemäß den geschlossenen Stoffkreisläufen bewirtschaftet werden. Konkret heißt dies, dass Ackerbau und Viehhaltung aneinander gekoppelt sind: Auf der Ackerfläche werden neben Verkaufsfrüchten die benötigten Futterpflanzen für die Tierhaltung erzeugt, die pflanzlichen Abfälle und der tierische Dung werden wiederum der Ackerfläche als Dünger zugeführt.[33]
  • Der Bodenbewirtschaftung und der damit verbundenen Bodenfruchtbarkeit kommt eine große Bedeutung zu, weshalb auf vielseitige Fruchtfolge und schonende Bodenbearbeitung gesetzt wird. Zur Düngung werden betriebseigene pflanzliche und tierische Abfallstoffe verwertet und organische oder in natürlicher Form vorliegende mineralische Dünger eingesetzt. Auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel wird verzichtet und stattdessen auf natürliche Regulationsmechanismen zurückgegriffen.[33]
  • Anfang der 1980er wurde die artgerechte Tierhaltung erstmals thematisiert und Konzepte dazu entwickelt.
  • Die ökologische Landwirtschaft lehnt den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen ab.[33]

Dachverbände

Logo der IFOAM

Die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) wurde 1972 als internationaler Dachverband ökologischer Anbauverbände und Organisationen gegründet mit dem erklärten Ziel einer weltweiten Einführung ökologischer, sozialer und ökonomisch vernünftiger Systeme, die auf den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft beruhen.[34] Dabei bietet sie eine gemeinsame Plattform für alle vertretenen Interessengruppen und ermöglicht somit in Konferenzen, Seminaren und Publikationen den Austausch von Erfahrung und Wissen zwischen den einzelnen Mitgliedern.[35]

Bioladen in Kecskemét, Ungarn

Neben der Formulierung und Ausarbeitung der Grundsätze der ökologischen Landwirtschaft erarbeitet die IFOAM ein Akkreditierungsprogamm als internationales System zur Qualitätsgarantie für Öko-Produkte. Dabei können sich Anbauverbände, die nach von der IFOAM entwickelten Kriterien und Richtlinien wirtschaften, zertifizieren lassen und erhalten somit einen internationalen Status als Öko-Zertifizierer.[36] IFOAM vertritt die (zertifizierte) ökologische Landwirtschaft, ihre Prinzipien und Organisationen, in verschiedenen internationalen Institutionen und Organisationen.

Alle acht oben genannten Anbauverbände sind Mitglieder im IFOAM, wobei nicht alle durch IFOAM akkreditiert sind.[37] 1988 wurde die „Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau“ (AGÖL) als Dachverband aller Öko-Anbauverbände in Deutschland gegründet. Die AGÖL legte in Rahmenrichtlinien den Mindeststandard für die Mitgliedsverbände fest und vertrat die Interessen ihrer Mitglieder und des ökologischen Landbaus durch Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit.[38] Nach dem aufeinander folgenden Austritt mehrerer Anbauverbände Anfang der 2000er Jahre legte die AGÖL 2002 ihre Arbeit nieder.

Im selben Jahr wurde der „Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft“ (BÖLW) gegründet und fungiert inzwischen als Spitzenverband nicht nur der Anbauverbände, sondern auch der Lebensmittelverarbeiter und Händler ökologischer Erzeugnisse. Anders als bei der AGÖL werden keine einheitlichen Richtlinien mehr erarbeitet, was letztendlich zur Auflösung der AGÖL beigetragen hat.[39]

Der BÖLW fördert die Entwicklung der ökologischen Lebensmittelwirtschaft und vertritt die gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder in Politik und Gesellschaft. Er hat sich daher zum Ziel gemacht, die allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für diese Wirtschaftsform zu verbessern sowie im Besonderen die Qualitätssicherung für ökologische Produkte zu verfolgen und das Vertrauen der Verbraucher in ebendiese Produkte zu stärken.[40]

Sechs der acht in Deutschland ansässigen Anbauverbände (namentlich Bioland, Biopark, Demeter, Ecoland, Gäa und Naturland[41]) sind Mitglied im BÖLW, daneben ist der BÖLW selbst Mitglied im IFOAM.[37]

Allgemeines zum verbandsunabhängigen ökologischen Landbau nach EG-Kriterien

Bis Anfang der 1990er Jahre gab es nur wenige ökologisch wirtschaftende Betriebe, die sich nicht einem der Anbauverbände angeschlossen hatten. Ab Inkrafttreten der EG-Öko-VO 1991 gab es für Betriebe die Möglichkeit, außerhalb der Verbände nach anerkannten, ökologischen Richtlinien zu produzieren. Dies sowie der Ausbau von Förderprogrammen seitens des Bundes ließ die Zahl der verbandsungebundenen Betriebe sprunghaft anwachsen.[42] Somit gibt es eine stetig wachsende Menge von Betrieben, die ausschließlich nach den in der EG-Öko-VO festgelegten Kriterien wirtschaften, die jedoch hinter den Standards der ökologischen Anbauverbände zurückbleiben.[43] Der folgende Vergleich der EG-Richtlinien mit denen eines Vertreters der ökologischen Anbauverbände weist auf einige wesentliche Unterschiede hin.

Vergleich der Bioland-Richtlinien mit der EG-Öko-Verordnung

Aus den Richtlinien von Bioland und aus denen der EG-Öko-Verordnung wurden einige Punkte herausgegriffen und in der folgenden Tabelle nebeneinander gestellt. Bioland steht an dieser Stelle stellvertretend für die übrigen deutschen Anbauverbände, deren Regelwerk über große Teile deckungsgleich ist.

Bereich
Bioland Logo 2012.svg

Bioland
Bio-Siegel-EG-Öko-VO-Deutschland.svg

EG-Öko-Verordnung
Bewirtschaftungsform Gesamtbetriebsumstellung, ausschließlich ökologische Bewirtschaftung aller Betriebszweige vorgeschrieben Teilumstellung und damit ökologische und konventionelle Bewirtschaftung in einem Betrieb möglich
Stickstoff-Dünger Die Höhe der Düngung orientiert sich an dem zulässigen Tierbesatz je Fläche Die Gesamtdüngermenge ist durch die Düngeverordnung begrenzt
Organische Handelsdünger Blut-, Fleisch- und Knochenmehle sowie Guano sind verboten Blut-, Fleisch- und Knochenmehle sowie Guano sind zugelassen
Kuhtrainer nicht zulässig nicht geregelt (in einigen Mitgliedsländern durch Tierschutzgesetz verboten)
Futterzukauf Mind. 50 % des Futters muss vom eigenen Hof stammen Eigene Futtererzeugung nicht eindeutig vorgeschrieben
Verarbeitung „Bio“ darf verwendet werden, wenn 100 % der Zutaten ökologischer Herkunft sind „Bio“ darf verwendet werden, wenn 95 % der Zutaten ökologischer Herkunft sind

