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Rituelle Gewalt
Rituelle Gewalt ist eine Form planmäßiger und systematisch ausgeführter körperlicher und psychischer Gewalt. Sie wird in Gruppierungen ausgeübt, die ihre Handlungen in ein Glaubenssystem einbetten oder ein Glaubenssystem vortäuschen. Die Traumatisierung der Opfer kann dissoziative Identitätsstörungen zur Folge haben.
Charakteristisch für rituelle Handlungen sind wiederkehrende Symboliken und gleichförmige Handlungen, wie sie etwa während kultisch-ritueller, satanistisch-magischer Rituale vollzogen werden. Eine genuin religiöse Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer Sekte ist aber keine Voraussetzung. Derartige rituelle Elemente finden sich auch als stereotype Handlungsmuster vor allem im Umfeld der Kinderpornografie.
Zahlreiche Berichte über Fälle ritueller Gewalt, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Moralpanik um satanistischen rituellen Missbrauch in den USA der 1980er und 1990er Jahre, werden auf Erinnerungsverfälschung, suggestive Befragungstechniken und reißerische Berichterstattung der Medien zurückgeführt.
Definition
Der Sozialpädagoge Thorsten Becker definiert 1996 rituelle Gewalt als sexuellen, physischen und emotionalen Missbrauch,[1] der planmäßig und zielgerichtet im Rahmen von Zeremonien beziehungsweise Ritualen ausgeübt wird, wobei diese ideologisch motiviert oder zum Zweck der Täuschung und Einschüchterung inszeniert werden können. Die eingesetzten Symbole, Tätigkeiten oder Rituale vermitteln den Anschein von Religiosität, Magie oder übernatürlichen Bedeutungen. Rituelle Gewalt wird meist über einen längeren Zeitraum wiederholt.[2]
Gemäß der Definition der Psychologen Noblitt und Perskin umfassen ritueller Missbrauch und rituelle Gewalt traumatisierende Verfahren, die in einer festgelegten oder zeremoniellen Art umgesetzt werden. Hierbei können Praktiken, wie tatsächliche oder vorgetäuschte Tötung oder Verstümmelung von Tieren, tatsächliche oder vorgetäuschte Ermordung oder Verstümmelung von Menschen, die erzwungene Aufnahme von echten oder vorgetäuschten menschlichen Exkrementen oder von echtem oder vorgetäuschtem Menschenfleisch und erzwungene sexuelle Aktivitäten zum Einsatz kommen. Demütigende Handlungen, die mit heftigen körperlichen Schmerzen verbunden sind, können das Ritual begleiten. Ritueller Missbrauch erfolge meist im Rahmen von Gruppen, werde gelegentlich auch von Einzeltätern begangen. Als Motiv für die Praktiken wird Sadismus gesehen.[3]
Die Supervisorin und Lehrbeauftragte Tanja Rode ergänzt, dass Opfer rituellen Missbrauchs häufig dazu gezwungen werden, selber Missbrauch auszuüben und strafrechtlich relevante Taten inner- und außerhalb des Kultes zu begehen. Hierbei werden die Opfer gewöhnlich beobachtet oder gefilmt. Diese erzwungene Mittäterschaft erlaube dem Kult zum einen über das Mittel der direkten Erpressung Druck auszuüben, zum anderen im Kontext von Mind-Control-Techniken Schuldgefühle zu erzeugen und dadurch das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit zu festigen sowie gleichzeitig die Einschätzung der Auswegslosigkeit der Situation zu verstärken.[4]
Im Endbericht der Enquete-Kommission des 13. Deutschen Bundestages „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ umfasst die Definition des rituellen Missbrauchs neben den Formen sexueller und physischer Übergriffe auch psychische Übergriffe auf Kinder und jüngere Jugendliche. Charakteristisch für „rituelle Handlungen“ als Ausdruck eines Glaubensystems seien wiederkehrende Symboliken und gleichförmige Handlungen, wie sie etwa während kultisch-ritueller, satanistisch-magischer Rituale vollzogen werden. Diese rituellen Elemente können auch in der Kinderpornografie zum Einsatz kommen und dienen als wiederkehrende Rahmenelemente bei sexuellem Kindesmissbrauch.[5] Auch Becker verweist im Zusammenhang mit ritueller Gewalt auf das Umfeld der Kinderpornografie und betont, dass die verbreitete Auffassung, rituelle Gewalt beschränke sich auf satanistische Gruppierungen und „germanofaschistische Sekten“, nicht haltbar ist. Ein ideologischer Ursprung sei demzufolge nicht notwendigerweise erforderlich.[1]
Terminologie
Laut den Psychologen Bette L. Bottoms, Phillip R. Shaver und Gail S. Goodman wurde der Begriff „rituell“ anfangs verwendet, um über „satanistische“ Gewalt zu sprechen, ohne Satan explizit zu erwähnen. Dies habe zu einer Unschärfe des Konzepts beigetragen, sodass der Begriff „rituell“ zu breit geworden sei, um als nützliche wissenschaftliche Kategorie zu dienen. Wer daher über Gewalt, die von einem satanistischen Kult verübt wird, sprechen möchte, solle den Begriff „satanic cult abuse“ verwenden, wem es um besonders brutale und bizarre Formen des Missbrauchs gehe, solle das direkt sagen; das gleiche gelte für Fälle von zwanghaftem und wiederholtem Missbrauch und Missbrauch in Sekten und Kulten. Alle diese verschiedenen Missbrauchsarten müssten begrifflich voneinander geschieden werden.[6]
Becker schlägt eine Differenzierung nach drei Kategorien vor. Er unterscheidet „kultischen rituellen Mißbrauch“, bei dem die Misshandlung wesentliches Element eines organisierten Glaubenssystems ist und der sexuelle Missbrauch als Mittel zum Zweck instrumentalisiert ist; „pseudo-rituellen Mißbrauch“, bei dem der Missbrauch innerhalb eines organisierten kriminellen Systems bzw. von Einzeltätern erfolgt, dem kein ideologisches Glaubenssystem zugrunde liegt und Kinder über Bilder übernatürlicher Kräfte, wie Geister, bedroht werden; „psychopathologischer ritueller Mißbrauch“ ist schließlich Bestandteil eines Wahn- und Zwangssystems, das mit starken Perversionen verknüpft ist.[1]
