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Terrorismus
Unter Terrorismus (lateinisch terror „Furcht“, „Schrecken“) sind Gewalt und Gewaltaktionen (wie z. B. Entführungen, Attentate, Sprengstoffanschläge etc.) gegen eine politische Ordnung zu verstehen, um einen politischen Wandel herbeizuführen. Der Terror dient als Druckmittel und soll vor allem Unsicherheit und Schrecken verbreiten oder Sympathie und Unterstützungsbereitschaft erzeugen.[1] Terrorismus ist keine militärische Strategie, sondern primär eine Kommunikationsstrategie.[2] [3] Terroristen streben zwar nach Veränderungen der bestehenden Ordnung, doch greifen sie nicht militärisch nach Raum (wie z. B. der Guerillero), sondern wollen das Denken besetzen und dadurch Veränderungsprozesse erzwingen.
Personen und Gruppen, die Anschläge verüben („Terroristen“ oder „Terrororganisationen“), werden oft zusammenfassend als „der Terrorismus“ bezeichnet, etwa in Begriffen wie „der internationale Terrorismus”. Der Begriff Staatsterrorismus bezeichnet staatlich organisierte oder geförderte Gewaltakte, die nicht auf gesetzlicher Grundlage beruhen.
Begriff
Die Worte Terrorismus, Terrorist und terrorisieren wurden erstmals im 18. Jahrhundert zur Bezeichnung einer gewaltsamen Regierungsmaßnahme verwendet.[4] Im Zusammenhang mit der Französischen Revolution wurde der „Terror des Konvents“ von 1793 bis 1794 ausgerufen, als die Regierung alle als konterrevolutionär eingestuften Personen hinrichten oder inhaftieren ließ. Dabei wurden unter anderem Ludwig XVI., Marie Antoinette und Gräfin Dubarry guillotiniert. Bereits 1795 findet der Begriff Terrorismus Eingang in den deutschen Sprachgebrauch. Er ist zunächst synonym mit der Schreckensherrschaft der Jakobiner in Frankreich und wird ab den 1820er Jahren auf Kunst und Ästhetik übertragen.
Abgrenzungen
Eine objektive Eingrenzung des Begriffs Terrorismus ist schwierig, da er von den jeweils herrschenden Regierungen gerne als Legitimation, zur Denunzierung ihrer Gegner – manchmal auch unabhängig davon, ob diese Gewalt anwenden oder nicht – und zur Rechtfertigung eigener Gewaltanwendung gegen vermeintliche oder tatsächliche Feinde der gegenwärtigen Staatsordnung herangezogen wird.
Von Widerstandsbewegungen, Guerillas oder nationalen Befreiungsbewegungen unterscheidet sich der Terrorismus weniger durch die Wahl seiner Waffen als in der Wahl seiner Ziele: Eine nationale Befreiungs- oder Widerstandsbewegung ist zumeist militärisch raumgreifend, der Terrorismus dagegen versucht, mit seinen Gewaltakten möglichst große Aufmerksamkeit zu erlangen, um geschlossene Machtstrukturen zu untergraben und die Angreifbarkeit solcher Strukturen zu exemplifizieren und der Bevölkerung öffentlich zu erschließen.
Auch verschwimmen in länger bestehenden terroristischen Organisationen nicht selten durch eine Kommerzialisierung („Gewaltunternehmertum“ nach Elwert) die Grenzen zur organisierten Kriminalität (zum Beispiel finanzierten sich IRA und ETA teilweise durch Schutzgelderpressung bei örtlichen Unternehmern.[5])
Definitionen
Was als Terrorismus zu bezeichnen ist und was nicht, dazu gibt es weder in der politischen Praxis noch in der Forschung eine einheitliche Definition.[6][7] Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erarbeitete 2004 in Resolution 1566 eine völkerrechtlich verbindliche Definition[8], wenngleich sie bislang noch keine umfassende Anerkennung gefunden hat. Die Grenze zwischen „Widerstandskämpfer“ und „Terrorist“ ist weltanschaulich geprägt und daher oft strittig. Der Soziologe Henner Hess findet in der Begrifflichkeit ein Problem, da es im Auge des Betrachters läge. Wen manche als Terroristen nennen, können andere als Gotteskrieger, Revolutionär oder Freiheitskämpfer definieren. Richard Reeve Baxter, ehemaliger Richter am Internationalen Gerichtshof, äußerte sich wie folgt:
- Wir haben Grund zu bedauern, dass uns ein juristischer Begriff des Terrorismus jemals auferlegt wurde. Der Begriff ist unpräzise; er ist mehrdeutig; und vor allem dient er keinem entscheidenden juristischen Zweck.[9]
So existiert für nahezu jeden Staat eine andere Definition von Terror. In den USA gelten darüber hinaus verschiedene Definitionen der einzelnen Behörden.[10] Dabei spiegelt die Definition die Prioritäten und besonderen Interessen der jeweiligen Behörde. So begreift das US-Außenministerium gewaltsame Akte dann als terroristisch, wenn sie sich gegen Nichtkombattanten richten, während das Ministerium für Heimatschutz bereits dann von Terror spricht, wenn wichtige Infrastruktur angegriffen wird.[11] Im Jahre 1988 existierten bereits 109 verschiedene Definitionen von dem Wort „Terror“ und diese Anzahl dürfte speziell nach dem 11. September 2001 weit gestiegen sein.[12] Einige Terrorismusforscher unterscheiden zwischen den Begriffen „Terrorismus“ und „Terror“. Demnach wird eine gewaltsame Methode als Terror verstanden, wenn sie von einem Staat angewendet wird, was auch als Staatsterrorismus bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ist aber zumindest in den anderen Definitionen nicht enthalten. In der Terrorismusforschung wird Terrorismus als gewaltsame Methode verstanden, die nicht zuletzt gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen gerichtet ist. Der Freiheits- oder Widerstandskämpfer wendet zwar physische Gewalt an, doch beschränkt er sich dabei vornehmlich auf militärische Ziele und beabsichtigt damit unmittelbar die Ziele seiner Organisation zu erreichen. Im Gegensatz dazu geht es dem Terroristen primär um die psychischen Folgen der Gewaltanwendung. Die Violenz des Terroristen ist kommunikativ und indirekt, der Terrorist kann sein Ziel nur über Umwege erreichen. Seine Kommunikation ist an sein Opfer, das ein Staat und seine Apparate sein kann, oder auch Zivilisten gerichtet. Der Freiheits- oder Widerstandskämpfer beschränkt sich dabei vornehmlich auf militärische Ziele.
