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Aufbau-Verlag
Aufbau Verlag GmbH & Co. KG | |
---|---|
Rechtsform | GmbH & Co. KG |
Gründung | 1945 |
Sitz | Berlin, Deutschland |
Leitung | Matthias Koch, René Strien, Tom Erben |
Branche | Buchverlag |
Website | www.aufbau-verlag.de |
Der Aufbau-Verlag ist ein deutscher Publikumsverlag. Er wurde 1945 in Berlin gegründet und wuchs bald zum größten belletristischen Verlag der DDR heran. Er hatte sich zu Beginn auf kommunistische und antifaschistische Literatur sowie Werke russischer Autoren und Klassikerausgaben spezialisiert. In den folgenden Jahrzehnten erweiterte sich das Verlagsprogramm unter anderem auf Werke der Weltliteratur, zeitgenössische osteuropäische Bücher sowie lateinamerikanische Titel.
Heute ist der Aufbau-Verlag eine Verlagsgruppe, zu der der Aufbau-Verlag, der Aufbau Taschenbuch Verlag (atb), der Verlag Rütten & Loening und kinder & Co gehören. Sie beschäftigte zuletzt 60 Mitarbeiter und veröffentlichte jährlich rund 350 Neuerscheinungen.
Geschichte
Der Anfang
Am 16. August 1945 gründeten Kurt Wilhelm, Heinz Willmann, Klaus Gysi und Otto Schiele die Aufbau-Verlags Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer der Verlagsbuchhändler Wilhelm und der Verlagskaufmann Schiele wurden. Kurz zuvor hatte sich der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands konstituiert, der ebenfalls an die Eröffnung eines Literaturbetriebs dachte. Nachdem die beiden Leiter der Firma im Büro des Kulturbundes um Unterstützung für ihre Pläne baten, schlossen die Vereinigungen ein gemeinsames Abkommen. Im Paragraph 4 des Gesellschaftsvertrages stand, dass die Interessen des Kulturbundes gewahrt werden müssten, solange die Zeitschriften der Organisation und deren geförderte Publikationen bei Aufbau erschienen. 1946 ging der Verlag in den Kulturbund e. V. über.
Die Lizenz (Nr. 301) für das Unternehmen erteilte die Sowjetische Militäradministration SMAD zwei Tage später, am 18. August 1945[1]. Die Militärbehörde unterstützten das Verlagshaus finanziell und sicherten dem Unternehmen ausreichende Mengen an Druckpapier, das nach dem Zweiten Weltkrieg schwierig zu beschaffen war.
Die ersten Titel
Als erste Titel wurden Theodor Plieviers Stalingrad und Manifest und Ansprachen des Kulturbundes zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands veröffentlicht. Der Roman von Plievier ging bereits nach einem Jahr in die siebte Auflage und erreichte bis Ende 1948 über 177.000 Exemplare in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Außerdem erschienen Ausgewählte Dichtungen aus der Zeit der Verbannung 1933–1945 von Johannes R. Becher, der „Spiritus rector“ und Mitbegründer des Aufbau-Verlages und seit August 1945 Präsident des Kulturbundes war.
Das Programm der Gründerjahre
Ein Programmschwerpunkt war Literatur von Schriftstellern, die im Zuge der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus Deutschland emigrierten. Seit Mai 1948 übernahm der Verlag die Rechte sämtlicher Titel des Aurora-Verlags (außer jenen von Franz Carl Weiskopf) und veröffentlichte sie in der Aurora-Bücherei. Den Aurora-Verlag hatte Wieland Herzfelde 1944 als Sprachrohr deutscher Exilautoren in den USA in New York gegründet; 1947 wurde das Unternehmen auf Grund finanzieller Nöte des Verlegers aufgelöst. Die Aurora-Bücherei enthielt unter anderem Werke von Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Oskar Maria Graf, Lion Feuchtwanger, Anna Seghers, Berthold Viertel, Wieland Herzfelde und Ehm Welk.
Im Bereich der antifaschistischen Literatur erschien 1946 Anna Seghers Roman Das siebte Kreuz, der bis 1950 eine Auflage von über 100.000 Exemplaren erlangte – neben Stalingrad ein Longseller des Hauses. Weitere Werke über Ursachen und Auswirkungen des Dritten Reichs waren Hans Falladas Jeder stirbt für sich allein (1947) und Der Irrweg einer Nation von Alexander Abusch (1946–1951: 130.000 Exemplare).