Folgen
Mehrere Fachwissenschaftler nehmen an, dass Menschen durch gezielte Folter konditioniert und sogar programmiert werden können, indem bereits in frühester Kindheit eine dissoziative Identitätsstörung herbeigeführt wird.[7][8][9]
Die Psychotherapeutin Michaela Huber führt aus, dass die Erfahrung ritueller Gewalt ein besonders schweres Trauma darstellt, wenn die Gewalt als „heilige Handlung“ inszeniert wird und den Opfern hierdurch der Eindruck vermittelt wird, sie seien „auserwähltes Opfer“. Infolge der meist seit frühester Kindheit erfahrenen Traumatisierungen entwickeln die Opfer häufig eine dissoziative Identitätsstruktur. Die Spaltung in verschiedene Persönlichkeitsanteile verringert die Möglichkeit, dass Betroffene Gehör finden. Sich wiederholende Misshandlungen könnten als bewusster Akt seitens der Täter gedeutet werden, reflexartige Verhaltensweisen einzutrainieren (Konditionierung). In dissoziiertem Zustand seien die Opfer weitgehend wehrlos den Befehlen der Täter ausgeliefert gewesen. Gemäß Umfrageergebnissen wurden manche Betroffene dazu gezwungen, selber Gewalthandlungen durchzuführen und somit gleichzeitig zum Täter zu werden. Schuldgefühle, die daraus resultieren, verknüpft mit Angst vor eigener Strafverfolgung können bewirken, dass Betroffene auf Hilfsangebote nicht reagieren.[10]
Nach Ansicht des Psychologen Peter Fiedler von der Universität Heidelberg sind rituelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit nur in „sehr seltenen Einzelfällen“ die Ursache für dissoziative Identitätsstörungen.[11]
Opferschutz und Therapie
Zunehmend angewandte Möglichkeiten des Opferschutzes sind behördliche Auskunftssperre, Namensänderung, Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz. Die meist ungenügende Beweisbarkeit erschwert vor allem familienrechtliche Interventionen sowie Unterstützung nach dem Opferentschädigungsgesetz. Betroffene, welche noch bis ins Jugend- oder Erwachsenenalter in Gruppen der organisierten rituellen Gewalt eingebunden sind, benötigen oft eine professionelle Ausstiegsbegleitung (meist durch Psychotherapeuten oder Sozialarbeiter).
Die psychotherapeutische Betreuung orientiert sich zumeist an psychotraumatologischen Erkenntnissen (vor allem im Zusammenhang mit dissoziativen Störungen). Eine typische, fast regelhafte Folge von ritueller Gewalt ist neben dissoziativen Störungen die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (K-PTBS). Als komorbide Störungen werden vor allem Depressionen, Essstörungen, Zwangsstörungen und Persönlichkeitsstörungen genannt.[12][13]
Häufigkeiten
Deutschland
Befragung unter Psychotherapeuten
Um Informationen über die Häufigkeit des Auftretens ritueller Gewalt zu erhalten, wurden in drei deutschen Bundesländern alle 3225 kassenärztlichen Psychotherapeuten befragt. Rückmeldungen kamen von 1523 Therapeuten. Davon hatten 182 Therapeuten von ihren Patienten Schilderungen in Zusammenhang mit rituellen Gewalttaten erhalten. Insgesamt wurden 213 Fälle genannt (Mehrfachzählungen konnten dabei für das Ruhrgebiet und Saarland ausgeschlossen werden, für die 67 gemeldeten Fälle aus Rheinland-Pfalz konnten Mehrfachzählungen nicht ausgeschlossen werden). Geschildert wurden rituelle Opferungen von Tieren, sexueller Missbrauch, Ekeltraining, Leichenschändung, Menschenopferung (zumeist Neugeborene), schwarze Messen, Zwang zu absolutem Gehorsam und absoluter Geheimhaltung. Rund 95 % der Fälle wurden von den Therapeuten als glaubwürdig eingeschätzt. In durchschnittlich 52 % der Fälle bestand während der Therapie noch Täterkontakt.[14]
Eine Nachfolgeumfrage zur Situation ritueller Gewalt in Rheinland-Pfalz von R. Kownatzki ergab, dass von 936 befragten kassenärztlichen Psychotherapeuten insgesamt 136 Therapeuten in ihrem Berufsleben schon einmal derartige Patientenberichte erhalten haben.[15]
Online-Befragungen
Daneben existieren drei internationale (nicht repräsentative) Online-Umfragen (2007) für a) Überlebende extremer Gewalt (Extreme Abuse Survey, EAS), b) Therapeuten und anderen Personen, die professionell zumindest mit einer/einem Überlebenden extremer Gewalt gearbeitet haben, c) professionelle Helfer/Helferinnen, die mit Kindern als Überlebenden ritueller Gewalt gearbeitet haben. Detailliert befragt wurden rund 2000 Personen in 40 Ländern nach eigenen Erfahrungen.[16]
Hinweise durch die Umfragen
Den Umfragen zufolge soll es sich in nahezu der Hälfte der Fälle um lokale Täterkreise handeln, die teilweise seit mehreren Generationen bestehen. Eine Beteiligung von überregional organisierten satanistischen oder anderen kriminellen Gruppierungen konnte indes nicht belegt werden. Es gibt weiterhin Hinweise auf kinderpornografische Kommerzialisierung (sexualisierte Misshandlung und Folter an Kindern, dokumentiert auf Video). Aussagen über das Täterverhalten sind bisher nur bedingt möglich, da diese Informationen oft nur im Rahmen einer vertrauensvollen psychotherapeutischen Arbeit erlangt werden können und somit der Geheimhaltung unterliegen. Jedoch treten Betroffene zunehmend in Internetforen sowie eigenen Publikationen oder Dokumentarfilmen in die Öffentlichkeit.