Die Disziplin der Terrorismusforschung ist neueren Datums und hat bisher ebenfalls keine allgemeingültige wissenschaftliche Definition hervorgebracht. Erstmalig fand der Begriff während der Französischen Revolution Anwendung, hatte jedoch im Gegensatz zu seiner heutigen negativen Behaftung einen positiven Beiklang. Das so genannte „regime de la terreur“ der Jahre 1793/94, von dem sich sowohl das englische Wort „terrorism“, wie auch der deutsche Begriff herleitet, galt als Instrument zur Durchsetzung von Ordnung in der von Unruhen und Aufständen gezeichneten anarchischen Zeit nach der Erhebung von 1789. Es zielte darauf ab die Macht der neuen Regierung durch die Einschüchterung von Kontrarevolutionären und Andersdenkenden zu festigen. Einer der geistigen Motoren der Revolution, Maximilien Robespierre, fasst sein Verständnis von Terror in jener Zeit wie folgt: „Terror ist nichts anderes als Gerechtigkeit, sofortige, unnachsichtige und unbeugsame Gerechtigkeit; er stellt daher eine Ausdrucksform der Tugend dar“ (Berhane 2011). Jedoch erst die Verkopplung mit den Massenmedien machte den Terrorismus zu einer weltweit politisch-militärischen Strategie. Nach Bockstette kann Terrorismus wie folgt definiert werden: Terrorismus ist der nachhaltige und verdeckt operierende Kampf auf allen Ebenen durch die bewusste Erzeugung von Angst durch schwerwiegende Gewalt oder der Androhung derselben, zum Zweck der Erreichung eigener politischer Ziele. Dies geschieht unter teilweiser Nichtachtung von existierenden Konventionen der Kriegsführung. Hierbei wird versucht, höchstmögliche Publizität zu erlangen. Demnach ist die Erzeugung von Schrecken ein wichtiger Bestandteil der Definition.[2]
Terrorismus kann nach Bockstette ein Teil eines asymmetrischen Konfliktes sein und trägt einen Konflikt mit geringfügigen Ressourcen gegen eine deutlich überlegene Macht mit gewaltsamen Mitteln aus dem Untergrund aus. Oft reklamieren terroristische Gruppen für sich, Guerilleros zu sein und einen Partisanenkampf mit unkonventionellen Methoden des Gewaltgebrauchs aufgrund ihrer militärischen Unterlegenheit führen zu müssen. Terroristen allerdings sind im Vergleich zu Partisanen normalerweise nicht in der Lage, eine direkte militärische Konfrontation zu überstehen und meiden diese, da sie dem Gegner in Anzahl und Ausrüstung unterlegen sind. Terroristen achten, anders als Partisanen, nicht auf die physischen, sondern schwerpunktmäßig auf die psychischen Folgen ihrer Anschläge.[2]
Nach der umfangreichen Definition von Pehlivan ist Terrorismus die Erzeugung von Schrecken
- als ein Mittel des Widerstandes (ultima ratio) durch den auf längere Zeit angelegten und zentral gelenkten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen
- zur Erreichung eines bestimmten (politischen) Zieles, das entweder auf einer sozialrevolutionären, nationalistischen oder religiösen Ideologie oder auf einer separatistischen Motivation (Sezession-Autonomie) basiert
- durch Anwendung von oder mit Bedrohung durch organisierte, kontinuierliche, wiederholte, asymmetrische, zweck- und planmäßige, nicht kalkulier- und vorhersagbare, unerwartete und kriminelle Gewalt
- mit willkürlichem, unpersönlichem, symbolischem und chaotischem Charakter
- gegen zivile, militärische oder neutrale Personen und Objekte
- anhand von geheimen, militärischen oder technischen Methoden
- mittels konventioneller, biologischer, nuklearer, chemischer oder virtueller Waffen
- ohne humanitäre und gesetzliche Beschränkung
- auf nationaler, regionaler oder globaler Ebene.
Vom Terrorismus unterschieden werden kann der Terror, die Schreckensherrschaft als ein Machtmittel (prima ratio) durch Staaten gegenüber der eigenen Bevölkerung.
Akademische Annäherungen
„Der […] Guerilla besetzt tendenziell den Raum, um später das Denken gefangen zu nehmen, der Terrorist besetzt das Denken, da er den Raum nicht nehmen kann.“[13] Dieser Satz Franz Wördemanns ist möglicherweise die umfassendste Begriffsdefinition von Terrorismus. Er grenzt den Terrorismus von anderen Gewaltkonflikten ab wie zwischenstaatlichen Kriegen, Guerillakriegen und vom Kriegsunternehmertum. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich Akteure letztgenannter Konflikte auch terroristischer Mittel bedienen. Terroristische Aktionen sind nach gängiger Auffassung Gewaltanwendungen gegen zivile Ziele und Nichtkombattanten mit dem Vorsatz, Furcht und Schrecken zu verbreiten sowie möglicherweise bei einer Drittpartei um Sympathie und Schadenfreude zu werben mit der Absicht auch, das bestehende Herrschaftssystem auszuhöhlen und umzustürzen.
Anstelle eines Versuches, den Begriff Terrorismus an sich zu definieren, soll das schon beschriebene moralische Dilemma am Beispiel des Umgangs der Vereinten Nationen mit dem Terrorismus illustriert werden, das auch von Hoffman 2002 beschrieben wird:
- Beispiel
Nach der Geiselnahme von München bei den Olympischen Spielen 1972, in deren Verlauf elf israelische Sportler getötet wurden, schlug der damalige UN-Generalsekretär vor, dass die Vereinten Nationen sich aktiv im Kampf gegen den Terrorismus engagieren sollten. Dem widersprachen verschiedene arabische, afrikanische und asiatische Mitgliederstaaten mit der Begründung, dass jede Befreiungsbewegung von den Unterdrückern unausweichlich als Terrorismus bezeichnet würde. Völker aber, die unterdrückt und ausgebeutet werden, hätten jedes Recht, sich zur Wehr zu setzen, einschließlich der Gewalt. Daher würde eine Entscheidung für einen aktiven „Kampf gegen den Terrorismus“ die etablierten Strukturen über die nicht etablierten Herausforderungen stellen und damit den status quo festigen. Syrien fügte hinzu, dass es die moralische und rechtliche Pflicht der Vereinten Nationen sei, den Kampf für Befreiung zu unterstützen.
Aus dieser Debatte ergab sich eine definitorische Lähmung der Vereinten Nationen, die bis heute nicht überwunden wurde. Auch in der Mitteilung vom 8. Dezember 2004 zur 59. Vollversammlung der Vereinten Nationen wird empfohlen, die ausstehende Definition von Terrorismus in Angriff zu nehmen. Dies war allerdings auch schon in vorangegangenen Mitteilungen empfohlen worden, verbunden mit einer Deklaration zur Terrorismusbekämpfung.