Ökologische Pflanzenproduktion

Konventionelle Tomaten auf Steinwolle: der Einsatz von erdlosen Pflanzensubstraten ist in der ökologischen Landwirtschaft untersagt[44]
Biologische Schädlingsbekämpfung: Polistes-Wespe auf der Suche nach Baumwollschädlingen auf einer Farm in South Carolina

Bei der ökologischen Pflanzenproduktion wird auf Monokulturen und den Einsatz chemischer Syntheseprodukte, wie Fungizide, Herbizide und Insektizide, Kunstdünger, Wachstumsregulatoren und Antibiotika sowie gentechnisch veränderter Mittel und Produkte verzichtet. Stattdessen werden dem Boden nur durch Mist- oder Güllegaben und Gründüngung möglichst aus eigenen Mitteln Nährstoffe zugeführt und ökologische Verfahren zur Schädlings- und Unkrautbekämpfung genutzt (mechanisch durch gezieltes Striegeln oder thermisch durch Abflammen). Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ist stark eingeschränkt. Neben Pflanzenpräparaten (wie Brennnesseljauche, Schachtelhalm-, Wermut-, Algenextrakte), Pyrethrumextrakt (ohne chemisch-synthetische Pyrethroide) oder Ölemulsion auf der Basis von Paraffinölen, Pflanzenölen oder tierischen Ölen (ohne Beimischung chemisch-synthetischer Insektizide) sind für manche Einsatzgebiete in begrenztem Umfang genau definierte anorganische Schutzmittel (etwa bestimmte Kupfersalze als Saatgutbeizmittel oder Netzschwefel als Fungizid) zugelassen.[45] Zur Vermeidung von Krankheiten und Schädlingen werden bevorzugt bewährte und robuste Sorten angepflanzt, wobei für möglichst gute Wachstumsbedingungen gesorgt wird. Falls nötig und wenn möglich, wird auf Methoden der biologischen Schädlingsbekämpfung zurückgegriffen.

Mittels spezieller Anbaumethoden wie Ecofarming oder Permakultur wird teilweise versucht, sich im Kulturanbau den Wachstumsmustern der Natur zu nähern, um mit möglichst geringem Fremdmitteleinsatz, etwa auch durch pfluglose Bodenbearbeitung zur Schonung der Bodenlebewesen, einen möglichst hohen Ernteertrag zu erzielen.

Ökologische Viehzucht

Die ökologischen Erwägungen begannen bei der Agrarwirtschaft, nach und nach wurden die Vorgaben auf die Viehzucht übertragen und diese in die ökologische Produktion miteinbezogen. Seit dem 1. Januar 2009 gilt die EU-Bioverordnung,[46] worin die Prinzipien und spezifischen Kontrollmaßnahmen zur ökologischen Erzeugung von Fleisch und weiterverarbeiteten Tierprodukten enthalten sind. Der Prozess zur Einbeziehung der Viehzucht wurde durch den Druck der Verbraucher begünstigt, die ihrerseits durch die vielen alarmierenden Meldungen über Krankheiten und sonstige gesundheitsschädliche Vorgänge in der Nahrungsmittelindustrie aufgeschreckt wurden.

Die ökologische Viehwirtschaft basiert auf artgerechter Haltung, der Bevorzugung ökologischer Vielfalt, der Bevorzugung von Rassen, die sich ihrem Umfeld am besten angepasst haben, und der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten; zudem ist einheimischen Rassen bei gleichen Voraussetzungen Vorrang einzuräumen. Es wird eine extensive Produktionsform vorgeschrieben. Der Zukauf von Futtermitteln ist reglementiert, und die Verfütterung von Tiermehl war bereits vor dem, derzeit (Stand 2013) nur Aquafarmen ausnehmenden, seit 2001 geltenden EU-Verbot nicht gestattet. Ferner sind lange Lebendtransporte von Schlachtvieh über große Distanzen nicht erlaubt, wobei in diesem Punkt signifikante Unterschiede zwischen EU-Öko-VO und den Anbaubetrieben bestehen (siehe Tabelle oben). Der Absatz der Erzeugnisse findet nach Möglichkeit unter den Gesichtspunkten eines regionalen Kreislaufs statt.

Anfang 2008 haben einige Futtermittelhersteller die Gesellschaft für oekologische Tierernährung e. V. (GOETE) gegründet.[47]

Tierschutz

  • Die Bestimmungen schreiben Unterkünfte in genügender Größe, ausreichende Belüftung und Helligkeit vor. Die ökologische Viehzucht lehnt Massenzuchtmethoden zur Ertragssteigerung, wie die Aufzucht von Tieren auf engstem Raum oder ständige Beleuchtung, ausdrücklich ab.
  • Die Bewegungsfreiheit der Tiere muss in jedem Fall gewährleistet sein, und die natürlichen Aktiv- und Ruhephasen müssen respektiert werden.
  • Die richtige Ernährung der Tiere basiert auf aus ökologischem Anbau stammenden Produkten. Tierproteine dürfen weder direkt noch als Beimischung im Futter gefüttert werden. Bei Säugetieren ist die Einhaltung einer bestimmten Stillzeit vorgeschrieben.
  • Um die Tiere gesund zu erhalten, soll gegen Infektionen und andere Krankheiten auf bestmögliche Weise vorgesorgt werden: Neben der Bevorzugung widerstandsfähiger Rassen müssen Faktoren wie ein an die Umweltbedingungen und baulichen Gegebenheiten angepasster Viehbestand und dessen ausgewogene Ernährung beachtet werden.
  • Sollten sich trotz vorbeugender Maßnahmen Gesundheitsprobleme ergeben, werden umgehend Behandlungsmaßnahmen[46] eingeleitet, die die Anforderungen für Ökobetriebe erfüllen. Hierbei werden vorzugsweise pflanzliche oder homöopathische Mittel und Spurenelemente als Medikamente eingesetzt und der Gebrauch von synthetischen Chemieprodukten oder Antibiotika weitestgehend eingeschränkt. Letztgenannte Mittel dürfen in keinem Fall zu Vorbeugungszwecken eingesetzt werden.
  • Ausdrücklich verboten ist jede Form von wachstumsfördernden oder ertragssteigernden Mitteln. Außerdem werden Techniken abgelehnt, die der Synchronisierung der Fruchtbarkeitszyklen auf unnatürlichem Wege dienen, sowie die Übertragung von Embryos und gentechnische Veränderungen.
  • Zudem gibt es Vorschriften über den richtigen Transport der Tiere: der Stress für die Tiere muss auf ein Minimum reduziert werden; Beruhigungsmittel für die Transportdauer sind verboten.

