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’Ndrangheta
Die ’Ndrangheta [(n)ˈdraŋɡeta][1] ist die Vereinigung der kalabrischen Mafia, deren Aktionsradius ganz Europa, Nord- und Südamerika sowie Russland und Australien umfasst. Mit geschätzten 50 Milliarden Euro Jahresumsatz[2] gilt die ’Ndrangheta seit Mitte der 1990er Jahre als mächtigste Mafia-Organisation der Welt.[3] Wichtigste Einnahmequellen sind der Drogenhandel und die illegale Müllentsorgung, insbesondere von Giftmüll.[4][5] Sie kontrolliert weite Teile des Kokainhandels in Europa[6] und gilt als einer der größten Kokainimporteure weltweit.[7]
Organisation
Ursprünge und Name
Die Wurzeln der ’Ndrangheta reichen zurück bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Damals hieß sie Picciotteria und gedieh in ländlichen Gebieten.[8] Man vermutet, dass sie aus Briganten und Rebellen in den Gemeinden Platì und San Luca entstand. Das Einkommen bestritt man vornehmlich aus Erpressungen und Entführungen. Die Herkunft des Namens ist nicht ganz geklärt. Er könnte aus dem in Teilen Kalabriens gesprochenen griechisch-kalabrischen Dialekt stammen und verwandt sein mit griechisch ἀνδραγαθία andragathía „Heldentum, Tugend“ oder ἀνδράγαθος andrágathos „helden-, tugendhaft“, zusammengesetzt aus ἀνήρ anḗr (Genitiv ἀνδρός andrós) „Mann“ und ἀγαθός agathós „gut“. Die Auslassung von Anfangsvokalen ist in süditalienischen Dialekten ein häufiges Phänomen. Erstmals gebrauchte der kalabrische Schriftsteller Corrado Alvaro das Wort ’Ndrangheta vor einer breiteren Öffentlichkeit im September 1955 im Corriere della Sera.[9][10] In einer konfiszierten Mafia-Villa in Reggio Calabria widmet sich das Museo della ’ndrangheta der Dokumentation und Erforschung der ’Ndrangheta.
Beschäftigungsfelder
Kalabrien ist aufgrund der geografischen und klimatischen Gegebenheiten seit jeher die ärmste Region Italiens, in Süditalien leben 37 % der italienischen Bevölkerung, die Wirtschaftsleistung beträgt jedoch nur 24 %. Im Jahre 2019 lag die Beschäftigungsquote in Kalabrien bei 42,0 % (im EU-Raum bei 73 %), 90 % der Kalabresen arbeiten in Firmen mit weniger als neun Angestellten. Das Nettoeinkommen liegt unter der Hälfte des Einkommens der Bevölkerung in Norditalien. 2019 betrug die Arbeitslosenquote in Kalabrien 21 %, sie lag mit 41 % bei den jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren deutlich über dem Schnitt Italiens.[11] Das Misstrauen gegen die Zentralregierung in Rom begründet sich aus den historischen und aktuellen Bedingungen, aus der Schwäche der staatlichen Institutionen konnten sich die örtlichen Familienclans entwickeln. Mit der Macht über 20 % der Wählerstimmen können Lokalpolitiker von der ’Ndrangheta direkt bestimmt werden, unbestechliche Bürgermeister sind die Ausnahme. Wegen kriminellen Vernetzungen stehen zahlreiche Städte und Gemeinden unter staatlicher Zwangsverwaltung. Die strukturellen Schwächen des Staates nutzt die ’Ndrangheta, um beispielsweise Baugenehmigungen und Arbeitsplätze zu verteilen. Man nimmt an, dass alle Clanchefs bei staatlichen Stellen (wie in der Holzwirtschaft oder im Verkehrswesen) offiziell angestellt sind, zum Nachweis eines regelmäßigen Einkommens und um krankenversichert zu sein.[12] Die Organisation ist mit 400 Führungsfiguren in 40 Ländern aktiv. Insgesamt sind weltweit rund 60.000 Menschen in die Aktivitäten der ’Ndrangheta verwickelt.
Kriminelle Betätigungsfelder
Die 'Ndrangheta wurde bis in die späten Nachkriegsjahre, im Gegensatz zur Camorra und Cosa Nostra, aufgrund der dünnbesiedelten und politisch irrelevanten süditalienischen Region national und international kaum wahrgenommen. Ab den 1950er Jahren begannen sich die Aktivitäten zu diversifizieren und reichten vom Drogenhandel auf internationaler Ebene (Siderno-Gruppe) bis zur Infiltration in Verträge für die Autobahn Salerno-Reggio Calabria und das Industriegebiet von Gioia Tauro in den 1970er Jahren. Der Erlös des Geldes wird im Ausland reinvestiert und gewaschen. Zahlreiche Entführungen in den 1960er und 1970er Jahre sorgten allerdings für Aufmerksamkeit, weil viele Opfer aus den nördlichen Provinzen Italiens stammten. Die italienische Gleichgültigkeit gegenüber der tatsächlichen Bedrohung durch die 'Ndrangheta verlor sich nach gewalttätigen Aktionen, wie der Ermordung von Francesco Fortugno, dem zweiten Vorsitzenden der Regionalversammlung im Oktober 2005, und den Duisburg-Morden 2007, insbesondere nach der Detonation einer Bombe vor der Staatsanwaltschaft in Reggio Calabria im Jahr 2010.[13]
Laut einem Bericht der Anti-Mafia-Kommission aus dem Jahr 2014 liegt die Stärke der ’Ndrangheta sowohl in ihrer ökonomischen Macht als auch in ihrem starken Einfluss auf die Politik. Beim Drogenhandel hat die ’Ndrangheta keine Gegner: Sie kooperiert mit den südamerikanischen Kartellen und arbeitet oft in enger Verbindung mit amerikanischen Mafia-Clans oder der amerikanischen Cosa Nostra. Die „Operation New Bridge“ enthüllte beispielsweise die Verbindung zwischen dem Ursino Clan aus Marina di Gioiosa Ionica und der Gambino-Familie aus New York City.[8]
