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Slowakischer Staat
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Wahlspruch: Verní sebe, svorne napred! „Treu uns selbst, einig vorwärts!“ | |||||
Amtssprache | Slowakisch | ||||
Hauptstadt | Bratislava | ||||
Staatsform | Republikanischer Ständestaat[1] | ||||
Staatsoberhaupt | 1939–1942: Präsident 1942–1945: „Führer und Präsident“ | ||||
Regierungschef | Ministerpräsident:
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Fläche | 38.002 (1939)[2] 38.055 (1940) km² | ||||
Einwohnerzahl | 2.653.053 (1940) | ||||
Währung | Koruna slovenská (1 Ks = 100 halierov) | ||||
Gründung | 14. März 1939 | ||||
Nationalhymne | Hej, Slováci | ||||
Kfz-Kennzeichen | SK | ||||
Lage der Slowakei (grün) in Europa 1942 |
Der Slowakische Staat (slowakisch Slovenský štát) oder die Slowakische Republik (slowak. Slovenská republika), seit 1993 teilweise auch Erste Slowakische Republik genannt (slowak. Prvá slovenská republika), kurz Slowakei (Slovensko), bezeichnet einen auf Druck des Deutschen Reichs von der Tschecho-Slowakei abgespaltenen Binnenstaat in Mitteleuropa, welcher von 1939 bis 1945 existierte.
Der Slowakische Staat umfasste die heutige Slowakei mit Ausnahme der südlichen und östlichen Gebiete und grenzte dabei an Deutschland und Ungarn sowie kurzzeitig an Polen. Inwieweit die Slowakei von 1939 bis 1945 als einfacher Satellitenstaat des Deutschen Reiches anzusehen ist, ist Gegenstand wissenschaftlicher Debatten, da das „Dritte Reich“ insbesondere in der slowakischen Innenpolitik einen begrenzten Einfluss hatte.[3]
Er gilt als der erste Nationalstaat der Slowaken in der neueren Geschichte. Gleichzeitig nahm die Slowakei als Verbündeter der Achsenmächte an den deutschen Angriffskriegen gegen Polen und die Sowjetunion teil, verabschiedete Rassengesetze und beteiligte sich 1942 mit der Deportation eines Großteils ihrer jüdischen Bevölkerung in deutsche Vernichtungslager auch am Holocaust.
Im August 1944 brach als Reaktion auf den Einmarsch der Wehrmacht eine von Teilen der slowakischen Armee organisierte Rebellion gegen die deutsche Okkupationsmacht und die slowakische Kollaborationsregierung aus (Slowakischer Nationalaufstand), die bis Oktober 1944 anhielt. Im April 1945 wurde die Slowakei durch die Rote Armee befreit und anschließend in die wiedergegründete Tschechoslowakei eingegliedert.
Staatsbezeichnung
Die offiziellen Staatsnamen lauteten:
- 14. März 1939–21. Juli 1939: Slowakischer Staat (slowakisch Slovenský štát)
- 21. Juli 1939–8. Mai 1945: Slowakische Republik (slowakisch Slovenská republika)
Nach der Unabhängigkeitserklärung am 14. März 1939 wurde die Slowakei vorübergehend offiziell als Slowakischer Staat bezeichnet. Dieser Staatsname findet sich in gesetzlichen Verlautbarungen wie auch internationalen Verträgen.[4] Mit der Verabschiedung der Verfassung am 21. Juli 1939 wurde dann der Staatsname Slowakische Republik festgesetzt.[5] Die Bezeichnung Slowakische Republik kam daher, dass der neue Staat laut Verfassung eine republikanische Form hatte, außerdem steckte dahinter auch die Hoffnung, von möglichst vielen Staaten anerkannt zu werden. Dieser offizielle Staatsname dominierte jedoch nur auf amtlichen Dokumenten, Banknoten, Münzen, Brief- und Wertmarken. Im öffentlichen Leben wurde weitaus häufiger die Bezeichnung „Slowakischer Staat“ verwendet, um den Gedanken der Eigenstaatlichkeit hervorzuheben.[6] Von Seiten der regierenden Politiker wurde ebenfalls regelmäßig die Bezeichnung unabhängiger Slowakischer Staat (slowakisch: samostatný Slovenský štát) verwendet.[7]
In den Geschichtsdarstellungen der kommunistischen Tschechoslowakei wurde die unabhängige Slowakei von 1939 bis 1945 abwertend als sogenannter Slowakischer Staat (slowakisch: takzvaní Slovenský štát) tituliert.[8] Nachdem die Slowakei am 1. Januar 1993 erneut unter dem Staatsnamen Slowakische Republik unabhängig wurde, begann man die Slowakische Republik von 1939 bis 1945 auch als Erste Slowakische Republik zu bezeichnen, um sie von der gegenwärtigen, also Zweiten Slowakischen Republik zu unterscheiden.