Die einzelnen Anbauverbände und Markenfleischprogramme unter den verschiedenen Öko- und Bio-Siegeln unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten deutlich voneinander, besonders hinsichtlich Verbot oder Zulassung betäubungsloser Kastrationen und Enthornungen der Tiere.[48]

Ökolandbau und Biogas

Derzeit gibt es bundesweit schätzungsweise 180 Biogasanlagen, die von Betrieben des ökologischen Landbaus betrieben werden. Anders als bei konventionell wirtschaftenden Betrieben mit Biogasanlagen spielt der Mais als Energiepflanze für die Ökolandwirte nur eine recht geringe Rolle. Wichtiger sind hingegen Kleegras und Reststoffe wie Gülle und Mist. Der Ökolandbau bietet auch Anregungen für konventionell arbeitende Betriebe, was etwa den Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten oder den gleichzeitigen Anbau mehrerer Pflanzen betrifft; so können auch konventionelle Betriebe für ihren Energiepflanzenanbau von den Erfahrungen der Ökobetriebe profitieren.[49]

Kennzeichnung

Gekennzeichnet werden Bio-Lebensmittel in Deutschland verpflichtend durch Angabe der zuständigen Öko-Kontrollstelle, zusätzlich fast immer durch ein Bio-Siegel und häufig durch die Aufschrift aus kontrolliert biologischem Anbau, abgekürzt kbA. International ist die englische Bezeichnung organic üblich.

Folgeprodukte mit Zutaten aus ökologischem Anbau werden ohne Stoffe, die nach Gesetz als Geschmacksverstärker gelten, hergestellt. Es dürfen jedoch Zutaten verwendet werden, die von Natur aus reich an Geschmacksverstärkern sind. So kann Glutamat als Bestandteil von Hefeextrakt in einem Bio-Produkt verarbeitet werden.[50] Der Zusatz von Aromastoffen ist erlaubt, wenn es sich um natürliche Aromen handelt.

Globale Bedeutung

Öko-Anbaufläche nach Weltregionen 2000–2008

Laut dem Report The World of Organic Agriculture 2010 wurden 2008 weltweit 35,1 Mio. ha[51] (+8,7 %[52]) von 1,4 Mio. Erzeugern (+16,7 %) ökologisch bewirtschaftet. Rund zwei Drittel der Fläche ist Grasland (22 Mio. ha, +10 %), und auf einem Viertel werden Feldfrüchte angebaut (8,2 Mio. ha, +5,1 %). 2008 wurden knapp 0,3 % der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaft.[53]

Ozeanien verfügt mit 12,1 Mio. ha (rund 35 %) über die größten Flächen. Der größte Teil davon befindet sich in Australien (12 Mio. ha). Das Land verfügt damit auch über die weltweit größte ökologisch bewirtschaftete Fläche eines Landes. Europa (8,2 Mio. ha) und Lateinamerika (8,1 Mio. ha) bewirtschaften jeweils etwa ein Viertel. Asien verfügt über 3,3 Mio. ha (9 %), Nordamerika 2,6 Mio. ha (7 %) und Afrika 0,9 Mio. ha (0,6 %).

Die Länder mit den weltweit höchsten Anteilen an der nationalen Anbaufläche sind die Falkland-Inseln (36,9 %), Liechtenstein (29,8 %) und Österreich (15,9 %).

Der globale Bio-Markt im Jahr 2010 wird vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) auf 59,1 Milliarden US-Dollar (49,0 Mrd. Euro) geschätzt, davon 28 Milliarden US-Dollar in Europa. Die größten Bio-Märkte sind die USA (20,2 Mrd. US-Dollar), Deutschland (6 Mrd. US-Dollar), Frankreich (3,4 Mrd. US-Dollar) und Großbritannien (2 Mrd. US-Dollar). Österreich folgt auf Rang neun mit einem Marktvolumen von 986 Millionen US-Dollar.[54]

Der Weltagrarrat bezog 2008 im Kontext des Weltagrarberichts Stellung, wie die Ernährungssituation der Weltbevölkerung nachhaltig sichergestellt werden kann. Er empfahl eine Förderung der ökologischen Landwirtschaft.[55]

Land Öko-Anbau-
fläche 2008
in ha[56]
Anteil an der
Landwirtschafts-
fläche in %[56]
Argentinien 4.007.027 3,0
Australien 12.023.135 2,8
Brasilien 1.765.793 0,7
China 1.853.000 0,3
Dänemark 150.104 5,6
Deutschland 907.786 5,4
Estland 87.346 9,6
Finnland 150.374 6,6
Frankreich 580.956 2,1
Griechenland 317.824 3,8
Indien 1.018.470 0,6
Israel 5.693 1,1
Italien 1.002.414 7,9
Kanada 628.556 0,9
Lettland 161.625 9,1
Liechtenstein 1.053 29,8
Malta 12 0,1
Mexiko 332.485 2,4
Norwegen 52.248 5,0
Österreich 382.949 15,9
Peru 146.438 0,7
Polen 313.944 2,0
Portugal 229.717 6,6
Rumänien 140.132 1,0
Samoa 1.592 1,9
Schweden 336.439 10,8
Schweiz 117.286 11,1
Slowakei 140.755 7,3
Spanien 1.129.844 4,5
Tschechien 341.632 8,0
Tunesien 174.725 1,8
Türkei 109.387 0,4
Ukraine 269.984 0,7
Ungarn 122.816 2,9
Uruguay 930.965 6,3
USA 1.949.019 0,6
Vereinigtes Königreich 737.631 4,6

Europäische Union

Im Jahr 2005 wurden in den Ländern der Europäischen Union (EU25) 3,9 % der agrarwirtschaftlich genutzten Flächen für biologische Landwirtschaft genutzt. Die EU-Länder mit dem im Jahr 2007 höchsten Anteil sind Österreich (15,9 %), Schweden (10,8 %), Estland (9,6 %) und Lettland (9,1 %). Den geringsten Anteil an Bioanbauflächen weist Malta (0,12 %) auf, gefolgt von Bulgarien (0,55 %), siehe Tabelle.[56]

Deutschland

Bis Ende 2004 wirtschafteten in Deutschland entsprechend der Verordnung (EWG) Nr.2092/91 20.909 Unternehmen (inkl. verarbeitende Betriebe, Futtermittel aufbereitende Betriebe und Importeure). Damit erhöhte sich, bezogen auf das Vorjahr, die Zahl der Öko-Betriebe um 127, was einem Zuwachs von 4,6 % entspricht. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe Deutschlands lag bei 3,9 Prozent. Die im Durchschnitt 45 ha großen Öko-Betriebe bestellen eine Gesamtfläche von 767.891 ha. Die nebenstehende Abbildung gibt einen Vergleich der Entwicklung der Flächen mit ökologischer Landwirtschaft im Vergleich zur gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland.

