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Narr
Als Narr (von althochdeutsch Narro), aber auch als Tor (davon hergeleitet töricht als Eigenschaft), wurde im Mittelalter ein Spaßmacher bezeichnet, der für Unterhaltung und Belustigung sorgen sollte und dabei meist auffällig gekleidet war. Als Tor oder Narr werden auch Personen bezeichnet, die sich sehr unreif, dumm, tollpatschig, voreingenommen, vorurteilsbehaftet und ignorant verhalten und die sich auf Basis ihrer Unwissenheit als Gelehrte aufplustern, ohne ihre Unwissenheit zu erkennen, weil sie denken, ihre Unwissenheit sei großes Wissen.
Außer Gebrauch gekommen ist die allgemeine Bedeutung eines „Narren“, der „närrische“, verdrehte, einfältige Dinge tut, halb mutwillig, halb wahnsinnig. Der Ausdruck wurde verunglimpfend gebraucht; allenfalls die Bezeichnung „Närrchen“, für ein Kind oder einen Jugendlichen, drückte gemischte Sympathie aus.
Die mittelalterliche Narrenfigur
Aus dem 12. Jahrhundert stammen Psalterillustrationen, die bei Psalm 53 (nach der früheren griechischen und lateinischen Zählung: Psalm 52) meist eine Figur zeigen, die einem König gegenübersteht. Diese Figur ist oft nackt, schwingt eine Keule oder isst ein Brot. Im weiteren Verlauf des Mittelalters veränderte sich diese Figur. Sie trug ein meist farbiges Kleid, oft ein Mi-Parti, das mit Schellen behängt war. Die Keule hatte sich zur Marotte oder zum Spiegel weiterentwickelt, ein Zeichen, dass der Narr in sich selbst verliebt war und Gott nicht erkannte. Oftmals wird die Figur mit einer Gugel, einer zipfeligen Mütze oder Kappe dargestellt, die ebenso mit Schellen behangen ist.
Diese Figur soll einen Narren, einen Unweisen (lat. insipiens) darstellen, der den weisen König David verhöhnt, der für Glauben steht und als Vorläufer Christi gilt. Der Anfang des Psalmes lautet: „Dixit insipiens in corde suo: Non est Deus“ („Es spricht der Narr in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott“). Der Narr war also keineswegs eine Figur, die nur Späße machte, sondern eine negative Gestalt. In vielen Bildern wird der Narr häufig jenseits der Ständeordnung oder an allerletzter Stelle neben den Räubern, Blinden und anderen zwielichtigen Gestalten dargestellt. Eben bei jenen Figuren, die als sozial und geographisch heimatlos gelten und in der Welt umherirren, ohne von jemandem Anerkennung zu erhalten; noch in irgendeine gemeinschaftliche Gruppe aufgenommen werden. Da Gott, aber den Menschen – laut Gen 1,27 – nach seinem Bild geschaffen haben soll, dann konnten solche unvollkommene, nutzlose, verkehrte Wesen in keiner Weise Ebenbilder dessen sein. Dadurch sagte man dem Narr eine Verwandtschaft mit dem Teufel nach, der für den Ursprung aller Narrheit stand.
Durch seine Gottesferne und seine Nähe zum Teufel stand der Narr später (14., 15. und 16. Jahrhundert) für vanitas (lat. Vergänglichkeit), also für den Tod. Der Narr hatte durch diese Allegorien den Einzug in die mittelalterliche Fastnacht gefunden, in der er heute noch eine große Rolle spielt. Hier sollte er ebenfalls als negative Gestalt in der negativen Zeit (die Fastnacht vor der österlichen, positiven Fastenzeit) seine Rolle als Gottesleugner, Teufel und Tod spielen.
Zu den Narren zählten aber nicht nur die geistig zurückgeblieben und körperlich Fehlgebildeten, sondern auch eine Gruppe von Leuten, die aus anderen Gründen mit Misstrauen betrachtet wurden. Denn auch die Juden hatten keinen Platz innerhalb der gesellschaftlichen Gemeinschaft. Durch die Weigerung, dem Christentum beizutreten, ordneten sie sich selbst der Gruppe der Außenseiter zu. In der Fastnacht wurden Juden nicht als Vorbilder für die Kostümierung benutzt, sondern wurden zum Spottobjekt umfunktioniert. Auch die „Mohren“ gehören als typische Angehörige des Heidentums zu dieser Gruppe von Menschen. Eine gewisse Nähe zum Narren hat auch der Bauer, der sich aufgrund des Mangels an Manieren und Bildung von der höheren Gesellschaft absondert und deshalb als unvollkommen dargestellt wird.
