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West-Berlin

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Lage von West-Berlin im damals geteilten Deutschland
Die Flagge West-Berlins entspricht der heutigen Flagge Berlins.
West-Berlin (Karte von 1978)

Berlin (West)“ war die vom West-Berliner Senat angeordnete amtliche Bezeichnung[1] für den Teil von Berlin, der ab Ende des Zweiten Weltkriegs von den drei westlichen Besatzungsmächten USA, Vereinigtem Königreich und Frankreich verwaltet wurde. Die Westsektoren der Stadt wurden umgangssprachlich verbreitet West-Berlin bzw. Westberlin genannt.

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland von 1949 und die Verfassung von Berlin von 1950 wiesen Groß-Berlin beziehungsweise Berlin als Land der Bundesrepublik Deutschland aus, doch galt diese Bestimmung bis 1990 nur eingeschränkt. Das Berlinabkommen von 1971 stellte fest, dass die Westsektoren kein ‚konstitutiver Teil‘ der Bundesrepublik seien. Faktisch war West-Berlin von 1949 bis 1990 jedoch ein Bundesland; von westlicher wie insbesondere von westalliierter und westdeutscher Seite aus wurden stets die ‚Bindungen Berlins (West) an den Bund‘ betont.

Begrifflichkeiten

Karte der geteilten Stadt Berlin

Die Schreibweise West-Berlin hatte sich zwar eingebürgert, im Westteil der Stadt wie auch in der Bundesrepublik galt amtlich jedoch die Schreibweise Berlin (West). In der DDR hingegen schrieb man mit bewusster Abgrenzung ‚Selbständige politische Einheit Westberlin‘ kurz ‚Westberlin‘, während mit ‚Berlin, Hauptstadt der DDR‘ der Ostteil der Stadt bezeichnet wurde. In Zeiten des Kalten Krieges konnte man allein an der unterschiedlichen Schreibweise Herkunft oder politischen Standort eines Textes erkennen.

Die in der DDR verwendete Bezeichnung sollte in erster Linie den Eindruck eines geografisch eigenständigen Gebietes vermitteln. Es sollte einerseits eine besonders deutliche Selbstständigkeit West-Berlins (von der Bundesrepublik Deutschland) dargestellt werden, andererseits sollte vermieden werden, dass der als ‚Hauptstadt der DDR‘ bezeichnete Ostteil der Stadt nur als Stadthälfte wahrgenommen würde.

Nach der Wiedervereinigung hat die Frage der Begrifflichkeiten jede politische Brisanz verloren. Wenn eine Unterscheidung der beiden Stadthälften noch nötig ist, etwa in statistischen Zusammenhängen, so sind heute die Schreibweisen Berlin-West bzw. Berlin-Ost allgemein üblich.[2]

Politischer Status

Artikel 1 Absatz 2 und 3 der Verfassung von Berlin vom 1. September 1950 lauteten:

(2) Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
(3) Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind für Berlin bindend.

Artikel 23 des Grundgesetzes (GG) in der bis zum Einigungsvertrag geltenden Fassung nannte Groß-Berlin in der Aufzählung der Länder, in deren Gebiet „dieses Grundgesetz zunächst gilt“ (bis zur Inkraftsetzung auch „in anderen Teilen Deutschlands“).[3]

Aufgrund des Viermächte-Status Berlins hatten die Westalliierten dies so allerdings nicht akzeptiert. Die Alliierte Kommandantur in Berlin hatte am 29. August 1950 angeordnet, Art. 1 Abs. 2 und 3 der Berliner Verfassung seien zurückgestellt und „daß während der Übergangsperiode Berlin keine der Eigenschaften eines zwölften Landes besitzen wird. […] Ferner finden die Bestimmungen irgendeines Bundesgesetzes in Berlin erst Anwendung, nachdem seitens des Abgeordnetenhauses darüber abgestimmt wurde und dieselben als Berliner Gesetz verabschiedet worden sind.“

Die Verfassung vom 1. September 1950 bestimmte deshalb entsprechend in ihrem Artikel 87:

(1) Artikel 1 Abs. 2 und 3 der Verfassung treten in Kraft, sobald die Anwendung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Berlin keinen Beschränkungen unterliegt.
(2) In der Übergangszeit kann das Abgeordnetenhaus durch Gesetz feststellen, daß ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland unverändert auch in Berlin Anwendung findet.[4]