Der Anteil des Grünlands macht im ökologischen Landbau rund die Hälfte der Flächen aus (im konventionellen Landbau zirka ein Drittel). Im Sinne einer erhöhten Bodenfruchtbarkeit und Unterbindung der Verbreitung von Pflanzenkrankheiten sind die verbleibenden Ackerflächen mit vielfältigen Fruchtfolgen zusammengesetzt.[57]

Aufgrund des Verzichts insbesondere auf synthetischen Stickstoffdünger ergibt sich eine Sonderstellung der Hülsenfrüchte und Futterpflanzen im Ökolandbau. Im Gegenzug bauen die Öko-Bauern signifikant weniger Getreide als ihre konventionell arbeitenden Kollegen an. Der relativ hohe Grünlandanteil im deutschen Ökolandbau begünstigt die Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen. Die Haltung von Mastschweinen bedarf dagegen aufwändiger Stallumbauten und relativ teuren Öko-Getreides als Futter. Diese hohen Zusatzkosten drücken den Anteil der Ökoschweinehaltung an der gesamten Schweinehaltung in Deutschland.[57] Absolut gesehen ist der Anteil des ökologischen Landbaus an der gesamten deutschen Landwirtschaft trotz hoher Wachstumsraten nach wie vor nur sehr gering.

Marktentwicklung in Deutschland

Der Markt für Bio-Lebensmittel ist einer der wenigen Wachstums-Segmente im deutschen Lebensmittelmarkt mit einem Jahreszuwachs um 1–5 Prozent. An die extreme interne Umsatz-Steigerung im Jahr 2001 um 35 Prozent auf etwa 2,7 Milliarden Euro schloss sich eine durch einen Nitrofen-Skandal bedingte Konsolidierungsphase an. Zwar konnte sich die Öko-Branche von den Anschuldigungen freisprechen, jedoch führten die rezessiven Tendenzen der Weltwirtschaft im Jahre 2003 zu allgemeiner Kaufzurückhaltung und damit zu einer Stagnation des Öko-Marktes. Bis zum Juni 2004 stieg die Nachfrage schließlich auf allen Märkten wieder deutlich an, und die Konsolidierungsphase konnte unter Sortimentausweitungen im Lebensmitteleinzelhandel sowie durch werbewirksame Verkaufs- und Anzeigekampagnen überwunden werden.[57]

Der Umsatz mit Öko-Lebensmitteln in Deutschland in Prozent am Gesamtlebensmittelumsatz[57]

Nach Zahlen des BÖLW ist der Umsatz mit Bio-Produkten in Deutschland 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent gewachsen. Dagegen vergrößerte sich die ökologische Anbaufläche seit 2003 jährlich lediglich um 4 bis 7 Prozent.[58] Es kommt deswegen teilweise zur Verknappung von Bioprodukten und zu vermehrten Importen. Da der Ökolandbau auch in anderen Ländern die Regional- und Direktvermarktung (Verkauf ab Hof) bevorzugt, werden in Deutschland umstellungswillige Landwirte in allen Regionen gesucht.[59]

Wird die Entwicklung der Zusammensetzung des Bio-Umsatzes nach Absatzkanälen genauer betrachtet, so fällt auf, dass der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel (Discounter, Supermärkte, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser) seinen Marktanteil überproportional steigern konnte. Die in diesem Rahmen durch Werbung und Sortimentausweitung verursachte Nachfragesteigerung ist eine wichtige Komponente des geschilderten Marktwachstums von Öko-Lebensmitteln, welche sich mit einer einhergehenden Sensibilisierung des Durchschnittskonsumenten auch auf die Umsätze der traditionellen Öko-Fachgeschäfte (Naturkosthandel, Bioläden, Reformhäuser) positiv (in absoluten Zahlen gemessen) auswirkt.[57]

Der Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel (Öko-Markt oder Bio-Markt) beträgt über 5 Milliarden Euro. Der Anteil am Gesamtumsatz auf dem deutschen Lebensmittelmarkt liegt bei rund drei Prozent. Seit dem Jahr 2000 wuchs der Markt fast durchgängig mit zweistelligen Wachstumsraten. Die neuesten Zahlen für das Jahr 2007 ermittelten ein Umsatzwachstum von 15 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro.[60] Informationen über die Umsatzentwicklung und den Marktanteil einzelner Bio-Produkte und Bio-Warengruppen finden sich im Internetportal Ökolandbau.de.[61] Wichtige Studien über die Entwicklung des Öko-Marktes in Deutschland und das Kaufverhalten der Verbraucher sowie die Einschätzung der weiteren Entwicklung durch Experten sind ebenfalls in dem Portal zu finden.[62]

Österreich

Österreich verfügt über 382.949 ha ökologisch bewirtschafteter Anbaufläche und hat nach Liechtenstein (30 %) den weltweit höchsten Anteil (19,5 %) an ökologisch bewirtschafteter Anbaufläche.[54][56] In den Supermärkten (inklusive Discounter) lag der mengenmäßige Anteil von Bio-Lebensmitteln im Jahr 2007 bei 5,2 Prozent.[63] Gemessen am Umsatz im Jahr 2011 waren es 6,4 Prozent.[54]

Den höchsten Anteil an den Biowaren haben die Eier. Bei einem Umsatz von 23,7 Millionen Euro entspricht das 18 % aller Eier-Einkäufe im Lebensmittelhandel. Zweitstärkster Umsatzträger ist mit 21,5 Millionen Euro die Milch.[64]

Etwa 70 % der Biobauern werden durch die Bio Austria vertreten.