Methodische Schwierigkeiten
Kritiker geben zu bedenken, dass Patientenberichte nicht immer den Tatsachen entsprechen könnten. Eine Überprüfung an der Realität sei oft nicht möglich, da gewöhnlich keine strafrechtliche Aufarbeitung stattgefunden habe. Eine strafrechtliche Verfolgung ritueller Gewalt ist mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden. Gründe hierfür sind die Verjährungsfristen, das kindliche Lebensalter der Opfer sowie die teilweise Anonymität von Tätern und Unbekanntheit der Tatorte. Trotzdem wird dem Thema rituelle Gewalt in polizeilichen Ausbildungsstätten verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt.[17]
Bei Angaben zu satanistischer Gewalt führt Uta Bange, Beraterin und Referentin der Sekten-Info Nordrhein-Westfalen, aus, dass im Kontext von Psychotherapie bei dissoziativen Störungen das therapeutische Setting sorgfältig zu gestalten sei. Bei dissoziativen Störungen können traumatische Erlebnisse in der Kindheit angenommen werden. Häufig seien lediglich Erinnerungsfragmente an das traumatische Geschehen vorhanden. Kämen in der Therapie regressionsfördernde Methoden zum Einsatz, bestehe die Gefahr der Konstruktion falscher Erinnerungen. Eine Unterscheidung zwischen echter und falscher Erinnerung sei nicht möglich. Eine Tendenz, satanistische Erinnerungen zu konstruieren, sieht Bange darin begründet, dass Satanismus in der Öffentlichkeit als Synonym für das Böse eine geeignete Projektionsfläche für den Schrecken des realen Traumas biete und das Aufsehen die Chance, Anteilnahme und Hilfe zu erhalten, vergrößere.[18]
USA
Befragung von Psychologen
In einer Untersuchung Anfang der 1990er Jahre befragten die Psychologen Bette L. Bottoms, Phillip R. Shaver und Gail S. Goodman in einer nationalen Umfrage 2709 klinische Psychologen, die Mitglied in der American Psychological Association waren, zu Fällen rituellen Missbrauchs, den sie als „Fälle mit ungewöhnlichen Überzeugungen und Praktiken“, beispielsweise mit Merkmalen wie Satanismus, umgedrehten Pentagrammen und Tieropferungen, definierten. Die überwiegende Mehrheit antwortete, keinen solchen Fall zu kennen, 24 % der Antwortenden berichteten von mindestens einem behandelten Fall mit rituellem Missbrauch seit dem 1. Januar 1980. Einige Psychologen gaben an, Hunderte solcher Fälle zu kennen. 93 % der Psychologen, die diese Missbrauchsfälle behandelten, waren sich sicher, dass die Anschuldigungen ihrer Patienten auf Tatsachen beruhten.[19] Da die Angaben zu rituellem Missbrauch, die Erwachsene (zumeist erst in der Therapie) gemacht hatten, statistisch deutlich abwichen von denen von Kindern oder von denen zu religiös motiviertem Missbrauch, müsse man aber vorsichtig sein, was den Wahrheitsgehalt dieser Anschuldigungen angehe: Es gebe zwar einige wenige nachgewiesene Fälle rituellen Missbrauchs, doch viele, wahrscheinlich die meisten Fälle seien falsch.[20]
Empirische Erhebungen
In einer 1988 veröffentlichten empirischen Erhebung fand der Soziologe David Finkelhor 270 Fälle sexuellen Missbrauchs in Einrichtungen der Kinderbetreuung in den Vereinigten Staaten, davon 36 nachgewiesene Fälle von ritueller Gewalt.[21]
Anfang der 1990er Jahre untersuchten Gail Goodman und ihr Mitarbeiterteam 2292 mutmaßliche Fälle rituellen Missbrauchs. In 30 % der Fälle mit kindlichem Missbrauch und in 15 % der Fälle mit erwachsenen Opfern kam es zu einem Geständnis der Angeklagten.[22] Insgesamt seien aber „die vorgeblichen Beweise, insbesondere bei den Fällen, wo Erwachsene Missbrauch in der Kindheit vorgeben, fraglich“.[22]
Eigene Fallanalysen
Der kanadische Psychiater und Satanismusexperte Colin A. Ross hat bis 1995 mehrere hundert Menschen mit Erinnerungen an satanistischen rituellen Missbrauch behandelt und fand sich vor das Problem gestellt, nicht unterscheiden zu können, ob die berichteten Gewalterfahrungen auf Tatsachen beruhten oder nicht.