Im Jahr 2004 schätzte die Guardia di Finanza, dass die 'Ndrangheta allein mit dem Drogenhandel 22,34 Milliarden Euro, 4,7 Milliarden Euro durch Wirtschaftsstraftaten und 4,6 Milliarden Euro durch Waffenhandel und Prostitution erwirtschaftete, mit anderen Geschäftsfeldern insgesamt 36 Milliarden Euro, das entsprach 3,4 % des nationalen Bruttoinlandsprodukts. Wirtschaftsprofessor Donato Masciandaro rechnete die Einnahmen aus der Geldwäsche hinzu und kam auf einen Betrag von 55 Milliarden Euro. Nach dem Svimet-Bericht 2007 zahlen 150.000 Unternehmen in Kalabrien Schutzgeld, die Hälfte aller ansässigen Unternehmen.[14] Der Eurispes-Bericht für 2008 weist einen standardmäßig geschätzten Umsatz von 44 Milliarden Euro aus, 62 % der Einnahmen mit 27,24 Milliarden Euro stammen aus dem Drogenhandel.[15] Nach den Zahlen von The Guardian aus dem Jahr 2013 wird ein weltweiter Umsatz von 53 Milliarden Euro (73 Milliarden US-Dollar) der 'Ndrangheta angenommen, beinhaltend den Drogenhandel mit 24,2 Milliarden Euro, illegalen Abfallhandel 19,6 Milliarden Euro, Rotlichtkriminalität (Glücksspiel, Menschenhandel, Prostitution, Waffenhandel) u. a. über 2,3 Milliarden Euro.[16]
Diese Gewinne machen die 'Ndrangheta zu einer der reichsten Mafia-Organisationen der Welt. Der Erfolg dieser Organisation kann nur durch eine geschickte Geldwäschepolitik (zunächst durch Entführungen ermöglicht) und durch eine Reinvestition im Drogenbereich erklärt werden. Die Haupttätigkeit ist der Drogenhandel, aus dem die größten Einnahmen erzielt werden, wobei Kokain der wichtigster Sektor ist. Nach Erkenntnissen europäischer Drogenermittler stellt die ’Ndrangheta die bedeutendsten Gruppen im europäischen Kokain-Handel, noch vor den kolumbianischen Drogenkartellen. Die Dominanz der ’Ndrangheta ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es ihr gelang, Teile des Geschäfts an sich zu reißen, als die sizilianische Cosa Nostra in den 1990er Jahren unter Druck geriet. Trotz der Einschränkungen der Mobilität von Menschen während der CORONA-Pandemiekrise, wurden in den Häfen von Gioia Tauro, Genua, La Spezia, Vado Ligure und Livorno erhebliche Drogenanlandungen registriert. Symptomatisch ist die Fähigkeit der Catanzaro-Clans, riesige Importe von Kokain aus Südamerika zu planen und in Europa, Neuseeland und Australien weiterzuverkaufen. Ab 2019 war ein neuer Anstieg der auf dem kalabrischen Flughafen beschlagnahmten Drogenmengen zu verzeichnen. Im Jahr 2020 wurden rund 5.000 kg Kokain sichergestellt und allein in den sechs Monaten 2021 über 7.500 kg beschlagnahmt. Durch die Polizei wurde eine beträchtliche Anzahl von Cannabisplantagen in verschiedenen Gebieten Kalabriens entdeckt. Dieser Umstand zeigt die Beteiligung der organisierten Kriminalität an dem spezifischen Phänomen der Vor-Ort-Produktion und der anschließenden Verarbeitung und dem Verkauf der in großen Mengen produzierten illegalen Substanzen.[17]
Die Infiltration von Verträgen und Unterverträgen, die regelmäßig mit Veruntreuung von Mitteln des Staates und der Europäischen Union verbunden ist, begann in den siebziger Jahren. So auch bei den Bauarbeiten der 497 Kilometer langen Autobahn A3 von Salerno nach Reggio Calabria. Von 2000 bis 2011 hat Italien mehr als 47,7 Milliarden an EU-Mitteln bekommen, um insbesondere in den südlichen Regionen die Landwirtschaft und die Infrastruktur zu festigen, ein Großteil des Geldes versickerte auf kriminelle Weise. Entweder hatten mafiöse Firmen direkt öffentliche Aufträge erlangen können oder es wurden saubere Unternehmen bedroht und Schutzgelder verlangt. Im Gegenzug garantierten die Clans die Sicherheit der Baustellen. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatten die Clans während der Bauzeit rund 30 Morde begangen.[18]
Die Entsorgung von illegalen Abfällen wurde für die kalabrische Mafia in den vergangenen drei Jahrzehnten zu einem riesigen Geschäft, an Land werden Felder umgegraben und dort gefährliche Abfälle abgeladen. Allein auf einer Müllkippe in der Region Gioia Tauros, am südlichen Westzipfel Italiens, wurde auf einer Fläche von sechzig Fußballfeldern Müll aus ganz Europa vergraben. Der Abfall stammt aus Österreich, Frankreich und auch Deutschland. Rund 600 Müllkippen gibt es in Kalabrien. Abwasser wird illegal nach Kalabrien verschifft und zum Beispiel in die Kläranlage von Gioia Tauro eingespeist. Der Hafen von Gioia Tauro gilt als Drehkreuz für das Müllgeschäft, in den Jahren 2016 und 2017 wurden 60.000 Tonnen Müll dorthin verschifft und im Umland entsorgt. Den Hafen leitet eine Transportfirma, nur über sie kann dort Müll angeliefert werden. Unternehmen, die nach Gioia Tauro verschiffen, erhalten zwei Rechnungen: Eine für die offiziellen Dienste der Transportfirma und eine für Schutzzölle der Mafia. Laut Bundeskriminalamt wurden giftige Abfälle von Deutschland nach Africo gebracht und in einem Feld vergraben, in der Folge ist Zahl der Tumorkranken in dem Dorf extrem gestiegen, 2013 starben dreiunddreißig von fünfzig Bewohnern an Krebs. Im Juli 2007 wurden 135 Container mit radioaktiv verstrahltem Müll, die für China, Indien, Russland und Nordafrika bestimmt waren, beschlagnahmt, in diesem Zusammenhang wurde auch zum Untergang von Schiffen im Mittelmeer und bei Ostafrika ermittelt.[19]
In Ermittlungsverfahren als auch aus Auswertungen von Informationen aus Italien wurden Erkenntnisse gewonnen, dass kriminelle Strukturen gefälschte oder minderwertige Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel in den Vertrieb bringen beziehungsweise Gastronomiebetriebe zur Abnahme nötigen, das Entdeckungsrisiko sowie die Strafandrohung sind gering. Die Agro-Mafia investiert in Immobilien und Restaurants, handelt hier mit Drogen und Schwarzarbeitern, wäscht schmutziges Geld. In Ermittlungsverfahren zur Organisierten Kriminalität ergaben sich Bezüge zum Agrar- oder Lebensmittelmarkt, dies betrifft insbesondere den Betrug mittels Herstellung und Verkauf minderwertiger Waren, die zu überteuerten Preisen angeboten werden. Die Spanne erstreckt sich vom Etikettenschwindel von billigem Rindfleisch aus Uruguay, das als Bresaola zu Delikatess-Preisen verkauft wird, gepanschtem Wein zum gestreckten Olivenöl, das vom Clan der Piromallis als hochwertiges Bio-Öl verkauft wird. Die deutschen Sicherheitsbehörden sprechen von „hohen Gewinnen“, die bei Geschäften mit gefälschten oder qualitativ schlechten Lebensmitteln gemacht werden können. Die Schäden für die italienische Wirtschaft 2015 aller Mafia-Aktivitäten werden auf 16 Milliarden Euro geschätzt.[20]
