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Slow Food

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Slow Food
Logo von Slow Food
Zweck: Nachhaltigkeit, Genuss
Vorsitz: Carlo Petrini
Gründungsdatum: 1986
Mitgliederzahl: 80.000
Sitz: Bra, Italien
Website: slowfood.com

Slow Food (engl. slow ‚langsam‘ und food ‚Essen‘) wurde von der gleichnamigen Organisation als Begriff geprägt für genussvolles, bewusstes und regionales Essen und bezeichnet eine Gegenbewegung zum uniformen und globalisierten Fastfood. Die ursprünglich aus Italien stammende Bewegung bemüht sich um die Erhaltung der regionalen Küche mit heimischen pflanzlichen und tierischen Produkten und deren lokale Produktion.
Der Gründer und internationale Vorsitzende Carlo Petrini definierte 2006 die Grundbegriffe der „Neuen Gastronomie“ als Maßstab: Buono, pulito e giusto – gut, sauber und fair. Wenn ein Element fehle, sei das laut Petrini nicht Slow Food.

Nach Ansicht des Publizisten Matthias Horx ist „Slow Food“ einer von 18 Trends, die das Leben von morgen auf dem Gebiet der Ernährung beeinflussen werden. Slow Food steht in diesem Zusammenhang für Produkte mit authentischem Charakter (regional, saisonal), die auf traditionelle oder ursprüngliche Weise hergestellt und genossen werden. Lebensmittel, die nach Slow-Food-Kriterien angebaut, produziert, verkauft oder verzehrt werden, sollen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken und Menschen wieder mit Auge, Ohr, Mund und Händen an ihre Region binden.

Demonstration 2013

Slow Food ist Mitveranstalter der Demonstration Wir haben es satt!.[1][2]

Organisation

Logo Slow Food an einem Restaurant in Santorin

Der Slow-Food-Verein hat den Begriff Slow Food als Marke schützen lassen.

Carlo Petrini links, Ursula Hudson rechts; im Interview während der Schnippeldisko am 17. Januar 2014 in Berlin

Die Organisation wurde im Juli 1986 von Carlo Petrini aus dem piemontesischen Bra und seinen Freunden des Barolo auf Schloss Fontanafredda mitten in den Weinbergen des Barolo als „Arcigola“ gegründet.[3] Um diese Zeit herum erhitzten Proteste gegen die Eröffnung einer Filiale von McDonald’s direkt an der Spanischen Treppe in Rom die Gemüter. Am 9. Dezember 1989 wurde aus Arcigola bei einem Treffen von Anhängern aus aller Welt in der Komischen Oper von Paris Slow Food. Seither ist Slow Food eine internationale Vereinigung mit heute rund 80.000 Mitgliedern[4] in etwa 150 Ländern auf allen Kontinenten -- dabei allerdings 75 % der Mitglieder in Europa und sogar fast 92 % unter Einbeziehung von Nordamerika -- geworden. Das Logo von Slow Food ist die Weinbergschnecke als Symbol der Langsamkeit.

In einer programmatischen Erklärung werden die Ziele der Bewegung erläutert:

  • Der Genuss steht im Mittelpunkt, weil jeder Mensch ein Recht darauf hat.
  • Qualität braucht Zeit.
  • Die ökologische, regionale, sinnliche und ästhetische Qualität ist Voraussetzung für Genuss.
  • Geschmack ist keine Geschmackssache, sondern eine historische, kulturelle, individuelle, soziale und ökonomische Dimension, über die durchaus gestritten werden soll.

Darüber hinaus versteht sich der Verein als Lobby für Geschmack, aber auch für regional angepassten und ökologischen Anbau, für den Erhalt der Biodiversität und der kulinarischen Kulturen.

In regionalen Convivien, den Basiszellen von Slowfood, werden gemeinsames Genießen und auch das Engagement für die Themen gepflegt, denen sich Slow Food widmet.

In Deutschland wurde 1992 ein nationaler Verein gegründet. Slow Food Deutschland e.V.[5] hat inzwischen über 13.000 Mitglieder, die in rund 80 Convivien, den lokalen Gruppen, gegliedert ist. Seit 2011 steht Ursula Hudson dem Verein vor.[6]

Slow Food Youth Network,[7] die Jugendbewegung von Slow Food, ist ebenfalls in Deutschland aktiv. Junge Köche, Bauern, Künstler, Lebensmittelhandwerker, Studierende und Interessierte für die Ziele von Slow Food ein - durch Schnippeldiskos,[8]

Wir haben es satt!2014-SchnippelDisko25.JPG

Eat-Ins,[9] Kochaktionen, Workshops und vieles mehr.