Generelle Finanz- und Vermögensfragen (vor allem die jährliche Subvention aus dem Bundeshalt durch die sogenannte Bundeshilfe) wurden durch ‚Überleitungsgesetze‘ geregelt (insgesamt sechs zwischen 1950 und 1990). Nach dem dort festgelegten Modus wurden fast alle anderen vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetze ebenfalls vom Berliner Abgeordnetenhaus ratifiziert. Dazu enthielten sie eine Berlin-Klausel, die ihre Inkraftsetzung „im Land Berlin […] gemäß Artikel 87 Abs. 2 der Verfassung von Berlin“ durch ein Gesetz des Berliner Abgeordnetenhauses vorsah. Sie lautete: „… gilt nach Maßgabe des § XY des Z. Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin.“

Zuvor hatte es im Genehmigungsschreiben der Militärgouverneure der britischen, französischen und amerikanischen Besatzungszonen zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 unter Nr. 4 geheißen:

„Wir interpretieren den Inhalt der Artikel 23 und 144 (2) des Grundgesetzes dahin, daß er die Annahme unseres früheren Ersuchens darstellt, demzufolge Berlin keine abstimmungsberechtigte Mitgliedschaft im Bundestag oder Bundesrat erhalten und auch nicht durch den Bund regiert werden wird, daß es jedoch eine beschränkte Anzahl Vertreter zur Teilnahme an den Sitzungen dieser gesetzgebenden Körperschaften benennen darf.“[5]

Die Sowjetunion und die DDR erkannten derartige Regelungen überhaupt nicht an. Die Westalliierten duldeten hingegen sogenannte „besondere Bindungen“ und deren Weiterentwicklung wie etwa auch durch regelmäßige Sitzungen von Bundesorganen in West-Berlin, was dann jeweils zu Protesten der sowjetischen Seite führte, auch in Form vom Überflug West-Berlins durch sowjetische Düsenjäger. Der spektakuläre Einsturz der Berliner Kongresshalle am 21. Mai 1980 fand während solcher Überflüge mit Überschallknall statt; ein ursächlicher Zusammenhang ist jedoch nicht erwiesen.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[6] sagte Folgendes aus:

„Das Grundgesetz gilt grundsätzlich auch in Berlin; Berlin ist trotz des Vorbehalts der Besatzungsmächte ein Land der Bundesrepublik Deutschland.“

Der Status von West-Berlin war auch einer der Gegenstände des Viermächteabkommens über Berlin.

Die Berliner Abgeordneten im Bundestag hatten lediglich beratendes Stimmrecht; sie wurden außerdem nicht von der Bevölkerung direkt gewählt, sondern mittelbar vom Abgeordnetenhaus bestimmt (Art. 144 Abs. 2 GG). Auch die vier Berliner Vertreter im Bundesrat hatten lediglich ein beratendes Stimmrecht. Im Gegensatz dazu waren die Vertreter Berlins zur Bundesversammlung stets stimmberechtigt; die West-Alliierten hatten hierzu keinen Vorbehalt angemeldet. In allen drei Gremien waren die (West-)Berliner Abgeordneten stimmberechtigt und ihre Stimmen wurden im offiziellen Wahlergebnis mitgezählt. Dies galt jedoch nicht bei knappen Abstimmungen, wenn das knappe Übergewicht nur auf die Berliner Stimmen zurückzuführen war: In diesem Fall galten die verfassungsrechtlichen Bestimmungen über Mehrheiten in diesen Gremien. Die Ausnahme lag darin begründet, dass es in der Bundesversammlung nicht um Gesetze, sondern um eine Wahl ging; deswegen wurden auch die Berliner Stimmen voll berücksichtigt.

Auch in Ost-Berlin gab es anfangs solche Besonderheiten aufgrund des Viermächte-Status. So waren von 1949 bis 1971 die Ost-Berliner Abgeordneten in der Volkskammer der DDR nicht direkt gewählt und auch nicht stimmberechtigt. Anders als in West-Berlin wurden diese Besonderheiten jedoch nach und nach abgebaut und Ost-Berlin wie ein normaler Bestandteil der DDR behandelt. Die Interpretation des völkerrechtlichen Status Berlins und seiner Teile war zwischen Ost und West strittig (siehe hierzu: Berlin-Frage).

Auf einigen Gebieten, wie den West-Berliner Verkehrsflughäfen, dem Kauf und Besitz von Schusswaffen und den von den Westalliierten genutzten Grundstücken, war selbst der Regierende Bürgermeister den einschlägigen Stellen der Berliner Verwaltung gegenüber nicht direkt weisungsbefugt, da diese Bereiche primär von den Westalliierten, allgemein auch Schutzmächte genannt, überwacht wurden.

