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Geschichte der militärischen Taktiken
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Entwicklung der unterschiedlichen militärischen Operationsführung im Zusammenspiel von technologischem, soziologischem und militärisch strategischem Fortschritt.
Überblick
Technologisch gesehen wird die Geschichte der militärischen Taktiken durch fünf große Erfindungen bestimmt:
- die Entdeckung und verfeinerte Verarbeitung des Eisens (siehe Metallurgie)
- die Erfindung von Explosivstoffen
- die Entwicklung des Verbrennungsmotors (Bodentruppen und Motorflugzeuge, Entwicklung von Luftstrahltriebwerken)
- Entwicklungen in der Elektrotechnik, Integrierte Schaltungen (Kommunikation per Funk, später RADAR, letztendlich durch die ICs auch teils autonome Verarbeitung von Daten in der Waffe selbst)
- die Entwicklung der Atombombe.
Hinzu kommen unzählige kleine Neuerungen, die im Wesentlichen Weiterentwicklungen der fünf großen Erfindungen darstellen (zum Beispiel Pikeniere, Steigbügel, Langbogen, gepanzerte Kavallerie, Zündnadelgewehr, Maschinengewehr, Panzer, Flugzeuge, Satelliten).
In soziologischer Hinsicht lassen sich in Europa und den angrenzenden Regionen vier Epochen unterscheiden: Die Stammesheere der griechischen Antike, die Berufsheere der Römer und des Frühmittelalters, die Söldnerheere des Spätmittelalters und schließlich die nationalen Wehrpflichtheere der Neuzeit.
Altertum
Griechen
Die griechische Kriegsführung wurde maßgeblich vom Laien-Charakter ihrer Heere bestimmt. Bestimmender Faktor war die zahlenmäßige Überlegenheit und damit die Gelegenheit zur Umfassung des Gegners.
Vorherrschend war in der griechischen Antike die Taktik der Phalanx, also einer nur in eine Richtung beweglichen Schild- und Speerreihe. Der Verlauf einer Schlacht wurde zumeist durch die Schlachtordnung bestimmt; nach Schlachtbeginn waren Änderungen oder Taktikwechsel im Lärm und Chaos nicht mehr umzusetzen.
Die Truppen wurden in der Regel in 8 Rängen aufgestellt. Die besten Truppen standen rechts, zumindest teilweise bedingt durch die rechtshändige Speerführung und die leichte Rechtsdriftung der überlappenden Schilde. So entwickelten sich Schlachten zwischen griechischen Heeren oft zu einem Wettlauf der rechten Flügel. Wer den schwächeren linken Flügel des Feindes zuerst werfen konnte, blieb meist Sieger, da der frei werdende rechte Flügel dann das Zentrum umfassen konnte. Die überlegenen spartanischen Hopliten entschieden auf diese Art die meisten ihrer Schlachten, bis der Thebaner Epameinondas den linken Flügel verstärkte und auch deutlich tiefer aufstellte und so den spartanischen rechten Flügel in den Schlachten von Leuktra und Mantineia vernichten konnte (schiefe Schlachtordnung).
Hatten anfangs Leichtbewaffnete und Reiterei nur unterstützende Rollen gespielt, wurde der Einsatz leichtbewaffneter Peltasten zunehmend bedeutender. Bei Sphakteria gelingt es im peloponnesischen Krieg einer attischen Streitmacht aus vorwiegend Leichtbewaffneten, ein spartanisches Korps unter Vermeidung einer offenen Feldschlacht aufzureiben. Zu Ende des 5. Jahrhunderts nimmt die Rolle der Peltasten zu, gleichzeitig wird die Ausrüstung der Hopliten leichter, was sie beweglicher und damit taktisch flexibler macht. Gleichzeitig kommt in den griechischen Staaten das Söldnerwesen auf, die Bürgermiliz verliert im 4. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Die veränderte Ausrüstung und Ausbildung lässt neue Taktiken zu. Erste Experimente mit 'leichten' Hopliten nimmt der attische Söldnerführer Iphikrates vor, aber erst der makedonische König Philipp II. revolutioniert die Phalanx.
