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Obersalzberg
Der Obersalzberg ist ein Ortsteil des Markts Berchtesgaden im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land. Er war Teil der Gemeinde Salzberg, bis diese am 1. Januar 1972 nach Berchtesgaden eingemeindet wurde.
Mit der 1877 von Mauritia Mayer begründeten Pension Moritz, die zahlreiche prominente Gäste beherbergte, wurde der Obersalzberg zu einer der Wiegen des Tourismus in Berchtesgaden. Um die Jahrhundertwende ließen sich in dem Ort auch viele bekannte Persönlichkeiten wie Carl von Linde mit einem Zweitwohnsitz nieder.
1923 war Adolf Hitler erstmals am Obersalzberg und nutzte ihn ab da regelmäßig als Feriendomizil. Später mietete er dauerhaft ein Haus und baute es nach dem Erwerb zum Berghof, einer repräsentativen Zweitresidenz, aus. Nahezu der ganze Ortsteil inklusive des Kehlsteins wurde ab 1933 zum Führersperrgebiet. Sowohl die einheimische Bevölkerung wie auch die Zweitwohnsitz-Inhaber wurden dazu abgesiedelt und der Großteil der vorhandenen Gebäude abgetragen. Bei einem Bombenangriff im April 1945 wurde die Bebauung weitgehend zerstört.
Die von den früheren Einwohnern nach dem Kriegsende angestrebte Rückkehr zum Obersalzberg mit dem Wiederaufbau des ursprünglichen Ortes kam nicht zustande. Das Areal war in der Nachkriegszeit weitgehend Teil eines Erholungszentrums der amerikanischen Streitkräfte. Nach der Freigabe an den Freistaat Bayern im Jahr 1996 wurde im Rahmen des „Zweisäulenkonzeptes“ der bayerischen Staatsregierung 1999 die Dokumentation Obersalzberg eingerichtet und 2005 das Fünf-Sterne-Superior-Hotel InterContinental Berchtesgaden Resort (heute: Kempinski Hotel Berchtesgaden) eröffnet.
Geschichte
Entwicklung als Gnotschaftsbezirk
Vermutlich bereits ab Ende des 14. Jahrhunderts war Obersalzberg der 5. Gnotschaftsbezirk der „Urgnotschaft“ Berg im Berchtesgadener Land, das ab 1380 das Kernland der Reichsprälatur Berchtesgaden und der später eigenständigen, reichsunmittelbaren Fürstpropstei Berchtesgaden (1559–1803) bildete. Nach drei kurz hintereinander folgenden Herrschaftswechseln wurde 1810 das Berchtesgadener Land mit seinen Gnotschaften dem Königreich Bayern angegliedert und aus Berg ab 1812 die Gemeinde Salzberg,[1] deren Ortsteil bzw. Gnotschaft Obersalzberg bis zur Eingemeindung Salzbergs in den Markt Berchtesgaden blieb (→ siehe hierzu den Abschnitt: Gebietsreform).
Anfänge des Tourismus
Mauritia Mayer eröffnete 1877 die nach ihrem Spitznamen benannte Pension „Moritz“ und gilt damit als Pionierin des modernen Tourismus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gebirgskurhaus Obersalzberg und später in Platterhof umbenannt, steht dieses Gasthaus „am Beginn des Tourismus in Deutschland und Mitteleuropa“.[2]
In der Folge wurden alsbald auch bekannte Persönlichkeiten wie der Erfinder der Kältetechnik Carl von Linde[3] oder die Klavierherstellerfamile Bechstein[4] auf dem Obersalzberg sesshaft.
Zeit des Nationalsozialismus
→ Zu diesem Geschichtsabschnitt siehe auch Hauptartikel: Führersperrgebiet Obersalzberg
Ab 1923 verbrachte Adolf Hitler des Öfteren am Obersalzberg seine Ferien. 1928 mietete er fest das Haus Wachenfeld,[5] das er schließlich im Sommer 1933 kaufte, in Berghof umbenannte und zu einer repräsentativen Residenz umbaute.[6]
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland erfuhr der Ort die größten baulichen Veränderungen seiner Geschichte. Sämtliche privaten und ein Teil der Immobilien im öffentlichen Eigentum wurden unter der Leitung von Martin Bormann aufgekauft. Den Eigentümern wurden Preise über dem Verkehrswert angeboten. Nicht verkaufswillige wurden mit angedrohter und zum Teil vollzogener Haft im KZ Dachau zum Verkauf ihrer Grundstücke gezwungen. Der Großteil der vorhandenen Bebauung wurde abgetragen, der Charakter des Ortes völlig verändert. Um den Berghof gruppierten sich nun unter anderem die Häuser aller wichtigen NSDAP-Politiker.