Für die Flüchtlingsbetreuung sind von der Europäischen Union zwischen 2006 und 2015 über 100 Millionen Euro in das Aufnahme- und Asylzentrum in Isola di Capo Rizzuto bei Crotone der Bruderschaft der Barmherzigkeit, mit rund 1500 Plätzen zweitgrößte Asylzentrum Italiens, geflossen. Von den EU-Geldern gelangten laut Erkenntnissen der Staatsanwälte rund 36 Millionen Euro unrechtmäßig in die Kassen der 'Ndrangheta. Von der Geschäftsführung um den Präsidenten Leonardo Sacco wurden Aufträge für die Verpflegung, die Wäsche und andere Dienste an eigens für diesen Zweck vom Arena-Clan gegründete Firmen vergeben. Sacco ermöglichte einzelne Auftragsvergaben des Flüchtlingszentrums von Lampedusa im Sinne der Clans. Der Priester Don Edoardo Scordio erhielt unrechtmäßig 132.000 Euro für angebliche spirituelle Dienste und deponierte sie auf einer Schweizer Bank. Am 15. Mai 2017 wurden bei einer Durchsuchungsaktion insgesamt 68 Personen verhaftet.[21]
Der Ort Isola di Capo Rizzuto wurde auch durch Verstrickungen in Geldwäschegeschäfte bekannt. Durch das Unternehmen Vent1 Capo Rizzuto Srl wurde ab 2002 die Windfarm Isola Capo Rizzuto errichtet, eine der größten dieser Art in Europa. Die HSH Nordbank investierte 225 Millionen in die Anlage. Das Unternehmen stand immer wieder im Verdacht, Geldwäsche für die ’Ndrangheta zu betreiben. Darum wurde die Windfarm kurzfristig vom italienischen Staat beschlagnahmt.[22]
Geografische Betätigungsfelder
Die 'Ndrangheta ist in allen zwanzig Regionen Italiens präsent, in Venetien, Friaul-Julisch Venetien und der Toskana führt sie Geldwäscheaktivitäten durch, während es im Piemont, im Aostatal, in der Lombardei, in Ligurien, in der Emilia-Romagna und in Umbrien konsolidierte Partnerschaften gibt, in denen sie entweder andere kriminelle Organisationen verdrängt, Allianzen gebildet oder Nichteinmischungsvereinbarungen getroffen hat.[23] In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen im Gebiet von Reggio die ersten Hinweise auf organisiertes Verbrechen in Kalabrien auf und ab dem 20. Jahrhundert breitete sich die kriminelle Organisation zunächst in der gesamten Region Kalabrien und dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in allen Regionen Italiens aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte der Marshallplan für einen Wirtschaftsaufschwung, der sich in der Dekade von 1953 bis 1963 als das miracolo economico italiano, das italienische Wirtschaftswunder, darstellte. Die großen Industriebetriebe des Nordens profitierten von der wachsenden Konsumkraft der Bevölkerung und dem florienden Außenhandel. Die gute Konjunktur führte zu einer großen Inlandsnachfrage nach Arbeitskräften, aus Kalabrien erfolgte eine Massenauswanderungen (auch von Mitgliedern der 'Ndrangheta-Clans) in die reichen Regionen des Nordens, besonders das Industriedreieck Genua-Turin-Mailand. Die Präsenz in den norditalienischen Regionen ist ein Symbol für die expansionistische Stärke der Banden und ihre Berufung, das typische Schema kalabrischer Organisationen außerhalb der Herkunftsgebiete nachzubilden. Im Norden entstanden insgesamt 46 lokali, davon fünfundzwanzig in der Lombardei, sechzehn im Piemont, drei in Ligurien, jeweils eine in Venetien, im Aostatal und im Trentino-Südtirol.[17] Die Organisation bleibt kohärent und ist stabil dank des Zugehörigkeitsgefühls, das sich aus den Beitrittsritualen ergibt und im familiären Charakter der Banden verankert ist. Diese Mechanismen stellen die Verbindung dar, die die 'Ndrangheta-Konsortien, mit den kalabrischen Clans unterhalten. Für das Jahr 2008 listete die Direzione Investigativa Antimafia (DIA) 136 aktive Familien in Kalabrien auf, 73 in der Provinz Reggio Calabria, jeweils 21 in den Provinzen Catanzaro und Crotone, vierzehn in der Provinz Cosenza und sieben in der Provinz Vibo Valentia.[24] Der Präsident des Berufungsgerichts von Catanzaro Domenico Introcaso spricht 2019 von 166 kriminelle Organisationen in Kalabrien, die über 4.000 Tochtergesellschaften haben, von denen 2.000 im Distrikt Catanzaro angesiedelt sind.[25] Das Zentrum der Organisation liegt nach wie vor in Kalabrien in der Metropolitanstadt Reggio Calabria und der Provinz Crotone. Ähnlich wie in Sizilien die Kleinstadt Corleone gibt es in Kalabrien zwei Dörfer, die als Hochburgen der ’Ndrangheta bezeichnet werden: Platì am Fuße des Gebirges Aspromonte und San Luca, in dem die Clans Pelle-Vottari-Romeo und Nirta-Strangio hegemonial ansässig sind. Die Dörfer sollen unterirdische Gänge und Kammern mit getarnten oder versteckten Türen haben, die den Mitgliedern des Clans ein Verschwinden bei Gefahr ermöglichen. Dieses Gebiet gilt seit jeher als die „Mutter“ aller 'Ndrangheta-Einrichtungen, wesentlich auch, weil sich hier das Heiligtum der Madonna di Polsi befindet, das für die Gipfeltreffen bekannt ist, auf denen Geschäfte ausgerichtet, Allianzen geschlossen, kriminelle Strategien diktiert und Streitigkeiten beigelegt werden.[26]