Nach Kofi Annans Definition handelt es sich bei all jenen Handlungen um Terrorismus, die die Absicht haben, den Tod oder schwere körperliche Verletzungen bei Zivilisten und nicht Kämpfenden herbeizuführen mit dem Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation dazu zu zwingen, etwas zu tun oder zu unterlassen. Dabei sei es nicht nötig, darüber zu diskutieren, ob Staaten sich des Terrorismus schuldig machen können oder nicht, denn der uneingeschränkte Einsatz von Waffengewalt seitens eines Staates gegen eine Zivilbevölkerung sei schon durch das internationale Recht klar untersagt.[14]
Mitunter finden sich auch Stimmen, die für einen ideologisch und politisch neutraleren Zugang zum Thema Terrorismus werben.[15]
Geschichte
Terrorismus ist weltweit verbreitet und ein aktuelles, aber keineswegs ein neues Phänomen (siehe Sikarier, Zelot, Assassinen und die Bewegung Junges Italien um Giuseppe Mazzini). Einen Überblick geben auch die Chronik wichtiger Attentate sowie eine Liste mit Sprengstoffanschlägen. Terrorismus wird in der Regel mit einer Ideologie begründet, die den angegriffenen Personen, Personengruppen oder dem Staat entgegensteht und die mit friedlichen Mitteln nicht durchsetzbar sei (siehe dazu auch Fundamentalismus und Extremismus). Die moderne Form des Terrorismus entwickelt sich in Europa in der Sattelzeit um 1800.[16]
Ab den 1970er Jahren entwickelte sich Terrorismus in der Form, dass es gegen eine Zielgruppe zur Anwendung von Gewalt und der angedrohten Gewalt zu politischen und ideologischen Zwecken kam, die über die direkt betroffenen Opfer hinausging. Bedeutende Beispiele sind die Rote Armee Fraktion (RAF), die Irish Republican Army (IRA), die Brigate Rosse (BR) und die Euskadi Ta Askatasuna (ETA).
Nach dem 11. September 2001 wurde der Begriff „Krieg gegen den Terrorismus“ (war on terror) wieder neu belebt und führte zu einer neuen Dimension des Terrorismus durch gezielt geplante Selbstmordattentate von islamistischen Fanatikern. Besonders bekannt wurde hierbei das Terrornetzwerk Al-Qaida.
Ziele und terroristisches Kalkül
Ziel der Terroristen ist, auf ihre politischen, moralischen oder religiösen Anliegen aufmerksam zu machen und deren Beachtung oder Umsetzung mit Gewalt zu erzwingen. Das terroristische Kalkül wird durch eine Dreiersequenz gekennzeichnet:
- Der (geplante[17]) Gewaltakt zielt auf eine Destabilisierung des Angegriffenen ab, welche durch den faktischen Beweis seiner Angreifbarkeit erreicht werden soll.
- Absicht ist, durch Furcht und Schrecken eine Störung der bisherigen Funktionalität der angegriffenen Verhältnisse zu erreichen, also ihren Ablauf zu beschädigen und ihren Zusammenhang zu schwächen.
- Reaktionen des Angegriffenen zu erzeugen, durch welche die eigentlichen Ziele des Terrorismus erreicht werden können.
Vergeltungsmaßnahmen erzeugen (im besten Fall) Sympathie und Unterstützungsbereitschaft bei der Zielgruppe. Das System, so lautet die Hoffnung der Terroristen, „demaskiert“ oder „entlarvt“ sich. Wenn durch zunehmende Unterstützung zum offenen Guerillakampf übergegangen werden kann, ist das terroristische Kalkül aufgegangen.
Durch die in der Bevölkerung durch Anschläge aufkommende Angst wächst in der Regel der Glaube, die Regierung könne nicht für den Schutz der Bürger im Lande sorgen. Die Macht der Regierung wird somit von „innen“ geschwächt. Dass der Staat zu Gegenmaßnahmen greift war, z. B. von der deutschen RAF geradezu beabsichtigt: Die staatlichen Reaktionen sollten die Bürger geradezu dazu bewegen, sich gegen den Staat und seine Herrschaftsgewalt aufzulehnen.
Charakteristika des Terrorismus: Strategie und Vorgehen
Terrorismus ist eine Gewaltstrategie meist nicht-staatlicher Akteure, die damit politische, aber auch religiöse und sogar geschäftliche Ziele durchsetzen wollen. In Bezug auf das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis kann Terrorismus gleichzeitig eine sehr effiziente Form der Kriegsführung sein. Ohne großen Aufwand und Ausrüstung kann sehr großer Schaden angerichtet und großer Eindruck verschafft werden.
Die Strategie des Terrorismus setzt vor allem auf psychologische Effekte. Die betroffene Zielgruppe soll schockiert und eingeschüchtert, zum Beispiel der Krieg somit in das vermeintlich sichere „Hinterland“ des Feindes getragen werden. Durch die Verbreitung von Unsicherheit und Verwirrung soll der Widerstand gegen die Terroristen gelähmt werden.
In der Tat teilen sämtliche terroristische Verbände gewisse Grundzüge, zum Beispiel eine relativ schwache Position gegenüber dem angegriffenen Machtapparat. Die Gewalt richtet sich häufig gegen Ziele mit hohem Symbolgehalt (z. B. religiöse Orte, Regierungsgebäude), um den Gegner zu demütigen und zu provozieren, vermehrt aber auch gegen so genannte weiche Ziele, also Plätze des öffentlichen Lebens, die nur schwer geschützt werden können (z. B. öffentliche Verkehrsmittel, Restaurants). Ferner kommt es zu Geiselnahmen und Entführungen, u. a. auch offizieller Vertreter des „Gegners“. Typischerweise sind die Opfer von Terrorakten am Konflikt vollkommen Unbeteiligte (Frauen und Kinder, Bürger von am Konflikt nicht beteiligten Staaten).
Die Wirkung terroristischer Aktivitäten kann durch die Berichterstattung in den Massenmedien verstärkt werden; einige Terroristen verwenden diesen Effekt bewusst, etwa durch die Verbreitung von Hinrichtungs-Videos von Entführungsopfern.
Ein weiteres Ziel terroristischer Aktivitäten ist die Mobilisierung von Sympathisanten und die Radikalisierung politisch nahe stehender Bewegungen. Hierbei sehen sich Terroristen als Befreier der „Unterdrückten“.