Der makedonische Phalangist trägt anstelle des Speeres einen langen Spieß, die Sarissa. Ein kleinerer umgehängter Schild ermöglicht die beidhändige Führung, die auf 16 Ränge vertiefte Phalanx aus Berufssoldaten wird in taktische Körper von 256 Mann aufgeteilt, wodurch die Schlachtordnung deutlich flexibler wird und auch komplexere Manöver durchführen kann. Daneben führt Philipp die Hetairenreiterei ein, die vor allem unter Führung seines Sohnes Alexander in der Schlacht bei Issos und der Schlacht von Gaugamela berühmt wurde.
Römische Legion
Eine Römische Legion war in einer Schlacht meist in zehn Kohorten aufgeteilt. Bei dieser Formation marschieren die Legionäre geschlossen und schützten sich mit ihren großen Schilden vor Pfeilbeschuss und geworfenen Steinen. Bis zur Kaiserzeit bestand zusätzlich eine Einteilung der Legionen in Manipel.
Scipio der Ältere führte 203 v. Chr. die Treffentaktik ein, die bis in die jüngste Vergangenheit militärisch genutzt wurde.[1] Im ersten Treffen marschierten vier Kohorten, die direkt von Beginn an kämpften. Im zweiten Treffen, etwas versetzt zur ersten, marschierten drei Kohorten, die die Lücken zwischen den ersten vier schlossen und ebenfalls von Beginn an mitkämpften. Das dritte Treffen mit den übrigen drei Kohorten bestand aus erfahrenen Triariern und wurde Subsidia genannt. Diese blieben vorerst zurück und dienten als Verstärkung („Schachbrettform“). Zur Zeit Julius Caesars wurde die Schildkrötenformation entwickelt.[2]
Die Schlacht wurde meist mit dem Pilum eröffnet. Diese Wurfspieße blieben fast immer in den Schilden der Gegner stecken. Die aus weichem Eisen bestehenden langen Spitzen bogen sich um, und zwangen die Gegner, ihre Schilde abzulegen. Danach ging die römische Armee zum Nahkampf über, bei dem vor allem der Gladius verwendet wurde.
Asiatische Steppenvölker
Parther und Skythen, später auch Hunnen und Mongolen sowie weitere asiatische Steppenvölker verstärkten ihre Angriffstaktik durch das Parthische Manöver (oft auch als Partherschuss bezeichnet). Dies ist eine Bogenschusstechnik, bei der der reitende Bogenschütze in vollem Galopp nach hinten schießt. Auf geeignetem Terrain schuf dieses Manöver einen taktischen Vorteil und ermöglichte großen Armeen mit berittenen Bogenschützen jederzeit, im Angriff gegen weniger mobile Truppen, wie zum Beispiel den Legionen Roms, die gewünschte Distanz zu wahren und die Initiative im Gefecht zu behalten. Das Manöver erforderte außergewöhnliches reiterisches Geschick und Körperbeherrschung, da die Hände für den Bogenschuss frei bleiben mussten und das Pferd nur durch Druck aus den Schenkeln zu lenken war. Nach Erfindung des Steigbügels wurde die Technik vervollkommnet. Beschrieben wird dieses Vorgehen beispielsweise in Plutarchs Bericht über die Niederlage des Marcus Licinius Crassus gegen die Parther in der Schlacht bei Carrhae.
Mittelalter
Grundsätzlich wurden im Mittelalter die römischen Taktiken fortgeführt. Steigende, mit der Zeit entscheidende Bedeutung erlangte dabei der Einsatz gepanzerter Ritter. Die Ritter wurden zu autarken, im direkten Kampf der Infanterie haushoch überlegenen Berufskriegern mit zentraler gesellschaftlicher Bedeutung und polizeilicher Befugnis, jedoch ohne große militärische Bedeutung. Eine Veränderung im hohen und späten Mittelalter ist allerdings in der breiten Einführung von spezialisierten Fernkampfeinheiten (Langbogen- und Armbrustschützen) zu sehen. Die Zunahme der Bedrohung „aus der Luft“ konnte die Entscheidung in einer Schlacht maßgeblich (zum Beispiel Schlacht von Azincourt) verändern. Hierdurch gewannen Heeresaufstellung und -einsatz an Bedeutung. Besonderen Einfluss auf die europäische Taktik hatten die Erfahrungen der Kreuzzüge in Bezug auf die Kavallerie, als der Steigbügel von den eurasischen Steppenvölkern übernommen wurde.