Die 'Ndrangheta begann sich mit den Auswanderungen der 1950er Jahre vor allem in Deutschland, Australien und Kanada im Ausland niederzulassen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts kann es als multinationales Verbrechensunternehmen angesehen werden, es ist auf allen fünf Kontinenten in vierzig Ländern präsent. Auf dem amerikanischen Kontinent ist das Wirken der 'Ndrangheta seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Kanada nachweisbar, in den letzten Jahren hat die Präsenz auch in den USA zugenommen. In Mexiko bestehen Kontakte zu lokalen Drogenkartellen. Südamerika ist, wie für jede Mafia-Organisation, die Basis, von der aus der Drogenhandel beginnt, und hier leben dauerhaft Mitglieder der kalabrischen Mafia, die Allianzen und Beziehungen mit den Narcos geschmiedet haben. Ferner sind in den transatlantischen Ländern Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Curaçao, Ecuador, El Salvador, Paraguay, Peru, Dominikanische Republik, Uruguay und Venezuela Aktivitäten nachgewiesen. Afrika ist im Wesentlichen für die neuen Drogenhandelsrouten relevant, in der Vergangenheit für die Entsorgung von Gift- und Atommüll sowie für den Handel mit Diamanten und Coltan. Das Engagement der 'Ndrangheta findet sich in den Ländern Elfenbeinküste, Kenia, Marokko, Nigeria, Republik Kongo, Senegal, Somalia, Togo und Südafrika. In Asien agierten die Clans in der Vergangenheit wegen des Drogenhandels in den Mittelmeerländern Libanon, Syrien und Türkei, sowie in Indonesien, Pakistan und Thailand.[27] Unter den einundfünfzig italienischen Clans der organisierten Kriminalität in Australien gibt es vierzehn bestätigte 'Ndrangheta-Clans. Für die kriminelle Organisation kann der 18. Dezember 1922 als Geburtstag festgelegt werden, als das Schiff King of Italy im westaustralischen Hafen von Fremantle, dann in Adelaide und dann in Melbourne anlegte. Es hinterließ in jedem dieser Häfen einen der drei Gründer der 'Ndrangheta. Die kalabrisch-italienische Migration nach Australien begünstigte eine schnelles Wachstum, vor allem im Drogenhandel, und Machtstrukturen durch politische Infiltration, Angst und Einschüchterung, aber auch aufgrund von Konsens, Freundschaften und Ausnutzung ethnischer Solidarität. Legale Unternehmen wurden auf der Grundlage von Erträgen aus Verbrechen und mächtigen Männern geboren, die in der kalabrisch-italienischen Gemeinschaft ein Mitspracherecht haben.[28]
Europa ist der Kontinent mit der stärksten Präsenz der 'Ndrangheta, neben dem Stammland Italien gibt es eine starke Präsenz in Deutschland und der Schweiz, gefolgt von Spanien für Drogenhandelsrouten und Frankreich, insbesondere entlang der Côte d’Azur. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Belgien und die Niederlande und ihre Häfen für den internationalen Drogenhandel, London/Großbritannien für Geldwäsche. Aktivitäten wurden in Bulgarien, Griechenland, Irland, Kroatien, Luxemburg, Malta, Polen, Portugal, Österreich, Rumänien, Russland, San Marino, Slowakei, Tschechien und Ukraine festgestellt.[29]
Österreich stellte seit den 1970er Jahren hauptsächlich für Clans aus dem Locride-Gebiet eine Art Brücke auf der Kommunikationsachse Italien (Trentino und Südtirol) – Österreich – Deutschland (Süddeutschland und München) dar. In Niederösterreich wurde im Rahmen der Operation Total Reset 2015 eine Luxusvilla beschlagnahmt, die der Familie Pelle zuzurechnen ist, bereits bei früheren Ermittlungsverfahren wurden auf Namen von Mitgliedern der 'Ndrangheta lautende Girokonten gefunden.[30] Am 19. Februar 2018 wurden die Operationen Martingale und Golden-Vlies der Guardia di Finanza und der DIA gegen Mitglieder der Clans Nirta, Araniti und Piromalli wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Erpressung und Entführung, Wucher, Geldwäsche, missbräuchliche Finanzgeschäfte und betrügerische Wertübertragung, abgeschlossen. Die Operationen umfassten auch Beschlagnahmen von Vermögenswerten in Höhe von über 100 Millionen Euro, insbesondere von Unternehmen in den Bereichen Bauwesen, Stahl und öffentlichen Beschaffungssektoren, die in der Toskana und im Ausland tätig sind, wie in Österreich, Slowenien, Kroatien und dem Vereinigten Königreich.[31] Im November 2018 wurde eine weitere Operation zur Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettkriminalität mit der Festnahme von achtzehn Personen der Familien Tegano, De Stefano, Piromallo, Pesce und Bellocco und Beschlagnahme von Vermögenswerten von über 723 Millionen Euro aus fünfzehn italienischen und dreiundzwanzig ausländischen Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, Malta, Rumänien, der Schweiz und den Niederländischen Antillen abgeschlossen. Am 12. Dezember 2018 beschlagnahmte die österreichische Polizei vier Wohnungen in Wien und Innsbruck und 37,3 Millionen Euro bei Beschuldigten, die mit der 'Ndrangheta und der Cosa Nostra in Verbindung standen.[32]