Auf eine Anregung Hitlers hin ließ Bormann auf dem Bergrücken des Kehlsteins das Kehlsteinhaus als Repräsentationsgebäude errichten.
Erst die massiven Luftangriffe der alliierten Streitkräfte auf große Teile Deutschlands führten zum Ausbau der Luftschutzanlagen am Obersalzberg. Es entstand ein tief im Fels gelegenes, weit verzweigtes Bunkersystem.
Regierungsgeschäfte und Repräsentation
Häufig hielt sich Hitler mehrere Monate im Jahr in Obersalzberg auf, um von Berchtesgaden aus die Regierungsgeschäfte zu führen. Insgesamt verbrachte er dort nahezu ein Drittel seiner Regierungszeit,[7] und empfing auf dem Berghof auch Staatsgäste. Im Februar 1938 wurde am Obersalzberg das Berchtesgadener Abkommen geschlossen, der erste Schritt zum „Anschluss“.[8]
Durch die neu errichtete nahe gelegene Reichskanzlei Dienststelle Berchtesgaden wurde die Verfügbarkeit eines Regierungsbeamtenstabes während der Aufenthalte Hitlers am Obersalzberg sichergestellt.
Es galt als besondere Auszeichnung für deutsche Politiker und Parteimitglieder der NSDAP, von Hitler oder der inoffiziellen Hausherrin Eva Braun in seiner Obersalzberger Residenz im „privaten Rahmen“ empfangen zu werden.
Bombenangriff gegen Kriegsende
Der US-amerikanische General Dwight D. Eisenhower, der Oberkommandierende der Alliierten, gab seine Pläne zur Eroberung der Reichshauptstadt Berlin auf, da er befürchtete, die SS und andere Elitetruppen könnten sich in der tatsächlich nicht existierenden Alpenfestung verschanzen. So ließ er seine Truppen nach Süden schwenken, um deutschen Truppen den Rückzug in die Alpen abzuschneiden.
Am 25. April 1945 warfen Lancaster-Bomber der Royal Air Force fast 1.300 Bomben über Obersalzberg ab, während das im Tal liegende Berchtesgaden davon nahezu vollständig verschont blieb. Nach diesem Angriff waren – bis auf das Kehlsteinhaus – sämtliche Gebäude des Führersperrgebiets in Obersalzberg beschädigt. Abziehende SS-Wachtruppen setzten sie in Brand, was jedoch weder Besatzer noch die einheimische Bevölkerung von Plünderungen in den Gebäuden abhielt.
Nachkriegszeit – Die Amerikaner am Obersalzberg
Obersalzberg wurde nach der kampflosen Übergabe des Landkreises Berchtesgaden von einem Verband aus US-Truppen und einigen Franzosen am 4. Mai 1945 besetzt.[7] Mit der Übergabe wurde der Chef der Arbeitsgemeinschaft der Bauunternehmen am Obersalzberg, Grethlein betreut. Dieser wurde zusammen mit seinem Fahrer von betrunkenen französischen Soldaten erschossen, als er über die Zukunft seiner Belegschaft verhandeln wollte. Die NSDAP-Grundstücke gingen 1947 offiziell in das Eigentum des Freistaates Bayern über, jedoch nutzten die Amerikaner einen Großteil ihrer Gebäude weiterhin.
Auch wenn es nach dem Krieg Bestrebungen der ehemaligen Salzberger gab, in ihre alten Häuser zurückzukehren, kam es nicht zum Wiederaufbau des Dorfes. Lediglich das Hotel zum Türken wurde an die ehemaligen Besitzer zurückgegeben. Hier besteht heute die Möglichkeit – neben den später in die Dokumentation Obersalzberg integrierten Bunkerteilen – weitere Abschnitte der Bunkeranlage in Obersalzberg zu besichtigen.
Verschiedene Gebäude wurden nach dem Krieg für die US-Streitkräfte instandgesetzt, wie der Platterhof („Hotel General Walker“), das Atelier Speer (Evergreen Lodge) sowie der ehemalige Gutshof; sie dienten der US Army als Erholungszentrum. Die anderen Gebäude – insbesondere die Wohnhäuser der NS-Größen – wurden 1952 abgetragen oder gesprengt, um jedweden Kult zu verhindern.