In Goethes „Faust II“ tritt der Teufel als Hofnarr auf.
Die verhältnismäßig späten Illustrationen in Psalterhandschriften können jedoch nicht dafür stehen, dass es die Figur des Narren bzw. Hofnarren nicht schon viel früher gegeben hat. Bereits Karl der Große verbot 789 dem Klerus in seinem Reich, sich neben Jagdhunden, Falken und Adlern auch „Spaßmacher“ zu halten. Auch sind Spaßmacher aus der Antike bekannt, wobei hier im Zweifel ist, inwiefern sie tatsächlich als Narr oder Hofnarr fungierten.
Hofnarren im Mittelalter und früher Neuzeit
Narren fanden sich sowohl im ritterlichen Gesinde als auch an Fürstenhöfen. Im französischen Schachspiel hat der Narr („Fou“) gar die Rolle des Läufers im deutschen Schach. Für die dort tätigen Hofnarren galt die Narrenfreiheit, die es ihnen ermöglichte, ungestraft Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu üben. Auch die Parodierung von Adeligen war den Hofnarren erlaubt.
Das Hofnarrentum war eine ideengeschichtlich klar begründete Institution, die fast immer ein fester Bestandteil des Hofstaates war. Die Hofnarren als „Offizianten“ (in einem festen höfischen Amt) sollten ursprünglich ihren Herrn nicht belustigen, sondern ihn als ernste Figur ständig daran erinnern, dass auch er der Sünde verfallen könne und in religiöser Deutung seinem Herren als Erinnerer an die Vergänglichkeit seines menschliches Dasein dienen. Sie waren also eine soziale Institution zulässiger Kritik. Ihre gesonderte Stellung bzw. die fehlende Bindung an gesellschaftliche Normen ermöglichte dem Narren einen besonders großen Handlungsfreiraum – da alles, was er sagte, aufgrund seiner „Narrheit“ nicht ernst genommen wurde. Darauf begründet sich der heute noch viel verwendete Begriff der „Narrenfreiheit“.
Der klassische Hofnarr begann sich jedoch spätestens seit dem 14. Jahrhundert von der allgemeinen „Narrenfigur“ zu unterscheiden. Während das eine eine Stellung bei Hofe, die eines Unterhalters, eines Spaßmachers und Zeitvertreibers hatte, hatte der allgemeine Narr eine religiöse, philosophische Funktion, nach der er (spätestens seit dem 12. Jahrhundert) für Gottesferne, sündhaftes Leben und Vergänglichkeit stand. Ursprünge für diese Funktion finden sich bereits im römischen Reich, als beim Einzug des römischen Kaisers in Rom nach einem erfolgreichen Kriegszug ein – meist besonders hässlicher – Sklave direkt hinter ihm mitgeführt wurde, um ihn an die Vergänglichkeit seines Ruhmes zu erinnern (sic transit gloria mundi).
Der Narr entstand als eine Figur, die keinen festen Platz in der ständischen Ordnung und somit in der Gesellschaft hat, die sich keinerlei Normen verpflichtet fühlt und in ihrer menschlichen Gegebenheit aus dem System fällt.
Im Mittelalter unterschied man zwei Arten von Narren, die natürlichen und die künstlichen Narren. Als natürliche Narren galten Geisteskranke, geistig Behinderte und Missgestaltete. Die künstlichen Narren waren Menschen, die sich dumm oder tölpelhaft stellten, absichtlich Scherze trieben. Diese Menschen mussten ein gewisses Maß Intelligenz besitzen, um glaubwürdig in die Rolle des Narren schlüpfen zu können. Man erfreute sich ihrer Unterhaltung und entwickelte eine gewisse Sympathie und Bewunderung ihnen gegenüber. Zu den „natürlichen Narren“ dagegen wahrte man lieber Distanz; diesen Menschen drohte je nach Ausmaß ihrer Missbildung die Isolierung von der Gesellschaft.