Slow-Food-Messe in Stuttgart

Slow Food ist Veranstalterin von bedeutenden Fachmessen im Bereich Nahrungsmittel wie zum Beispiel der Cheese in Bra und des Salone del Gusto in Turin, die alle zwei Jahre stattfinden. 2004 gab es erstmals parallel zum Salone del Gusto das Treffen Terra Madre, zu dem 4600 Bauern aus aller Welt unter der Schirmherrschaft von Prinz Charles zusammenkamen. 2006 fand das zweite Treffen statt, das um Spitzenköche und Wissenschaftler erweitert wurde. 2012 wurden der bis dato unabhängig voneinander veranstaltete Salone del Gusto, die kulinarische Messe und die Terra Madre zusammengelegt und finden seitdem zur selben Zeit in den Hallen im Messegelände Lingotto statt.[10]

Seit 2007 veranstaltet Slow Food Deutschland die jährlich im Frühjahr stattfindende deutsche Slow Food Messe Markt des guten Geschmacks in Stuttgart. Weiter ist Slow Food Deutschland auf den bedeutenden Messen für Gastronomie, Handel und Produzenten z.B. der BioFach aktiv.

Die weltweit erste Universität der gastronomischen Wissenschaften[11] wurde von Slow Food in Bra (Piemont) gegründet. Heute werden folgende Kurse angeboten:

  • dreijähriger Studiengang in gastronomischen Wissenschaften,
  • zweijähriger Aufbaustudiengang in Neues Gastronomie-Unternehmertum und Nachhaltige Bewirtschaftung gastronomischer Bestände,
  • vier einjährige Master post lauream in Food Culture and Communications (Food, Place and Identity, Human Ecology and Sustainability, High-Quality Products, Representation, Meaning and Media)
  • Höhere technische Ausbildung mit verschiedenen Kursen, um die Berufsbilder mit der stärksten Nachfrage im Lebensmittelbereich vorzubereiten (Bäcker, Pizzabäcker, Bierbrauer, Schweineschlachter, Käseaffineur und Serviceleiter im Restaurant),
  • Kurs in Hohe häusliche Küche, der für ein passioniertes Publikum bestimmt ist.

Die Ziele der Bewegung umfassen auf internationaler Ebene vor allem den Erhalt der biologischen und kulturellen Vielfalt im Lebensmittelbereich, die Förderung einer handwerklichen und umweltfreundlichen Lebensmittelerzeugung, die Förderung der Geschmacks- und Lebensmittelbildung und die Unterstützung des direkten Kontakts und der Solidarität von Produzenten, Verbrauchern (Coproduzenten), Händlern, Köchen, Wissenschaftlern und anderen Akteuren der Lebensmittelwelt. Ein wichtiges Projekt ist die Slow Food Arche des Geschmacks, ein internationales Projekt zum Bewahrung regionaler Nahrungsspezialitäten sowie Projekte zur Erhaltung regionaler Obst-, Gemüse-, Getreidesorten- und Nutztiervielfalt. Es geht ihr aber auch um den Erhalt, die Wiederbelebung und Umsetzung traditioneller Weiterverarbeitungsmethoden.

Intensiv betrieben wird die Aufklärungsarbeit zu den Themen

Slow Food steht außerdem für politische Lobbyarbeit:

Arche des Geschmacks

Die Organisation Slow Food hat mit der Arche des Geschmacks eine Liste von gefährdeten Lebensmitteln, Kulturpflanzensorten und Nutztierrassen erstellt, die angesichts einer globalisierten Lebensmittelwirtschaft und einseitig an Ertragshöhe und Vermarktungsfähigkeit orientierter Zuchtauswahl und einem Kostendruck in der Verarbeitung im Fortbestand gefährdet sind. Mit diesen Lebensmitteln und den entsprechenden Pflanzensorten und Tierrassen ginge auch ein Stück Esskultur und das traditionelle Wissen um die Produktion dieser Lebensmittel zu Ende. In vielen Fällen repräsentieren die Passagiere der Arche die lokale und traditionelle Esskultur und Landwirtschaft einer Region. Das Archemanifest legt fest, was als Passagier der Arche in Frage kommt.[12] Die verschiedenen Gruppen vor Ort legen jeweils selbst fest, was in die Arche aufgenommen wird. Die Aufnahme in die Arche des Geschmacks hilft den Erzeugern solcher Lebensmittel bei der Vermarktung und schafft eine gewisse Öffentlichkeit, was dem Fortbestand zugutekommt.

Die Passagiere der Arche erfüllen folgende Kriterien:

  • Sind in ihrer Existenz bedroht
  • Einzigartige geschmackliche Qualität
  • Historische Bedeutung
  • Identitätsstiftender Charakter für eine Region
  • Unterstützen nachhaltige Entwicklung einer Region
  • Tiere stammen aus artgerechter Haltung
  • Frei von gentechnischer Veränderung
  • Produkte sind käuflich erwerbbar[13]

Kritik

Kritiker werfen der Bewegung elitäres Verhalten vor, da industriell erzeugte Lebensmittel billiger seien und dadurch überhaupt erst für den Massenkonsum zur Verfügung stünden.