Eine weitere Neuerung brachten die Hussiten, die im 15. Jahrhundert weite Teile Mitteleuropas durchzogen und erstmals Artillerie in nennenswertem Umfang in offener Feldschlacht verwendeten. Die Hussiten bildeten aus mitgeführten, mit Schießscharten versehenen und mit Geschützen bestückten Wagen eine Wagenburg, die kein Ritteraufgebot der Zeit aufbrechen konnte. Trotzdem setzte sich diese Taktik nicht langfristig durch. Das aufkommende Söldnerwesen ermöglichte die Aushebung immer größerer Heere, deren Schwerpunkt zunehmend auf der Infanterie lag. Mit dem Ende des Mittelalters verlor die Reiterei ihre entscheidende Bedeutung, sie konnte zwar immer noch Schlachten entscheiden, der Schwerpunkt lag aber auf der Infanterie.
Von erdrückender Überlegenheit, von Europa bis in den Fernen Osten, erwies sich im Mittelalter die mongolische Kriegführung, deren organisatorische Voraussetzungen von Dschingis Khan um 1190 geschaffen wurden. Mit der Vereinigung der Stämme durch Dschingis Khan entstand nach heftigen Kämpfen gegen die Vertreter der Adelsschicht ein straff zentralisierter Staat. Als oberstes Kriegsziel wurde der vollständige Sieg über den Feind angestrebt. Die Heeresreform gliederte die mongolische Armee in Zehner-, Hundert-, Tausend- und Zehntausendschaften. Das Gros der mongolischen Armee bestand zunächst fast durchwegs aus leichter Kavallerie. Die meisten Krieger waren Bogenschützen mit zwei oder mehr Bögen zu Pferde. Sie sorgten für einen dichten Pfeilhagel, entweder im Angriff oder auch auf einer (häufig vorgetäuschten) Flucht. Die Mongolen bedienten sich eines entwickelten Systems von Horn- und Flaggensignalen, die vom Heerführer gegeben wurden, woraufhin sie ihre Truppen auf bestimmte Positionen des Kriegsschauplatzes verschoben bzw. zum Angriff, Rückzug oder in bestimmte Formationen übergingen. Die mongolische Rüstung unterschied sich wesentlich von der europäischen. Im Gegensatz zu europäischen Rittern, die Plattenpanzer (Helm, Kettenhemd und Metallteile, die Blick und Bewegung einschränkten) verwendeten, hüllten die Mongolen sich in Seidentücher, das heißt Stepppanzer aus vielen Lagen Rohseide und in eisenverstärkte, aus Ringen zusammengesetzte Lederpanzer, die ihnen große Bewegungsfreiheit, Ausblick, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit gegen Waffen verschafften.
Renaissance
Die Renaissance brachte große Veränderungen in der Kriegsführung. Durch das Söldnerwesen zur Verfügung stehende größere Heere, der Einsatz der Pike und die aufkommenden Handfeuerwaffen auf der einen Seite, das Studium antiker Militärschriftsteller und die Entwicklung neuer taktischer Handbücher auf der anderen bedeuteten eine Zäsur zum Mittelalter, die viel weiter reichte als die bloße Ablösung des Ritters durch Fußknechte.
Frankreich und Burgund hatten die Lehren aus dem hundertjährigen Krieg umgesetzt und mit den Ordonnanzkompanien stehende Heere geschaffen, in denen Schützen, Fußknechte, Panzerreiter und Artillerie in organisierten Einheiten zur Verfügung standen. Diese hochmodernen Heere wurden aber in den Schatten gestellt durch die sich von Bauernrebellen zu professionellen Söldnern entwickelnden Schweizer Heerhaufen.
Anfangs vor allem mit Hellebarden und ähnlichen Stangenwaffen ausgerüstet trat bei den Schweizern zunehmend der Langspieß oder Pike in den Vordergrund. Obwohl Schweizer Heere nicht nur aus Bauern oder Bürgern bestanden, sondern auch den ortsansässigen Landadel einschlossen, verwendeten sie kaum Reiterei. Sie fassten ihre Pikeniere in große Gevierte zusammen, sogenannte Gevierthaufen. In der Schlacht traten sie normalerweise in drei mehrere tausend Mann umfassenden Haufen an: Vorhut, Gewalthaufen und Nachhut, die gestaffelt vorgingen. Vor allem in den Burgunderkriegen führten die Schweizer erstaunlich bewegliche Gefechte und reagierten auf sich bietende Gelegenheiten schnell und effektiv.