In der Anfangszeit wurden außerdem Schriften klassischer und zeitgenössischer russischer Autoren herausgegeben, u. a. von Anton Makarenko, Alexei Tolstoi, Maxim Gorki, Leo Tolstoi und Alexander Puschkin. Die deutschen Klassiker zogen ebenfalls in das Verlagsprogramm ein: Heinrich Heines Deutschland – Ein Wintermärchen, Johann Wolfgang von Goethes Iphigenie auf Tauris, Friedrich Schillers Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen und Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise. Die Vor- und Nachworte der Bücher betonten die humanistische Haltung der Autoren, ihren Weitblick und Ethos. Klassiker sollten als Bestätigung für das eigentlich bessere Wesen der Deutschen gelten und den Lesern mit ihren beeindruckenden Lebensläufen als Vorbilder dienen.
Insgesamt waren die frühen Jahre des Verlages sehr erfolgreiche. Bis zur Währungsreform 1948 wurden fast alle Werke in Auflagen zwischen 10.000 und 30.000 Exemplaren aufgelegt und auch die Zeitschriften des Hauses, Aufbau, Sinn und Form, Aussprache und Sonntag, erreichten enorme Startauflagen (Sonntag 1946: 200.000 Stück). Damit war Aufbau das erfolgreichste belletristische Verlaghaus der Nachkriegszeit.
Der Verlag 1949–1990
In den folgenden vier Jahrzehnten hing die Programmausrichtung von den politischen Forderungen der SED ab und spiegelte so die kulturelle Entwicklung der DDR wider. Die Mitarbeiter kämpften während der gesamten Zeit immer wieder für mehr Rechte bei der Titelauswahl und der inhaltlichen Zielsetzung.
1949–1960
Ab 1951 übernahm Walter Janka stellvertretend die Direktion und wurde drei Jahre später als Nachfolger von Erich Wendt Geschäftsführer. In den 1950er Jahren veröffentlichte Aufbau gemäß den Regierungsabsichten sozialistische, antireligiöse und marxistische Literatur. Junge Autoren, die über das Leben der einfachen Bauern und Arbeiter schrieben, sollten gefördert werden. Auf dem Gebiet erschienen Werke wie Margarete Neumanns Der Weg über den Acker (1953).
Dennoch war der Verlag bestrebt, auch Werke der Weltliteratur von westlichen Autoren herauszugeben, darunter Ernest Hemingways Der alte Mann und das Meer, Jean-Paul Sartres Die Fliegen. Die ehrbare Dirne. Nekrassow oder Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (alle 1956/1957). Ebenso wie die zeitgleich erschienenen Publikationen von Franz Kafka und Hugo von Hofmannsthal stellten diese Bücher auf dem Buchmarkt der DDR eine kleine Sensation dar und waren schnell vergriffen. Nachdem die Köpfe des Verlages jedoch in Verbindung mit den einsetzenden Reformen in Polen, Ungarn und der Sowjetunion eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung der DDR verlangten, wurde die Ausrichtung des Unternehmens wieder stärker von der Regierung kontrolliert. Der Verlagslektor Wolfgang Harich forderte eine sofortige Neuordnung des Sozialismus und die Wiedervereinigung Deutschlands unter linkem Vorzeichen. Staatschef Walter Ulbricht veranlasste daraufhin die Verhaftung von Janka und Harich wegen „innerparteilicher Fraktionsbildung und Verrat an den Klassenfeind“ und ließ die Verleger 1957 in einem Schauprozess zu Gefängnisstrafen verurteilen. In Folge dessen wurden das Programm des Hauses schnell wieder auf sozialistische deutsche und osteuropäische Gegenwartsliteratur umgestellt und viele wichtige westeuropäische Autoren aus dem Verzeichnis gestrichen. Klaus Gysi, der Vater des heutigen Politikers Gregor Gysi, übernahm am 1. Februar 1957 die Geschäftsleitung.
Auf einer Sonderausstellung mit anderen DDR-Verlagen repräsentierte sich der Verlag 1954 erstmals auf der Frankfurter Buchmesse. Eine direkte Teilnahme an der Veranstaltung untersagte der westdeutsche Börsenverein aufgrund der Verlagsenteignung in der DDR. Ein Jahr später wurde Aufbau von einer bis dahin formal privatrechtlichen „GmbH“ in einen Betrieb der SED-eigenen „VOB Zentrag“ umgewandelt. Wichtige deutsche Schriftsteller jener Jahre waren Wolfgang Joho, Herbert Nachbar, Erwin Strittmatter und Ehm Welk.