Schweiz

2009 stieg der Umsatz mit Bioprodukten um 7 Prozent auf 1,55 Milliarden Sfr. Die Anbaufläche ging um 1.500 ha zurück auf 120.000 ha. 11,1 Prozent der Betriebe arbeiteten nach der Bioverordnung des Bundes. Der Branchenverband Bio-Suisse appellierte an die Politik, mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, da gemäß Argrarbericht 2009 nur 1,1 Prozent der Direktzahlungen in den Bio-Landbau geflossen sind.[65]

Bioverbände

Im Jahre 1962 wurde die Stiftung Ökologie & Landbau gegründet. Diese koordinierte den Erkenntnis- und Erfahrungsaustausch nicht nur auf nationaler Ebene, sondern unterstützte maßgeblich den Aufbau der IFOAM (Internationale Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen, Gründung 1972). Mit „Bioland“ wurde 1971 der erste ökologische Erzeugerverband gegründet. In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts folgten weitere Gründungen ökologischer Anbauverbände.[8]

Die zweite Ausdehnungsphase des ökologischen Landbaus in Deutschland fand bedingt durch unterschiedliche Ursachen ihren Anstoß: Zum einen festigten sich die Strukturen und Institutionen des ökologischen Landbaus weiter. Die 1988 gegründete „Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau“ (AGÖL), die als Dachverband der Verbände in Deutschland fungierte, steht hierfür exemplarisch. Zum anderen waren es die 1984 verabschiedeten gemeinsamen Rahmenrichtlinien zum Ökolandbau in Deutschland, die wichtige erste rechtliche Grundlagen lieferten und somit den ökologischen Landbau zusätzlich strukturierten und regulierten.

Der sprunghafte Anstieg der ökologisch wirtschaftenden Betriebe wurde jedoch vor allem durch die staatliche Förderung seit 1989 im Rahmen des EG-Extensivierungsprogramms, der seit 1994 geltenden EG-Verordnung 2092/91 und seit 2000 durch die EG-Verordnung 1257/1999 initiiert. Zahlreiche politische Maßnahmen stimulierten diese Entwicklung ergänzend und festigten das Anliegen der deutschen Agrarpolitik, den ökologischen Landbau zu stärken.[8] Seit 1. Januar 2009 haben die Verordnung (EG) 834/2007 und die Durchführungsverordnung 889/2008 die alten EU-Bio-Verordnungen abgelöst.

Berufsausbildung in Österreich und Schweiz

In Österreich ist Biobauer/Biobäuerin ein offizieller Ausbildungsberuf. In Österreich ist ökologische Landwirtschaft eine staatlich anerkannte Zusatzqualifikation des Berufs Landwirt:

  • Biobauer/Biobäuerin in Österreich sind „LandwirtInnen, die sich auf ökologische landwirtschaftliche (umweltbewusste) Produktion spezialisieren.“[66]

Berufsausbildung in der Schweiz

In der Schweiz wird die Ausbildung zum Landwirt EFZ mit Schwerpunkt Biolandbau angeboten.

In der Schweiz ist Fachmann/-frau der biol.-dynam. Landwirtschaft (BP) eine offizielle Berufsbezeichnung.

  • Fachmann/-frau der biologisch-dynamischen Landwirtschaft mit eidgenössischen Fachausweis (BP) in der Schweiz: „Fachleute der biologisch-dynamischen Landwirtschaft führen einen Landwirtschaftsbetrieb nach ökologischen Grundsätzen. Sie stellen möglichst natürliche Lebensmittel her und bewirtschaften das Land nachhaltig.“[67]

Voraussetzung hierzu ist u. a. der Berufsabschluss als Landwirt EFZ mit Spezialrichtung bzw. Schwerpunkt Biolandbau sowie zusätzliche Berufspraxis.

Umweltwirkungen

Ökologische Auswirkungen

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Eine umfassende britische Studie verglich die Ökobilanz von ökologischer und konventioneller Produktion für zehn verschiedene Pflanzen- und Tiererzeugnisse aus England und Wales (siehe Tabelle). Wesentliches Bewertungskriterium waren hier Ressourceneinsatz und Umwelteinträge pro Ertragseinheit:

Ökobilanz pro Ertragseinheit ökologischer Landwirtschaft im Vergleich zu konventioneller in England und Wales (konventionell = 100 %)[68]
Produkt
Primär-
energie-
bedarf
Globales
Erwärmungs-
potential
Eutro-
phierungs
-
potential
Versauerungs-
potential

Pestizid-
einsatz
Schwer-
metall-
eintrag
Land-
nutzung
Wasser-
bedarf
Brotweizen 070 % 098 % 300 % 106 % 0 % 087 % 314 %
Raps 075 % 095 % 176 % 062 % 0 % 088 % 273 %
Kartoffeln 102 % 093 % 109 % 042 % 020 % 122 % 264 % 022 %
Tomaten[69] 188 % (130 %) 191 % (133 %) 423 % (292 %) 301 % (210 %) 060 % (40 %) 189 % (131 %) 190 % (134 %) 129 % (89 %)
Rindfleisch 065 % 115 % 208 % 152 % 0 % 086 % 183 %
Schweinefleisch 087 % 089 % 057 % 033 % 0 % 094 % 173 %
Geflügelfleisch 132 % 146 % 176 % 153 % 008 % 341 % 219 %
Schaffleisch 080 % 058 % 305 % 411 % 0 % 070 % 226 %
Eier 114 % 127 % 132 % 112 % 001 % 113 % 224 %
Milch 062 % 116 % 163 % 163 % 0 % 050 % 166 %

Sie ergab für die untersuchten Feldfrüchte, dass bei ökologischer Produktion das Treibhauspotenzial nur wenig unter dem konventioneller Produktion liegt. Grund ist, dass in allen Anbaumethoden der zugeführte Stickstoff und das daraus unter Sauerstoffmangel gebildete klimawirksame Distickstoffmonoxid gegenüber dem Primärenergiebedarf dominieren. Hinsichtlich anderer Umweltlasten fanden sie kein klares Bild, oft ergab sich jedoch für ökologische Produktion eine höhere Last.

Für Tierprodukte war der Primärenergiebedarf ökologischer Produktion deutlich niedriger, Geflügelprodukte bildeten hier aufgrund niedrigerer Produktivität eine Ausnahme. Ein ähnliches Bild ergab sich für die Nutzung abiotischer Ressourcen, während die meisten übrigen Umweltlasten höher waren. Hinsichtlich des Treibhauspotenzials ergab sich für Tierprodukte kein einheitliches Bild. Für alle Produkte war bei ökologischer Produktionsweise deutlich mehr Fläche notwendig, um gleiche Erträge zu erzielen.