Besonderheiten

100-DM-Schein mit ‚Bärenmark‘-Stempel
Datei:Mischfrankatur.jpg
Mischfrankatur von Briefmarken sowohl der Deutschen Bundespost als auch der Deutschen Bundespost Berlin in West-Berlin

Von der Währungsreform 1948 (20. Juni 1948) an galt ab 24. Juni auch in West-Berlin die Deutsche Mark der westdeutschen Bank deutscher Länder als Währung, mit einigen Einschränkungen. Dies führte letztlich zur Berlin-Blockade. Die in West-Berlin eingeführten Banknoten trugen einen B-Stempel („B“ für Berlin) oder eine entsprechende Perforation, genannt Bärenmark; die Ostseite konterte damit, dass am 23. Juni 1948 den alten Reichsmarknoten ein mit ‚B‘ gekennzeichneter Kupon aufgeklebt wurde („Tapetenmark“).[7] Mit der Einführung neuer Banknoten in Ostdeutschland (einschließlich Ost-Berlin) am 24. Juli 1948 entfielen auf beiden Seiten die besonderen Kennzeichnungen. Da zu diesem Zeitpunkt der Verkehr und das Einkaufen in den beiden Stadthälften noch unbehindert waren, gab es in den Monaten Juni und Juli 1948 einige Verwirrungen beim Einkaufen. Es gab in der Stadt drei unterschiedlich gekennzeichnete Banknoten mit prinzipiell gleichem Wert, wobei aber in West-Berlin sehr bald die Annahme der „Klebemark“ verweigert wurde, weil ihr unterschiedlicher Wert aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den beiden deutschen Teilstaaten absehbar war.

Zu den Besonderheiten gehörte der Berliner behelfsmäßige Personalausweis, der von den in Westdeutschland ausgestellten abwich (Einband grün statt grau) und keinen Hinweis auf den ausstellenden Staat, jedoch den Vermerk Der Inhaber dieses Ausweises ist deutscher Staatsangehöriger enthielt; außerdem wurde als Ausstellungsbehörde „Der Polizeipräsident in Berlin“ genannt. Der Vermerk bezüglich der Staatsangehörigkeit wurde bisweilen beim Grenzübertritt in Ostblockländern überstempelt und durch den Satz Der Inhaber dieses Ausweises ist Bürger mit ständigem Wohnsitz in Westberlin versehen. Die amtliche Bezeichnung „Behelfsmäßiger Personalausweis“ ohne die Angabe „Bundesrepublik Deutschland“ und ohne Bundesadler wurde auch für den maschinenlesbaren Personalausweis in Kartenform beibehalten, der 1987 in ansonsten vergleichbarer Form eingeführt wurde. Die in West-Berlin ausgestellten Reisepässe dagegen glichen den in Westdeutschland ausgestellten Pässen und waren mit „Bundesrepublik Deutschland“ beschriftet. Sie wurden formal nicht von Berliner Behörden, sondern von einer in Berlin ansässigen Außenstelle des Bundesinnenministeriums ausgestellt. Für Reisen in Ostblockstaaten und Transitreisen durch die DDR war dieser Pass wegen der Ausstellungsbehörde mit Sitz in West-Berlin nicht anerkannt, sodass der Berliner („behelfsmäßige“) Personalausweis vorzulegen war. Viele West-Berliner umgingen dies Problem dadurch, dass sie sich in Westdeutschland mit einem Zweitwohnsitz anmeldeten (oft fiktiv, z. B. bei Verwandten oder Freunden) und sich dort ihren Pass ausstellen ließen. Diese Personen hatten oft drei „Reisedokumente“ (DDR-Sprachgebrauch): den behelfsmäßigen Personalausweis, den Berliner Reisepass und den unverdächtigen normalen Bundesreisepass, die je nach Opportunität benutzt wurden. In bestimmten Fällen, z. B. bei Reisen in den sonstigen Ostblock, war es für West-Berliner opportuner, den Berliner Pass vorzulegen.

Als besetztes Gebiet hatte West-Berlin einen „entmilitarisierten Status“, das heißt es gab keinerlei Präsenz der Bundeswehr in der Stadt und es existierte keine Wehrpflicht. Die Strafvorschriften des Strafgesetzbuches zu Straftaten gegen die Landesverteidigung galten nicht in West-Berlin. Als nach 1990 das bis dahin westdeutsche Wehrpflichtgesetz auch in Berlin galt, wurden einige Geburtsjahrgänge noch rückwirkend erfasst (→ Weißer Jahrgang). Auf die nach Auffassung der Westalliierten dem Viermächte-Status widersprechende Präsenz der Nationalen Volksarmee der DDR in Ost-Berlin reagierten sie mit regelmäßigen diplomatischen Protestnoten.