Die Bezeichnung Erste Slowakische Republik ist jedoch umstritten. Die heutige Slowakei gilt nicht als der offizielle Nachfolgestaat des Staatsgebildes von 1939 bis 1945. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass sich die gegenwärtige Slowakei als parlamentarische Demokratie mit einem pluralistischen Mehrparteiensystem versteht. Im Gegensatz dazu war der Slowakische Staat laut Verfassung eine ständestaatlich organisierte Republik mit Einparteiensystem, in welcher auch Elemente des Faschismus vorhanden waren.
Staatsgründung
Nach der im Münchner Abkommen vertraglich vereinbarten Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland verlor die Tschechoslowakei auch die südlichen Gebiete der Slowakei infolge des Ersten Wiener Schiedsspruches an Ungarn. Am 22. November 1938 wurde durch eine Verfassungsänderung zwei Landesteilen der Tschechoslowakei Autonomie und eine eigene Landesregierung gewährt: Ruthenien (jetzt Karpato-Ukraine) und der Slowakei. Die Tschechoslowakei wurde damit faktisch in einen föderativen Staat umgewandelt, der nun „Tschecho-Slowakische Republik“ hieß. Deutschland plante eine Teilannexion des Territoriums der „Rest-Tschechei“. Für die Slowakei gab es zunächst mehrere Pläne; bei offiziellen Stellen wurde durch gefälschte Angaben der Eindruck erweckt, die Slowaken wollten wieder dem Königreich Ungarn angehören (ihr Land war als „Oberungarn“ bis 1918 ein Bestandteil des Reichs der Stephanskrone). Schließlich entschied Deutschland, die Slowakei als eigenständigen Staat mit starkem deutschen Einfluss entstehen zu lassen und deren militärisches Potential für den Überfall auf Polen und andere Gebiete zu verwenden.
Am 13. März 1939 wurde der Premierminister der slowakischen Landesregierung Jozef Tiso, der kurz zuvor von der Prager Regierung abgesetzt worden war, von Adolf Hitler nach Berlin eingeladen. Er wurde unter Druck gesetzt und sollte unverzüglich einen unabhängigen slowakischen Staat ausrufen, andernfalls würde das slowakische Territorium zwischen Polen und Ungarn aufgeteilt werden. Um dieser Aussage zu mehr Überzeugungskraft zu verhelfen, untermauerte Joachim von Ribbentrop das ganze mit einem (gefälschten) Bericht, dem zufolge sich schon ungarische Truppen der slowakischen Grenze nähern würden. Tiso weigerte sich aber, diese Entscheidung allein zu treffen und es wurde ihm deshalb erlaubt, ein Treffen mit den Mitgliedern des slowakischen Landesparlaments abzuhalten. Am nächsten Tag, dem 14. März, trat dieses dann zusammen und beschloss einmütig, nachdem es Tisos Bericht zu dessen Unterredung mit Hitler gehört hatte, die Unabhängigkeit des Landes; letztlich aber waren es allein die Direktiven Hitlers, die die Gründung eines selbständigen slowakischen Staates am 14. März 1939 bestimmten.[9] Jozef Tiso wurde gleichzeitig als neuer Ministerpräsident der Republik bestimmt.
Hauptstadt wurde Preßburg[10] (Bratislava) mit damals über 120.000 Einwohnern.