Im frühen Hochmittelalter waren es vor allem körperlich Behinderte oder Kleinwüchsige, Hofzwerge, die wie Raritäten zum Teil in Käfigen gehalten wurden, aus denen man auch (wie im Sprichwort) einen Narren machte. Die Herrscher wetteiferten darin, wer den spektakulärsten Narren in seiner Sammlung hatte.
Im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren es zunehmend Menschen, die sich nur dumm stellten oder über besonderes künstlerisches oder humoristisches Talent verfügten, die als Unterhalter engagiert wurden. Teilweise gab es an Höfen Narrenausbilder, die auffällige Kinder aus der Umgebung zusammensuchten und diese zu Hofnarren ausbildeten.
In der frühen Neuzeit waren es nicht selten durchaus intelligente und intrigante Strippenzieher, die ihren Posten als Hofnarr ausnutzten, um sich ein schönes Leben bei Hofe zu machen, zum Beispiel die französische Närrin Marthurine, die sich zusätzliches Geld damit verdiente, dass sie Hofklatsch drucken ließ und eigenhändig auf der Pont Neuf in Paris ans gemeine Volk verkaufte.
Manche Städte unterhielten so genannte Stadtnarren, die zur allgemeinen Belustigung Späße treiben durften. Ihre Entlohnung bestand meist aus erbettelten Gaben. Ein bekannter Stadtnarr war zum Beispiel Till Eulenspiegel.
Im 14. Jahrhundert kam jedoch mehr und mehr in Mode, sich neben den „natürlichen Narren“ auch Spaßmacher zu halten. Ein Beispiel hierfür ist der Lieblingshofnarr Kaiser Maximilians I. (1459–1519), Kunz von der Rosen, ein intelligenter Mann, der es verstand, durch seine Späße und seine Anmerkungen nicht selten zum Nachdenken anzuregen. So wurde er einmal vom Rat des Kaisers befragt, was er von einem Friedensangebot halte. Von der Rosen antwortete darauf mit der Frage, wie alt er geschätzt werde. Nach einigen Versuchen sagte er, dass er schon über 200 Jahre alt sei, da er schon mindestens zwei Friedensangebote in Kraft treten gesehen hätte, die beide über jeweils 100 Jahre abgeschlossen wurden.
Nichtsdestoweniger hielten sich die Fürsten auch weiterhin natürliche Narren. Als Beispiel kann ein Narr namens Claus Narren von Ranstedt genannt werden, ein stiernackiger, verwirrter Mann, der an verschiedenen Höfen in der Gegend des heutigen Sachsens mehr oder weniger „herumgereicht“ wurde.
Als Narren engagierte Menschen konnten gelegentlich auch Karriere machen. Beispiel hierfür ist der Zwerg Perkeo, der als kleinwüchsiger Spaßmacher am Heidelberger Schloss begann und aufgrund seiner Intelligenz, seiner Kenntnisse und Einsatzfreude als Haushofmeister des Kurfürsten sein langes Leben dort in hohem Ansehen endete.
Am Hofe Augusts des Starken war ebenfalls ein berühmter Hofnarr angestellt, der den passenden Namen Joseph Fröhlich trug.
Narren hatten zu Teilen an Fürstenhöfen auch die politische Funktion, zu Zeiten absolutistischer Herrschaft die einzigen zu sein, die dem Fürsten noch die Wahrheit übermittelten, ihn an das Geschehen in seinem Herrschaftsbereich ankoppelten. Sei es, dass sie selbst als Spaßmacher oder Künstler scharfe Beobachter des Zeitgeschehens waren, oder aber sich von Ratgebern und Hofleuten zur Übermittlung von Informationen oder Meinungen instrumentieren ließen, bzw. Wahres und Nachdenkenswertes dem Fürsten übermittelten. Dinge, die ein „normaler Mensch“ wegen des Zornesrisikos sich nicht vor Publikum oder Zeugen zu sagen getraut hätte, weshalb man eben noch den Narren vorschicken konnte. Wenn die Meinungen und Mitteilungen ungefällig waren, dann tat man es eben als „Narretei“ ab.