Eine weitere Besonderheit war die Einrichtung einer eigenen Postverwaltung (Landespostdirektion Berlin), die von der Deutschen Bundespost getrennt war und unter anderem eigene Briefmarken mit der Bezeichnung „Deutsche Bundespost Berlin“ herausgab. Tatsächlich war diese Trennung nur nominell, da die beiden Postverwaltungen faktisch integriert waren. Die West-Berliner Briefmarken waren dementsprechend auch in Westdeutschland gültig und umgekehrt.

Ebenfalls nominell getrennt waren die Berliner Tochterfirmen der damals drei deutschen Großbanken Deutsche Bank (in Berlin: Berliner Disconto Bank, später Deutsche Bank Berlin), Commerzbank (in Berlin: Berliner Commerzbank) und Dresdner Bank (in Berlin: Bank für Handel und Industrie). Die Namen sind teilweise aus ehemaligen Tochtergesellschaften oder Übernahmen abgeleitet. Der Grund dafür lag in der alliierten Maßnahme der Nachkriegszeit, die Großbanken in kleine selbstständige Unternehmen zu zerschlagen. Nach Ende der Besatzungsära in der Bundesrepublik wurde diese Trennung nur in West-Berlin über die 1950er Jahre hinaus durchgehalten.

Da die drei Luftkorridore, die West-Berlin mit Westdeutschland verbanden, nach den alliierten Vereinbarungen der Nachkriegszeit nur von Flugzeugen der Westalliierten beflogen werden durften, landeten dort nur Verkehrsflugzeuge von britischen, französischen und amerikanischen Fluggesellschaften, von denen der gesamte inländische und internationale Flugverkehr West-Berlins bedient wurde. Den stärksten Anteil hatten Pan Am, British Airways und Air France, aber auch andere in diesen Ländern registrierte Gesellschaften, darunter auch einige mit mehrheitlich deutscher Beteiligung und lediglich nomineller Registrierung in einem Land der Westmächte (Euroberlin France und Air Berlin USA). Ebenso war für deutsche Behörden und Privatleute in West-Berlin jegliche Luftfahrt verboten.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass bis zur deutschen Wiedervereinigung nach alliiertem Recht in West-Berlin formell noch die Todesstrafe für unerlaubten Waffenbesitz gemäß den entsprechenden Kontrollratsgesetzen hätte verhängt werden können.[8]

Reisebeschränkungen

Bewohner West-Berlins konnten zu allen Zeiten in westliche Länder reisen. Die in West-Berlin ausgestellten Reisepässe der Bundesrepublik Deutschland wurden dort ebenso anerkannt wie die behelfsmäßigen Personalausweise für die deutschen Einwohner der Westsektoren Berlins (sofern für die Einreise auch für Westdeutsche der Personalausweis genügte). Ebenso war zu allen Zeiten die Durchfahrt durch die Sowjetische Besatzungszone beziehungsweise die DDR im sogenannten ‚Transitverkehr‘ möglich, mit Ausnahme der Zeit der Berlin-Blockade durch die Sowjetunion vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949.

Die Möglichkeiten zum Besuch Ost-Berlins, der DDR und osteuropäischer Staaten änderten sich über die Jahre mehrmals: Bis 1953 galten die Regelungen des Interzonenverkehrs (siehe dort). Bereits ab Mai 1952 war West-Berlinern das Besuchen der DDR grundsätzlich verwehrt; sie konnten zwar eine Einreisegenehmigung beantragen, die in der Praxis jedoch nur selten erteilt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits erste Straßensperren an der West-Berliner Außengrenze errichtet.[9] Weiterhin nahezu ungehindert erreichbar blieb vorerst der Ostteil der Stadt. Die Bewegungsfreiheit endete also an der äußeren Stadtgrenze, die damals auch im Ostteil kontrolliert war.