Für die Umweltwirkungen können jedoch andere Aspekte des Anbausystems eine weitaus gewichtigere Rolle spielen als die Unterscheidung konventionell-ökologisch. So kann die Entscheidung für den Anbau von Tomaten in Gewächshäusern oder auf dem Feld einen bis zu 260mal größeren Einfluss auf die Treibhausgasemissionen ausüben als die Entscheidung für den Anbau unter konventioneller oder ökologischer Bewirtschaftungsweise.[70]

Flächenverbrauch

Die durchschnittlichen Erträge pro Hektar ökologischen Pflanzenbaus liegen deutlich unter denen des konventionellen Pflanzenbaus (laut einer von Wissenschaftlern der Universität Wageningen durchgeführten und 2012 veröffentlichten Auswertung von 362 publizierten Vergleichen beträgt der Ertragsrückstand im Durchschnitt 20 Prozent[71], laut einer 2012 in Nature erschienenen Metaanalyse 5-34%).[72] Der Grund hierfür ist, neben der eingeschränkten Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, der Verzicht auf mineralischen Dünger. Im Spätfrühling erhöht sich das Pflanzenwachstum sprunghaft, vor allem in den Blättern. Blätter sind die stickstoffreichsten Pflanzenteile, weswegen die Pflanze zur Ausnutzung ihres Wachstumspotenzials große Mengen schnell verfügbaren Stickstoffs benötigt. Die ökologische Pflanzenproduktion fügt dem Boden Stickstoff durch Einarbeiten von Pflanzenresten und organischem Dünger zu. Diese Stoffe werden jedoch eher langsam und gleichmäßig mineralisiert. Im konventionellen Landbau werden entsprechend dem temporär massiven Bedarf der Pflanzen höhere Mengen leicht löslichen Stickstoffs gedüngt. So führt der Einsatz von Mineraldünger in der konventionellen Pflanzenproduktion zu höheren Erträgen.[73]

Bodenfruchtbarkeit, die Fähigkeit eines Bodens, die Bedingungen für Pflanzenwachstum zu schaffen, wird im ökologischen Landbau durch das Einarbeiten von Leguminosen und die Zugabe von Gülle erhöht. Im konventionellen Landbau kann zusätzlich mineralisch gedüngt werden. Die höheren konventionellen Erträge bedeuten, dass die Bodenfruchtbarkeit der konventionellen Pflanzenproduktion der der ökologischen überlegen ist.[73]

Ein Review von Untersuchungen zur Artenvielfalt und -häufigkeit von Kleintieren wie Käfern, Spinnen und Flüglern ergab, dass auf einem ökologisch bewirtschafteten Hektar Ackerland für 11 Tiergruppen eine höhere, für 6 Tiergruppen eine ähnliche und für 2 Tiergruppen eine geringere Biodiversität festgestellt wurde. Die Zahl der Ackerwildkräuter pro Hektar ist aufgrund des geringereren Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln im ökologischen Pflanzenbau typischerweise höher als im konventionellen, insbesondere im Feld.[74] Entscheidend für die Biodiversität sind jedoch eher Management und Ackerfrucht als das Anbausystem.[73] Berücksichtigt man den Flächenertrag als Bemessungsgrundlage, ergibt sich ein anderes Bild. 2009 und 2012 publizierte Meta-Analysen bestätigten, dass der ökologische Anbau tendenziell positive Umweltwirkungen pro Landeinheit, aber tendenziell neutrale oder negative pro Ertragseinheit aufweist.[75][76] Der ökologische Landbau benötigt für die gleiche Produktionsmenge meist mehr Fläche als der konventionelle Landbau, weswegen die konventionelle Landwirtschaft – eine der Artenvielfalt dienliche Verwendung nicht-landwirtschaftlich genutzter Flächen vorausgesetzt – zur Biodiversität mehr beitragen kann als die ökologische Bewirtschaftungsweise.[77][78] Das ist insofern bedeutsam, als hohe Ertragssteigerungen in den letzten Jahrzehnten für die Ernährungssicherung der steigenden Weltbevölkerung mit entscheidend waren. Würde man mit den Hektarerträgen von 1961 die Menge an Nahrungsmitteln von 1998 produzieren wollen, müsste man 82 % statt der 1998 verwendeten 38 % der globalen Landfläche landwirtschaftlich bewirtschaften.[79]

Lebensmittel

Lebensmittel aus ökologischem Anbau weisen oft optische Fehler auf

Genusswert

Anhänger der ökologischen Landwirtschaft sind häufig davon überzeugt, dass ökologisch erzeugte Produkte besser schmecken als konventionelle, auch werben Vermarkter von Ökoprodukten mit dieser Aussage. Wissenschaftliche Studien, in denen Probanden Geschmackstests unterzogen wurden, haben diese Annahme jedoch nicht bestätigt, denn prinzipielle Unterschiede wurden nicht ermittelt. In manchen Fällen erhielten ökologische, in anderen konventionelle Produkte bessere durchschnittliche Geschmacksbeurteilungen.[80][81] Nicht alle Studien hatten dabei zum Ziel, die Geschmackseffekte ökologischer Anbau- und Aufzuchtmethoden (z.B. Pflanzenschutz- und Düngemittel[82] oder Freilandhaltung[83]) vollständig zu isolieren, was teilweise seitens der Wissenschaft gefordert wird.[84] So ging es unter anderem auch darum, herauszufinden, ob ökologische Lebensmittel entsprechend gängiger Werbebotschaften besser schmecken als konventionelle. In diesem Zusammenhang warb die britische Supermarktkette Tesco damit, dass der Konsument einen Geschmacksunterschied zwischen ökologisch und konventionell erzeugtem Obst und Gemüse feststellen würde. Die Advertising Standards Authority konnte in einer Studie den Wahrheitsgehalt dieser Aussage nicht bestätigen und hielt Tesco 2000 an, seine Werbebroschüre entsprechend zu ändern.[85]

Gesundheitliche Aspekte

Bei einem Fütterungsversuch wurden bei mit ökologisch erzeugter Nahrung gefütterten Ratten weniger perinatale Todesfälle und eine schnellere Gewichtszunahme der Mutter nach der Geburt verzeichnet.[86] Bei Säuglingen, die in ihren ersten beiden Lebensjahren mit biologischen Milchprodukten gefüttert wurden und deren stillende Mütter ebenfalls biologische Milchprodukte zu sich nahmen, konnte ein geringeres Risiko von Ekzemerkrankungen festgestellt werden. Diese Wirkung war für 64 % der untersuchten Säuglinge zu verzeichnen.[87]

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln

In Deutschland untersucht das Monitoring-System für Obst und Gemüse im Naturkosthandel Bio-Obst und -Gemüse systematisch auf Belastungen mit Pflanzenschutzmitteln. Eine Analyse von drei großen amerikanischen Datenbanken zeigt, dass ökologisch erzeugte Nahrungsmittel geringere Rückstände enthalten als konventionelle, typischerweise etwa ein Drittel.[88]