Narren außerhalb Europas
Im mittelalterlichen Japan gab es Unterhalter, die europäischen Hofnarren sehr nahe kamen. Heute kennt man Geishas als Gesellschafterinnen, früher jedoch waren Geishas zumeist verkleidete Männer, die sich absichtlich als Frauen in der Öffentlichkeit zeigten, um in Bordellen die Freier (unter denen oftmals Kaufmänner, Bauern oder hin und wieder sogar Fürsten waren) zu amüsieren. Viele Männer, die diesen Beruf ausgelebt haben, hatten nach heutiger Ansicht Vorlieben für Transvestitismus und wählten diesen Beruf absichtlich, um sich so ausleben zu können. Näheres ist hierbei jedoch nicht bekannt. In dem bekannten Film Ran von Akira Kurosawa wird ebenfalls ein Hofnarr als Unterhalter des Fürsten gezeigt. Dies dürfte jedoch stark übertrieben sein, zumal es keine Überlieferungen oder Anhaltspunkte gibt, die auf einen Beruf als Hofnarr am Hof eines Fürsten hindeutet.[1]
Bei vielen Theaterstilen in Indien sorgt ein Narr oder eine komische Figur für den Kontakt der Schauspieler mit dem Publikum. Während die Hauptdarsteller innerhalb einer streng reglementierten Formensprache agieren, besteht die Komik des Narren darin, bewusst alle Normen der Theaterbühne und der Gesellschaft zu missachten. Vermutlich wurde die Figur des Narren (sanskrit Vidushaka) im altindischen klassischen Sanskrittheater im 1. Jahrtausend v. Chr. aus einem bereits vorhandenen Volkstheater übernommen. Dieses Theater lebt heute noch im südindischen Kutiyattam fort. Im Natyashastra, dem um die Zeitenwende entstandenen grundlegenden Werk über Tanz, Theater und Musik, wird der Vidushaka als zwergenhafte Kreatur beschrieben. Möglicherweise wurden um diese Zeit wie im Alten Ägypten Kleinwüchsige zur Unterhaltung vorgeführt.[2] Narren sind heute in Indien ein unverzichtbarer Handlungsbestandteil vom volkstümlichen Unterhaltungstheater Nautanki über das religiöse Tanztheater Ras lila bis zum Besessenheitsritual Mutiyettu.
Die Faszination des Narren
Die Faszination, die vom Narren ausgeht, begründet sich wohl hauptsächlich darin, dass er ein Attribut verkörpert oder lebt, dem jeder Mensch durch eine Lappalie verfallen könnte. Die Verkörperung der Dummheit, verwerfliche moralische oder ethische Handlungen, gesellschaftliches Fehlverhalten oder einfach Auffälligkeit, sind Eigenschaften, die irgendwo jedem Menschen anhaften, Eigenschaften, denen man in einem Moment der Unachtsamkeit verfallen kann und sich somit zur Gruppe der Außenseiter gesellt.
Trotz seiner Abgeschiedenheit und besonderen Behandlung besteht also eine relativ hohe Identifikation mit der Figur des Narren. Denn die Tatsache, dass jeder narrhafte Züge trägt und egal, welcher ständischen Kategorie er angehört, in diese gesellschaftliche Gruppe absinken könnte, macht den Narren anziehend und in gleicher Weise zu einem Symbol der menschlichen Ängste des triebhaften Fehlverhaltens. Der Narr als Phänomen, das jeden in jedem Augenblick ereilen kann, das einem zum Lachen und Ängstigen bringt; eine Figur, die zu viele Rätsel mit sich bringt, als dass man sie nicht in irgendeiner Weise, zwar mit gewisser Distanz, aber trotzdem mit Interesse, betrachtet.
Der Narr heute
Heute wird das Wort Narr nur noch selten als abwertende Bezeichnung für Menschen verwendet, die sich unvernünftig verhalten. Erhalten hat sich allerdings der Volksmund-Spruch „Narrenhände beschmieren Tisch und Wände“. In einigen Dialekten, so z. B. im Österreichischen und Bayrischen, werden Konnotationen zum Narren noch heute im Umgangssprachlichen gebraucht (z. B. „narrisch werden“ für verrückt werden, oder „Narrenhaus“ für Irrenhaus bzw. psychiatrische Anstalt, oder „ins Narrnkastl schaun“ für geistesabwesend ins Leere starren).
Insbesondere in der Zeit vor Aschermittwoch, also der Fastnacht oder dem Karneval, tritt die Figur des Narren heute noch häufig auf.