Ab dem Mauerbau 1961 wurde West-Berlinern – bis auf eine etwa zwei Jahre dauernde Episode beschränkter Einreisemöglichkeiten (vor allem zu Weihnachten, jedoch nur für Verwandte) – der Besuch Ost-Berlins völlig verwehrt. Dagegen konnten Westdeutsche und westliche Ausländer unter Vorlage eines Reisepasses ohne vorherige Beantragung eines Visums weiterhin Ost-Berlin für Kurzbesuche betreten. Die Situation änderte sich erstmals 1963, als nach komplizierten Verhandlungen zwischen dem West-Berliner Senat und der DDR eine zeitlich begrenzte Passierscheinregelung Familienbesuche im Ostteil der Stadt über Weihnachten und Neujahr ermöglichte. Weitere ebenso zeitlich begrenzte Passierscheinregelungen folgten 1964, 1965 und 1966.[10]

Die Situation änderte sich grundlegend erst mit dem Viermächteabkommen 1971, in dessen Folge Einreiseregelungen für West-Berliner in die DDR beziehungsweise nach Ost-Berlin definiert wurden. Diese entsprachen seitdem etwa den vereinfachten Regelungen des ‚Kleinen Grenzverkehrs‘ zwischen der Bundesrepublik und der DDR, anders als bei diesem war jedoch West-Berlinern die Einreise in die gesamte DDR möglich. Die DDR betrieb seitdem fünf sogenannte ‚Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten‘ (betrieben vom Ministerium für Staatssicherheit) auf West-Berliner Boden, in denen Einreiseanträge abgegeben und Berechtigungsscheine für Visa in der Regel nach drei Tagen ausgegeben wurden. Mit diesem Visum durften West-Berliner bis 2:00 Uhr des Folgetages in der DDR und in Ost-Berlin bleiben, während bundesdeutsche Bürger schon um spätestens 24:00 Uhr wieder am Grenzübergang sein mussten. Für West-Berliner entfiel auch die Visagebühr in Höhe von 5 DM. West-Berliner waren also nunmehr gegenüber Westdeutschen für den Besuch Ost-Berlins nur noch geringfügig benachteiligt, genossen jedoch für den Besuch der übrigen DDR Vorteile.

Als Reisedokument für West-Berliner erkannte die DDR – ebenso wie die übrigen RGW-Länder – ausschließlich den oben beschriebenen Behelfsmäßigen Personalausweis an. Die in West-Berlin ausgestellten Pässe der Bundesrepublik hatten keine Gültigkeit. Erkennbar waren solche Pässe für deren Behörden an der Wohnort-Eintragung „Berlin“. Mit dieser Praxis wollten die Behörden dieser Staaten dokumentieren, dass West-Berlin „kein Bestandteil der Bundesrepublik“ sei.

Am 24. Dezember 1989 entfielen für West-Berliner und Bundesbürger Visumpflicht und Mindestumtausch entsprechend den zuvor zwischen Helmut Kohl und Hans Modrow ausgehandelten Vereinbarungen.[11] Seitdem genügte für die Einreise nach Ost-Berlin oder die DDR die Vorlage des Personalausweises. Wurde zunächst noch das Ausfüllen von ‚Zählkarten‘ bei jedem Besuch verlangt, entfiel dieses Erfordernis am 24. Januar 1990 ebenfalls.[12] Die Kontrollen wurden in den anschließenden Monaten zunehmend stichprobenhafter. Sämtliche Grenzkontrollen der DDR entfielen am 30. Juni 1990, dem Tag der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik und der DDR.

Einwohnerentwicklung

Die höchste Einwohnerzahl erreichte West-Berlin 1957 mit 2,23 Millionen. Die niedrigste Bevölkerungszahl wurde 1984 mit 1,85 Millionen festgestellt. Auf Fehlern in der Fortschreibung des Statistischen Landesamtes beruhte der Anstieg um 133.484 Personen zwischen Dezember 1986 und Mai 1987. Grund war der lange Zeitraum seit der letzten Volkszählung von 1970, die allgemein als Grundlage für die Fortschreibungsergebnisse des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter dient. Für den 24. Mai 1987 wurde eine Einwohnerzahl von 1.881.059 für West-Berlin berechnet, was um 7,1 Prozent unter dem Ergebnis der Volkszählung (2.012.709 Einwohner) vom 25. Mai 1987 lag. (Ursache waren unter anderem Wohnsitzverlagerungen in das westliche Bundesgebiet bis 1971, die nur formell vorgenommen wurden[13] mit dem Ziel, durch einen westdeutschen Wohnsitz doch noch einen zu Reisen in die DDR verwendbaren bundesdeutschen Reisepass zu erlangen (siehe Abschnitt Reisebeschränkungen).

Die Einwohnerzahlen in der folgenden Tabelle beinhalten Volkszählungsergebnisse (*) oder amtliche Fortschreibungen des Statistischen Landesamtes Berlin.