1961–1970
Zu Beginn der 1960er Jahre prägten zunehmend Werkausgaben das Verlagsprofil. 1960 kam der erste Band der großen „Berliner Ausgabe“ der Werke Goethes heraus. Ein Jahr später begründete das Haus die zehnbändige Heine-Edition sowie die größte deutschsprachige Werkreihe von Mark Twain. Bis 1990 erschienen mehrbändige Ausgaben von Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann, Honoré de Balzac, Anna Seghers, Fjodor Dostojewski und Bertolt Brecht. Zur gleichen Zeit forderte die Hauptverwaltung Verlagswesen (HV) des Ministeriums für Kultur dazu auf, Lizenzausgaben westlicher Verlage in höherer Auflage zu drucken als vereinbart, um dadurch Devisen einzusparen.
Im Januar 1964 kam es zu einer Neuordnung der DDR-Verlagslandschaft, der sogenannten „Profilierung“, in Folge derer Aufbau Bestände und Produktion des Thüringer Volksverlags und des Arion Verlages, Weimar, übernahm und die von den Weimarer Verlagen begründete Bibliothek Deutscher Klassiker (BDK) weiterführte (über 150 Bände, Gesamtauflage mehr als 70 Millionen Exemplare). Außerdem erhielt er die Rechte für den belletristischen Bereich des Hauses Rütten & Loening, das der Verlag jetzt als Imprint unter seinem Namen und mit eigenem Programm führte. Die Bücher der Verlagsgemeinschaft wurden nun unter der Bezeichnung Aufbau-Verlag Berlin und Weimar herausgegeben. Zu den bereits vorhandenen Lektoraten Zeitgenössische deutsche Literatur, Deutsches Erbe und Auslandsliteratur kam das Literaturwissenschaft-Lektorat hinzu, das unter der Leitung von Jürgen Jahn stand.
Zu einem weiteren Schwerpunkt wurde lateinamerikanische Literatur. Mit dem Roman Unter dem Stern des Bösen führte Aufbau 1966 den kolumbianischen Autor Gabriel García Márquez auf den deutschen Buchmarkt ein. Im selben Jahr übernahm der bereits seit 1952 als Lektor im Hause tätige Fritz-Georg Voigt die Verlagsleitung.
Einige Publikationen von DDR-Autoren, unter anderem von Kurt Bartsch und Reiner Kunze, stießen auf Ablehnung bei der SED und wurden makuliert. 1967 erschien der erste Jahrgang des Literaturkalenders und zwei Jahre später brachte Aufbau den Debütroman Jakob der Lügner von Jurek Becker heraus.
1971–1990
Mit dem Band Lesen und Schreiben wurde 1972 das gesamte Werk von Christa Wolf in das Verlagsverzeichnis übernommen. Im selben Jahr konnten Bücher von Volker Braun, die die Zensurbehörde lange verboten hatte, erscheinen. Zu jener Zeit gab der Verlag Werke von Friedrich Hölderlin (anlässlich seines 200. Geburtstags), Jo Mihaly und Eva Strittmatter heraus. Seit dem international erfolgreichen Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura von Irmtraud Morgner 1974 bestimmte Literatur von Frauen das Verlagsprofil in den kommenden Jahren maßgeblich mit. Helga Königsdorf wurde mit Meine ungehörigen Träume ebenso wie Hermynia zur Mühlen mit Als der Fremde kam publiziert.
Seit Beginn der 1970er Jahre veranstaltete der Betrieb im Petrolchemischen Kombinat Schwedt einen sogenannten „Verlagstag“, auf dem Herausgeber, Schriftsteller und Lektoren den Mitarbeitern neue Bücher präsentierten. Das Projekt stieß auf große Resonanz und wurde die folgenden zwanzig Jahre weiterverfolgt.
