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Günter Lamprecht
Günter Hans Lamprecht (* 21. Januar 1930 in Berlin; † 4. Oktober 2022 in Bonn-Bad Godesberg) war ein deutscher Schauspieler, der in Theater, Film und Fernsehen viele komplexe Charakterrollen spielte.[1] Zu seinen bekanntesten Rollen zählen Franz Biberkopf in Rainer Werner Fassbinders Fernseh-Miniserie Berlin Alexanderplatz sowie der Berliner Tatort-Kommissar Franz Markowitz.
Leben
Lamprecht, Sohn eines Taxifahrers, wurde nach einer abgebrochenen Dachdeckerlehre zunächst Orthopädiehandwerker. Während seiner Ausbildung an der Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel[2] spielte er ab 1954 bereits kleinere Rollen unter Regisseuren wie Hans Lietzau und Erwin Piscator am Berliner Schillertheater. Sein erstes festes Theaterengagement folgte dann am Schauspielhaus Bochum, von wo aus er zum Theater Oberhausen wechselte, an dem er von 1959 bis 1961 engagiert war.[3] Er spielte auf der Bühne Männer aus dem Volk, wie den Kowalski in Endstation Sehnsucht und den John in Gerhart Hauptmanns Die Ratten.
Erste Fernsehrollen hatte er vor allem in Inszenierungen von Theaterstücken, wie zum Beispiel 1968 neben Willy und Lucy Millowitsch in dem Schwank Der Meisterboxer. In der allerersten Tatort-Folge Taxi nach Leipzig war er 1970 als DDR-Grenzbeamter zu sehen. 1973 wirkte er in der ZDF-Serie Kara Ben Nemsi Effendi mit, 1975 spielte er die Hauptrolle in dem Zweiteiler Stellenweise Glatteis nach dem gleichnamigen Roman von Max von der Grün. 1977 stellte er in Peter Beauvais’ Drama Rückfälle einen Alkoholiker dar.
1979 besetzte ihn Rainer Werner Fassbinder in Die Ehe der Maria Braun und anschließend als Franz Biberkopf in der gleichnamigen Verfilmung von Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz. Mit dieser bedeutenden Hauptrolle hatte er seinen Durchbruch, er wurde mit viel Kritikerlob und internationalen Auszeichnungen bedacht. Weitere Popularität erlangte er durch die Rolle des Berliner Tatort-Kommissars Franz Markowitz, zwischen 1991 und 1995 entstanden acht Tatort-Filme mit ihm. Der Charakterdarsteller spielte auch in vielen kleineren Film- und Fernsehrollen, darunter in Die große Flatter (1979), als Kapitän des Versorgungsschiffes Weser in Das Boot (1981) und als Erik Charell in Comedian Harmonists (1997).
Lamprecht arbeitete bis ins hohe Alter als Schauspieler, wenngleich er nach der Jahrtausendwende sein Drehpensum zurückschraubte. In der Serie Babylon Berlin war er 2017 als Reichspräsident Paul von Hindenburg zu sehen, zuletzt stand er 2021 für den Fernsehfilm Meeresleuchten vor der Kamera.
Privates
Lamprecht war zunächst mit der Schauspielerin Gisela Zülch verheiratet und später mit Claudia Amm befreundet, mit der er bis zu seinem Tod zusammenlebte. Am 1. November 1999 wurden Lamprecht und seine Lebensgefährtin von einem 16-Jährigen bei dessen Amoklauf in Bad Reichenhall angeschossen und schwer verletzt. Der Schauspieler beauftragte danach den Anwalt Rolf Bossi damit, die Eltern des Täters straf- und zivilrechtlich zu verklagen. Es kam jedoch nicht zu einer Anklageerhebung; über eventuelle Schadenersatzleistungen gibt es keine Informationen. Noch fünf Jahre nach der Tat klagte Lamprecht über Alpträume und schlaflose Nächte.[4][5]
Seine Erlebnisse während des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren erzählte Lamprecht in dem Buch Und wehmütig bin ich immer noch. Eine Jugend in Berlin.[6] 2007 erschien mit Ein höllisches Ding, das Leben der zweite Teil seiner Autobiografie. Der Titel ist ein Zitat aus Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz. In seiner Wahlheimat Rösberg, einem Ortsteil der Stadt Bornheim im Rheinland, engagierte er sich ehrenamtlich für soziale und karitative Zwecke und für die Bewahrung der Umwelt.[7] Seit dem Jahr 1994 war er Schirmherr des Künstlerprojekts „ASTRONAUTENKOST“ in Solingen. Er war politisch aktiv und unterstützte in Wahlkämpfen die SPD.