Um 1500 beherrschten Schweizer Söldnerheere, so genannte Reisläufer, Europas Schlachtfelder. Wer dagegenhalten wollte, stellte eigene Pikeniere auf. Diese Landsknechte kamen zunächst vor allem aus Schwaben und Norddeutschland und imitierten die Schweizer Taktiken nach anfänglichen Rückschlägen so gut, dass sie ihre Lehrmeister schließlich schlagen konnten. Taktische Innovationen brachten aber nicht so sehr die Landsknechtheere Kaiser Karls V., sondern vielmehr seine spanischen Generäle. Die Spanier erkannten in den italienischen Kriegen den Wert der neu aufkommenden Handfeuerwaffen, die sie zur Unterstützung der Pikeniere einsetzten. Sie stellten ihre Truppen im Tercio auf, dabei wurde ein großer Block Pikeniere an den vier Ecken von kleineren Gruppen Schützen flankiert. Spanische Tercios wurden die nächsten 100 Jahre erfolgreich in die Schlacht geführt, zuletzt schlugen sie 1634 in der Schlacht bei Nördlingen das eigentlich moderner organisierte schwedisch-protestantische Aufgebot.
Die Hauptlast der Schlacht trugen zunächst die Pikeniere, während die Schützen nur unterstützend Feuer gaben. Dies blieb bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges so, obwohl Feldherren wie Moritz von Oranien von den tief gestaffelten Tercios zur flacheren, aber auch breiteren niederländischen Ordnung übergingen (Treffentaktik), die dann von Gustav Adolf von Schweden weiter perfektioniert wurde. Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges drehte sich, auch begünstigt durch die zunehmend leichter werdenden Musketen, das Verhältnis von Schützen und Pikenieren, bis die Pikeniere nur noch zur Abwehr von Reiterangriffen den Schützen Rückhalt geben sollten.
Wurden zu Beginn der Renaissance noch Ritteraufgebote eingesetzt, setzte sich seit dem Schmalkaldischen Krieg der leichtere Söldnerreiter durch. Dieser war mit mehreren Radschlosspistolen ausgerüstet, die er auf kurze Distanz auf den Feind abfeuerte, bevor er sich zum Nachladen zurückzog („karakollieren“). Diese deutsche Reiter genannten Söldner griffen in komplizierten Formationen an, um den Gegner möglichst gleichmäßig unter Beschuss zu nehmen. Gustav Adolf setzte als erster wieder Schockreiterei ein, und im Laufe des 17. Jahrhunderts stieg die Bedeutung der Kavallerie wieder an, insbesondere in den Türkenkriegen. Das dem Karakollieren der Kavallerie entsprechende Verfahren der Infanterie wurde als Enfilade bezeichnet.
Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert
Im 17. Jahrhundert begann der Aufstieg Frankreichs zur bestimmenden militärischen Macht Europas, der sich im 18. Jahrhundert fortsetzte. Die Chevaulegers, eine Gattung der leichten Kavallerie, wurden seit dem 18. Jahrhundert auch von Armeen in Deutschland und Österreich übernommen. Zudem gewann die Unterstützung der Infanterie durch Artilleriefeuer auf kurze Distanz erheblich an Bedeutung. Dies kann auch an der wachsenden Zahl von Kanonen im Arsenal der französischen Armee abgelesen werden. Vom Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges 1701 bis zum Vorabend der Französischen Revolution 1789 stieg die Zahl der Geschütze des Feldheeres von 4.740 auf fast 20.000 an. In den Napoleonischen Kriegen kam vor allem das Karree zum Einsatz.
19. Jahrhundert
Ab 1850 wurde die Waffentechnik bedeutend weiterentwickelt. Gewehre mit gezogenem Lauf steigerten die nutzbare Reichweite auf ein Vielfaches, die Einführung von Hinterladern mit Metallpatronen und später Magazinen erhöhten die Feuerkraft der Infanterie, hinzu kam die Einführung des rauchschwachen Pulvers, das das bisher verwendete Schwarzpulver ablöste. Außerdem wurden die ersten Maschinengewehre entwickelt. Auch bei der Artillerie wurden Reichweite und Feuergeschwindigkeit durch gezogene Rohre, Hinterlader und den Rohrrücklauf gesteigert. Sprenggeschosse ersetzten die bisherigen Vollkugeln und Kartätschen und steigerten so die Zielwirkung.