2011 warnte der Vorsitzende Petrini selbst vor einer Entwicklung der Slow-Food-Bewegung zu einem elitären, nur am Konsum orientierten Klub und versucht dem entgegenzuarbeiten.[14]

Schwesterprojekte

Cittàslow

Seit 1999 gibt es die Vereinigung Cittàslow. Sie ist die Erweiterung der Slow-Food-Philosophie auf städtische Lebensqualitätsmerkmale. Diese Bewegung ist aus Slow Food hervorgegangen und wurde ebenfalls in Bra gegründet. Sie wurde als Idee von mehreren italienischen Kleinstädten aufgenommen und programmatisch umgesetzt und umfasst mittlerweile auch Städte in Deutschland, Großbritannien, Norwegen und Spanien.

Eine gedanklich nahe Bewegung zu Slow Food ist Slow Kids [15]. Das Informationsportal beschäftigt sich mit allen Themen, die mit Geschmackserziehung, essbaren Schulgärten, gesunder Jugendernährung, Kochen und Kindern zu tun haben und fördert den Dialog zwischen Eltern, Schulen, Behörden, Köchen, Landwirten und dem Nahrungsmittelhandel.

Slow Wine

Der Weinführer „Slow Wine“ (engl. slow – langsam; wine – Wein) greift die Begrifflichkeit von Slow Food als Ausdruck für genussvolles, bewusstes und regionales Trinken auf und zeigt eine alternative Kultur zum Trend der globalisierten Weinwelt auf. Erklärtes Ziel des Autorenteams der Bewegung ist die Förderung und Erhaltung von Weingütern, deren Konzepte von Nachhaltigkeit, Ökologie und territorialer Authentizität der Weine Italiens geprägt sind. Die Vinifikation von Weinen aus alten, autochthonen Rebsorten wird hierbei besonders gewürdigt.[16] Die Auszeichnung mit der Weinbergschnecke, dem Logo von Slow Food, schließt neben den Herstellern der großen Weine, den „Grandi Vini“, ausdrücklich auch die Macher der Alltagsweine, der „Vini Quotidiani“ der jeweiligen Weinbaugebiete ein.[17]

Im Weinführer Slow Wine [18], der erstmals 2013 in deutscher Sprache erschien, wird die Nachhaltigkeit der einzelnen Weingüter hinsichtlich Düngung, integriertem Pflanzenschutz, Herbiziden, Hefen und Rebsorten bewertet, bestehende Zertifizierungen fließen mit ein. Für die Bewertung dieser Kriterien und der 23.000 Weine aus 1.909 Weingütern setzt die Organisation nach eigenen Angaben 200 Mitarbeiter ein. In dem Buch werden die Weingüter innerhalb ihrer Region nach Ortschaft alphabetisch sortiert. Jede Seite des zweispaltig gesetzten Werkes beschreibt zwei Produzenten. Der Weingutsführer umfasst rund 1.000 Seiten und schließt detailliertes Kartenmaterial und Informationen zu den 20 Regionen ein. Das „Taschenbuch“ wird jedes Jahr neu aufgelegt.[19]

Literatur

  • Carlo Petrini: Terra Madre. Graefe und Unzer, 2011, ISBN 978-3-8338-2296-4.
  • Carlo Petrini: Buono, Pulito e Giusto. Einaudi, 2005, deutsche Übersetzung: Gut, sauber und fair. Tre Torri, 2007, ISBN 978-3-937963-55-6.
  • Carlo Petrini: Slow Food - Genießen mit Verstand. Rotpunktverlag Zürich, 2003, ISBN 3-85869-263-8.
  • Uwe Spiekermann: Verfehlter Gegensatz!? Fast Food contra Slow Food. Ernährungs-Umschau 50, 2003, S. 344-349.

Film

  • Slow Food Story - Die Geschichte einer Revolution durch Genuss, Dokumentarfilm, Italien, 2013, 74 Min., Buch und Regie: Stefano Sardo, Produktion: Indigo Film, Tico Film, Kinostart Deutschland: 10. Oktober 2013 durch Pandastorm Pictures, Offizielle Website.
  • Revolution am Küchentisch. Slow Food - die neue Esskultur. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2012, 28:40 Min., Buch und Regie: Enrico Demurray, Produktion: wildebilder, ZDF, Redaktion: ZDF.reportage, Erstsendung: 7. Oktober 2012 beim ZDF, Inhaltsangabe und online-Video vom ZDF.
  • Slow Food. Eine Forschungsreise zurück zum Genuss. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2010, 28 Min., Buch und Regie: Amelie-Marie Besirsky, Inhaltsangabe.
  • Essen mit Genuss: Die Slow-Food-Bewegung. Dokumentarfilm, Österreich, 2007, 43 Min., Buch: Gabriella Pignatelli, Regie: Carlo Buralli, Produktion: Film Australia, CM Film Productions, ORF, deutschsprachige Erstsendung: 16. März 2007 bei ORF2, Inhaltsangabe von 3sat.

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Slow Food aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.