Viele Autoren des Verlages, unter anderem Stephan Hermlin, Sarah Kirsch und Christa Wolf, protestierten 1976 gegen die Ausbürgerung des Künstlers Wolf Biermann. In Folge der Biermann-Affäre verschärfte die Regierung ihre Repressionen in Bezug auf bestimmte Schriftsteller, woraufhin Kurt Bartsch, Günter Kunert, Joachim Seyppel und weitere Stammautoren des Aufbau-Verlags die DDR verließen. Die von der Regierung 1979 erteilten „Instruktionen zum einheitlichen Vorgehen aller kulturpolitischen Institutionen im Umgang mit Autoren“ beeinträchtigten die Verlagsarbeit, da darin festgelegt wurde, dass Schriftstellerverbände, Verlage und andere kulturelle Einrichtungen möglichst frühzeitig bei der Entstehung neuer Werke „politisch-ideologisch“ eingreifen sollten. Trotzdem wurden im Haus immer wieder kritische Texte herausgegeben, beispielsweise setzte die Verlagsleitung 1980 die Veröffentlichung von Erwin Strittmatters Wundertäter. Dritter Band gegen die Zensurbehörden durch.
Zum hundertsten Todestag von Fjodor Dostojewski veröffentlichte man 1981 den ersten Band der insgesamt zwanzigbändigen Werkausgabe. Ein Jahr später erlangte Christoph Heins Novelle Der fremde Freund international großes Ansehen. In Gedenken an die Bücherverbrennung während der Zeit des Nationalsozialismus erschien 1983 Heinrich Manns Essayband Der Haß. Ebenfalls in diesem Jahr übernahm Elmar Faber die Geschäftsleitung, der bis dahin die Edition Leipzig betreut hatte.
Zu seinem 40-jährigen Jubiläum im Jahr 1985 hatte der Aufbau-Verlag Werke aus 55 Ländern im Programm. Texte von Autoren, deren Weltrechte der Verlag besaß, wurden in alle bedeutenden Sprachen übersetzt. Deutlich war auch das nachhaltige Engagement des Verlages für jüdische Schriftsteller wie Lion Feuchtwanger, Anna Seghers, Arnold Zweig und Heinrich Heine.
Neben einer dreibändigen Auswahl Ingeborg Bachmanns erschienen Ende der 1980er Jahre anlässlich Bertolt Brechts 90. Geburtstag die ersten Bände der Großen Berliner und Frankfurter Ausgabe, ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Suhrkamp Verlag. 1985 entschied das Haus, Christoph Heins Buch Horns Ende ohne Bewilligung der Zensurbehörden zu drucken. Gegen Ende der DDR gründete der Verlag die Serie Aufbau – Außer der Reihe, die jungen, unangepassten Literaten als Forum diente.
Im letzten Jahr der DDR verlautbarte die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel eine vereinfachte Regelung bei der Druckgenehmigung. Die Herausgaben einiger Prosastücke von Uwe Johnson gingen in den Wirren des Zusammenbruchs der DDR unter und auch die Veröffentlichung von Fritz Rudolf Fries’ Roman Der Weg nach Oobliadooh wurde kaum registriert.
Als der provisorische Vorstand der SED/PDS verkündete, dass Aufbau neben anderen bedeutenden Verlagen Parteieigentum bleibe, protestierten viele wichtige Autoren des Hauses. Einige wollten sogar ihre Verlagsverträge kündigen. Der Vorstand der PDS beschloss im Februar 1990, den Verlag rückwirkend zum 1. Januar 1990 von Partei- in Volkseigentum zu übergeben. Am 1. Juli 1990 wurde der Verlag – wie die anderen VEB auch – in eine „GmbH im Aufbau“ unter Verwaltung der Treuhandanstalt umgewandelt. Die Verlagsleitung übernahmen Elmar Faber, Peter Dempenwolf und Gotthard Erler.
Bis zur Währungsunion der beiden deutschen Republiken am 1. Juli 1990 konnte der Aufbau-Verlag rund 4500 Erstauflagen in 125 Millionen Exemplaren (Titel von Rütten & Loening ausgenommen) vorweisen. Die Umstellung auf das marktwirtschaftliche System brachte dem Unternehmen vor allem wegen der Konkurrenz aus den alten Bundesländern herbe Verluste. Außerdem hatte der Verlag viele Schriftsteller nur in Lizenzausgaben gedruckt und besaß von seinen Hausautoren und Klassikertiteln keine lieferbaren Bestände. Das Sachbuch Der Sturz (Gespräche von Reinhold Andert und Wolfgang Herzberg mit Erich Honecker) wurde zum ersten Erfolg nach der Währungsunion.