Dadurch konnten Truppenteile nicht mehr geschlossen auf dem Gefechtsfeld operieren. Auch die Tarnung wurde auf einmal wichtig. Die bisherigen Kolonnen wurden zu Gunsten von Schwarmlinien aufgegeben. Aus der erheblich größeren Ausdehnung der einzelnen Truppenteile und dem Mangel an geeigneten beweglichen Fernmeldemitteln ergab sich ein Führungsproblem. Damit kam den einzelnen Unterführern erheblich mehr Verantwortung zu.
Erster Weltkrieg
Im Ersten Weltkrieg kam es zu weiteren technischen Fortschritten. Zu Beginn des Krieges erzwang die gesteigerte Waffenwirkung eine vermehrte Deckung der Truppen. An der Westfront wurde von der Schweiz bis zur Nordsee ein durchgehendes Grabensystem geschaffen, das eine Anpassung an bisher für die Kriegführung ungeeignete Geländeformen erforderlich machte. So kam es zur Gründung von Gebirgstruppen. Die ausgebauten Stellungen erforderten mehr Artillerieeinsatz. Versuche, die gegnerischen Truppen durch massives Feuer zu vernichten und die Reste mit einem klassischen Frontalangriff zu werfen, erwiesen sich als unzureichend. Die deutsche Taktik bestand darin, die geschlossene Frontlinie auf einzelne Widerstandsnester aufzuteilen und außerhalb der Reichweite der gegnerischen Artillerie starke Reserven zu belassen, die bei einem gegnerischen Angriff zur Bereinigung von Einbrüchen eingesetzt wurden. Auch im Angriff wurde durch die Bildung von Sturmtruppen, kleineren, autarken Einheiten, neue Wege beschritten. Diese Einheiten suchten Schwachstellen der gegnerischen Front, umgingen Widerstandsnester und vertieften die Angriffswirkung. Diese Taktik erwies sich zunächst als erfolgreich, allerdings blieb die anfangs erfolgreiche Frühjahrsoffensive 1918 auf Grund von unzureichenden Reserven und Nachschubmangel liegen.
Die Entente entwickelte gepanzerte Fahrzeuge, die zumindest vor Infanteriewaffen Schutz boten. In der Begleitung von Infanterie wurden einzelne Panzer durch Feldartillerie bei einem Durchbruch meist ausgeschaltet. Der Einsatz in geschlossenen Verbänden zeigte hingegen beträchtliche Erfolge, so zum Beispiel einen Durchbruch durch die deutsche Front am 8. August 1918 bei Amiens.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg konnten beide Kriegsseiten auf eine starke Luftstreitmacht zurückgreifen und trafen somit bei größeren Feldzügen kaum noch auf Gegner. In den wenigen verbleibenden Feldzügen ging es darum, möglichst schnell ein großes Gebiet einzunehmen, so dass Panzer, Panzerwagen und andere Armeefahrzeuge weitgehend in die Kriegsführung einkalkuliert wurden. Mit diesen Maschinen und Maschinengewehren wurde die Führung extrem schneller Schlachten möglich (auf deutscher Seite war jeder einzelne Panzer mit Bordfunk und einem eigenen Funker versehen), was allerdings auch schnell zu vielen Toten führte. Lange Feldzüge mit dieser Kriegstechnik kamen bei heftigem Widerstand in Städten ins Stocken, als zum Beispiel in der Schlacht von Stalingrad eine halbe Million Soldaten starben und durch die Luftwaffe und die Panzer die gesamte Stadt dem Erdboden gleichgemacht wurde. Die Geschwindigkeit des eigenen Angriffs und die immer länger werdenden Versorgungswege erschwerten die Versorgung mit Nachschub.
Vereinzelt gab es jedoch immer noch einfache Sturmangriffe mit reiner Infanterie, wie zum Beispiel am D-Day. Allzu oft waren diese Angriffe jedoch mit höchsten Verlusten durch Maschinenwaffen und Mörser verbunden. Erstmals wurden Fallschirmjäger eingesetzt, um die gegnerische Front aus dem Hinterland entscheidend zu schwächen.
Außerhalb der Schlachtfelder forderten auch die auf zivile Infrastruktur gerichteten Luftangriffe, zum Beispiel The Blitz auf London oder die Luftangriffe auf Dresden hohe Verluste, so dass nun nicht mehr nur die Streitkräfte betroffen waren, sondern auch die Zivilbevölkerung selbst.