Die Mobilisierung von Unterstützern wird oft vor allem durch die Gegenreaktionen des „Gegners“ auf Anschläge erreicht. Lässt dieser sich zu unverhältnismäßigen, brutal wirkenden Maßnahmen provozieren, so soll ihn dies „entlegitimieren“ (z. B. Einschränkung der Freiheitsrechte durch Ausgangssperren). Auf diese Weise können Terroristen in die Rolle des Angegriffenen wechseln.
In jüngster Zeit zielt die Gewaltstrategie von Terroristen auch auf die Erzeugung von wirtschaftlichen Effekten. Indem schwer zu schützende Ziele von wirtschaftlicher Bedeutung angegriffen werden (z. B. Anschläge auf Ölförderanlagen oder auf Touristenzentren), sollen die Ökonomie und die Regierungen der „Gegner“ destabilisiert und die eigenen politischen Ideologien durchgesetzt werden.
Ein bedeutendes Merkmal terroristischer Gruppen ist, dass sie meistens als Terrorzellen taktisch völlig unabhängig voneinander operieren. Jede Terrorzelle entscheidet autonom, wann und wo sie die Initiative ergreift. Das führt dazu, dass Terroristen nicht als klar erkenn- und abgrenzbare Kampfeinheiten angreifbar sind (siehe Terrorismusbekämpfung).
Terroristische Gruppen entfalten häufig zugleich kriminelle Aktivitäten, die nicht primär politisch motiviert sind, sondern etwa der Beschaffung von Finanzmitteln dienen. Daher weisen sie (wie z. B. die ETA oder die PKK) oft zwangsläufig eine Verbindung zur organisierten Kriminalität auf.
Arten von Terrorismus
Zwei Möglichkeiten, Terrorismus zu untergliedern, erscheinen sinnvoll. Zum einen nach der räumlichen Ausdehnung, zum anderen nach Motivation und Zielsetzung. Nach der räumlichen Ausdehnung lassen sich drei Typen des Terrorismus unterscheiden:
- Nationaler Terrorismus beschränkt sich in Zielsetzung und Aktionsradius auf das Territorium eines Staates. Beispiele dafür sind die maoistischen Bewegungen in Nepal, Bhutan, Bangladesch, Indonesien und auf den Philippinen oder auch die RAF in der Bundesrepublik Deutschland.
- Internationaler Terrorismus hat zwar staatsinterne Ziele, der Aktionsradius geht jedoch über die Grenzen des Landes hinaus und unbeteiligte Dritte werden zu Opfern gemacht. Beispiel dafür ist die philippinische Abu Sayyaf.
- Transnationaler Terrorismus hat weite Teile der Welt als Ziele im Visier und will die Änderung der internationalen (Wirtschafts- oder Herrschafts-) Ordnung erreichen. Das Terrornetzwerk Al-Qaida ist die einzige Vereinigung, auf die das zutrifft. Der transnationale Terrorismus wird oft auch als internationaler Terrorismus bezeichnet.
Legt man jeweils Motivation und Zielsetzung zu Grunde, so lassen sich sieben Hauptformen des Terrorismus erkennen (vgl. hierzu Nohlen 2001, S. 514–518):
Sozialrevolutionärer Terrorismus
Der in der Regel politisch links motivierte, sozialrevolutionäre Terrorismus hat seinen geistigen Ursprung in der Propaganda der Tat des 19. Jahrhunderts, der nicht auf die Zivilbevölkerung zielte.
Im Umfeld der „Neuen Linken“ entstand Anfang der 1970er Jahre eine neue Spielart des linken Terrorismus, der durch die Ablehnung der Bundesrepublik gekennzeichnet war. Seine bekanntesten Ausläufer hatte der linke Terrorismus in der RAF und in den italienischen Roten Brigaden hinsichtlich der Öffentlichwirksamkeit ihrer Anschläge. Die Anschläge zielten dabei auf die revolutionäre Umwälzung bestehender gesellschaftlichen, Herrschafts- und Besitzverhältnisse im betroffenen Land ab, bisweilen auch auf den Versuch, einen revolutionären Bürgerkrieg zu entfesseln. Sie stießen jedoch in Deutschland auf eine große allgemeine Ablehnung. In den Ländern der westlichen Welt scheiterten derartige Bewegungen durchweg und verloren mit dem Fall des Eisernen Vorhangs völlig an Bedeutung. In Lateinamerika war er Ursprung für heutige Guerillavereinigungen wie die FARC oder die ELN. Gegenwärtig gibt es diesen marxistisch inspirierten Terrorismus in Gestalt „maoistischer Bewegungen“ in einigen Ländern Süd- und Südostasiens
Rechtsterrorismus
Rechtsterroristische Aktivitäten speisen sich zumeist aus rassistischen und völkischen Überzeugungen. Die größte Anzahl von Toten ist in Deutschland durch den Rechtsterrorismus zu verzeichnen.[18] Der Beginn rechtsterroristischer Aktivitäten in Deutschland kann mit dem Mord an Kurt Eisner 1919 angegeben werden. In der Weimarer Republik begangen Rechtsradikale bis zu 400 „Fememorde“, unter den Opfern der zumeist in Freikorps organisierten Tätern waren vor allem Politiker der Sozialdemokratie und Kommunisten. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Rechtsterrorismus staatliche Politik. Für die ersten beiden Jahrzehnte der Bundesrepublik Deutschland sind keine rechtsterroristischen Aktivitäten nachweisbar. Ende der 1960er Jahre bildete sich ein gewaltbereiter neonazistischer Untergrund und 1968 wurde von der Gruppe um Bernd Hengst das Büro der DKP beschossen. Der bekannteste Anschlag der Wehrsportgruppe Hoffmann war das Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest mit 12 Toten. Deutsche Aktionsgruppen unter Manfred Roeder begangen sieben Anschläge mit zwei Toten. In den 1980er und 1990er Jahren verlagerte sich der Schwerpunkt rechtsterroristischer Aktivitäten von politischen Gegnern zu ausländerfeindlichen Attacken wie dem Mordanschlag von Mölln und dem Brandanschlag von Solingen und der 2011 aufgeklärten Mord- und Anschlagsserie des Nationalsozialistischen Untergrunds. Neben den organisierten Gruppen agierten Einzeltäter wie Kay Diesner und mehrere Anschläge wie das auf die Münchner Synagoge durch das Aktionsbüro Süd konnten im Vorfeld aufgedeckt werden. [19] Ähnliche Aktivitäten sind im gesamten europäischen Raum nachweisbar, die größte Anzahl von Opfern wurden bei den Anschlägen in Norwegen 2011 getötet. In den Vereinigten Staaten ist der Rechtsterrorismus zudem religiös begründet und erklärt sich aus endzeitlicher Eschatologie und dem Kampf gegen Ausprägungen als satanisch identifizierten Personen und Gruppen und weist Überschneidungen ins patriotische Militia- sowie Atreibungsgegnermilieu auf. In den USA lässt sich der rechtsextreme Terrorismus mit dem Ku-Klux-Klan bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Breit rezipierte Vorkommnisse neuer Zeit sind Ruby Ridge und Branch Davidians sowie der Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City.[20]
(Ethnisch-) nationalistischer Terrorismus
Der ethnisch-nationalistische Terrorismus ist der Kampf eines Volkes oder einer ethnischen Minderheit mit dem Ziel vermehrter Autonomie oder mit dem der Gründung eines eigenen Staates unter Berufung auf „historisch gewachsene Besonderheiten“. Zur Politik dieser Terrorismusform gehört die Tradition der Konfliktivität und der gewaltsamen Selbsthilfe.