Bevölkerung
- 85 % der Einwohner waren Slowaken, die restlichen 15 % waren deutschsprachig, ungarischsprachig, Juden oder Roma
- 50 % der Einwohner waren in der Landwirtschaft beschäftigt
Von der Regierung wurde eine Reihe antisemitischer Gesetze (→ Judenkodex) erlassen, die die Juden sehr umfassend vom öffentlichen Leben ausschlossen und später auch deren Deportation in die deutschen Konzentrationslager begünstigten. Dort wurden mit slowakischer Unterstützung Zehntausende von ihnen im Rahmen des Holocausts ermordet: Im Jahr 1942 wurden fast 60.000 slowakische Juden deportiert; die nach offiziellen Angaben in der Slowakei verbliebenen 30.000 Juden arbeiteten in den Lagern oder als „wirtschaftswichtige Juden“. Ab 1943 kippte die Stimmung in der Bevölkerung, so dass nicht zuletzt auch aufgrund des Drucks des vatikanischen Gesandten die slowakische Regierung die Einstellung der Deportationen verfügte.[11]
Politik
Der Staat übernahm die Rechtsordnung der Tschechoslowakei und veränderte diese nur geringfügig. Der Verfassung von 1939 (am 21. Juli verabschiedet) zufolge war der Präsident das Staatsoberhaupt, das Parlament der Slowakischen Republik, das für fünf Jahre gewählt wurde, war das höchste gesetzgebende Organ (es fanden jedoch keine landesweiten Wahlen statt), und der Staatsrat übte die Pflichten eines Senats (vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat) aus. Die Regierung bestand aus acht Ministerien.[12]
Die Slowakische Republik war insgesamt gesehen ein autoritärer Staat, der von vielen Elementen des Faschismus gekennzeichnet war. In dem später unter sozialistischen Vorzeichen als ČSSR firmierten Föderalstaat wurde sie vor allem als klerikal-faschistischer Staat wahrgenommen; die Eigenstaatlichkeit, die anfangs eindeutig dem Willen der Mehrheit der slowakischen Bevölkerung entsprang, erfreute sich zudem der einhelligen Unterstützung des katholischen Klerus.[13] Allerdings wird auch heute noch von meist nicht slowakischen Historikern diese Charakterisierung verwendet.[14][15][16] Die am 21. Juli 1939 verabschiedete Verfassung orientierte sich am bürgerlich-demokratischen Verfassungstyp, griff aber auch autoritär-faschistische Ordnungsvorstellungen – Einheitspartei, exzessives Notverordnungsrecht, Streikverbot, Staatsrat – auf und vereinigte beides in einer christlich-sozialen Weltvorstellung.[17]
Die führende politische Partei war Hlinkas Slowakische Volkspartei – Partei der Slowakischen Nationalen Einheit von Jozef Tiso. Daneben gab es noch die Parteien der nationalen Minderheiten. Für die Ungarn war das die Vereinigte Ungarische Partei von János Esterházy und für die Deutschen die Deutsche Partei von Franz Karmasin. Andere Parteien mit Ausnahme derer waren verboten (das Verbot der anderen Parteien bestand jedoch schon vor der Gründung der Republik).
Positive Effekte hatte die Erschaffung des Staates auf die slowakische Wirtschaft, die Wissenschaft, Erziehung und Kultur. So wurde 1942 die Slowakische Akademie der Wissenschaften gegründet, eine Vielzahl neuer Hochschulen und höherer Schulen wurde eingerichtet und die slowakischsprachige Literatur und Kultur erlebte einen Aufschwung.