In der Schweizerischen Eidgenossenschaft gibt es laut einer Veröffentlichung der Bundespolizei aus dem Jahr 2021 angeblich zwanzig kriminelle Gruppen, die mit der 'Ndrangheta mit 400 Tochtergesellschaften verbunden sind und in allen Kantonen seit den 1970er Jahren im Drogen- und Waffenhandel operieren, sowie den Finanzplatz Schweiz zur Geldwäsche nutzen und die Erträge aus Straftaten, die hauptsächlich in Italien begangen wurden, im Immobiliensektor zu reinvestieren, in Restaurants, der Hotellerie oder anderen kleineren Geschäften. Die fehlende soziale Kontrolle und mangelnde Erfahrung der Behörden im Umgang mit Mafia-Familien machen ein ungestörtes Agieren möglich, was das Gastland Schweiz zu einem Stützpunkt für ihre kriminellen Machenschaften und zum Unterschlupf für gesuchte Verbrecher macht. Von 2018 bis 2020 wurden siebzehn Einreiseverbote, die auch ohne Vorstrafen angeordnet werden können, gegen Personen verhängt, die im Verdacht stehen, mafiösen Organisationen anzugehören und eine Bedrohung darzustellen.[33] 2004 wurde in Gerichtsverfahren belegt, dass der Clan der Ferrazzos aus dem kalabrischen Mesoraca in einigen Gemeinden an der Schweizer Grenze wie Lavena Ponte Tresa an Geldwäscheoperationen beteiligt war, Mitglieder der Clans Mazzaferro und Di Giovine waren im Waffenhandel tätig, ein Clan aus Catanzaro handelte sowohl mit Waffen als auch mit Drogen, die Erlöse aus dem illegalen Handel werden bei verschiedenen Schweizer Banken hinterlegt. Am 21. Juli 2016 erfolgten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Helvetia der DIA Reggio Calabria gegen die 'ndrine di Mesoraca und 'ndrine di Fabrizia, die bereits 1976 in der Stadt Frauenfeld im Schweizer Kanton Thurgau begründet wurden, und deren Clan-Chefs Raffaele Albanese und Antonio Nesci Festnahmen und Durchsuchungen in den Kantonen Tessin, Aargau, Kanton Solothurn und Zug. Am 4. Dezember 2017 wurde Jose Signorello, der mit dem Clan Ferrentino-Chindamo-Lamari-D'Agostino von Laureana di Borrello verbunden war, verhaftet und beschuldigt, am Waffenhandel zwischen der Lombardei und der Schweiz beteiligt gewesen zu sein, insbesondere in Zürich und Winterthur.[34] Am 27. November 2018 verurteilte das Bundesstrafgericht von Bellinzona den in Biel wohnhaften Cosimo Leotta als Mitglied eines Gallace-Novella-Clans unter Leitung von Antonino Belnome zu drei Jahren und acht Monaten Gefängnis wegen der Kontrolle des Hanfanbaus in der Schweiz, insbesondere in Frieswil und Kappelen, und als Vermittler für Andrea Ruga, Vincenzo Gallace und Cosimo Leuzzi. 2002 handelte er zusammen mit Andrea Ruga zwischen Guardavalle und der Schweiz über den Nachtclub Magic in Borgaro Torinese, den er für Aldo Cosimo und Adolfo Crea leitete, mit Faustfeuerwaffen.[35] Am 21. Juli 2020 endete die Operation Imponimento gegen die 'ndrine Anello-Fruci aus Filadelfia, die zur Verhaftung von 75 Personen in Italien führte. Im Juni 2021 wurden Fiore Francesco Masdea als Kontaktperson der Bande in der Schweiz und Giuseppe Costantino, seit 2018 wohnhaft in Spreitenbach, an die Schweiz ausgeliefert, und wegen Drogendelikten und Menschenhandels angeklagt.[36] Am 16. November 2021 wurde die Aktion „Handover“ wegen internationalen Drogenhandels mit 104 Sicherungsmaßnahmen, darunter über eine Tonne aus Südamerika importiertes Kokain, in verschiedenen Regionen Italiens (auch in der Toskana) und in der Schweiz gegen Mitglieder des Molè-Clans durchgeführt. Die autonom agierenden kriminellen Gruppen waren miteinander verbunden und operierten in den verschiedenen Landesteilen.[37] Am 18. November 2021 wurden in Italien und der Schweiz 54 Personen eines kriminellen Konsortiums verhaftet, die unter der Führung von Michelangelo Larosa Drogenhandel zwischen dem Provinzen Como und Varese und dem Kanton St. Gallen durchführten.[38] Am 16. September 2021 wurden unter Leitung der Guardia di Finanza in der Provinz Verbano-Cusio-Ossola in der grenzüberschreitenden Operation Fireball von schweizerischen Behörden sechs Mitglieder der 'Ndrangheta-Konsortien von Condofuri, Crotone und Turin als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung wegen Steuerbetrugs und Betrugs gegen öffentliche Bauunternehmer im Bahnbereich festgenommen. Zur Bekämpfung des Phänomens des illegalen Kapitaltransfers wurde 2015 die bilaterale Zusammenarbeit der Schweiz mit Italien, das Protocollo di intesa in materia fiscale per il reciproco scambio delle informazioni finanziarie, beschlossen, da man die italienischen Mafias für eine wichtige Bedrohung der Schweiz hält, klarstellend, dass sie seit mehreren Generationen in verschiedenen kriminellen Bereichen tätig sind und inzwischen das Verwaltungs- und Wirtschaftsgefüge der Schweiz infiltrieren, somit eine Gefahr für die Institutionen und die Wirtschaft des Bundes darstellen. Diese Strategie sieht eine Zusammenarbeit mit dem Bankensektor bei der Bekämpfung der Geldwäsche durch Tracking von Zahlungsströmen zur Ermittlung von Erträgen aus Straftaten vor.[39]
Die Präsenz der 'Ndrangheta in Deutschland begann in den 1950er Jahren mit der Zuwanderung zahlreicher Kalabreser nach Nordrhein-Westfalen. Anfang der achtziger Jahre begannen die Clans, in Restaurants, Pizzerien, Eisdielen und dann in Feriendörfer, Hotels, Villen und Häuser in Thüringen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zu investieren.[40] Mit dem Auf- und Ausbau des Drogenhandels aus Südamerika begann die Steuerung der Einfuhr, Verteilung und des Verkaufs des Rauschgifts in Deutschland, insbesondere im Gastgewerbe, das ein unverdächtiges Umfeld bietet. Es wird davon ausgegangen, dass an der Frankfurter Wertpapierbörse, u. a. in Aktien von Gazprom und anderen Energieunternehmen, investiert wird.[41] In den 1980er Jahren etablierte sich der Farao-Marincola-Clan aus Crotone vor allem in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, die Carellis errichteten in Stuttgart eine Raffinerie zur Herstellung von Drogen.[42][43] In den polizeilichen Ermittlungsverfahren zeigen sich Aktivitäten in Baden-Württemberg und Verbindungen in die Politik, durch die Clans Papalia, Palumbo, Pesce, Bellocco, Pelle-Vottari und Romeo, u. a. in Blaustein, Deizisau, Donaueschingen, Freiburg, Ludwigsburg, Mannheim, Radolfzell, Ravensburg, Singen, Stuttgart und Tübingen, wie etwa die Polizeioperation „Stige“ gezeigt hat.[44][45] Um Nicola Di Girolamo, der ’Ndrangheta treu zu Diensten, bei der Wahl 2008 in den römischen Senat zu hieven, hatte sich die kalabrische Mafia-Organisation vornehmlich in Stuttgart von Italienern Blanko-Wahlzettel beschafft und zugunsten des angeblichen Auslandsitalieners Di Girolamo gefälscht.[46] In Bayern mit Schwerpunkt München und Nürnberg agieren Mitglieder der Familien Carelli, Maiolo, Romeo, Pelle-Vottari, Nirta-Strangio, Mammoliti. Für Hessen und das Saarland sind Bous, Frankfurt am Main, Marburg, Kassel und Saarbrücken für die Clans Farao-Marincola aus Crotone und Italiano aus der Gegend von San Luca wichtige Standorte.