Beispiele: Die ETA (Basken), die PKK (Kurden), die IRA, UVF und UDA (alle drei Nordiren) in Europa.
Religiöser Terrorismus
Der Ausdruck „religiöser Terrorismus“ stößt weithin auf Widerspruch, sowohl bei den Vertretern der Religionen selbst als auch bei Außenstehenden, die der Religion an sich oft kein terroristisches Potential zusprechen. Eine differenzierte Betrachtung der geschichtlichen Erfahrung belegt jedoch, dass als terroristisch einzustufende Aktionen vielfach in durchaus religiösem Kontext erfolgen (siehe dazu auch Fundamentalismus).
Eine Betrachtung des religiösen Terrorismus verzichtet nicht – ebenso wenig wie die Betrachtung anderer Spielarten des Terrorismus – auf die Analyse der jeweiligen sozialen, nationalen etc. Umstände. Sie konzentriert ihr Augenmerk aber auf das besondere Motiv, das religiöse Menschen zu terroristischen Aktionen bewegt werden. Man könnte daher auch angemessen von jeweils religiös/national/sozial motiviertem Terrorismus sprechen.
Als Merkmal des religiösen Terrorismus ist in erster Linie die persönliche Überzeugung der Täter zu betrachten. Der Philosoph Jakob Friedrich Fries schuf im 19. Jahrhundert hier nicht nur für religiöse Attentäter eine theoretische Grundlage. Nach Bruce Hoffmann stellt Gewalt für den religiösen Terroristen “zuerst und vor allem einen sakramentalen Akt oder eine von Gott gebotene Pflicht dar”
Motive und Ziele religiösen terroristischen Handelns können u. a. sein
- die Überzeugung absoluten göttlichen Rechts (z. B. eine „Eingebung“)
- die Verteidigung der Religion gegen fremde Religionen
- die Verbreitung der eigenen Religion
- die Deklaration terroristischen Handelns als Opfer „zur höheren Ehre Gottes“.
Religiöser Terrorismus tritt historisch wie lokal auf sehr unterschiedliche Weise zutage. Sein Erscheinungsbild ist so vielschichtig, dass Definitionen immer wieder umstritten sind. Gleichwohl unterscheidet er sich signifikant von anderen Spielarten des Terrorismus und macht eine gesonderte Betrachtung und Darstellung unverzichtbar.
Vor allem seit Mitte der 1980er Jahre hat der religiöse Terrorismus an Bedeutung gewonnen. Er geht aus Sekten oder fundamentalistischen Strömungen innerhalb bestimmter Religionen hervor. Insbesondere radikal-islamische Organisationen wie die palästinensische Hamas, die libanesische Hisbollah und nicht zuletzt die Terrornetzwerke Al-Qaida und Ansar al-Islam sind bekannte Beispiele für islamistisch motivierten Terrorismus.
Der Friedensnobelpreisträger und Ökonom Muhammad Yunus meint: „Nehmen Sie die Islamisten: Sie geben den Armen etwas zu essen, außerdem Waffen und eine Ideologie. Es gibt gar keinen Zweifel, dass Armut die Brutstätte von Terrorismus ist.“[21]
Andererseits kommen islamistische Terroristen häufig aus der gebildeten Oberschicht[22], sodass Armut zwar als ein Faktor, nicht aber als Ursache gewertet werden darf.
„Homegrown Terrorism“
„Homegrown Terrorism“ (zu deutsch „hausgemachter Terrorismus“) bezeichnete ursprünglich Terror, der von Leuten ausgeht, die im Zielland des Terrors unscheinbar aufwuchsen und erst dort zu ihrer terroristischen Überzeugung gelangten. Der Begriff wird vor allem im anglophonen Sprachraum bei islamistischem Terror der neueren Zeit angewandt.
Man bezeichnete damit zum Beispiel die Terroranschläge am 7. Juli 2005 in London, wo bei insgesamt vier Explosionen in drei U-Bahnen und einem Bus 56 Menschen ums Leben kamen und mehr als 700 verletzt wurden. Die größtenteils aus Pakistan stammenden Täter wurden in Großbritannien geboren, entstammten säkularen Familien und waren ins Gemeindeleben integriert, bevor sie sich islamistischen Organisationen anschlossen und Terror gegen das eigene Land ausübten. Der Begriff wurde eingeführt, weil bisherige islamistische Terroranschläge in westlichen Ländern vorwiegend von extra zu diesem Zweck eingereisten Menschen ausgeübt wurden. Dessen ungeachtet ging Terror in Europa bis in die 1980er vor allem von Leuten aus, die aus dem jeweiligen Zielland stammten, so etwa die Rote Armee Fraktion in der Bundesrepublik Deutschland oder die Action Directe (AD) in Frankreich.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts bezeichnen Sicherheitskreise Deutschlands mit hausgemachtem Terrorismus eine Art des islamistischen Terrorismus, dessen Akteure nicht mehr traditionell aus islamischen Ländern stammen oder Nachkommen islamischer Immigranten sind. Der „neue“ hausgemachte Terrorismus rekrutiert sich vielmehr aus gebürtigen deutschen Staatsangehörigen, vor allem Jugendlichen, die zum Islam konvertiert und ins Fahrwasser des Islamismus geraten sind. Sie werden in speziellen Trainingscamps islamischer Länder ausgebildet, und mit den technischen wie ideologischen Voraussetzungen zur Durchführung von Terroraktionen ausgestattet.