Das weitgespannte satanistische Netzwerk zwischen Einrichtungen der Kinderbetreuung, Gesundheitsämtern und Regierungen, über das die Überlebenden berichteten, existiere nicht, doch sei es möglich, dass ein gewisser Prozentsatz der Erinnerungen seiner Patienten ganz oder teilweise zutreffe: Es gebe „eine komplexe, heterogene und fluktuierende Kombination von Fakten, Fiktion und Fantasie“, man sollte keine Hypothese vorzeitig ausschließen oder ihr zustimmen.[23] Charakteristisch für die Berichte mutmaßlicher Opfer seien detailreiche Informationen und umfassende Kenntnisse zu den spezifischen Merkmalen eines Kults. Ebenso typisch sind aus seiner Sicht geschilderte Details zur Methodik, wie Bewusstseinskontrolle durch Dissoziation erlangt wird. Ein ähnliches Grundmuster werde immer wieder erkennbar. Die spezifischen Informationen variierten von Kult zu Kult und wiesen innerhalb eines bestimmten Kultes große Übereinstimmungen auf, deren konkrete Details sich nicht in der populären Literatur fänden und über die es oft auch keine Veröffentlichungen gibt.[24]
Der Psychologe James Noblitt hatte Patienten, die berichteten, bizarren Bewusstseinskontrolltechniken unterworfen gewesen zu sein, die mit Erfahrungen ritueller Folter und Amnesien einhergingen und zu multiplen Persönlichkeitsstörungen geführt hätten. Nach ersten Zweifeln begann er, die Berichte für wahr zu halten, weil andere Therapeuten ihm von ähnlichen Aussagen ihrer Patienten berichteten.[25] In einer Rezension von Noblitts und Perskins Buch fiel dem Kriminologe Joel Best auf, dass sie die Ritualmordlegende für unwahr halten, wonach Juden im Mittelalter Christenkinder geschlachtet hätten. Diese Behauptung, die wiederholt Judenverfolgungen ausgelöst, sei aber nicht weniger glaubwürdig als die zahlreichen Berichte über rituellen Missbrauch, die Noblitt und Perskin für zutreffend erklärten. Er empfahl allen Interessierten, das Buch nicht für bare Münze zu nehmen, sondern auch skeptische Literatur hinzuzuziehen.[26]
Nach dem amerikanischen Spezialisten für multiple Persönlichkeitsstörungen Harvey L. Schwarz würden, um die Folter mit dem Ziel, Persönlichkeiten zu spalten, aufs Äußerste zu steigern, die Gefolterten gezwungen, eigenhändig selbst andere Opfer zu Tode zu foltern. Er beschreibt die psychologischen Auswirkungen dieser rituellen Zwangshandlungen, nachdem einige seiner Patienten gezwungen worden seien, an Ritualmorden von Kindern und an den Zerstückelungen der Opfer teilzunehmen: Seine Patienten hätten während der rituell verübten Gewalttaten paradoxerweise wütend auf die Opfer, die sie zu töten hatten, reagiert, wenn diese nicht schnell genug starben. Wut gegen die Täter zu empfinden sei ihnen zuvor systematisch abtrainiert worden, indem die Täter die abzuschlachtenden Kinder als Feind und Ursache des Leidens der gestressten, geschockten und mit Schuldgefühlen beladenen kindlichen Mörder definierten. Dadurch hätten die zum Mord gezwungenen Kinder alternative Persönlichkeiten ausgebildet, die überzeugt gewesen seien, dass die Opfer den Tod verdienten.[27]
Fallbeispiele
Am 3. Juli 1992 verurteilte das Landgericht Lüneburg den damals 43 Jahre alten Fernsehtechniker Michael Dietmar Eschner wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung, sowie sexueller Nötigung mit gefährlicher schwerer Körperverletzung zu sechs Jahren Haft. Der Verurteilte war der Vereinsgründer des deutschen Thelema-Ordens des Argentum Astrum, laut Vereinssatzung galt er in der Gruppe als Reinkarnation Aleister Crowleys.[28] Er nannte sich selbst das „Große Tier 666“. Die Mitglieder seines „Ordens“ waren den verschiedensten Formen von ritueller Gewalt ausgesetzt (beispielsweise durch Meditationen mit schmerzhaften Körperhaltungen oder Bestrafungen durch Daumenbisse, Schnitte von Rasierklingen, brennenden Zigaretten etc.).[29]
Ingolf Christiansen, der Beauftragte für Weltanschauungsfragen in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers berichtet von einem Fall, in dem ein Opfer einer rituellen Gewalt angeblich mit einer Tätowierung versehen wurde.[30]
Zweifel an Vorkommen und Glaubwürdigkeit
USA
Seit den 1980er Jahren wird das Thema ritueller Gewalt in den Vereinigten Staaten und in Kanada vor allem in Beziehung auf angeblich massenhaften Kindesmissbrauch durch satanistische Sekten kontrovers diskutiert. Während ein Teil fest davon überzeugt war, dass satanistischer Missbrauch weit verbreitet sei und jährlich bis zu 60.000 Menschen das Leben koste, meinen die Skeptiker, dass es sich nur um eine „moral panic“ handele, eine Massenhysterie, ähnlich dem Hexenglauben im Mittelalter.[31][32]