In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen agieren die Familien Alvaro, Farao-Marincola, Nirta-Strangio, Papalia, Palumbo, Pelle und Romeo u. a. in Dresden, Leipzig, Weimar und Wismar. Ein Zentrum der ’Ndrangheta in Deutschland ist die Gastronomie in Erfurt, deren Hauptakteure aus dem Dorf San Luca stammen.[47] Wie der MDR und die F.A.Z. im Februar 2021 berichteten, war es der Polizei bereits um das Jahr 2000 gelungen, verdeckte Ermittler in die mutmaßliche Mafiazelle in Erfurt einzuschleusen.[48][49] Das umfangreiche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche wurde damals unter unklaren Umständen eingestellt, etliche der damals Beschuldigten sind noch heute aktiv.[50]
Wesentliches Aktionsgebiet der Clans Ascone, Carelli, Farao-Marincola, Giglio, Mammoliti, Megna, Morabito, Romeo, Pelle-Vottari, Nirta-Strangio bleibt Nordrhein-Westfalen in den Städten Aachen, Bochum, Detmold, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Krefeld, Köln, Neukirchen-Vluyn, Siegburg und Warstein, wie auch für den Clan Grande Aracri in Munster/Niedersachsen.[51][52] In Nordrhein-Westfalen verfügt die ’Ndrangheta über Stützpunkte für den internationalen Rauschgifthandel (Stand 2020).[53] Die als Mafiamorde von Duisburg bekannt gewordenen Verbrechen vom August 2007, bei denen sechs Italiener getötet wurden, erregten Medieninteresse. Es waren die ersten Morde dieses Ausmaßes, die die ’Ndrangheta im Ausland verübt hatte.[54] In einem Spiegel-Interview vom 19. August 2008 sprach ein Pate allerdings davon, dass es sich bei den Morden um keine Fehde handelte, sondern eine Abspaltung innerhalb der Gesellschaft verhindert werden sollte.[55]
Struktur und Regeln
Der Gründungsmythos der 'Ndrangheta bezieht sich auf eine Sage der drei spanischen Ritter Osso, Malosso und Carcagnosso, die in Toledo einen Edelmann ermordeten, um die Ehre ihrer Schwester zu retten und für 29 Jahre Zuflucht auf der sizilianischen Insel Favignana fanden. Aus Zorn über die ungerechte Behandlung ersannen und verfeinerten sie die Regeln der Ehrenwerten Gesellschaft, begründeten das Gesetz der Omertà und die Geheimgesellschaften Osso di Cosa Nostra in Sizilien, Mastrosso di 'Ndrangheta in Kalabrien, Carcagnosso di Camorra in Neapel.[56] Der Baum mit seinen fünf Elementen gilt als Symbol der 'Ndrangheta: Der Stamm stellt den Capo, den Boss, dar. Der Contabile ist als Finanzverwalter und Buchhalter der tragende Ast, gefolgt vom Starkast Camorrista als Soldat. Der Picciotto als Schütze stellt den Schwachast dar, zuletzt der Neuling Fiore als Zweig. Die symbolträchtigen Zahlen Fünf und Sieben finden sich auch in der Struktur der Führung wieder: die fünf Führungsmitglieder der niederen Gesellschaft Società Minore und sieben Führungsmitglieder der oberen Gesellschaft Società Maggiore.[12]
Im Gegensatz zur Cosa Nostra[57] ist die ’Ndrangheta horizontal strukturiert[8] und zählt aktuell vermutlich etwa 60.000 Mitglieder.[58] Sie umfasst alleine in Kalabrien rund 170 Clans oder Cosche[59][26][60] (benannt nach dem sizilianischen Wort für die Artischocke, die als Symbol für den Zusammenhalt stehen soll) wie die Familie Tegano. Durch die neuen globalen Herausforderungen und die internationalen Verflechtungen mit den enormen Gewinnen mussten die horizontalen, auf das jeweilige Territorium begrenzten Organisationsformen, angepasst werden. Auf Veranlassung der starken Clans des südlichen Gebiets der Reggio Calabria werden in den Provinzen Repräsentanten mit Entscheidungsbefugnissen gewählt. So entstanden drei Mandamenti, die jeweils von Provinzalkommissionen geleitet werden, denen ein Capo di tutti i capi, ein Boss der Bosse, wie der milliardenschwere Antonio Pelle vorsteht.[12] Im Vergleich zur Cosa Nostra basiert die Mitgliedschaft in der ’Ndrangheta aber weit stärker auf Blutsverwandtschaft. Die einzelnen Mitglieder nennen sich ’ndrinu und der Clan selbst ’ndrina. Will sich eine ’Ndrina ausdehnen, muss eine ihrer Frauen in eine andere Familie einheiraten – dies geschieht auch gegen den Willen der Frau.[8] Schließen sich mehrere ’Ndrine (plural für ’Ndrina) zusammen, so werden diese als Locale bezeichnet.[8]
Herrschaftspyramide
Die Gliederung erfolgt innerhalb der Struktur und gliedert sich in sieben Dienstgrade auf.[8]
- Medaglione oder Capo Provincia: koordiniert die Locali, bewacht die Traditionen und löst interne Konflikte
- Contabile: verwaltet die Finanzen der ’Ndrina
- Capo Crimine: plant und koordiniert
- Capobastone: steht an der Spitze einer ’Ndrina und entscheidet über Leben und Tod eines Mitglieds
- Camorrista di Sgarro und Camorrista di sangue: der Soldat, auch: Picciotto: der Exekutor - Schütze
- ’Ndrinu: ein einfaches Mitglied. Im Volksmund auch ’Ndranghetisti genannt.