Als typisches Beispiel des hausgemachten Terrorismus charakterisierte der deutsche Bundesminister des Innern Wolfgang Schäuble die drei Mitglieder der am 5. September 2007 deutschen Fahndern ins Netz gegangene Islamische Dschihad-Union, von denen zwei zum Islam konvertierte Deutsche seien.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke sieht Deutschland damit nicht mehr nur als Ruheraum, sondern auch als Ziel des internationalen Terrorismus.[23]
Konservativer „vigilantistischer“ Terrorismus
Der konservativ motivierte „vigilantistische Terrorismus“ zielt im Gegensatz zu anderen Formen des Terrorismus nicht auf die Schwächung, sondern auf die Stärkung der bestehenden staatlichen Ordnung ab, allerdings indem die Gesetze, auf denen diese Ordnung beruht, durch Selbstjustiz gebrochen werden. Der rassistische Ku-Klux-Klan in den USA und paramilitärische Gruppierungen in Lateinamerika sind als vigilantistischer Terrorismus zu bezeichnen. In diese Spielart des Terrorismus sind auch die Terrorakte der geheimen NATO Stay-Behind-Organisation einzuordnen.
Staatsterror/Staatsterrorismus
Staatsterror bezeichnet staatsphilosophisch den Einsatz der Angst der Bürger vor dem Gewaltmonopol des Staates als Zwangsmittel des Staates für die Gesetzestreue seiner Bürger. Am prominentesten wurde der Begriff vom Liberalismus des Hobbesschen Kontraktualismus in seinem Werk Leviathan geprägt. Für Hobbes verlieh der Terror dem Staat (terror of legal punishment) das notwendige und legale Zwangsmittel zu seiner Konstitution. Staatsterrorismus bezeichnet Gewaltakte, die als terroristisch eingestuft und von Organen oder zumindest informell kontrollierten Akteuren (Todesschwadronen) eines Staates vollzogen beziehungsweise durch eine souveräne Regierung gefördert werden.
In der Totalitarismustheorie bildet der staatliche Terror, etwa durch Kontrolle und Überwachung und den Verzicht auf rechtsstaatliche Prinzipien, ein zentrales Merkmal totalitärer Systeme.
Ökoterrorismus
Der Begriff Ökoterrorismus ist ein Werturteil. Er bezeichnet subjektiv verwerfliche Taten (ausdrücklich auch Straftaten), die eine politische Dimension haben (Terrorismus) und im Zusammenhang mit der Umwelt (Ökologie) stehen. Nach verschiedenen Verständnissen bezeichnet man damit
- entweder gewaltsame Handlungen mit dem Ziel, die Umwelt zu schützen
- oder Taten mit erheblichen Schaden für die Umwelt.
Terrorismusbekämpfung als staatlich proklamiertes Kriegsziel
Der Krieg gegen den Terrorismus (engl. „War on Terrorism“) ist ein von der US-Regierung unter George W. Bush verbreitetes politisches Schlagwort, das eine Bandbreite politischer, militärischer und juristischer Schritte gegen den als Problem identifizierten internationalen Terrorismus zusammenfasst.
Die Kriegs-Symbolik ist umstritten, ebenso wie die Verbindung mit dem Begriff „Terror“. Als Kritik wird unter Anderem moniert, die Kriegsrhetorik beeinflusse – wie auch das popularisierte Schlagwort „Vierter Weltkrieg“ – das Angstempfinden vieler Menschen, die Anschläge in ihrer Dimension als Kriegserklärung empfanden. Das Aufgreifen des Begriffes sei der Versuch einer Regierung, Angriffskriege zu rechtfertigen.
Innenpolitische Konsequenzen
Demokratie kann man definieren als „Herrschaft durch das Volk“. Dies impliziert eine responsive Regierung, die auf die Interessen des Volkes eingehen muss und die vom Volk abhängig ist. Das Volk verfügt über die Macht, bei Wahlen die Regierung abzuwählen. Damit bestimmt das Elektorat zu einem großen Teil die Richtung der Politik. Wenn Terrororganisationen (vor allem in der Zeit vor Wahlen) die Präferenzen des Elektorats beeinflussen, dann kann dies die Innenpolitik eines Staates direkt oder indirekt beeinflussen und/oder sich auf den Wahlausgang auswirken.
Der Effekt von Terrorismus auf Präferenzen der Wählerschaft lässt sich exemplarisch am Nahostkonflikt darlegen.[24] [25] Bei einer zeitlichen Betrachtung des Konflikts ergibt sich hinsichtlich der politischen Orientierung einzelner Gebiete, dass Terrorismusereignisse in rechtsorientierten Bezirken die Unterstützung rechter Parteien erhöhen. In linksorientierten Gebieten hingegen nimmt die Unterstützung rechter Parteien ab, wenn sich die Anschläge außerhalb des jeweiligen Bezirks ereigneten. Damit erzielen terroristische Aktivitäten eine Polarisierung des Elektorats. Diese Ergebnisse beziehen sich hauptsächlich auf anhaltenden innerstaatlichen Terrorismus. Dem gegenüber steht der Einfluss transnationalen Terrorismus. Die spanischen Parlamentswahlen kurz nach den Madrider Zuganschlägen bieten hier einen Einblick. [26]. Die Anschläge mobilisierten Bürger, die für gewöhnlich wenig partizipieren, darunter jüngere oder weniger gebildete Bürger. Zudem wurden Wähler der Mitte und der Linken mobilisiert und einige wechselten zur Opposition. Nicht zuletzt beeinflussten die Anschläge die Wahlentscheidung der Bürger. Die Misswirtschaft der konservativen Partei Partido Popular (PP) und deren Außenpolitik im Irak und Afghanistan hatten nachweislich Einfluss auf die Präferenzen des spanischen Elektorats; die PP verlor bei den Wahlen kurz nach den Anschlägen Wählerstimmen und musste in die Opposition. Wenn Terroranschläge also kurz vor Parlamentswahlen stattfinden, löst dies seitens der Opposition und der Medien eine Bewertung der bisherigen Politikergebnisse der regierenden Parteien aus. Terrorismus trägt somit zur Mobilisierung des Elektorats bei.
Neben dem direkten Einfluss von Terrorismus auf die Präferenzen der Wähler, wirken sich Terroranschläge auch auf die Koalitionsbildung innerhalb repräsentativer Demokratien aus. [27] Somit werden sich eher Koalitionen bilden, die externen Schocks stand halten können. Angesichts terroristischer Bedrohungen bilden sich deshalb eher übergroße Koalitionen, da angenommen wird, dass Politiker durch übergroße Koalitionen in dieser Zeit eine Instabilität der Regierung vermeiden wollen. Außerdem führen externe Bedrohungen zu ideologisch homogenen Koalitionen, da ein interner Konsens eher zu Stabilität führt. Dieser Effekt entsteht insbesondere bei transnationalen Terroranschlägen, da Parteien in Bezug auf innerstaatlichen Terrorismus bereits politische Positionen einnehmen und Koalitionsmöglichkeiten somit ohnehin eingeschränkt sind. Transnationaler Terrorismus fördert daher übergroße, ideologisch homogene Regierungen, da diese angeblich konsequenter gegen externe Bedrohungen vorgehen können.