Minister des Staates
Der Ministerrat der Ersten Slowakischen Republik in den Jahren 1939–1945:
- 14. März 1939 – 27. Oktober 1939 (Regierung Jozef Tiso)
- Ministerpräsident: Jozef Tiso
- Vizeministerpräsident: Vojtech Tuka
- Innenminister: Karol Sidor, ab dem 15. März 1939 beurlaubt, am 18. April 1939 abgelöst, Nachfolger Jozef Tiso
- Außenminister: Ferdinand Ďurčanský
- Verteidigungsminister: Ferdinand Čatloš
- Finanzminister: Mikuláš Pružinský
- Minister für Unterricht und nationale Aufklärung: Jozef Sivák
- Justizminister: Gejza Fritz
- Wirtschaftsminister: Gejza Medrický
- Minister für Verkehr und Öffentliche Arbeit: Július Stano
- 27. Oktober 1939 – 5. September 1944 (Regierung Vojtech Tuka)
- Ministerpräsident: Vojtech Tuka
- Vizeministerpräsident: Alexander Mach ab dem 17. August 1940
- Innenminister: Ferdinand Ďurčanský, ab dem 29. Juli 1940 Alexander Mach
- Außenminister: Ferdinand Ďurčanský, ab dem 29. Juli 1940 Vojtech Tuka
- Verteidigungsminister: Ferdinand Čatloš
- Finanzminister: Mikuláš Pružinský
- Minister für Unterricht und nationale Aufklärung: Jozef Sivák
- Justizminister: Gejza Fritz
- Wirtschaftsminister: Gejza Medrický
- Minister für Verkehr und Öffentliche Arbeit: Július Stano
- 5. September 1944 – 4. April 1945 (Regierung Štefan Tiso)
- Ministerpräsident: Štefan Tiso
- Vizeministerpräsident: Alexander Mach
- Innenminister: Alexander Mach
- Außenminister: Štefan Tiso
- Verteidigungsminister: Štefan Haššík
- Finanzminister: Mikuláš Pružinský
- Minister für Unterricht und nationale Aufklärung: Aladár Kočiš
- Justizminister: Štefan Tiso
- Wirtschaftsminister: Gejza Medrický
- Minister für Verkehr und Öffentliche Arbeit: Ľudovít Lednár
Administrative Unterteilung
- Administrative Einteilung in 6 Gespanschaften/Gaue („župy“), 61 Bezirke (okresy) und 2.659 Gemeinden, siehe weiter unten
Zum 1. Januar 1940 existierten folgende Gespanschaften/Gaue (slowakisch župy):
- Pressburger Gespanschaft (slowak. Bratislavská župa; 3.667 km², 455.728 Einwohner)
- Neutraer Gespanschaft (slowak. Nitrianska župa; 3.546 km², 335.343 Einwohner)
- 5 Bezirke (slowak. okresy): Hlohovec, Nitra, Prievidza, Topoľčany, Zlaté Moravce
- Trentschiner Gespanschaft (slowak. Trenčianska župa; 5.592 km², 516.698 Einwohner)
- 12 Bezirke (slowak. okresy): Bánovce nad Bebravou, Čadca, Ilava, Kysucké Nové Mesto, Myjava, Nové Mesto nad Váhom, Piešťany, Považská Bystrica, Púchov, Trenčín, Veľká Bytča, Žilina
- Tatraer Gespanschaft (slowak. Tatranská župa; Verwaltungssitz Ružomberok, 9.222 km², 463.286 Einwohner)
- 13 Bezirke (slowak. okresy): Dolný Kubín, Gelnica, Kežmarok, Levoča, Liptovský Svätý Mikuláš, Námestovo, Poprad, Ružomberok, Spišská Nová Ves, Spišská Stará Ves, Stará Ľubovňa, Trstená, Turčiansky Svätý Martin
- Scharosch-Sempliner Gespanschaft (slowak. Šarišsko-zemplínska župa; Verwaltungssitz Prešov, 7.390 km², 440.372 Einwohner)
- 10 Bezirke (slowak. okresy): Bardejov, Giraltovce, Humenné, Medzilaborce, Michalovce, Prešov, Sabinov, Stropkov, Trebišov, Vranov nad Topľou
- Graner Gespanschaft (slowak. Pohronská župa; Verwaltungssitz Banská Bystrica, 8.587 km², 443.626 Einwohner)
- 12 Bezirke (slowak. okresy): Banská Bystrica, Banská Štiavnica, Brezno nad Hronom, Dobšiná, Hnúšťa, Kremnica, Krupina, Lovinobaňa, Modrý Kameň, Nová Baňa, Revúca, Zvolen
Die Flächen der einzelnen Gespanschaften umfassten die der von 1923–28 existierenden Gespanschaften in der Tschechoslowakei, deren Einteilung wurde am 25. Juli 1939 vom slowakischen Parlament beschlossen.