In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurden immer mehr Fälle ritueller Gewalt in den USA bekannt. Skeptiker führen dies auf die mediale Verbreitung von Michelle Smiths Buch und des McMartin-Prozesses zurück. Lehrer, Sozialarbeiter, Therapeuten und Polizisten wurden in Fortbildungsseminaren über die rituelle Gewalt geschult und entdeckten daraufhin immer neue Fälle. Die Annahme, es gäbe ein großes Netzwerk satanistischer Gruppen, die rituelle Gewalt an Kindern ausübten, wurde von einer breiten Koalition von fundamentalistischen Christen, Feministinnen, Ärzten, Polizisten und Sozialarbeitern getragen.[33] Als Motiv für die angeblichen Verbrechen wurde anfangs die religiöse Verehrung Satans angenommen, später glaubte man, es gehe um Bewusstseinskontrolle und den sexuellen Missbrauch an sich.[34] Vereinzelte Anhänger der Annahme, es gebe massenhaften satanistischen Missbrauch, verknüpften sie mit weiteren Verschwörungstheorien gegen Freimaurer oder Jesuiten und behaupteten, diese würden satanistische rituelle Gewalt anwenden, um eine „Neue Weltordnung“ herbeizuführen.[31]
Vor allem die christliche Anticult Movement („Anti-Sekten-Bewegung“) griff die Vorwürfe in ihrem Kampf gegen alle Neuen religiösen Bewegungen auf. Die Behauptungen derjenigen, die satanischen rituellen Missbrauch für real hielten, waren sensationalistisch und unglaubwürdig: So behaupteten etwa die christlichen Journalisten Robert und Gretchen Passantino, ein Mädchen im Teenageralter wäre während eines satanistischen Rituals geschwängert geworden und gezwungen worden, ihr Kind nach der vorzeitig eingeleiteten Geburt rituell zu töten und sein Herz vor den Augen der Sektenmitglieder zu essen.[35] Forensische Beweise für die vielfach behaupteten Folterungen, Opferungen und Morde wurden nie gefunden: Keine Leichen, keine Körperflüssigkeiten, keine Haare oder Gewebefasern.[36] Die Berichte über den rituellen Missbrauch gingen stattdessen auf suggestive Befragungen kleiner Kinder oder auf Bekenntnisse ehemaliger Priester satanistischer Kulte zurück, die sie im Rahmen einer Bekehrung vor ihrer neuen christlichen Gemeinde ablegten. Diese Berichte erwiesen sich in mehreren Fällen als unzutreffend.[37] Häufig unterzogen sich Erwachsene, die keine Erinnerung an Missbrauch hatten, auch einer Recovered-memory therapy, in deren Verlauf sie berichteten, systematisch missbraucht worden zu sein. Die behandelnden Therapeuten gingen davon aus, dass ihre Patienten eine dissoziative Identitätsstörung hätten und „programmiert“ worden seien, die Ereignisse zu vergessen. Die Vorstellung, Menschen ließen sich programmieren, geht auf die Berichte über MKULTRA zurück, ein geheimes Forschungsprogramm der CIA über Möglichkeiten der Bewusstseinskontrolle, das von den 1950ern bis in die 1970er Jahre lief. Die posthypnotischen Effekte, die dabei angeblich erforscht worden waren, schienen auch die Widersprüche in Berichten von Patientinnen zu erklären, die angaben, also so genannte „breeders“ Kinder speziell zum Zweck ihrer Opferung bei Satansritualen ausgetragen zu haben, ohne im alltäglichen Leben diesbezüglich aufgefallen zu sein.[38]
Skeptiker wie der Soziologe Richard Ofshe nehmen daher an, dass es bis auf ganz wenige Einzelfälle keinen rituellen Missbrauch gibt und dass auch keine Sekten existieren, die diese Form von Gewalt ausüben.[39]
Seit 1992 gingen die Berichte über satanistischen Missbrauch in den USA deutlich zurück. Seit Mitte der 1990er Jahre glauben nur noch wenige evangelikale Autoren, dass sie einen realen Hintergrund hatten.[40]
Die Satanismus-Panik war laut dem amerikanischen Religionswissenschaftler Hugh Urban Teil einer größeren Anti-Sekten-Paranoia, die von den Morden der Manson Family 1969 und dem Massenselbstmord des Peoples Temple 1978 ihren Ausgang nahm. Die Panik um angeblich satanistische Kulte trug dazu bei, dass sich immer mehr Metal-Bands in den 1980er Jahren satanistischer Bildsprache bedienten.[41] Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Glaube, satanistischer Missbrauch wäre in Nordamerika weit verbreitet, deutlich zurückgegangen.[31]
Buch Michelle Remembers
Die Diskussion wurde in den USA 1980 angestoßen durch das Buch Michelle Remembers der Kanadierin Michelle Smith und ihres Psychotherapeuten und späteren Ehemanns Lawrence Pazder, der ihr mittels Hypnotherapie dazu verholfen hatte, jahrelang verdrängte Erinnerungen wiederzugewinnen.[42] Den Schilderungen der Patientin nach sei diese seit ihrem fünften Lebensjahr immer wieder von einer satanistischen Sekte missbraucht und gefoltert worden und habe Ritualmorde mit ansehen müssen. Seit 1990 werden Smiths Behauptungen öffentlich angezweifelt. Die Klassenbücher aus ihrer Grundschule weisen etwa für die Zeit eines 81-tägigen satanistischen Rituals, an dem teilzunehmen sie gezwungen gewesen sei, keine Fehlzeiten des Kindes auf.[43][44][45] Obschon keinerlei Beweise für die Anschuldigungen beizubringen waren, löste das Buch in Nordamerika weitere Erfahrungsberichte über schweren satanistischen Missbrauch aus, so etwa Lauren Stratfords 1988 erschienenes Buch Satan's Underground, dessen Inhalt sich ebenfalls als nicht authentisch erwies.[46]
Elterninitiative Believe the Children
Die 1986 gegründete amerikanische Elternorganisation „Believe the Children“ veröffentlichte eine umfassende Liste mit einschlägigen Gerichtsurteilen zum rituellen Missbrauch von Kindern. In ihrem Vorwort weisen die Autoren darauf hin, dass viele Fälle ritueller Gewalt wegen des Unglaubens der Behörden und weil viele traumatisierte Kinder einem Gerichtsverfahren nicht standhielten, strafrechtlich nicht verfolgt würden.[47][48]