Lamprecht starb am 4. Oktober 2022 im Alter von 92 Jahren im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg.[8]
Filmografie (Auswahl)
- 1957: Besuch im Ruhrgebiet
- 1960: Brücke des Schicksals
- 1964: Hafenpolizei – Quarantäne
- 1966: Melissa (Durbridge-Mehrteiler)
- 1967: Das Kriminalmuseum – Das Amulett (TV-Serie)
- 1968: Der Meisterboxer (Aufzeichnung aus dem Millowitsch-Theater)
- 1969: Der Vetter Basilio (Fernsehzweiteiler)
- 1970: Tatort – Taxi nach Leipzig
- 1971: Hamburg Transit – Der Tod im Koffer (TV-Serie)
- 1972: Privatdetektiv Frank Kross – Der Offenbarungseid (TV-Serie)
- 1972: Van der Valk und das Mädchen
- 1973: Tatort – Kressin und die zwei Damen aus Jade
- 1973: Welt am Draht
- 1973: Hamburg Transit – Vorstrafen: eine
- 1974: Martha
- 1975: Das Messer im Rücken
- 1975: Tatort – Kurzschluß
- 1975: Stellenweise Glatteis
- 1976: Der Stumme
- 1976: Das Brot des Bäckers
- 1976: Die Ilse ist weg
- 1976: Weder Tag noch Stunde
- 1976: Gesucht wird... – Paul Leppla (TV-Serie)
- 1976: Inspektion Lauenstadt – Bauer Schlegel (TV-Serie)
- 1977: Rückfälle
- 1977: Tatort – Flieder für Jaczek
- 1978: Die Ehe der Maria Braun
- 1979: Die Schattengrenze
- 1979: Die große Flatter
- 1979: Das gefrorene Herz
- 1979: Tödlicher Ausgang
- 1980: Fabian
- 1980: Berlin Alexanderplatz
- 1981: Das Boot
- 1981: Tatort – Schattenboxen
- 1981: Das Traumschiff – Barbados
- 1982: Tatort – Das Mädchen auf der Treppe
- 1982: Flüchtige Bekanntschaften
- 1982: Die Komplizen
- 1982: Milo Barus, der stärkste Mann der Welt
- 1982: Der Besuch der alten Dame (Schweizer Fernsehen DRS)
- 1983: Is was, Kanzler?
- 1983: Liebe ist kein Argument
- 1984: Ein Mann namens Parvus
- 1984: Blutiger Schnee
- 1984: Der Alte – Brennweite 1000 (TV-Serie)
- 1984: Super
- 1985: Liebfrauen (ZDF)
- 1986: Rote Küsse (Rouge Baiser)
- 1986: Roncalli (6-teilige TV-Serie)
- 1986: Der Alte – Gigolo ist tot
- 1987: Gegen die Regel
- 1987: Christian Rother – Bankier für Preußen (7-teilige TV-Serie)
- 1989: Dort oben im Wald bei diesen Leuten
- 1989: Die Männer vom K3 – Augen zu und durch
- 1990: Der Tod zu Basel
- 1990: Ron und Tanja (6-teilige TV-Serie)
- 1991: Tatort: Tödliche Vergangenheit
- 1991: Tatort: Tini
- 1991: Tatort: Blutwurstwalzer
- 1992: Herzsprung
- 1993: Tatort: Berlin – beste Lage
- 1993: Tatort: Tod einer alten Frau
- 1993: Engel ohne Flügel
- 1994: Angst
- 1994: Tatort: Die Sache Baryschna
- 1994: Tatort: Geschlossene Akten
- 1995: Tatort: Endstation
- 1997: Comedian Harmonists
- 1997: Berlin – Moskau
- 1998: Ein fast perfektes Alibi (auch: Glatteis)
- 1999: Mein Freund Balou
- 1999: Tatort – Drei Affen
- 2002: Epsteins Nacht
- 2005: Josef und Maria
- 2007: Der Fährmeister
- 2013: Sein Kampf
- 2013: Wir
- 2016: Tatort – Taxi nach Leipzig
- 2017: Babylon Berlin (Fernsehserie, Folge 2x6)
- 2021: Meeresleuchten (Fernsehfilm)
Hörspiel
- Peter Feraru: Wir sind doch keine Räuberbande. Mit Günter Lamprecht, Angelica Domröse. Regie: Holger Rink. Produktion: SFB 1990.