Ein weiteres Problem stellt das Verbot terroristischer Parteien dar, da dies im Widerspruch zu dem Recht der Bürger innerhalb einer Demokratie steht, sich kompetitiven Wahlen zu stellen. [28] Kommt es also zum Verbot politischer Parteien, werden fundamentale Prinzipien der Repräsentation und Gleichheit übergangen – ein demokratisches Paradox entsteht (vgl. streithafte Demokratie). Gleichwohl ist es in einigen post-Kommunistischen Ländern sowie in zahlreichen afrikanischen und indischen Verfassungen möglich, Parteien zu verbieten. Auch in Israel und Deutschland besteht die Möglichkeit, mit einem sogenannten Parteiverbot eine Partei zu verbieten, weil sie Terrorhandlungen oder bewaffneten Auseinandersetzungen gegen den Staat unterstützt oder ermutigt. Terrorismus beeinflusst somit das Legitimitätsprinzip repräsentativer Regierungen.
Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass Demokratien die Gefahr von terroristischen Anschlägen erhöhen: Das Elektorat, aber auch die Regierung eines Staates reagieren auf Terroranschläge, was Terroristen Einflussmöglichkeiten auf die Innenpolitik eines Staates bietet. Allerdings ist dieser Zusammenhang nicht eindeutig, da die Responsivität demokratischer Systeme zu einer Mäßigung extremistischer Gruppen führen könnte und außerdem den Nutzen terroristischer Aktivitäten verringert. Die Beziehung zwischen Demokratien und Terrorismus lässt sich somit auch unter Berücksichtigung der politischen Konsequenzen nicht eindeutig herausarbeiten. [29] [30]
Terrorismusabwehr
Im Wesentlichen kann man hier zwei Ansätze unterscheiden: Bekämpfung des Terrorismus
- durch tatsächliche Kampfhandlungen und Gewaltanwendung (operative Maßnahmen) oder
- durch Maßnahmen, die der politischen, ideologischen oder wirtschaftlichen Ursachenbekämpfung dienen ('strukturelle Maßnahmen').[31]
Terroranschläge
Siehe Kategorie:Terroranschlag
- Es folgt eine Liste der Terroranschläge mit eigenem Wikipedia-Artikel.
- Attentate werden gesondert in der Chronik wichtiger Attentate behandelt.
- Die Liste von Sprengstoffanschlägen listet auch nicht-terroristische Anschläge.
- Flugzeugentführung enthält eine Liste mit meist terroristischem Hintergrund
Terroristische Vereinigungen
Eine 'terroristische Vereinigung' (deutscher Rechtsbegriff seit 1976) oder 'terroristische Organisation' (Vereinte Nationen) ist eine auf eine längere Dauer angelegte Organisation mehrerer Personen (Terroristen), deren Ziel es ist, durch Handlungen, die unter rechtsstaatlichen Voraussetzungen als Straftaten bewertet werden, vor allem politische Ziele zu erreichen. Diese Ziele können von anderen (zum Beispiel religiösen oder wirtschaftlichen) Motiven begleitet sein. Terroristische Vereinigungen versuchen durch Gewaltaktionen, Schrecken (lat. terror) in ein Land zu tragen, um ihre Ziele zu erreichen.
Strafrecht (Deutschland)
Der unter (§ 129a) StGB dargelegte Straftatbestand „Bildung terroristischer Vereinigungen“ wurde 1976 im Zuge der Terrorismusbekämpfung in das StGB aufgenommen und führte den Begriff „Terroristische Vereinigung“ als Rechtsbegriff ein. 129a StGB ist Bestandteil eines von Kritikern als Lex RAF bezeichneten Gesetzesbündels, das mit besonderem Bezug auf die Rote Armee Fraktion (RAF) verabschiedet (= eingeführt) wurde. [34]
Weiterführende Informationen
Siehe auch
- Bioterrorismus
- Strategie der Spannung
- Agroterrorismus
- Monoperzeptose zu forensisch-psychiatrischen Aspekten
Literatur
- Jörg Baberowski und Anselm Doering-Manteuffel: Ordnung durch Terror. Bonn 2006, ISBN 3-8012-0368-9.
- Paul Berman: Terror und Liberalismus. Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2004 (Lizenzausgabe der Europäischen Verlags-Anstalt), ISBN 3-89331-548-9.
- Martha Crenshaw: The Psychology of Terrorism: An Agenda for the 21st Century. In: Political Psychology. Vol.21, No.2, 2000. (Online-Zusammenfassung) doi:10.1111/0162-895X.00195
- Dipak K. Gupta: Understanding Terrorism and Political Violence. Routledge, 2008, ISBN 978-0-415-77164-1.
- Eric Hobsbawm: Globalisierung, Demokratie und Terrorismus. (Aufsatzsammlung), engl. Fassung 2007, dtv, München 2009, ISBN 978-3-423-24769-6.
- Bruce Hoffman: Terrorismus – der unerklärte Krieg. Neue Gefahren politischer Gewalt. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15614-9.
- Johannes Hürter/Gian Enrico Rusconi (Hrsg.): Die bleiernen Jahre. Staat und Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland und Italien 1969–1982. R. Oldenbourg Verlag, München 2010, ISBN 978-3-486-59643-4.
- Josef Isensee (Hrsg.): Der Terror, der Staat und das Recht. Duncker und Humblot, Berlin 2004, ISBN 3-428-11127-3.
- Tobias O. Keber: Der Begriff des Terrorismus im Völkerrecht. Entwicklungslinien im Vertrags- und Gewohnheitsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Arbeiten zu einem umfassenden Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus. Schriftenreihe Öffentliches und Internationales Recht, Band 10, Lang Verlag, Frankfurt 2008, ISBN 978-3-631-58240-4.
- Walter Laqueur: Krieg dem Westen. Terrorismus im 21. Jahrhundert. Propyläen, Berlin 2003, ISBN 3-549-07173-6.
- Christian Lüdemann, Thomas Ohlemacher: Soziologie der Kriminalität. Theoretische und empirische Perspektiven. Juventa Verlag, Grundlagentexte Soziologie, 2002.