Datum Einwohner
29. Oktober 1946* 1.996.250
13. September 1950* 2.146.952
25. September 1956* 2.223.777
31. Dezember 1957 2.228.545
06. Juni 1961* 2.197.408
31. Dezember 1965 2.197.262
27. Mai 1970* 2.122.346
Datum Einwohner
31. Dezember 1975 1.984.837
31. Dezember 1980 1.896.230
31. Dezember 1984 1.848.585
31. Dezember 1985 1.860.084
31. Dezember 1986 1.879.225
25. Mai 1987* 2.012.709
31. Dezember 1989 2.130.525

*) Volkszählungsergebnis

Bezirke

Bezirke von West-Berlin
Die vier Sektoren Berlins


West-Berlin war mit 481 Quadratkilometern etwas mehr als halb so groß wie das Land Berlin heute. Es war in drei Sektoren unterteilt, wobei jeder einem der West-Alliierten unterstellt war:

Liste der Bezirke von West-Berlin
Name des Bezirks Bezirks-
wappen
Fläche (km²)[14] Einwohner[15] Sektor Zuständiges Land Ortsteile[16] Ehemalige Postleitzahlen (1000 Berlin …)[17] Weitere Ortslagen und heutige Ortsteile
Bezirk Charlottenburg Coat of arms de-be charlottenburg 1957.png 30,3 147.258 Flag of the United Kingdom.svg Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
Bezirk Kreuzberg Coat of arms de-be kreuzberg 1956.png 10,4 128.790 Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten von Amerika
Bezirk Neukölln Coat of arms of borough Neukoelln.svg 44,9 273.174 Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten von Amerika
  • 44, Neukölln
  • 47, Britz, Buckow, Rudow
Bezirk Reinickendorf Coat of arms of borough Reinickendorf.svg 89,3 229.193 Flag of France.svg Französische Republik
  • 26, Wittenau
  • 27, Heiligensee, Konradshöhe, Tegel, Waidmannslust
  • 28, Frohnau, Hermsdorf, Lübars
  • 51, Reinickendorf-Ost
  • 52, Reinickendorf-West
Bezirk Schöneberg Coat of arms de-be schoeneberg 1956.png 12,2 136.900 Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten von Amerika
  • 30, Schöneberg-Nord
  • 41, Friedenau
  • 62, Schöneberg
Bezirk Spandau Coat of arms of borough Spandau.svg 86,4 192.186 Flag of the United Kingdom.svg Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
  • 13, Siemensstadt
  • 20, Spandau, Staaken
  • 22, Gatow, Kladow
Bezirk Steglitz Coat of arms de-be steglitz 1956.png 32,0 166.207 Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten von Amerika
  • 41, Steglitz
  • 45, Lichterfelde
  • 46, Lankwitz
Bezirk Tempelhof Coat of arms de-be tempelhof 1957.png 40,7 160.773 Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten von Amerika
  • 42, Tempelhof, Mariendorf
  • 48, Marienfelde
  • 49, Lichtenrade
Bezirk Tiergarten Coat of arms de-be tiergarten 1955.png 13,4 71.834 Flag of the United Kingdom.svg Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
Bezirk Wedding Coat of arms de-be wedding 1955.png 15,4 135.011 Flag of France.svg Französische Republik
  • 65, Wedding
Bezirk Wilmersdorf Coat of arms de-be wilmersdorf 1955.png 34,3 130.103 Flag of the United Kingdom.svg Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
  • 15, Wilmersdorf-Nord
  • 31, Wilmersdorf-Süd
  • 33, Grunewald
Bezirk Zehlendorf Coat of arms de-be zehlendorf 1956.png 70,6 83.123 Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten von Amerika
  • 33, Dahlem
  • 37, Zehlendorf
  • 38, Nikolassee
  • 39, Wannsee

Exklaven und Enklaven

West-Berlin besaß bis 1988 mehrere Exklaven, die von DDR-Territorium umgeben waren. Die Exklaven entstanden bei der Bildung Groß-Berlins 1920, dessen Stadtgrenze damals die komplizierten Grenzverhältnisse der eingemeindeten Landgemeinden erbte. Bedeutung erlangten sie jedoch erst mit dem Mauerbau für alle Exklaven, die zu den westlichen Sektoren gehörten.