- Ken Follett: Die Säulen der Erde (Sir Hamleigh). Regie: Leonhard Koppelmann. Hörspiel in 9 Teilen, Westdeutscher Rundfunk Köln 1999.
- nach William Shakespeare: Hamlets Rache. Kriminalhörspiel für Kinder. Bearbeitung: Jürgen Nola; Hamlet: Fritz Fenne, Claudius: Günter Lamprecht, Polonius: Peter Striebeck, Geist: Will Quadflieg, Sprecher: Hans Kemmer, Gertrud: Claudia Amm, u. a. Deutsche Grammophon Production / Universal Music 2003 ISBN 3-82911-297-1.[9]
- Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr. Deutschlandfunk Kultur, 2017.
Literatur
- Günter Lamprecht: Und wehmütig bin ich immer noch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002, ISBN 3-462-03106-6.
- Günter Lamprecht: Ein höllisches Ding, das Leben. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 3-462-03777-3.
- Mertina Kern, Felix Grützner, Und wehmütig bin ich immer noch. Ein Gespräch mit dem Schauspieler Günter Lamprecht über Angst und Trauer. In: Leidfaden, 2. Jahrgang, 2013, Heft 2, S. 75–76.
Auszeichnungen
- 1976: Ernst-Lubitsch-Preis für Das Brot des Bäckers
- 1978: Goldene Kamera für den Fernsehfilm Rückfalle
- 1982: Deutscher Darstellerpreis Chaplin-Schuh des Bundesverbandes deutscher Film- und Fernsehregisseure e. V. für Berlin Alexanderplatz
- 1983: USA-Kritikerpreis[10]
- 1994: Goldener Gong für Drehbuch und Darstellung in Tatort – Geschlossene Akten
- 1995: Verdienstorden des Landes Berlin
- 2000: Goldene Kamera für Kommissar Markowitz in Tatort
- 2001: Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
- 2006: Bundesverdienstkreuz (I. Klasse)
- 2007: Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten für besondere Leistungen im Film- und TV-Bereich
- 2007: Herbert-Strate-Preis
- 2010: Großer Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland für sein Lebenswerk
- 2018: Ehrendarstellerpreis des Eat My Shorts – Hagener Kurzfilmfestivals
Weblinks
- Günter Lamprecht in der Internet Movie Database (englisch)
- Günter Lamprecht bei crew united
- Günter Lamprecht bei filmportal.de
- Literatur von und über Günter Lamprecht im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Immer noch wehmütig – Günter Lamprecht erzählt aus seinem Leben in der WDR-5-Reihe Erlebte Geschichten vom 23. Januar 2005
Einzelnachweise
- ↑ n-tv NACHRICHTEN: "Tatort"-Schauspieler Günter Lamprecht ist tot. Abgerufen am 7. Oktober 2022.
- ↑ Günter Lamprecht im Munzinger-Archiv, abgerufen am 15. März 2022
- ↑ Andrea Rickers: Hier ist es menschlich, WAZ 20. September 2010
- ↑ Eltern des Amokläufers von Reichenhall sollen vor Gericht. In: Spiegel Online. 17. November 1999, abgerufen am 29. November 2014.
- ↑ http://www.heimatzeitung.de/cho/archiv/734318_Motiv-bis-heute-unklar.html
- ↑ Schauspieler Günter Lamprecht. Abgerufen am 29. November 2020.
- ↑ „Ich lebe gern in Bornheim“ In: General-Anzeiger, 27. Oktober 2010, abgerufen am 7. Oktober 2022.
- ↑ Tatort-Star Günter Lamprecht ist tot. In: t-online.de. 7. Oktober 2022, abgerufen am 7. Oktober 2022.
- ↑ Auf anspruchsvolle Weise unterhalten. Shakespeares Hamlet als Hörspiel für Kinder: Clüversborsteler komponierte die Musik. In: Rotenburger Rundschau, 26. Mai 2003
- ↑ Günter Lamprecht. (Memento vom 13. Februar 2006 im Internet Archive) In: kundendienst.orf.at, abgerufen am 26, November 2010.
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Personendaten | |
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NAME | Lamprecht, Günter |
ALTERNATIVNAMEN | Lamprecht, Günter Hans (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schauspieler |
GEBURTSDATUM | 21. Januar 1930 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 4. Oktober 2022 |
STERBEORT | Bonn-Bad Godesberg |
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