Steigenberger-Affäre
Die gesamten im Eigentum des Freistaates Bayern befindlichen, aber noch von den US-Streitkräften belegten, Hotels wurden in den 1950er-Jahren an den Großhotelier Albert Steigenberger verkauft. Vom Engagement des aufstrebenden Hotelkonzerns Steigenberger versprachen sich die Berchtesgadener Politik und Wirtschaft eine Belebung des Tourismus. Bis zur Freigabe durch die Amerikaner sollte Steigenberger die jährliche Ausgleichszahlung des Bundes erhalten, der Kaufpreis an den Freistaat konnte in Raten – die geringer waren als die jährliche Entschädigung – bezahlt werden. Es wurde vermutet, dass der Vertrag durch eine großzügige Spende Steigenbergers zum Wiederaufbau der Münchner Residenz begünstigt worden war. Beide Seiten waren aber bald unzufrieden: Der Rechnungshof des Freistaates bemängelte den zu geringen Kaufpreis, Steigenberger beklagte die andauernde Belegung durch die Amerikaner. Hinzu kam, dass der Bund die Ausgleichszahlungen einstellte, da sich die Rechtsauffassung geändert hatte. Die Hotelaffäre endete nach dem Bekanntwerden in der Presse 1964 mit der Rückabwicklung des Vertrages.[9]
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform wurde die selbständige Gemeinde Salzberg, zu der auch der Obersalzberg gehörte, am 1. Januar 1972 nach Berchtesgaden eingemeindet.[10] Seither ist Obersalzberg ein Ortsteil bzw. eine Gnotschaft des Marktes Berchtesgaden.
Abzug der amerikanischen Streitkräfte
Mit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte und der damit verbundenen Auflösung des Armed Forces Recreation Center ging 1996 auch die Nutzung der ehemaligen NSDAP-Liegenschaften an den Freistaat Bayern über. Nach Maßgabe des Zweisäulenkonzepts des bayerischen Finanzministers Kurt Faltlhauser (CSU) beschloss die bayerische Staatsregierung daraufhin, auf diesem Areal ein Hotel der Luxusklasse sowie ein Zentrum zur Dokumentation der während der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Gräueltaten zu errichten, um das Entstehen einer Pilgerstätte für Rechtsextreme zu verhindern[11] und einen Gegenpart zur „kommerziellen Ausbeutung“ des Standorts einzurichten.[12]
Dokumentation Obersalzberg
1999 wurde unmittelbar neben dem Parkplatz und der Bushaltestelle zum Kehlsteinhaus die Dokumentation Obersalzberg eröffnet. Sie stellt die Geschichte des Obersalzbergs während der Zeit des Nationalsozialismus und die Verbindungen zur gesamten nationalsozialistische Politik dar.[12] Die Institution bezieht Teile der noch erhaltenen Bunkeranlagen ein, die zu besichtigen sind. Am 19. Juli 2010 wurde der 1,5 millionste Besucher und am 18. Juli 2013 der 2 millionste Besucher dieses Dokumentationszentrums begrüßt.[13]
Hotelneubau
Anknüpfend an die touristische Tradition von Obersalzberg vor dem „Dritten Reich“, wurde das Fünf-Sterne-Superior-Hotel InterContinental Berchtesgaden Resort (heute: Kempinski Hotel Berchtesgaden) im Jahr 2005 eröffnet. Errichtet wurde das Haus im Auftrag einer Tochter der BayernLB. 2009 machte es durch Millionenverluste von sich reden, welche die angeschlagene Bank in weitere Bedrängnis brachten. Das luxuriös ausgestattete Hotel erhielt einige Auszeichnungen und beherbergt hochrangige Gäste und Veranstaltungen.