Die Exklaven wurden nach dem Viermächteabkommen in mehreren Schritten durch Gebietsaustausche (zusammen mit anderen Korrekturen ungünstiger Grenzläufe, beispielsweise am Lenné-Dreieck in Berlin-Mitte) an den Westteil Berlins angegliedert oder an die DDR abgegeben. Bekanntestes Beispiel war Berlin-Steinstücken, da dies die einzige dauerhaft bewohnte Exklave war. Bis zum Bau einer Verbindungsstraße nach West-Berlin wurde die Bevölkerung dort teils mit Hubschraubern der Streitkräfte der Vereinigten Staaten versorgt.

Exklaven, die zum Stadtgebiet von West-Berlin gehörten

Name Bezirk Nutzung Fläche Statusänderungen
Falkenhagener Wiese Bezirk Spandau 45,44 ha 1988 zur DDR, 1990 zu Brandenburg
Wüste Mark ehemaliger Bezirk Zehlendorf Ackerfläche 21,83 ha 1988 zur DDR, 1990 zu Brandenburg
Laßzins-Wiesen Bezirk Spandau 13,49 ha 1988 zur DDR, 1990 zu Brandenburg
Steinstücken ehemaliger Bezirk Zehlendorf Ortslage 12,67 ha 1971 mit Berlin über einen Korridor verbunden
Große Kuhlake Bezirk Spandau 8,03 ha 1971 zur DDR, 1990 zu Brandenburg
Nuthewiesen ehemaliger Bezirk Zehlendorf Feuchtbiotop 3,64 ha 1971 zur DDR, 1990 zu Brandenburg
Fichtewiese Bezirk Spandau Wochenendsiedlung 3,51 ha 1988 mit Berlin verbunden
Finkenkrug Bezirk Spandau 3,45 ha 1971 zur DDR, 1990 zu Brandenburg
Erlengrund Bezirk Spandau Wochenendsiedlung 0,51 ha 1988 mit Berlin verbunden
Böttcherberg ehemaliger Bezirk Zehlendorf drei getrennte Flächen in Potsdam-Klein Glienicke 0,30 ha 1971 zur DDR, 1990 zu Brandenburg

Am 20. Dezember 1971 wurde im Rahmen des ersten derartigen Gebietsaustauschs unter anderem die bis dahin in West-Berliner Besitz befindliche Exklave Nuthewiesen, an die DDR abgegeben, während im Gegenzug mit finanziellen Mitteln durch die Bundesregierung ein Korridor-Zugang von Kohlhasenbrück (Zehlendorf) zur Exklave Steinstücken dem West-Berliner Gebiet angegliedert wurde. Die letzten Exklaven wurden 1988 an die DDR abgegeben, beziehungsweise erhielten, wie im Falle Fichtewiese und Erlengrund, einen dauerhaften Zugang zu West-Berlin.

Enklaven, die zur DDR gehörten oder von der DDR beansprucht wurden

Während die (ungenutzten) DDR-Enklaven im Eiskeller bis zur endgültigen Grenzbereinigung 1988 noch in allen offiziellen Karten und vielen Stadtplänen als exterritoriales Gebiet aus Sicht West-Berlins eingezeichnet waren, traf dies für die Tiefwerder Wiesen (ein von West-Berlinern genutztes Wochenendsiedlungsgebiet) nicht zu. Obwohl die DDR in den Gebietsaustauschverhandlungen versuchte, einen Teil der Tiefwerder Wiesen auf ihrer Habenseite einzubringen, lehnten die Briten, in deren Sektor sich das Gebiet befand, einen staatshoheitlichen Anspruch der DDR ab. Der Status als Enklave der Gemeinde Seeburg wurde insofern anerkannt, als die Briten schon in den 1960er Jahren West-Berliner Behörden anwiesen, zwar Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, jedoch auf dem Gebiet nicht amtlich tätig zu werden. Der unklare Status fand seine stillschweigende Bereinigung in einer Protokollnotiz zu den letzten Gebietsaustauschvereinbarungen 1988. Beide Seiten erklärten, seitdem keine Exklaven mehr im jeweils anderen Territorium zu haben.

Bereiche unter sowjetischer oder späterer DDR-Verwaltung

Kulturhistorische Bedeutung

Seit der Wiedervereinigung wird mitunter der Begriff „das alte West-Berlin“ benutzt. Er soll auf die besondere Situation und Stimmung in West-Berlin in den Zeiten der Berliner Mauer hinweisen. West-Berlin stellte eine Insel inmitten der DDR dar und wurde teilweise auch „Insel im roten Meer“ genannt, angelehnt an die Farbe Rot, die für Sozialismus und Kommunismus steht.