Internationale Beziehungen
Protektorat Böhmen und Mähren und Slowakische Republik 1939
Die erste Slowakische Republik wurde international sowohl vom Deutschen Reich als auch von jenen Staaten anerkannt, die Deutschland gegenüber freundlich oder zumindest anfangs noch neutral eingestellt waren. Das waren: Vereinigtes Königreich, Italien, Japan und seine Marionettenstaaten Mandschukuo und Mengjiang sowie die Provisorische Regierung von China, die Sowjetunion, Spanien, Kroatien, Litauen, Estland, die Schweiz, El Salvador, der Vatikan und Ungarn. Auch Frankreich reihte sich unter jene insgesamt 27 Staaten ein, die der unabhängig gewordenen Slowakei eine De-facto- und bald auch die De-jure-Anerkennung aussprachen.[13]
Seit ihrer Entstehung war die Republik in einem Satellitenverhältnis stark vom Wohlwollen des Deutschen Reiches abhängig. Der am 23. März 1939 unterzeichnete Schutzvertrag mit Deutschland band das Land als „Schutzstaat“ militärisch, wirtschaftlich und außenpolitisch formal gesehen an den Nachbarstaat, welcher mittels starker Berater-Delegationen in den slowakischen Ministerien eine weitgehende Gleichschaltung durchführen ließ.[13] Dadurch wurde es Mitglied der Achsenmächte und war somit auch an den Kriegen gegen Polen und die Sowjetunion beteiligt; die Slowakei erklärte Großbritannien und den Vereinigten Staaten den Krieg. Von Januar 1941 bis April 1945 wirkte Hanns Ludin als Repräsentant Deutschlands mit dem Titel „Gesandter I. Klasse und Bevollmächtigter Minister des Großdeutschen Reiches“ bei der slowakischen Regierung und residierte in der „arisierten“ Villa Stein (eines slowakischen jüdischen Fabrikanten) in Preßburg (Bratislava).
Das Land blieb bis auf das Waagtal, einem Streifen entlang der Grenze zu Mähren, von einer militärischen Besetzung durch die Wehrmacht verschont. Auch griff Hitler nur zweimal unmittelbar in innerslowakische Belange ein: Am 29. Juli 1940 erzwang er eine Umbesetzung der Regierung und das Ausscheiden von Außen- und Innenminister Ďurčanský, weil dieser ihm zu selbständig operierte. Der Slowakische Nationalaufstand gegen das Tiso-Regime führte ab Spätsommer 1944 zu dem Verlust von dessen Eigenständigkeit und völliger Degradierung zum Erfüllungsgehilfen der nunmehrigen deutschen Besatzungsmacht.[18]
Krieg mit Ungarn
Das schwierigste außenpolitische Problem waren die Beziehungen zum südlichen Nachbarn Ungarn, das insgesamt etwa ein Drittel des ehemals slowakischen Territoriums besetzt hatte und versuchte, auch das übrige Land zu besetzen. Die Slowakei wiederum wollte eine Revision des Wiener Schiedsspruches erreichen. Außerdem gab es dauerhafte Auseinandersetzungen über die Behandlung der slowakischen Bevölkerung in den ungarischen Gebieten.
Am 23. März 1939 begann der Slowakisch-ungarische Krieg mit einem überfallartigen Einmarsch Ungarns in den Osten der Slowakei, der aus der bereits zuvor besetzten Karpatenukraine heraus erfolgte. Nach einem Waffenstillstand und Verhandlungen musste die Republik ein 1697 km² großes Gebiet im Osten der Slowakei um die Orte Stakčín und Sobrance an Ungarn abtreten.
Ende des Staates
Nach dem Slowakischen Nationalaufstand am 29. August 1944 in der Mittelslowakei besetzten deutsche Truppen ab Anfang September 1944 das gesamte Land, welches dadurch seine Souveränität schließlich ganz verlor.[19] Die deutschen Truppen standen unter Leitung des Generals der Waffen-SS Gottlob Berger. „Deutscher Befehlshaber in der Slowakei“ wurde nach Berger ab September 1944 der SS-Obergruppenführer Hermann Höfle. Er wurde am 11. September 1944 als Höherer SS- und Polizeiführer in der Slowakei etabliert; ihm unterstanden dabei in Personalunion die in der Slowakei eingesetzten Wehrmachts-, Polizei- und SS-Verbände. Erst am 27. Oktober fiel Banská Bystrica und die letzten Aufständischen wurden inhaftiert, desertierten oder liefen zu den Partisanen über, die den Widerstand gegen die deutsche Besatzung bis zum Kriegsende fortführten.
Kurz darauf wurden die deutschen Truppen jedoch sukzessive von der Roten Armee sowie von rumänischen und tschechoslowakischen Truppen von Osten her aus dem Land zurückgedrängt. Wenig später wurden die „befreiten“ Gebiete Teil der wiederhergestellten Tschechoslowakei.