Obersalzbergbahn
Die Obersalzbergbahn wurde von der Berchtesgadener Bergbahn GmbH (später AG) erbaut und 1950 in Betrieb genommen. Einer der Initiatoren war der bekannte Alpinist Josef Aschauer. Die Luftseilbahn führt von der auf 530 Meter Höhe gelegenen Talstation über die Mittelstation auf 770 Meter zu der auf 1.020 Meter gelegenen Bergstation (⊙47.62138888888913.021111111111). Von der Bergstation, die unterhalb der Scharitzkehlstraße liegt, erreicht man den Ausgangspunkt der Rodelbahn, die im Tal nahe der Talstation der Bahn endet. Die Länge der Obersalzbergbahn, welche 1996 modernisiert wurde, beträgt 1.530 Meter und führt über neun Stützen. Das Tragseil hat einen Durchmesser von 25 Millimetern; das Zugseil hat einen Durchmesser von 16 Millimetern. Es handelt sich um eine Gruppenpendelbahn, bei der auf jeder Fahrspur zwei kleine Kabinen für je vier Erwachsene und ein Kind dicht hintereinander fahren. An der ersten Kabine ist außen ein größerer Korb für Gepäck angebracht. Es muss an der Mittelstation umgestiegen werden. Die Bahn wird heute von der privaten Obersalzbergbahn GmbH betrieben.[14]
Abtragung von Teilen des historischen Wegenetzes
→ Zu diesem Geschichtsabschnitt siehe auch Abschnitt: Abtragung von Teilen des historischen Wegenetzes im Hauptartikel Führersperrgebiet Obersalzberg
2009 bekannt gewordene Pläne der Bayerischen Staatsforsten, das historische, mit Schwarzdecken versehene Wegenetz am Obersalzberg zugunsten breiter, geschotterter Forststraßen abzutragen, führte zu Widerstand und zum Stopp des Projektes. Schließlich kam man überein, nur Teilstrecken zu beseitigen und die übrigen zu erhalten.
Sender Kehlstein/Obersalzberg
In der Gemarkung Obersalzberg steht ein Sender der Deutschen Funkturm GmbH, der als Füllsender für den Rundfunk im Talkessel von Berchtesgaden errichtet wurde. Der Sender wird für die Abstrahlung der UKW-Signale verwendet:
Programm | Frequenz | Leistung (ERP) | RDS PS |
---|---|---|---|
Bayernwelle SüdOst | 89,3 MHz | 0,1 kW | BAYWELLE |
Antenne Bayern | 105,5 MHz | 0,1 kW | ANTENNE |
Musik
Georg Freundorfer widmete dem Obersalzberg während der Zeit des Nationalsozialismus den Marsch Gruß an Obersalzberg. Heute ist der Marsch unter dem Titel Gruß an Oberbayern bekannt.[15]
Literatur
- Obersalzberg, in: Hellmut Schöner (Hrsg.): Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, Berchtesgaden 1982, S. 368–379.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München, ISBN 3-406-09669-7, S. 434.
- ↑ Die Dokumentation Obersalzberg bei Berchtesgaden. (Memento vom 15. Dezember 2014 im Internet Archive) siehe 5. Absatz, online unter obersalzberg.de
- ↑ Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. 1973, S. 202.
- ↑ Hellmut Schöner (Hrsg.): Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, Berchtesgaden 1982, S. 369.
- ↑ Joachim Fest: Hitler. Eine Biographie. 2002, S. 445–447.
- ↑ Institut für Zeitgeschichte München-Berlin: Der Obersalzberg als Ort der Zeitgeschichte.
- ↑ 7,0 7,1 obersalzberg.de (Memento vom 16. Dezember 2014 im Internet Archive) Zur Geschichte des Führersperrgebiets mit Abbildungen
- ↑ Österreichisches Staatsarchiv: Berchtesgadener Abkommen. (Memento vom 23. Mai 2018 im Internet Archive)
- ↑ Steigenberger – Hitlers Erbe – Affären. In: Der Spiegel vom 1. Juli 1964, online unter spiegel.de
- ↑ Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München, ISBN 3-406-09669-7, S. 434.
- ↑ Katharina Wiechers: Pleiteprojekt. Der Millionenverlust am Obersalzberg. In: Augsburger Allgemeine. 2009-05-27 (Webarchiv). Webarchiv (Memento vom 31. Mai 2009 im Internet Archive)
- ↑ 12,0 12,1 „Täterort“ und historische Aufklärung. Vortrag von Dr. Volker Dahm (Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte; München-Berlin, fachlicher Leiter der Dokumentation Obersalzberg) anlässlich eines Symposiums in zwei Teilen (5. bis 7. Dezember 2002, 16. bis 17. Januar 2003), nachzulesen im Tagungsband S. 198–210, Zitat S. 199 f. (online (Memento vom 28. April 2015 im Internet Archive) auf ns-dokumentationszentrum-muenchen.de; Direktlink zur PDF mit 1652 kB in der aufgerufenen Seite).
- ↑ obersalzberg.de (Memento vom 28. Juni 2012 im Internet Archive) Zur Entwicklung der Dokumentation Obersalzberg
- ↑ Website der Obersalzbergbahn
- ↑ Titelverzeichnis auf dismarc.org.
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