- Fiore: der Anwärter bzw. Neuling[12]
Der Blutsverwandtschaft ist ein größerer Zusammenhalt zu verdanken: Bislang sind 158 Kronzeugen aus der Organisation ausgestiegen (zum Vergleich: In Sizilien waren es etwa 390). Eine neue Untersuchung, bekannt als „Operation Crimine“, endete im Juli 2010 mit der Verhaftung von 305 ’Ndranghetisti. Nach den Worten von Staatsanwalt Piero Grasso, Italiens Antimafiachef, ist die ’Ndrangheta extrem „hierarchisch, vereinigt und pyramidal“ und nicht nur klanbasiert aufgebaut.[61]
In Deutschland verfügt die ’Ndrangheta nach Ansicht von Ermittlern über ein eigenes Aufsichtsgremium, den Crimine di Germania.[62] Das Gremium soll zwischen den Interessen der einzelnen Familienclans vermitteln und so Streit oder gar blutige Auseinandersetzungen wie in Duisburg 2007 verhindern.[63] Deutschland ist das einzige europäische Land außerhalb ihrer Heimat, in dem die kalabrische Mafia über solch ein übergeordnetes Gremium verfügt. Es steht in direktem Kontakt zum Crimine di Polsi,[64] dem obersten Aufsichtsgremium der ’Ndrangheta überhaupt.[65]
Aufnahmeritual
- In der Gegend um Lecco, eine Stadt im Norden Mailands in der reichen Lombardei, ist es der Polizei im Mai des Jahres 2014 gelungen, heimlich den Initiationsritus der ’Ndrangheta bei einem Abendessen in einem Restaurant zu filmen. Die Begrüßungsformel lautete: „Buon vespero e santa sera ai santisti.“ (deutsch: „Ein gutes Abendessen und eine gesegnete Nacht an unsere heiligen Brüder.“) Santisti ist eine Hierarchiebezeichnung der ’Ndrangheta. Anschließend werden die italienischen Nationalhelden Garibaldi, Mazzini und La Marmora angerufen. Der Vorsitzende führt weiter: „In Demut nehme ich an der heiligen Gesellschaft teil. Sprecht mir nach: ,Ich schwöre, alles abzustreiten. Bis zur siebten Generation. […] Um die Ehre meiner weisen Brüder zu bewahren. Unter dem Licht der Sterne und der Schönheit des Mondes forme ich die heilige Kette.“ Am Ende werden erneut die drei Nationalhelden angerufen.[66] Die neu Aufgenommenen müssen versprechen, dass sie sich bei schweren Verfehlungen entweder mit Gift umbringen oder sich erschießen werden. „Nicht die Menschen urteilen über euch, sondern ihr selbst. Ihr müsst immer eine Kugel für euch übrig haben“.[67]
- Im Zuge der Festnahmen und Durchsuchungen im Rahmen der Operation Archimedes vom 23. September 2014 wurde ein kleines Heft mit Notizen gefunden. Über drei Seiten wurden Initiationsriten der kalabrischen Mafia aus San Luca aufgefunden, deren Inhalt alphanumerisch codiert war und nicht nur über Ziffern, sondern auch über beliebige Zeichen eines Alphabets verschlüsselt war. Der Kodex von San Luca beschreibt die traditionelle Taufe. Die Zeremonie beginnt unter Anweisungen des puntaiolo, eines für die Durchführung des Rituals abgestellten Camorrista, mit den Leitsätzen: „Wie erkennt man einen jungen Ehrenmann?“ - „An einem goldenen Stern auf der Stirn, einem Ritterkreuz auf der Brust und einer goldenen Palme in der Hand. Und wie kommt es, dass ihr diese schönen Dinge habt und man sie nicht sieht? Weil ich sie im Fleisch, auf der Haut und in den Knochen trage.“ Zu solchen Zeremonien sind in der Regel die wichtigsten Clanchefs geladen, in der Regel sind fünf Personen bei einer Taufe anwesend. Mit der Begrüßungsformel Buon vespro und „Wer immer diesen Ort verletzt, wird mit drei bis fünf Dolchstößen in den Rücken bestraft“ wird der Ort der Taufe zunächst vom profanen zum heiligen, unantastbaren, unverletzlichen. Es folgt der Blutzoll des Neulings, der seinen Finger in ein Messer drücken muss, um das Blut fließen zu lassen. Dann wird die formale Taufe vorgenommen und das Ritual endet mit dem Schwur: Finche vita avro nel fango non cadro (Ich werde niemals verraten, solange ich lebe).[68]
Die Schwüre unterscheiden sich von Clan zu Clan, aber geschworen wird stets auf das gleiche.[69]
Die sieben Prinzipien
Nach diesen Regeln soll die ’Ndrangheta funktionieren:[70]
- Umiltà – Demut gegenüber Anderen („Ehrenwerten“ und der Bevölkerung)
- Fedeltà – Uneingeschränkte Treue, deren Bruch mit dem Tod bestraft wird
- Politica – Geheimsprache zwischen den „Ehrenwerten“, bei der die Wahrheit zu sagen das oberste Gebot ist
- Falsa Politica – Sprache gegenüber Polizisten und Verrätern, die nie die Wahrheit erfahren dürfen
- La Carta – Alle wichtigen Ereignisse werden aufgeschrieben
- Il Lapis – Der Boss ist verpflichtet, eine geheime Chronik zu führen
- Il Coltello – (wörtlich: Das Messer) Die Interessen der Organisation stehen an erster Stelle und werden mit Androhung des Todes beschützt
Die Anwendung der Prinzipien bedeutet Efferatezza (deutsch „Grausamkeit“) gegenüber den Betroffenen, da deren Menschenrechte missachtet werden.