McMartin-Vorschule
Ein Fall, der auf großes öffentliches Interesse stieß, waren die Missbrauchsvorwürfe an der McMartin-Vorschule in Manhattan Beach, Kalifornien, die am 12. August 1983 von einer Mutter angezeigt wurde. Die Mutter stellte sich später als paranoide Schizophrene heraus.[49] Während dieses sieben Jahre dauernden, längsten und mit 13 Millionen Dollar kostspieligsten Kriminalprozesses der amerikanischen Rechtsgeschichte wurden 360 Kinder dieser Vorschule von der Beratungsgesellschaft Childrens Institute International untersucht und als Opfer von satanistischen Missbrauchsritualen diagnostiziert. Auch Kinder an anderen Einrichtungen wie der St. Cross Episcopal Church im benachbarten Hermosa Beach erhoben entsprechende Vorwürfe, nachdem sie mit anatomisch korrekten Puppen befragt worden waren. Über hundert Erzieherinnen und Erzieher wurden daraufhin beschuldigt, einer satanistischen Sekte anzugehören, die rituell sexuelle Belästigung oder Missbrauch von Kindern betriebe. Alle Beschuldigungen wurden 1990 fallen gelassen, die schockierenden Aussagen der Kinder wurden auf Erinnerungsverfälschungen durch die befragenden Sozialarbeiter zurückgeführt.[31] Geschworene und Wissenschaftler kritisierten die Befragungstechniken, die die Ermittler bei ihren Untersuchungen an der Schule angewandt hatten. Sie kamen zu dem Schluss, die Befrager hätten die Kinder zu unbegründeten Anschuldigungen „überredet“, indem sie ihnen immer wieder dieselben Fragen stellten und verschiedene Anreize boten, bis die Kinder berichteten, missbraucht worden zu sein.[50] Die meisten Wissenschaftler sind sich heute einig, dass die Anschuldigungen, die bei diesen Befragungen von den Kindern erhoben wurden, falsch waren.[51][52] Sowohl die Soziologin Mary de Young als auch der Historiker Philip Jenkins haben den Fall McMartin als Prototyp für eine Welle ähnlicher Anschuldigungen und Untersuchungen zwischen 1983 und 1995 angeführt, die eine moralische Panik auslösten.[32][53][54]
Frans’s Day-Care Center, Texas
2017 wurde ein Ehepaar, das mehr als zwei Jahrzehnte unschuldig in Haft gesessen hatte, freigelassen. Frances und Daniel Keller, die die Kindertagesstätte „Frans’s Day-Care Center“ in Austin, Texas betrieben hatten, wurde aufgrund des Justizirrtums eine Haftentschädigung von 3,4 Millionen Dollar zugesprochen.[55] Anfang der 1990er Jahre hatten Kinder angegeben, von den Kellers und anderen Personen sexuell und rituell missbraucht worden zu sein. In mindestens einem Fall sollen die Opfer nach Mexiko geflogen worden sein, wo sie von Soldaten vergewaltigt und danach (innerhalb der Öffnungszeiten der Tagesstätte) wieder zurück nach Texas geflogen worden sein sollen.[56] Angezeigt wurde zudem, dass die Kinder auf einem Friedhof Leichen ausgraben und deren Knochen hätten zusammennageln müssen und dass sie mit Tieren lebendig begraben worden seien. Mit vorgehaltener Pistole habe man die Kinder gezwungen, pornografische Filme anzusehen. Sie hätten mitansehen müssen, wie die Kellers ein Baby fast ertrinken ließen, um es danach mit Blut zu beschmieren und Satan zu opfern. Einen anderen Säugling hätten die Kellers vor den Augen der Kinder getötet, indem sie ihm das Herz herausrissen. Die Kellers wurden im November 1992 zu jeweils 48 Jahren Gefängnis verurteilt. Beide Urteile wurden im Revisionsverfahren am 26. Oktober 1994 bestätigt. Zwei beschuldigte Hilfspolizisten wurden nicht angeklagt, während ein fünfter Angeklagter, der den sexuellen Kindesmissbrauch zunächst gestand, aber später widerrief, eine zehnjährige Haftstrafe erhielt.[57] Nachdem ein medizinischer Gutachter seine Aussagen aus dem ersten Prozess revidiert hatte, wurden beide Ende 2013 freigelassen.[56]
Patricia Burgus
Aufsehen erregte der Fall von Patricia Burgus, einer jungen Mutter, die 1986 wegen einer Wochenbettdepression in einer Klinik in Chicago Hilfe gesucht hatte. In der Therapie äußerte sie unter Einfluss von Psychopharmaka und Hypnose Erinnerungen, in denen sie als Teil eines Satanskults missbraucht worden wäre, auch ihre eigenen Kinder missbraucht und Menschenfleisch gegessen hätte. Daraufhin wurde bei ihr fälschlich eine dissoziative Identitätsstörung diagnostiziert (angeblich hatte sie 300 verschiedene Persönlichkeiten) und sie für drei Jahre in eine Klinik eingewiesen, ebenso wie ihre beiden Söhne, denen die gleiche Störung attestiert wurde. Nachdem Burgus schließlich die Klinik und ihren Therapeuten verklagt hatte, der ihr diese falschen Erinnerungen suggeriert hatte, wurden ihr 1997 10,6 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen.[58][59]
Pizzagate
Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 knüpften die über soziale Medien weit verbreiteten Fake News über massenhaften sexuellen Kindesmissbrauch in einer Washingtoner Pizzeria, in den angeblich auch die Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei Hillary Clinton verwickelt gewesen sein sollte („Pizzagate“), an die moral panic der 1980er Jahre an.[60] Ab Oktober 2017 griff der anonyme Benutzer „Q“ (QAnon) auf Imageboards die Geschichte auf, aktualisierte und erweiterte sie.