Während die DDR-Regierung den Ostteil Berlins zum Zentrum Ihrer Macht und im Vergleich zur übrigen DDR finanziell und versorgungstechnisch besonders gefördert hatte, wurde etwa die Hälfte des West-Berliner Finanzhaushalts aus dem Bundeshaushalt bestritten, da West-Berlin wiederum als ein Aushängeschild des Westens gefördert wurde.

West-Berlin war eines der „Auswanderungsziele“ der westdeutschen Jugend und ein Ziel der Wehrdienstflüchtlinge. Dazu musste der Mann rechtzeitig vor dem Einberufungsbescheid der Bundeswehr seinen Hauptwohnsitz nach Berlin verlegen, also den westdeutschen Personalausweis gegen einen Berliner Ausweis – offiziell „Behelfsmäßiger Personalausweis“ – tauschen. Um Nachwuchskräften und (steuerzahlenden) Arbeitnehmern einen Ausgleich für die Umstände in der ummauerten Stadt zu gewähren, wurden Berliner Arbeitnehmern eine Berlinzulage von 8 Prozent auf das Bruttogehalt gewährt. Diese Zulage wurde nach 1990 schrittweise abgebaut.

Rund um den Kurfürstendamm konzentrierte sich das gesellschaftliche Leben der Mauerstadt. Er war das Zentrum der kulturellen Unternehmungen. Seit der Wende ließ die Bedeutung der City-West (Neuer Westen) nach, aus Kinos wurden Filialen von Modehäuser-Ketten, kleine Boutiquen und andere kleine Geschäfte mussten Filialen größerer Ketten weichen. Das ist insbesondere dem Erstarken der alten Berliner Mitte rund um die Friedrichstraße und Unter den Linden geschuldet. Unkenrufe, die einen völligen Niedergang des Kurfürstendamms prophezeiten, haben sich jedoch nicht bestätigt. Die seit jeher dezentrale Stadtstruktur Berlins mit mehreren Hauptgeschäftszentren, aber auch die Tatsache, dass der Potsdamer Platz eher bei Touristen beliebt ist als bei den Berlinern selbst, bewahrt die Attraktivität des Kurfürstendamms und lässt diese auch für die Zukunft als gesichert erscheinen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Allgemein
Weblinks zu den Exklaven

Einzelnachweise

  1. Rundschreiben I Nr. 120/1982 des Senators für Inneres vom 24. November 1982 betr. Bezeichnung Berlins und seiner Stellung zum Bund
  2. Vgl. z. B. Statistisches Bundesamt: Fußnote 2 zur Tabelle Entwicklung der Bruttoverdienste
  3. Art. 23 GG a.F.
  4. Verfassung von Berlin vom 1. September 1950, einschließlich des Genehmigungsschreibens der Alliierten Kommandantura Berlin
  5. Genehmigungsschreiben der Militärgouverneure der britischen, französischen und amerikanischen Besatzungszone zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949, englische Originalversion zitiert in BVerfGE 1, 70 (1 BvR 24/51 vom 25. Oktober 1951): We interpret the effect of Articles 23 and 144 (2) of the Basic Law as constituting acceptance of our previous request that while Berlin may not be accorded voting membership in the Bundestag or Bundesrat nor be governed by the Federation she may, nevertheless, designate a small number of representatives to the meetings of those legislative bodies.
  6. BVerfGE 19, 377 – Berlin-Vorbehalt II
  7. Wolfgang Malanowski: Zeitgeschichte: „Bärenmark, Tapetenmark“. In: Spiegel Special 2/1998, 1. Februar 1998.
  8. Hieb und Stich. In: Der Spiegel, Nr. 19/1984, abgerufen am 7. April 2012.
  9. Der Außenring
  10. Passierscheinabkommen
  11. Chronik der Wende 24. Dezember 1989
  12. Chronik der Wende 24. Januar 1990
  13. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg und Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (Hrsg.): Bildung in Berlin und Brandenburg 2008, S. 357, Stichworte: Bevölkerungsprognose, Bevölkerungsfortschreibung, Berlin (PDF).
  14. Quellen: Angaben in entsprechenden Artikeln zu den Berliner Bezirken und Ortsteilen sowie Harms Berliner Grundschulatlas, Berlin 1987, S. 26 (Stand: 31. Dezember 1983)
  15. Stand: 31. Dezember 1983, Quelle: Harms Berliner Grundschulatlas, Berlin 1987, S. 26
  16. nach Harms Berliner Grundschulatlas, Berlin 1987, S. 27
  17. Telefonnummern-Beginnziffern und Postleitzahlen bis 1993 in Berlin (West)
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