Die Buchreihen des Verlages von 1951 bis 1991
1951 übernahm das Unternehmen die Reihe Bibliothek fortschrittlicher deutscher Schriftsteller (BFDS) vom Volk und Wissen Verlag. Diese Reihe sollte eine repräsentative Sammlung von Werken der ersten Jahrhunderthälfte darstellen und die Barriere zwischen Arbeitern und Literatur abbauen. Hier erschienen Werke mit sozialistischen und linksbürgerlichen Inhalten, unter anderem von Arnold Zweig, Friedrich Wolf und Bertolt Brecht. Die Bücher wurden in einer Auflage von 30.000 Exemplaren gedruckt und konnten so zum Preis von 3 bis 6 Mark angeboten werden. Für die Ausstattung wurden Wieland Herzfelde und John Heartfield gewonnen.
1953 wurde die Deutsche Volksbibliothek (DVB) gegründet, deren Bände 2,85 Mark kosteten. Das Programm der DVB hielt sich nach allen Seiten offen und enthielt deutsche Literatur der Klassik und des literarischen Realismus, linksbürgerliche Schriften des 20. Jahrhunderts sowie sozialistische Gegenwarts- und Weltliteratur. Die Reihe wuchs in ihrem vierzehnjährigen Bestehen auf 118 Titel an und verhalf tatsächlich vielen Arbeitern, sich die Grundlage für eine eigene Bibliothek zu schaffen.
Mit der Folge bb für „Billige Bücher“ rief Aufbau 1958 seine erste Taschenbuchreihe ins Leben, die bis 1991, der Gründung des Aufbau-Taschenbuchverlags, 622 Titel in einer Gesamtauflage von 39,5 Millionen Exemplaren präsentierte. Das Spektrum der Bücher entsprach im Wesentlichen dem sonstigen Programm des Verlages, es gab allerdings vereinzelt auch Erst- oder sogar Alleinauflagen hier (letzteres z. B. Gedächtnis mit Flügeln von Romain Gary).
Weitere wichtige Reihen waren Romane der Weltliteratur (zusammen mit Rütten & Loening, 1951–1957), Die philosophische Bücherei (1954–1957), Bibliothek der Weltliteratur (1962–1991) und Edition Neue Texte (1972–1991). Letztere galt als Plattform für experimentelle deutsche und ausländische Texte, in der unter anderem Werke von Erwin Strittmatter, Heinz Kahlau und François Bon veröffentlicht wurden.
Verlagsarchiv bis 1990
Die Dokumente des Verlags befinden sich als Leihgabe in der Berliner Staatsbibliothek. Sie umfassen mehr als eine Million Blätter von der Nachkriegszeit bis 1990. Eine Filmkopie der Archivalien wird im Barbarastollen bei Freiburg im Breisgau aufbewahrt.[2] Außerdem sind die Unterlagen in digitalisierter Form der Forschung zugänglich.
Der Verlag 1991–2008
Privatisierung, Expansion und Eigentumsverhältnisse
Am 18. September 1991 erwarb der Frankfurter Immobilien-Unternehmer (und frühere Maoist) Bernd F. Lunkewitz den Verlag zusammen mit Rütten & Loening von der Treuhandanstalt.
Zusätzliche Gesellschafter waren damals Thomas Grundmann, Eberhard Kossack und Ullrich Wechsler. Darüber hinaus kam es 1991 zur Schließung des Betriebes in Weimar und zur Gründung des Aufbau Taschenbuch Verlags. Nachdem Elmar Faber das Haus verlassen hatte, übernahm Lunkewitz selbst die Direktion von Aufbau. Erwin Strittmatters Alterswerk Der Laden. Dritter Teil wurde 1992 besonders im Osten Deutschlands ein Erfolg, wobei die finanzielle Situation des Unternehmens weiterhin kritisch blieb.
1994 erwarb Lunkewitz den Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig, von der Treuhandanstalt. René Strien wurde Leiter von Rütten & Loening, wo im Zuge einer Neuordnung der Unternehmensgruppe die Literaturzeitschrift Sinn und Form unter dem Signet des Aufbau-Verlags herausgegeben wurde.
Einen der größten Erfolge nach der Privatisierung landete der Verlag 1995 mit den Tagebüchern von Victor Klemperer Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Auch Bücher von Brigitte Reimann und Alfred Kerr konnten in hohen Auflagen vertrieben werden.