Kriminologische Untersuchungen
Bereits im Jahre 1992 veröffentlichte das FBI einen umfangreichen und sorgfältigen Report von Kenneth V. Lanning zum Thema Satanic Ritual Abuse.[61] Lanning stellt fest, dass seine Motivation keineswegs sei, Täter zu entlasten, dass aber es zum rituellen Missbrauch im Sinne der obigen Definition keinen harten Beweis, jedoch eine Vielzahl von Berichten gibt. Den Inhalt dieser Berichte stuft er nach dem Grad ihrer Wahrscheinlichkeit als a) unmöglich, b) möglich, aber unwahrscheinlich und c) möglich und wahrscheinlich ein. In Klasse a) fallen z. B. Berichte über Babys, die aufgeschnitten und verstümmelt, aber hinterher so wiederhergestellt wurden, dass nicht einmal Narben blieben. In Klasse b) fallen alle Berichte von einer Vielzahl von Tötungsdelikten, die zusammengenommen zigtausende Tötungen pro Jahr bedeuten würden. Das Unwahrscheinliche daran ist, dass kein einziger dieser Fälle nachgewiesen werden konnte, da es schon sehr schwierig sei, einen einzelnen Mord geheimzuhalten, insbesondere wenn mehrere Personen davon Kenntnis haben. Er untersucht auch, wie die Berichte zustande kommen und welche Motive dafür bestehen können.
Großbritannien
Eine Untersuchung von zwanzig gemeldeten Fällen rituellen Kindesmissbrauchs in Großbritannien ergab 1995, dass die Vorwürfe in 75 % der Fälle unzutreffend waren. Diese hohe Rate falscher Angaben unterscheide rituellen von nichtrituellem Kindesmissbrauch, bei dem erfahrungsgemäß nur wenige Vorwürfe unsubstantiiert seien.[62]
Deutschland
Buch Vier Jahre Hölle und zurück
In dem 1995 erschienenen Aussteigerbericht Lukas – Vier Jahre Hölle und zurück.[63] werden zahlreiche zeremonielle Ermordungen von zumeist obdachlosen Menschen wie auch von Jungfrauen und Neugeborenen aus der Anhängerschaft der satanistischen Vereinigung geschildert, die von den Mitgliedern der Satanisten begangen sein sollen. Diese vermeintlichen rituellen Morde können aufgrund innerer und äußerer Widersprüche und Implausibiltäten nicht als glaubhaft eingestuft werden.[64]
Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen
1995 untersuchte das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen auf Anfrage der 17. Enquête-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ des Deutschen Bundestags ihm vorliegende Berichte ritueller Gewalt, fand aber keine Belege für das Vorliegen bzw. die Tragweite der geschilderten Straftaten. Vielmehr werde das Thema durch „reißerische […] Berichterstattung in den Medien zur Zeit überbewertet“.[65]
Fallschilderung Wolfgang Bauch
Der damalige Brandenburger Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Wolfgang Bauch schilderte 1999 den Fall einer Schülerin, die angab, sie werde wiederholt entführt und im Rahmen satanistischer Rituale sexuell missbraucht. Eine polizeiliche Observation ergab keinerlei Auffälligkeiten, auch für die Zeit, in der die Schülerin behauptete, erneut verschleppt worden zu sein. Daraufhin wurden die Ermittlungen eingestellt.[66]
Befragung von Psychotherapeuten in Rheinland-Pfalz durch das Traumainstitut Mainz
Im Jahre 2007 veröffentlichte das Trauma-Institut Mainz eine Studie, in der über 1000 niedergelassene Therapeuten nach ihren Erfahrungen mit ritueller Gewalt befragt wurden. 5 % der Befragten berichteten über teils erschreckende kriminelle Tätigkeiten auf diesem Sektor, unter anderem 23 Tötungsdelikte, davon 16 zwischen 1992 und 2007, die allerdings in keinem Falle von den Ermittlungsbehörden nachgewiesen werden konnten. Sämtliche Ergebnisse der Studie beruhen ausschließlich auf Berichten der betreffenden Therapeuten, die wiederum berichteten, was ihre Klienten erzählt hatten.[67]
Literatur
Deutschsprachige Fachliteratur
- S. I.E. – Solidarität, Intervention, Engagement für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen e. V. (Hrsg.): Rituelle Gewalt. Vom Erkennen zum Handeln. (Dokumentation der Tagung vom 6. November 2009 in Trier). Pabst Science Publishers, Lengerich 2011, ISBN 978-3-89967-671-6. (Tagungsbericht von Matthias Neff online auf: ezw-berlin.de PDF; 1,5 MB).
- Claudia Fliß, Claudia Igney (Hrsg.): Handbuch Rituelle Gewalt. Erkennen – Hilfe für Betroffene – interdisziplinäre Kooperation. Pabst, Lengerich u. a. 2010, ISBN 978-3-89967-644-0.
- Claudia Fliß, Riki Prins, Sylvia Schramm: Befreiung des Selbst. Therapiekonzepte zum Ausstieg aus organisierter Ritueller Gewalt. Asanger, Kröning 2018, ISBN 978-3-89334-625-7.
- Onno van der Hart, Ellert R.S. Nijenhuis, Kathy Steele: Das verfolgte Selbst. Strukturelle Dissoziation und die Behandlung chronischer Traumatisierung. Junfermann, Paderborn 2008, ISBN 978-3-87387-671-2.
- Petra Hasselmann: „Rituelle Gewalt“ und Dissoziative Identitätsstörung. Eine multimethodale Untersuchung zu Erwartungshaltungen an Akteure im Hilfesystem. Pabst Science Publishers, Lengerich 2017, ISBN 978-3-95853-288-5.