Dabei muss bedacht werden, dass selbst die Rückstände bei konventionell erzeugten Nahrungsmitteln nur minimale Risiken für die menschliche Gesundheit darstellen. Bei einer Analyse aus dem Jahr 1992 durch die dem amerikanischen Gesundheitsministerium untergeordneten Behörde FDA von 38 Pflanzenschutzmitteln in einem aus 285 Nahrungsmitteln bestehenden Warenkorb zeigte sich, dass die Aufnahme von Rückständen von 34 Pflanzenschutzmitteln unter 1 % (und 4 Pestiziden unter 5 %) der Erlaubten Tagesdosis lag. Mit anderen Worten nahm ein Amerikaner durchschnittlich 10.000 mal weniger der meisten in der Studie betrachteten Pflanzenschutzmittel zu sich, als die toxische Dosis bei der empfindlichsten Versuchstierart beträgt.[89] Zweitens besteht chemisch kein Unterschied zwischen synthetischen und natürlichen (d.h. von der Pflanze synthetisierten) Pestiziden. Eine Analyse von 52 natürlichen Pestiziden ergab, dass 27 davon karzinogen wirken können und in vielen gewöhnlichen Nahrungsmitteln enthalten sind.[90] Beispielsweise enthält eine Tasse Kaffee etwa die Dosis an Karzinogenen, welche in Form von Rückständen synthetischer Pflanzenschutzmittel in konventionell erzeugter Nahrung im Laufe eines Jahres typischerweise aufgenommen werden.[91]

Nährstoffgehalt

Ein 2001 veröffentlichtes Review von 41 Studien ergab, dass ökologisches Obst, Gemüse und Getreide durchschnittlich 27 % mehr Vitamin C, 21 % mehr Eisen, 29 % mehr Magnesium, 14 % mehr Phosphor und 15 % weniger Nitrate als die konventionelle Vergleichsgruppe enthielt.[92] Eine andere Studie zeigte, dass ökologisch erzeugte Tomaten höhere Gehalte von drei Flavonoiden aufwiesen als konventionell erzeugte, wofür vor allem der geringere Stickstoffgehalt des ökologisch bewirtschafteten Bodens verantwortlich sei.[93]

Andere Studien ergaben, dass einige ökologisch erzeugte Pflanzenarten einen höheren Gehalt einiger gesundheitsschädlicher Pflanzenstoffe haben als konventionell erzeugte. Konventionell und ökologisch erzeugte Pflanzen haben den gleichen Nährstoffgehalt.[89]

Ob Unterschiede in den Pflanzenstoffkonzentrationen zwischen ökologischen und konventionellen Lebensmitteln tatsächlich eine Auswirkung auf die menschliche Gesundheit haben, bedarf weiterer Untersuchung. Denn aus der Messbarkeit einzelner Nährstoffe im Labor lassen sich noch keine Rückschlüsse auf die gesundheitlichen Wirkungen für den menschlichen Organismus ziehen. Hier spielen auch die Angebotsvielfalt und das Ernährungsverhalten des Verbrauchers eine Rolle. Ein höherer Gehalt an Antioxidantien könnte einerseits das Krebsrisiko verringern. Andererseits besteht bei ökologisch erzeugten Produkten die Gefahr, dass diese höhere Dosen von schädlichen Pflanzengiften enthalten, wenn die Pflanze aufgrund der Nichtverwendung von effektiven Pflanzenschutzmitteln einem höheren Schädlings- und Krankheitsbefall unterliegt.[89]

Eine von der britischen Lebensmittelaufsichtsbehörde (FSA = Food Standards Agency) beauftragte und von Wissenschaftlern der University of London durchgeführte Literaturanalyse kam zu dem Schluss, dass es zwischen ökologisch und konventionell produzierten Nahrungsmitteln keine gesundheitsrelevanten Unterschiede im Nährstoffgehalt gibt. Die systematische Literaturanalyse umfasste alle zwischen dem 1. Januar 1958 und dem 15. September 2008 veröffentlichten Studien, die Nährstoffgehalt und Gesundheitswirkungen von konventionellen und ökologischen Lebensmitteln verglichen.[94] Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es keine Beweise für Unterschiede in der Nährstoffqualität gebe.[95] Zudem bestehe ein Mangel an Beweisen für Gesundheitseffekte ökologisch erzeugter Lebensmittel.[96]

Urs Niggli, Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL), kritisierte die von FSA beauftragte Literaturanalyse als einseitig und lückenhaft. Das FiBL begründet seine Schlussfolgerungen zur Fragestellung mit Ergebnissen, die auf einem 5-jährigen Forschungsprojekt basieren, das Feldexperimente, Untersuchungen und Analysen in ganz Europa durchführte und von der EU, der Schweiz und anderen Ländern finanziert worden ist. Die hierzu erstellte QLIF-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Bioprodukte ernährungsphysiologisch hochwertiger seien. Dies zeige sich an einem höheren Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen wie Flavonoiden und Glucosinolaten. Die Ursache hierfür wird in der organischen Düngung gesehen, durch welche im Vergleich zur mineralischen Düngung zum einen der Gehalt an bioaktiven Stoffen erhöht werde, zum anderen auch die Genexpression, Eiweißprofile sowie die Vorkommenshäufigkeit von Stoffen, die zur Widerstandskraft der Pflanze beitragen, beeinflusst würden. Flavonoide besitzen im Organismus bei Mensch und Tier antioxidative Wirkung.[97]

Ein im September 2012 veröffentlichtes Review von Wissenschaftlern der Stanford University kam zu dem Schluss, dass die Forschung bisher keine Beweise für einen signifikant höheren Nährstoffgehalt ökologisch produzierter Lebensmittel liefern konnte.[98]

Verbraucherpreise

Ökologisch produzierte Erzeugnisse sind tendenziell teurer als konventionelle, da die Produktionsmethoden aufwändiger sind.

Problemfelder

EU-Bio-Siegel

Kupfer als Pflanzenschutzmittel

Wie auch in konventioneller Landwirtschaft sind im Biolandbau im Weinbau 4 kg Kupfer pro Hektar und Jahr zugelassen, im Kartoffelbau kommen viele Biobauern ganz ohne Kupfer aus, in anderen Kulturen wird Kupfer gar nicht gespritzt.[99] Die ökologische Landwirtschaft setzt zur Bekämpfung insbesondere der Knollenfäule Kupfersulfat ein. Kupfer hat eine relativ hohe Ökotoxizität (Kupfersulfat besitzt die Wassergefährdungsklasse 2, ist sehr giftig für Wasserorganismen und kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben) und hat zu Leberschäden bei Arbeitern im Weinbau geführt. Obwohl es seit 1992 seitens der EU Bestrebungen gibt, Kupfer als Pflanzenschutzmittel zu verbieten,[100] wird es aufgrund eines Mangels an Alternativen im ökologischen Landbau weiter verwendet.[73][101] Der Biolandbau versucht nach eigenen Angaben, den Einsatz von Kupfer als Pflanzenschutzmittel weiter zu reduzieren. So sollen immer häufiger tolerante und resistente Kartoffel- und Rebsorten angepflanzt werden.