Im Frühjahr 1999 wurde auf Initiative von Aufbau und des Südwestrundfunks Der >Audio< Verlag (D>A<V) gegründet, der bereits im Herbst des selben Jahres eine Auswahl von 34 Titeln in seinem Verzeichnis aufführte. Schon vorher hatte Aufbau in seinem Buchsegment Hörbücher herausgegeben.
Ende 2003 stellte Lunkewitz die selbstständige Tätigkeit des Gustav Kiepenheuer Verlags ein, der seitdem vom Aufbau-Verlag als „Segment mit eigener Programmleitung“ geführt wird.[3]
2005 machte die Aufbau-Verlagsgruppe einen Gesamtumsatz von 16,0 Millionen Euro.
Im März 2008 entschied der Bundesgerichtshof nach 17 Jahren Prozessführung in letzter Instanz, dass der Aufbau-Verlag immer noch dem Kulturbund gehört, er sich also nie in Volkseigentum befand und damit auch nicht im Eigentum der Treuhandanstalt.[4] Daher hatte 1991 die Treuhandanstalt unrechtmäßig den Verlag an die Investorengruppe um Lunkewitz verkauft. Auch der zweite Rechtekauf von Lunkewitz 1995 wurde damit hinfällig. Da einige der Beamten gemäß ihren Aktenvermerken von der wahren Eigentümerschaft wussten, will Lunkewitz die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) auf einen Schadensersatz von 27 Mio. Euro verklagen; dieser Betrag entspricht der Summe seiner bisher in den Verlag getätigten Investitionen.[4]
Am 30. Mai 2008 stellte die Geschäftsführung der Aufbau Verlagsgruppe beim Amtsgericht Charlottenburg Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, nachdem der Verleger Bernd Lunkewitz das Ende seiner finanziellen Unterstützung der Verlagsgruppe aus privaten Mitteln ankündigte.[5] Das Insolvenzverfahren wurde am 1. September 2008 eröffnet.[6] Am 13. Oktober 2008 wurde gemeldet, der Verlag stehe unmittelbar vor einer Übernahme durch einen Berliner Kaufmann.[7]
Das Verlagsprogramm nach 1990
Einige Programmpunkte wie Klassiker der Weltliteratur oder Editionen lateinamerikanischer Autoren wurden über 1990 hinaus beibehalten. Die Gesamtausgaben von Autoren wie Bertolt Brecht, Hans Fallada, Lion Feuchtwanger oder Friedrich Schiller bilden weiterhin einen Schwerpunkt im Verlagsverzeichnis. Langfristig geplante Sammlungen sind die Große Brandenburger Fontane-Ausgabe (GBA), die Berliner Ausgabe der Werke Arnold Zweigs (seit 1996) und die anlässlich ihres hundertsten Geburtstages im Jahre 2000 erschienene Anna-Seghers-Gesamtausgabe.
Mit der Abteilung der DDR-Literatur leistet das Haus einen wichtigen Beitrag zur Weitergabe der Schriften aus den neuen Bundesländern. Andere Sparten wie der Kinderbuchsektor kamen hinzu, mit denen neue Leserkreise erreicht werden konnten. Seit Frühjahr 2000 erscheinen edierte Bilderbücher von Autoren und Illustratoren wie Rotraut Susanne Berner, Barbara Frischmuth, Norman Junge und Mario Giordano.
Im Bereich Belletristik publiziert der Verlag Werke der Klassischen Moderne, unter anderem von Franz Kafka oder Rainer Maria Rilke. Zeitgenössische Autoren deutscher und internationaler Literatur bei Aufbau sind unter anderem Polina Daschkowa, Nino Filastò, Lenka Reinerová, Thomas Lehr, Robert Schneider sowie Eva und Erwin Strittmatter; zu den Krimiautoren gehören Fred Vargas und Malla Nunn.
Im Sachbuchbereich erscheinen autobiografische Berichte, Zeitgeschichtliches, Texte zur Gesellschafts- und Kulturkritik, Biografien, Bildbände sowie Essays. Für die Leitung des Programmbereichs Politisches Buch konnte 2003 Michel Friedman gewonnen werden. Autoren der Sachbuchabteilung sind unter anderem Alfred Kerr, Victor Klemperer und Brigitte Reimann.
Der Aufbau Literaturkalender erschien 2012 im 45. Jahrgang.
Mit der Auflösung des Schriftstellerverbands der DDR 1991 übernahm Aufbau die 1953 gegründete Verbandszeitschrift neue deutsche literatur (ndl), um das Blatt so vor dem Aus zu retten. Seit 2004 erscheint das Magazin im Verlag Schwartzkopff Buchwerke in Berlin.