- Ina Schmied-Knittel: Satanismus und ritueller Missbrauch. Eine wissenssoziologische Diskursanalyse (= Grenzüberschreitungen. Beiträge zur wissenschaftlichen Erforschung aussergewöhnlicher Erfahrungen und Phänomene. Band 7). Ergon-Verlag, Würzburg 2008, ISBN 978-3-89913-670-8 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Universität, Dissertation, 2008).
- Thorsten Becker: Ritueller Mißbrauch von Kindern in Deutschland. Frage oder Feststellung? In: Kind, Jugend, Gesellschaft. KJuG. Zeitschrift für Kinder- und Jugendschutz. 41. Jahrgang, Heft 4, November 1996, ISSN 0939-4354, S. 121–122. (online, pdf; 144,31 kB)
Englischsprachige Fachliteratur
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- James R. Lewis: Satanic Ritual Abuse. In: derselbe und Inga Tøllefsen (Hrsg.): The Oxford Handbook of New Religious Movements. Bd. 2, Oxford University Press, Oxford 2016, ISBN 978-0-19-061152-1, S. 210–221.
- Chrystine Oksana: Safe Passage to Healing. A Guide for Survivors of Ritual Abuse. iUniverse, Lincoln NE 2001, ISBN 0-595-20100-8.
- James Randall Noblitt, Pamela Sue Perskin: Cult and Ritual Abuse. Its History, Anthropology, and Recent Discovery in Contemporary America. Revised Edition. Praeger Publishers, Westport CT u. a. 2000, ISBN 0-275-96665-8.
- Mary de Young: The Day Care Ritual Abuse Moral Panic. McFarland and Company, Jefferson NC u. a. 2004, ISBN 0-7864-1830-3.
Weblinks
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- Satanismus und satanisch-ritueller Missbrauch in Deutschland. (Memento vom 16. Februar 2013 im Internet Archive) Forschungsprojekt am Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP), Ina Schmied-Knittel, Leiter Michael Schetsche
- Datenerhebung zur Situation Ritueller Gewalt in Rheinland-Pfalz (PDF; 1,2 MB)
- VIELFALT e. V. – Information zu Trauma und Dissoziation
- R. Rennebach-Stiftung für Opfer ritueller Gewalt
- Dokumentation der Fachtagung „Rituelle Gewalt. Der Umgang mit ideologisch motivierten Straftaten aus multiprofessioneller Sicht“ der Diakonie-Bischöfliches Generalvikariat Münster, 24. Juni 2010
- Video ZDFneo: Manuel Möglich: Wild Germany – Satanismus (15. August 2013, 0:00 Uhr) in der ZDFmediathek (offline). YouTube
- Ku-Klux-Was? Rituelle Gewalt in Deutschland – (K)Ein Thema für die Gesellschaft, (k)ein Thema für die Polizei!?. In: Die Kriminalpolizei. Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei. Ausgabe 1 / 2013.
Einzelnachweise
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- ↑ James Randall Noblitt, Pamela Sue Perskin (Hrsg.): Cult and Ritual Abuse: Its History, Anthropology, and Recent Discovery in Contemporary America – Revised Edition. Praeger, Westport, Connecticut 2000, ISBN 0-275-96664-X, S. 239 f.
- ↑ Tanja Rode: Gratwanderung Beratungsarbeit mit Betroffenen. In: Claudia Fliß, Claudia Igney (Hrsg.): Handbuch Rituelle Gewalt. Pabst, Lengerich 2010, ISBN 978-3-89967-644-0, S. 318 f.
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- ↑ Peter Fiedler: Dissoziative Störungen und Konversion. Trauma und Traumabehandlung,. 2. Auflage. Beltz, Weinheim 2001, S. 345.
- ↑ Claudia Fliß: Spezifische psychische Folgen. In: Claudia Fliß, Claudia Igney (Hrsg.): Handbuch Rituelle Gewalt. Pabst, Lengerich 2010, ISBN 978-3-89967-644-0, S. 226–260.
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- ↑ Claudia Igney In: Claudia Fliß, Claudia Igney (Hrsg.): Handbuch Rituelle Gewalt. Pabst, Lengerich 2010, S. 69–71.
- ↑ Datenerhebung zur Situation ritueller Gewalt in Rheinland-Pfalz – Erweiterte Replikation der Studie des Arbeitskreises „Rituelle Gewalt in NRW“ 2005.
- ↑ Claudia Igney In: Claudia Fliß, Claudia Igney (Hrsg.): Handbuch Rituelle Gewalt. Pabst, Lengerich 2010, S. 71–82 (Dokumentation einer Auswahl der Ergebnisse); sowie (Dokumentation sämtlicher Fragebögen und Ergebnisse als PDF-Datei C. Rutz, B. Overkamp, W. Karriker, Th. Becker: Extreme Abuse Survey. In: extreme-abuse-survey.net. 1. Januar 2007, abgerufen am 19. Februar 2015.
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- ↑ Endbericht der Enquête-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“. (PDF; 6,5 MB) In: Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge. 9. Juni 1998, S. 183, abgerufen am 19. August 2009.
- ↑ Wolfgang Bauch: Satanismus und Polizei. Probleme der Ermittlungsarbeit. In: Berliner Dialog. Informationen und Standpunkte zur religiösen Begegnung. 5 (2), 1999, S. 9–12 (online, Zugriff am 11. April 2013).
- ↑ Annelie Wagner und Brigitte Bosse: Datenerhebung zur Situation ritueller Gewalt in Rheinland-Pfalz, Zusammenfassung auf der Website des Bistums Münster, Zugriff am 31. August 2020.
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