Am 4. April 1945 besetzte die Rote Armee Bratislava; ab diesem Zeitpunkt war das gesamte slowakische Staatsgebiet unter sowjetischer Kontrolle. Tiso floh nach Bayern ins Reichsgebiet. Die Flucht der restlichen Regierung fand erst am 8. Mai 1945 ihr Ende, als sie im österreichischen Kremsmünster vor dem XX. US-Corps unter General Walton Walker die Kapitulation unterzeichnete.[20]
Die Slowakische Republik existierte von März 1939 bis Juli 1944 zunächst in „relativer Selbständigkeit“. Dem folgte „vom August 1944 bis zum Mai 1945 […] die vollständige Unterordnung der Slowakei unter das Dritte Reich nach der Besetzung des Gebiets durch die Wehrmacht“,[21] bis „[d]as Experiment der slowakischen Eigenstaatlichkeit […] sich im Soge der militärischen Niederlage des Deutschen Reiches nicht länger aufrechterhalten“ ließ.[22]
Jozef Tiso wurde als erster Minister- und Staatspräsident der Ersten Slowakischen Republik 1947 durch ein tschechoslowakisches Gericht wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Dokumentationen
- Nach Fahrplan in den Tod: Europas Bahnen und der Holocaust. Dokumentation, Deutschland, 2008, 52 Min., Buch und Regie: Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen, Produktion: SWR, Inhaltsangabe vom SWR
- Hitlers Verbündete: Kroatien, Bulgarien, Slowakei. Dokumentation, Deutschland, 2009.
Siehe auch
- Geschichte der Slowakei (360 bis heute)
- Geschichte der Tschechoslowakei (1918 bis 1993)
- Slovenské železnice (Staatsbahngesellschaft)
Literatur
- Florian Altenhöner: Der Auslandsnachrichtendienst des SD und die Erklärung der slowakischen Unabhängigkeit am 14. März 1939. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 57 (2009), S. 811–832.
- Jörg K. Hoensch: Studia Slovaca. Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum; Bd. 93), Oldenbourg, München 2000, ISBN 3-486-56521-4, 249–280.
- Darin enthalten: Jörg K. Hoensch: Die Slowakische Republik 1939–1945. S. 221–247;
- „Der ‚Schutzstaat Slowakei‘ 1939–1945“, in: Die Entwicklung der Slowakei im 19. und 20. Jahrhundert und ihre Beziehungen zu den böhmischen Ländern bis zur Auflösung des gemeinsamen Staatswesens, S. 16 ff. (Aus: Tschechen, Slowaken und Deutsche. Nachbarn in Europa. Hrsg. von der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Hannover 1995).
- Karin Schmid: Die Slowakische Republik 1939–1945. Eine staats- und völkerrechtliche Betrachtung. 2 Bände, Berlin-Verlag Spitz, Berlin 1982, ISBN 3-87061-238-X.
- Lenka Šindelárová: Finale der Vernichtung. Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/1945. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-73733-8.
- Tatjana Tönsmeyer: Das Dritte Reich und die Slowakei 1939–1945. Politischer Alltag zwischen Kooperation und Eigensinn, Schöningh, Paderborn 2003, ISBN 3-506-77532-4.
- Johann Kaiser: Die Politik des Dritten Reiches gegenüber der Slowakei 1939–1945. Ein Beitrag zur Erforschung der nationalsozialistischen Satellitenpolitik. 1969, Dissertation an der Universität Bochum 1970 DNB 482622628.
Weblinks
- Eva Gruberová: Hitlers Hirte: Der katholische Priester Jozef Tiso regierte von 1939 bis 1945 die Slowakei – und ließ 60.000 jüdische Bürger in den Tod schicken. Die Kirche des Landes verehrt ihn bis heute. In: Die Zeit, Nr. 40, 2007
- Jana Müller: Die Slowakei unter Tiso. Ein „Musterstaat“ Hitlers. In: Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, Nr. 46, November 1999
- Die Maßnahmen der Slowakischen Republik gegen die Juden (PDF; 96 kB) – Aus den Unterrichtsmaterialien des Landes Vorarlberg.