Die Zeitschrift Sinn und Form wird heute von der Akademie der Künste herausgegeben (sechsmal jährlich) und vom Aufbau Verlag vertrieben.
Der heutige Aufbau Verlag
Im Oktober 2008 übernahm der Unternehmer Matthias Koch den Aufbau Verlag mit allen Rechten von Bernd Lunkewitz. Im Februar 2009 verließ der Verlag sein bisheriges Domizil am Berliner Hackeschen Markt und zog in ein Übergangsquartier in der Kreuzberger Lindenstraße in Nachbarschaft des Jüdischen Museums (Victoria-Areal).[8] Seinen endgültigen Standort bezog der Verlag im Mai 2011 im Aufbau-Haus[9] am Kreuzberger Moritzplatz.[10] In das Zentrum für Kreative sind neben dem Aufbau Verlag und der Edition Braus auch eine Buchhandlung, ein Theater, ein Club und eine Galerie sowie der „Planet Modulor“, ein Kaufhaus für Künstlerbedarf eingezogen. Der Aufbau Verlag plant dort regelmäßige Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Künstlern, Autoren und Journalisten, um kulturelle Aktivitäten, soziale Projekte und Buchinhalte zusammenzuführen.[11] Koch ist Teilhaber an einem Familienunternehmen, das in die Kreativindustrie investiert hat. Auf das operative Geschäft des Verlages will er keinen Einfluss nehmen. Der ehemalige Gymnasiallehrer für Deutsch, Französisch und Literatur aus Mülheim an der Ruhr verwaltet als Geschäftsführer das Vermögen von privaten Investoren. Offiziell nennt sich der Verlag derzeit (2011) Aufbau Verlag GmbH & Co. KG.
Siehe auch
Literatur
- Carsten Wurm: Der frühe Aufbau-Verlag 1945–1961. Konzepte und Kontroversen. Harrassowitz, Wiesbaden 1996, ISBN 3-447-03826-8
- Carsten Wurm: Jeden Tag ein Buch. 50 Jahre Aufbau-Verlag 1945–1995. Aufbau-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-351-02440-1
- Judith Marschall: Aufrechter Gang im DDR-Sozialismus. Walter Janka und der Aufbau-Verlag. Westfälisches Dampfboot, Münster 1994, ISBN 3-924550-94-8
- Jürgen Jahn (Hrsg.): „Ich möchte das Meine unter Dach und Fach bringen…“. Ernst Blochs Geschäftskorrespondenz mit dem Aufbau-Verlag 1946–1961. Eine Dokumentation. Harrassowitz, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-447-05320-4
Weblinks
- Literatur von Aufbau-Verlag im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Internetpräsenz der aufbau Verlagsgruppe
Einzelnachweise
- ↑ Magdalena Heider: Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands in Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone, Oldenbourg Wissenschaftsverlag München, 1993, ISBN 978-3486552621, S. 732
- ↑ Christian Esch: Literatur im Stahlfass. In: Berliner Zeitung vom 29. November 2006, ISSN 0947-174X.
- ↑ Christian Esch: Gustav Kiepenheuer Verlag verlässt Leipzig. In: Berliner Zeitung vom 28. Februar 2003, ISSN 0947-174X.
- ↑ 4,0 4,1 Hans Leyendecker: Ärger um den Aufbau-Verlag. „Ich habe gewonnen und schlafe schlecht“. In: Süddeutsche Zeitung, 27. März 2008
- ↑ Auch das größte Vermögen ist irgendwann aufgezehrt. In: boersenblatt.net, 30. Mai 2008
- ↑ Aufbau-Verlag – Insolvenzverfahren beginnt. In: boersenblatt.net vom 1. September 2008
- ↑ Neuer Aufbau-Verleger weckt Zukunftshoffnungen. In: Münstersche Zeitung vom 14. Oktober 2008
- ↑ Aufbau im Victoria-Areal. In: boersenblatt.net vom 9. März 2009
- ↑ Wundertüte für gehobene Ansprüche In: taz vom 19. Juni 2011
- ↑ Liebesheirat oder Ertrinkende. In: Börsenblatt vom 21. Januar 2011
- ↑ Ingo Arend: Das Qualitätsversprechen. In: Der Freitag, 19. November 2009
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