Saatgut und genetisches Ausgangsmaterial

Der Erhalt von Sorten bleibt auch in der ökologischen Landwirtschaft problematisch

Obwohl sich einige, vor allem dem Demeter-Verband angeschlossene Bauern und Institute intensiv um den Erhalt und die traditionelle Weiterzüchtung des Saatguts alter, so genannter „samenfester“ Sorten[102] (bei Karotten beispielsweise Rodelika)[103] bemühen, stammen im deutschen Biohandel bei manchen Gemüsesorten inzwischen bis zu 95 % der angebotenen Ware aus Hybrid-Saatgut. Manche Bioläden kennzeichnen samenfeste Sorten ausdrücklich, um dem Kunden die Wahlfreiheit nach Möglichkeit zu erhalten. Das Problem der Beschaffung geeigneten genetischen Ausgangsmaterials stellt sich nicht nur im Bereich der Pflanzen-, sondern auch in der Tierzucht. So sind beispielsweise Bio-Geflügelzüchter bislang mangels geeigneter herkömmlicher Rassen auf den jährlichen Kauf von Mutterhennen aus Hybridlinien angewiesen, wenn sie wirtschaftlich arbeiten wollen.[104][105]

Seit dem 1. Januar 2009 ist eine neue EU-Öko-Verordnung[106] in Kraft getreten. Damit darf konventionelles Saatgut nur eingesetzt werden, wenn nachweislich kein Biosaatgut verfügbar ist. Mit diesem Grundsatz wird einem Bedürfnis des Biolandbaus Rechnung getragen, möglichst eigenes, unter Bedingungen der Ökologischen Landwirtschaft vermehrtes oder gezüchtetes Biosaatgut zu verwenden.[107] Ökologische Erzeuger entwickelten die Erzeugung ökologischen Saatguts und vegetativen Vermehrungsmaterials, um eine breite Palette von Pflanzensorten und -arten zu schaffen, für die ökologisches Saatgut und vegetatives Vermehrungsmaterial zur Verfügung steht.[106]

Koexistenz

Eine mögliche Vermischung gentechnisch veränderter Pflanzen mit ökologisch angebauten Pflanzen stellt für die ökologische Landwirtschaft ein Problem dar, da diese gentechnisch veränderte Organismen ablehnt und Bioprodukte aus rechtlicher Sicht keine gentechnisch veränderten Zutaten enthalten dürfen. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden:

Ein Imker aus Kaisheim hatte Anfang Mai 2007 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg gegen ein Bt-Mais-Feld in Nachbarschaft seiner Bienenstöcke geklagt. Laut Gerichtsbeschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg muss der Honig vor den Pollen des Bt-Mais geschützt werden und die Landwirtschaftsverwaltung des Freistaats Bayern das Versuchsfeld vor der Blüte abernten oder die Pollenfahnen während der Blütezeit abschneiden. (Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Mai 2007, Az. Au 7 E 07.259).[108] Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung mit Beschluss vom 21. Juni 2007 wieder aufgehoben. Das Gericht sah die Ansprüche des Imkers durch die Rechtslage nicht begründet.[109] Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ersuchte daraufhin in dieser Angelegenheit eine Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH).[110] Der EuGH entschied am 6. September 2011, dass Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel mit Pollengehalt von gentechnisch veränderten Pflanzen im Sinne der Verordnung 1829/2003[111] als Lebensmittel mit Zutaten aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gelten. Zutaten aus GVO sind laut EuGH nur dann verkehrsfähig, wenn sie unter 1829/2003 als Lebensmittel zugelassen sind. Der EuGH wies darauf hin, dass die Zulassungspflicht unabhängig von der Menge des gentechnisch veränderten Materials im Honig gilt. Eine Toleranzschwelle bei nicht zugelassenen GVO ist somit nicht gegeben. Durch das neue Urteil muss die Honigzutat Pollen dann als „genetisch verändert“ gekennzeichnet werden, wenn der Anteil von Pollen aus hierfür zugelassenen Gv-Pflanzen mehr als 0,9 % am Gesamtpollengehalt beträgt.[112][113]

Siehe auch

Literatur

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Weblinks

 Commons: Ökologische Landwirtschaft – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  2. Vgl. „Ökolandbau, ein Beitrag zur nachhaltigen Hungerbekämpfung in Entwicklungsländern?“, Tagungsdokumentation, Marburg 2004, insbes. S. 37–44
  3. Vgl. Vogt: Entstehung und Entwicklung des ökologischen Landbaus, Bad Dürkheim, 1999, S. 24–25, S. 60–61
  4. Vgl. Vogt, S. 62
  5. Gunter Vogt: Geschichte des ökologischen Landbaus im deutschsprachigen Raum In: Ökologie & Landbau Nr. 118, 2001, S. 47–49.
  6. Vgl. G. Vogt, S. 11
  7. Vgl. Vogt, S. 22–23
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 8,5 8,6 Willer H. (1998): Ökologischer Landbau in Europa – Perspektiven und Berichte aus den Ländern der Europäischen Union und den EFTA-Staaten. Bad Dürkheim, S. 65–68.
  9. Vgl. Vogt, S.98
  10. Vgl. Vogt, S. 127
  11. Vgl. Vogt, S. 112
  12. Vgl. Vogt, S. 99 ff
  13. Vgl. Vogt, S. 101
  14. Vgl. Vogt, S. 101, S. 154–157
  15. Vgl. Vogt, S. 174 ff
  16. Demeter Historie. Website des Demeter Anbauverbandes. Abgerufen am 8. Oktober 2013.
  17. Vgl. Vogt, S. 197, S. 307
  18. Vgl. Vogt, S. 198
  19. Vgl. Vogt, S. 209–212
  20. Vgl. Vogt, S. 233
  21. 21,0 21,1 21,2 21,3 Die Geschichte des Ökolandbaus in Deutschland. Website des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Abgerufen am 8. Oktober 2013.
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  41. Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) – Mitglieder: boelw.de
  42. Vgl. Willer, S. 86
  43. Vgl. Willer, S. 81
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  110. Beschluss des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2009 (PDF; 102 kB)
  111. http://www.bfr.bund.de/cm/343/verordnung_eg_1829_ueber_genetisch_veraenderte_lebensmittel_und_futtermittel.pdf VERORDNUNG (EG) Nr. 1829/2003 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel
  112. Pressemitteilung 79/11 (PDF; 84 kB)
  113. Urteil in der Rechtssache C-442/09 Karl Heinz Bablok u. a. / Freistaat Bayern. EuGH, 6. September 2011.
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