Narrenattribute
Der Narr erhielt im Laufe der Jahrhunderte vielfältige Narrenattribute, an denen er, auch wenn er auf den ersten Blick nicht als solcher zu erkennen war, zu identifizieren war. Die Vorstellung davon, woran ein Narr normalerweise zu erkennen ist, entwickelte sich im europäischen Mittelalter zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert; bis etwa 1500 hatte der Narr seine ganze Vielfalt an Attributen.
Der Narr als Thema in Literatur, Musik und Kunst
Narrenliteratur
Narrenliteratur wird eine volkstümliche, satirische Literatur genannt, die eine Beschreibung der menschlichen Schwächen durch Karikierung und Übertreibung zum Inhalt hat und darin eine Belehrung des Lesers, sowie eine Kritik des Zeitgeistes beabsichtigt. Oftmals wurde hierbei die Figur des Narren benutzt, um die Gesellschaft als solchen zu karikieren. Besonders im ausgehenden Mittelalter hatte die Narrenliteratur Hochkonjunktur, was sich neben dem bekannten Werk Sebastian Brants Narrenschiff (1494) auch im Lob der Torheit (1509) von Erasmus von Rotterdam, sowie den Schildbürgern und Till Eulenspiegel (1515) niederschlug. Auch Aus dem Leben eines Taugenichts von Joseph von Eichendorff und Der abenteuerliche Simplicissimus von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen können als Narrenromane gelten.
Der Narr in Christo
Ausgehend von einer tragischen Interpretation des Lebens Jesu Christi hat sich eine breite von dieser inspirierte Narrenliteratur besonders in Russland (siehe Jurodiwy) entwickelt. Außer in vielen russischen Legenden findet sich die Figur des Narren in Christo etwa bei Nikolai Leskow in seiner Erzählung Der Gaukler Pamphalon (1887). In der Westkirche zählt z. B. Franz von Assisi zu den Vorbildern dieser Figur in Literatur und Film. In Deutschland hat sie Gerhart Hauptmann in seinem Roman Der Narr in Christo Emanuel Quint aufgenommen.
Die Tradition des Narren in Christo geht auf einige Zeilen des Apostels Paulus zurück, einerseits indem Paulus selbst einmal rhetorisch den Narren mimt (vgl. 2 Kor 11,1.16 EU und 2 Kor 12,10f EU), vor allem aber indem er die christliche Weisheit als Narretei vor der Welt darstellt (1 Kor 3,18 EU).
Literatur
Primäre Literatur
- Beatrice K. Otto: Fools are everywhere. The Court Jester Around the World. University of Chicago Press 2001. 328 p. ISBN 978-0-226-64091-4[3]
- Fr. Nick: Die Hof- und Volksnarren sammt ihrer närrischen Lustbarkeiten. J. Scheible, Stuttgart 1861;
- Band 1: Die Hofnarren, Lustigmacher, Possenreißer und Volksnarren älterer und neuerer Zeiten. Ihre Spässe, komischen Einfälle, lustigen Streiche und Schwänke.
- Band 2: Das Komische und Groteskkomische in Schaudarstellungen verschiedener Zeiten und Nationen, Narren- und Esels-Feste, närrische Lustbarkeiten und lustige Possen, Gecken und Narren-Orden. Auch andere komische, weltliche und kirchliche Belustigungen, Curiositäten usw.
- Erasmus von Rotterdam: Moriae Encomium Declamatio. Schürer, Straßburg 1511 (als: Das Lob der Narrheit. Aus dem Lateinischen des Erasmus. Von Wilhelm Gottlieb Becker. Mit Kupfern von Chodowiecky. bei Georg Jacob Decker, Berlin und Leipzig 1781; als: Das Lob der Narrheit. Mit vielen Kupfern nach den Illustrationen von Hans Holbein und einem Nachwort von Stefan Zweig. Diogenes, Zürich 1987, ISBN 3-257-21495-2).
- Sebastian Brant: Das Narrenschyff. (PDF; 75,6 MB) Johann Bergmann, Basel 1494.
- Sebastian Brant: Das Narrenschiff. Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben (= Neudrucke deutscher Literaturwerke. NF Bd. 5). Herausgegeben mit einer Einleitung von Manfred Lemmer. 3., erweiterte Auflage. Niemeyer, Tübingen 1986, ISBN 3-484-17005-0.