- Charles Townshend: Terrorismus. Reclam, Stuttgart 2005, Reclams Universalbibliothek Nr. 18301, ISBN 3-15-018301-4.
- Jens Dolfen: Die Vereinten Nationen und das Problem der Terrorismusdefinition. Ravensburg, München 2007, ISBN 978-3-638-81072-2.
- Ulrich Schneckener: Transnationaler Terrorismus. Charakter und Hintergründe des „neuen“ Terrorismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-518-12374-4.
Weblinks
- Oldemeinen, Mareike: One person’s terrorist… another person’s freedom fighter?, 13. Januar 2010, e-IR (englisch)
- US-Außenministerium: Länderberichte zum Terrorismus (engl.), Bericht über Deutschland
Einzelnachweise
- ↑ Definition nach Peter Waldmann: Terrorismus und Bürgerkrieg. Der Staat in Bedrängnis. Gerling Akademie Verl., München 2003, ISBN 3-932425-57-X.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Bockstette, Carsten: „ Terrorismus und asymmetrische Kriegsführung als kommunikative Herausforderung“. In: Carsten Bockstette, Siegfried Quandt, Walter Jertz (Hg.) (2006) Strategisches Informations- und Kommunikationsmanagement. Handbuch der sicherheitspolitischen Kommunikation und Medienarbeit; Bernard & Graefe Verlag
- ↑ vgl. André M. Malick Al-Qa'idas Interpunktion von Ereignisfolgen. Eine Konfliktanalyse unter kommunikationstheoretischen Gesichtspunkten nach Watzlawick. Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt 2011, ISBN 978-3-86676-163-6
- ↑ Tilly, Charles (2004): „Terror, Terrorism, Terrorists“, Sociological Theory 22 (1): 5-14, S.8.
- ↑ Vgl. Soziologie der Kriminalität: theoretische und empirische Perspektiven (2002), Seite 98).
- ↑ Bruce Hoffman: Terrorismus – Der unerklärte Krieg, Frankfurt 2006, ISBN 3-10-033010-2 S.21-80
- ↑ bpb: Die Definition von Terrorismus, abgerufen am 22. November 2011
- ↑ vgl. Adam Roberts: The 'War on Terror' in Historical Perspective, in: Thomas G. Mahnken und Joseph A. Maiolo: Strategic Studies – A Reader, Oxon: Routledge 2007, 398.
- ↑ Originalwortlaut: „We have cause to regret that a legal concept of terrorism was ever inflicted upon us. The term is imprecise; it is ambiguous; and, above all, it serves no operative legal purpose.“ Zit. n. University of New South Wales: What is 'terrorism’? Problems of legal definition, 2004.
- ↑ Universität von Oklahoma: International Law: Blaming Big Brother: Holding States Accountable for the Devastation of Terrorism, 2003.
- ↑ Bruce Hoffman: Terrorismus – Der unerklärte Krieg, Frankfurt 2006, ISBN 3-10-033010-2S.68f.
- ↑ Vgl. University of New South Wales: What is 'terrorism’? Problems of legal definition, 2004.
- ↑ Franz Wördemann unter Mitarbeit von Hans-Joachim Löser: Terrorismus. Motive, Täter, Strategien.. München u. Zürich: Piper 1977. S. 57.
- ↑ Kofi Annan zum Terrorismus – Madrid-Agenda, 14. März 2005 (Friedensratschlag)
- ↑ Roth, S. und J. Aderhold (2008): World Society on the Couch. In: Humsec Journal 2/2, S. 67-82
- ↑ Wolfram Siemann: Metternich. Staatsmann zwischen Restauration und Moderne, Verlag C.H.Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58784-9, S. 66–67.
- ↑ Brent Smith: A Look at Terrorist Behavior: How They Prepare, Where They Strike, NIJ Journal, Bd. 260, Juli 2008
- ↑ Ruf nach Aus für V-Leute ist purer Aktionismus Financial Times Deutschland, 16. November 2011
- ↑ Rechtsterrorismus – Es begann im Jahr 1919 von Sven Felix Kellerhoff in Welt online, 14. November 2011
- ↑ Right Wing Terrorism and Weapons of Mass Destruction (pdf) von Paul de Armond, 1999, auf der Website des Public Good Projects, abgerufen 16. November 2011
- ↑ spiegel.de: „Nehmen Sie die Islamisten: Sie geben den Armen etwas zu essen, außerdem Waffen und eine Ideologie. Es gibt gar keinen Zweifel, dass Armut die Brutstätte von Terrorismus ist.“
- ↑ [1] „Vereitelte Anschläge in Großbritannien Die Ärzte des Terrors“
- ↑ Ermittler fahnden nach Hintermännern (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Claude Berrebi und Esteban F. Klor(2006):[On Terrorism and Electoral Outcomes: Theory and Evidence from the Israeli-Palestinan Conflict. In: The Journal of Conflict Resolution. 50/6, S. 899-925
- ↑ Claude Berrebi und Esteban F. Klor (2008): Are Voters Sensitive to Terrorism? Direct Evidence from the Israeli Electorate. In: American Political Science Review. 102/ 3, S. 279-301
- ↑ Valentina A. Bali (2007): Terror and Elections: Lessons from Spain. Electoral Studies 26/3, S. 669-687
- ↑ Indridi H. Indridason (2008): Does Terrorism influence Domestic Politics? Coalition Formation and Terrorist Incidents. In: Journal of Peace Research. 45/2, S. 241-259
- ↑ Sozie Navat (2008): Fighting Terrorism in the Political Arena: The Banning of Political Parties. Party Politics. 14/6, S. 745–762
- ↑ Peter Kurrild-Klitgaard, Mogens K. Justesen und Robert Klemmensen (2006): The political economy of freedom, democracy, and transnational terrorism. In: Public Choice. 128, S. 289-315
- ↑ Sarah Jackson Wade und Dan Reiter (2006): Does Democracy Matter? Regime Type and Suicide Terrorism. In: Journal of Conflict Resolution. 51/2, S. 329-348
- ↑ Seth G. Jones, Martin C. Libicki: How Terrorist Groups End. Lessons for Countering al Qa'ida (free PDF), Rand Corporation, Juli 2008, ISBN 978-0-8330-4465-5
- ↑ Zunächst hieß es 14 getötete Personen: welt.de: Marokkos Innenministerium spricht von Terrorakt (Zugriff 28. April 2011)
- ↑ taz.de: Tödliche Attentate in Norwegens Hauptstadt: Bombe im Zentrum, Schüsse im Camp (Zugriff am 22. Juli 2011)
- ↑ Wehrhafte Demokratie oder „Gesinnungsterror“? bei politische-bildung-brandenburg.de
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