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges
Das militärische Konzept der Friedenserhaltung durch gegenseitige Abschreckung (Dissuasion) ist so alt wie der Krieg selbst. Die Einführung von Atomwaffen mit ihrer umfassenden Vernichtungskraft vervielfachte die Abschreckungswirkung jedoch und führte unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zur Entwicklung der MAD-Doktrin („Mutual assured destruction“, Gleichgewicht des Schreckens). In der offiziellen Militärdoktrin der USA fand der Begriff erstmals im Jahr 1961 Verwendung. Die Doktrin fand ihre erste und hauptsächliche Anwendung in der Zeit des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion.
Am 25. Juli 1980 sprach US-Präsident Jimmy Carter in der Presidential Directive 59 von einer „Ausgleichsstrategie“ (countervailing strategy). US-Präsident Ronald Reagan setzte diese neue Marschrichtung fort und plante mit seiner Strategic Defense Initiative (SDI), das Prinzip der MAD durch eine neue Strategie zu ersetzen. Durch den Aufbau einer umfassenden, absoluten Raketenabwehr sollten die USA vor Angriffen oder Gegenschlägen aus der Sowjetunion geschützt werden. Mit der Auflösung der Sowjetunion reduzierten sich die Spannungen zwischen Russland und den USA und zwischen den USA und China deutlich. In beiden Fällen wurde MAD als Modell für Stabilität zwischen den Atommächten abgelöst, dennoch halten diese Länder noch ein Potential an Kernwaffen vor, welches als ausreichend zur Aufrechterhaltung einer Grundabschreckung angesehen wird.
Der Kommunikation, also dem Austausch von Informationen aller Art möglichst in Echtzeit, wird in heutigen Armeen hoher Stellenwert beigemessen. Das fängt beim Truppenfunk an, wo die einzelnen Soldaten nicht nur mit der Führung vernetzt sind, sondern auch untereinander. Am besten lässt sich diese Entwicklung anhand des IVIS (Inter Vehicle Information System) der Streitkräfte der Vereinigten Staaten veranschaulichen. Je nach Budget der jeweiligen Streitkräfte wird der Grad der Vernetzung weiter zunehmen.
Nennenswert sind auch die zunehmende Autonomie von Waffensystemen (zur Zeit Raketen und Drohnen). Da sie gewisse Dinge selbstständig durchführen können (Autopilot), bedürfen sie keiner Fernbedienung, eine Störung der Kommunikation mit der Bodencrew führt also nicht zum Absturz. Der Computer ist auch in der Lage, völlig ohne Übung oder gar langwierige Ausbildung gewisse Tätigkeiten sicherer und schneller auszuführen als ein Mensch das könnte. Zudem bedeutet ein Verlust dieser Waffensysteme zwar hohe Kosten, fordert aber keine Menschenleben auf eigener Seite.
Siehe auch
Literatur
- Sunzi Die Kunst des Krieges, ca. 500 v.Chr.
- Carl von Clausewitz: Vom Kriege. 1832.
- Albert von Boguslawski, Die Entwicklung der Taktik von 1793 bis zur Gegenwart, Band 1, Berlin, 1869
- William Balck, Entwicklung der Taktik im Weltkriege, R. Eisenschmidt, 1922
- Beatrice Heuser: Den Krieg Denken: Die Entwicklung der Strategie seit der Antike Paderborn: Schöningh Verlag, 2010, 523 S. mit Bibliographie, ISBN 978-3-506-76832-2
- Colin Gray: War, Peace and International Relations – An Introduction to Strategic History. Routledge, Oxon 2007, ISBN 0-4153-8639-X.
- Colin Gray: Modern Strategy. Oxford University Press, Oxford 1999, ISBN 0-19-878251-9.
- Robert J. Art: To What Ends Military Power? In: International Security. Vol. 4, No. 4 (1980), S. 3–35.
- Scott Fitzsimmons: Evaluating the Masters of Strategy - A Comparative Analysis of Clausewitz, Sun Tzu, Mahan and Corbett. (PDF; 127 kB) In: Innovations. Vol. 7, 2007, S. 27–40.
- David Jordan: Understanding Modern Warfare. Cambridge University Press, Cambridge 2009, ISBN 978-0-521-70038-2.
Einzelnachweise
- ↑ siehe dazu die Literaturangaben im Artikel Treffentaktik
- ↑ John Warry, Warfare in the Ancient World, (St. Martin's, 1980), S. 70-193
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