- Milan Zemko: Vojnová Slovenská republika – jasné a nedopovedané odpovede [Die Slowakische Kriegsrepublik – klare und unbeantwortete Antworten]. In: http://komentare.sme.sk, 8. April 2013, abgerufen am 1. Januar 2015.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. erstes Hauptstück der slowakischen Verfassung, § 1.1: Der Slowakische Staat ist eine Republik. und das siebente Hauptstück, in dem die Bürger nach ihrem Beruf in sechs Stände unterteilt werden.
- ↑ Lacko: Slovenská republika, S. 87.
- ↑ Zur gesamten Analyse siehe Tönsmeyer: Das Dritte Reich, S. 320–337; zum Text siehe Tönsmeyer: Das Dritte Reich, S. 335 u. 337.
- ↑ Siehe dazu das Gesetz über den selbständigen slowakischen Staat und den Vertrag über das Schutzverhältnis zwischen dem Deutschen Reich und dem Slowakischen Staat (Hoensch: Dokumente, S. 258).
- ↑ Ďurica: Slovenská republika, S. 29.
- ↑ Kamenec: Slovenský štát, S. 36; Lacko: Slovenská republika, S. 35; Schönfeld: Slowakei, S. 104.
- ↑ Lipták: Slovensko, S. 162.
- ↑ Tönsmeyer: Das Dritte Reich, S. 320.
- ↑ Jörg K. Hoensch, Gerhard Ames: Dokumente zur Autonomiepolitik der Slowakischen Volkspartei Hlinkas, Oldenbourg, München/Wien 1984, S. 68–70 (Abschnitt „Souveränität statt Autonomie – die Grundlagen des ‚Schutzstaates Slowakei‘“, S. 69).
- ↑ Vgl. z. B. Herbert Czaja, Gottfried Zieger, Boris Meissner, Dieter Blumenwitz: Deutschland als Ganzes: Rechtliche und historische Überlegungen. Anlässlich des 70. Geburtstages von Herbert Czaja am 5. November 1984. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1985, S. 309.
- ↑ Tatjana Tönsmeyer, Kollaboration als handlungsleitendes Motiv? Die slowakische Elite und das NS-Regime, in: Christoph Dieckmann: Kooperation und Verbrechen: Formen der „Kollaboration“ im östlichen Europa 1939–1945 (= Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus; Bd. 19). Wallstein, Göttingen 2003, 2. Aufl. 2005, ISBN 3-89244-690-3, S. 25–54, hier S. 52.
- ↑ Verfassungsgesetz über die Verfassung der Slowakischen Republik vom 21. Juli 1939; Slovenský zákonnik, 1939, Nr. 41, S. 375 ff., Gesetz Nr. 185.
- ↑ 13,0 13,1 13,2 Hoensch, Studia Slovaca, S. 16.
- ↑ Wolfgang Merkel, Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung. 2., überarb. u. erw. Aufl., VS Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17201-9, S. 131.
- ↑ Michal Broska, Der Zerfall der Tschechoslowakischen Föderativen Republik, Diplomarbeit, S. 37.
- ↑ Peter Heumos, Die Emigration aus der Tschechoslowakei nach Westeuropa und dem Nahen Osten 1938–1945 (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum; Bd. 63), Oldenbourg, München 1989, ISBN 3-486-54561-2, S. 18.
- ↑ Jörg Konrad Hoensch, Studia Slovaca. Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei. Oldenbourg, 2000, S. 199, 258.
- ↑ Vgl. Hoensch, Studia Slovaca, S. 16 f., 277 und zusammenfassend 279 f.
- ↑ Hoensch, Studia Slovaca, S. 280.
- ↑ Mitglieder der slowakischen Regierung hatten die Kapitulationsurkunde sowohl vor General Walton Walker als auch – wie z. B. bei Hoensch (S. 246, 304) und in anderer Quelle erwähnt – vor dem dort genannten US-amerikanischen Brigadegeneral W. A. Collier zu unterzeichnen.
- ↑ Zit. nach Viola Jakschová, Slowakische Republik (1939–1945), in: Alexander von Plato, Almut Leh, Christoph Thonfeld (Hrsg.): Hitlers Sklaven. Lebensgeschichtliche Analysen zur Zwangsarbeit im internationalen Vergleich, Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-77753-3, S. 55–65, hier S. 56.
- ↑ Zit. nach Hoensch, Studia Slovaca, S. 304.
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