Sekundäre Literatur
- Clemens Amelunxen: Zur Rechtsgeschichte der Hofnarren. De Gruyter, Berlin/New York 1991, ISBN 3-11-013217-6. (ausschnittsweise bei Google Books)
- Edgar Barwig, Ralf Schmitz: Narren. Geisteskranke und Hofleute. In: Bernd-Ulrich Hergemöller (Hrsg.): Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft. Neu bearbeitete Ausgabe. Fahlbusch, Warendorf 2001, ISBN 3-925522-20-4, S. 220–252.
- Peter Burke: Helden, Schurken und Narren. Europäische Volkskultur in der frühen Neuzeit. Herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Rudolf Schenda. Klett-Cotta, Stuttgart 1981, ISBN 3-12-930630-7.
- Peter Fuchs: Hofnarren und Organisationsberater. Zur Funktion der Narretei, des Hofnarrentums und der Organisationsberatung. In: Zeitschrift für OrganisationsEntwicklung Heft 3, 2002, S. 4–15. (Link zum Artikel; PDF; 840 kB)
- Hadumoth Hanckel: Narrendarstellungen im Spätmittelalter. Freiburg (Breisgau) 1952 (Maschinenschriftlich; Freiburg (Breisgau), phil. Dissertation vom 29. Mai 1952).
- Maurice Lever: Zepter und Schellenkappe. Zur Geschichte des Hofnarren (= Fischer 10502). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-596-10502-1.
- Hadumoth Meier: Die Figur des Narren in der christlichen Ikonographie des Mittelalters. In: Das Münster. Jg. 8, Heft 2, 1955, ISSN 0027-299X, S. 1–11.
- Dietz-Rüdiger Moser: Fastnacht, Fasching, Karneval. Das Fest der „verkehrten Welt“. Edition Kaleidoskop, Graz u. a. 1986, ISBN 3-222-11595-8.
- John Southworth: Fools and Jesters at the English Court. Sutton, Stroud 1998, ISBN 0-7509-3477-8.
- Heiner Meininghaus: Narrenzepter oder Marotten. In: Weltkunst. 72. Jg., Nr. 13, November 2002, ISSN 0043-261X, S. 2031–2033.
- Werner Mezger, Irene Götz: Narren, Schellen und Marotten. Elf Beiträge zur Narrenidee (= Kulturgeschichtliche Forschungen. Bd. 3). 2., verbesserte Auflage. Kierdorf, Remscheid 1984, ISBN 3-922055-98-2.
- Werner Mezger: Hofnarren im Mittelalter. Vom tieferen Sinn eines seltsamen Amts. Universitätsverlag, Konstanz 1981, ISBN 3-87940-186-1.
- Werner Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Ursprünge, Entwicklungen und Erscheinungsformen organisierter Narretei in Südwestdeutschland. Theiss, Stuttgart 1999, ISBN 3-8062-1221-X.
- Werner Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Studien zum Fortleben des Mittelalters in der europäischen Festkultur (= Konstanzer Bibliothek. Bd. 15). Universitätsverlag, Konstanz 1991, ISBN 3-87940-374-0 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Universität, Habilitations-Schrift, 1990).
Wortumfeld
Zahlreiche Zusammensetzungen mit „Narr“ existieren, vom „narrensicheren“ Apparat bis zum „Narrenmatt“ im Schachspiel. Ein ernsthafteres Element wird sichtbar, wenn man – wie die Europäische Ethnologie es tut – die Querverbindungen zum „Trickster“ und „Schelm“ miteinbezieht.
Siehe auch
- Tarotblatt, Narrenliteratur, Narrenattribute, Narrenturm
- Commedia dell’arte, Clown, Der Hofnarr, dummer August, Hofzwerg, Joker, Harlekin, Hanswurst, Jeck, Kasper, Pierrot, Schalk, Scharlatan, Schlemihl, Spielleute, Till Eulenspiegel, lustige Figur, Alt-Wiener Volkstheater, Gebrüder Narr
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hildegard Knoop: Fasnacht im Südwesten. WDR, 12. Juli 2010, abgerufen am 5. Dezember 2010.
- ↑ Manohar Laxman Varadpande: History of Indian Theatre. Band: Classical Theatre. Abhinav Publications, Neu Delhi 2005, ISBN 81-7017-430-9, S. 34.
- ↑ http://www.press.uchicago.edu/ucp/books/book/chicago/F/bo3615397.html
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