Geschichte
Entwicklung im 19. Jahrhundert
Das durchweg gebirgige Kalabrien mit seinen schmalen Küstenstreifen war bis ins 19. Jahrhundert für Reisende und königliche Beamten und Soldaten nur mit großen Hindernissen zu erreichen, zumal auch kulturell, wirtschaftlich und strategisch unbedeutend. Das ohnehin arme landwirtschaftlich geprägte Land wurde wiederholt durch verheerende Naturkatastrophen, wie die Erdbeben von 1783 und 1894, von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen benachteiligt. 1869 endete die Eisenbahn in Eboli, eine Anreise zum über 400 km entfernten Reggio Calabria war nur mit einer mehrtägigen Kutschreise möglich. 1871, zehn Jahre nach der Begründung des Königreichs Italien, zählte man 87 % Analphabeten. Nicht ein einziges Schriftstück aus den 1860er und 1870er Jahren, weder Regierungsdokumente, Reiseerzählungen oder Erinnerungen der Einheimischen lassen auf eine beharrliche Präsenz starker Banden oder krimineller Bruderschaften schließen. Ein Bandenwesen in Kalabrien machte nur sporadisch von sich reden. Während die erschreckende Macht von Mafia und Camorra in Sizilien und Kampanien bekannt war, hatten Regierung und Bevölkerung an der Südspitze des Festlandes weniger Sorgen um das organisierte Verbrechen, als um zwielichtige Kommunalverwaltungen, die vielerorts Holzeinschlag & -handel und dubiose Getreidebanken kontrollierten. Ab Mitte der 1880er Jahre war Reggio mit der Bahn angeschlossen. Jetzt schilderten die ersten offiziellen Berichte, dass eine Gruppe Mafiosi und Camorristi in Reggio Calabria ihr Unwesen treibe und kriminelle Vereinigungen der Maffia im Aspromonte-Gebiet gediehen. In den folgenden Jahren erlebten die Provinzen Reggio Calabria und Catanzaro eine explosionsartige Ausbreitung des Bandenwesens. Die Begriffe Mafiosi und Camorristi waren an die Herkunft der Täter angelehnt, Polizei und Justiz sprachen in den Jahren von der Picciotteria, Picciotto war ein süditalienisches Wort für Bursche. Zwischen 1885 und 1902 wurden nach Berichten eines örtlichen Staatsanwalts 1854 Personen vor Gericht gestellt, verurteilt und inhaftiert. Diese Entwicklung blieb im übrigen Italien vollkommen unbekannt, weder wurde sie im Parlament noch in überregionalen Zeitungen, Kunst und Literatur thematisiert.
Von den wenigen Dokumenten aus dem 19. Jahrhundert beschäftigen sich zwei mit den Dörfern Africo und Palmi. Palmi, vom Weinbau geprägt, war mit 13.000 Einwohnern das Verwaltungszentrum der gesamten Ebene von Gioia Tauro und verfügte über Polizeistation, Gericht und Gefängnis. 1888 berichtete die örtliche Zeitung von Rasiermesserschnitten und rituellen Messerkämpfen in Wirtsstuben und Bordellen. Innerhalb weniger Wochen geriet das Ganovenproblem außer Kontrolle, gewöhnliche Bürger trauten sich nicht mehr aus ihren Häusern. Während zunächst noch Glücksspieler und Prostituierte mit Gewalt erpresst wurden, griffen die picciotti jetzt Grundbesitzer an, neben Einbrüchen und vandalistischen Taten wurde nun Schutzgeld eingetrieben, der Grundstein für Territorialmacht jeder Mafia. Von Palmi aus verbreitete sich das Unwesen im gesamten Gebiet der Ebene von Gioia Tauro und im gebirgigen Hinterland. Erst nach einem Angriff auf einen Regierungsangestellten stellte man 1889 vierundzwanzig Männer vor Gericht, denen der 60-Jährige Schuster capo Francesco Lisciotto vorstand. Bis auf drei saßen bereits alle früher schon im Gefängnis. 1890 wurden zwei Gruppen von 96 Personen aus Iatrìnoli und Radicena angeklagt. Der Richter hielt fest, dass die Banden im Jahre 1887 entstanden seien und ihren Ursprung im Bezirksgefängnis in Palmi hatten. Die Verurteilung von 150 Männern aus der Ebene von Gioia Tauro im Jahre 1892 durch das Gericht in Palmi brachte zunächst Beruhigung ins kriminelle Geschehen der gesamten Region. Doch blühte die Picciotteria nach dem Erdbeben von 1894 im bekannten Maße mit Raubüberfällen und Schutzgelderpressungen wieder auf. Nach einer weiteren Verhaftungswelle im September 1896 wurden in Geständnissen Details zu Ritualen, Rangordnungen und Funktionen in den Zellen der Oberen und Unteren Gesellschaft, wie die Bestallungen von Buchhaltern, bekannt. Diese Reglements und die Erscheinungsbilder der picciotti entsprechen im Wesentlichen den Gepflogenheiten der sizilianischen und kampanischen Banden, deren Mitglieder im Gefängnis in Palmi inhaftiert waren und nach der Entlassung sich in den kalabrischen Gebieten niedergelassen hatten.[71]
20. Jahrhundert
Unter der faschistischen Herrschaft Mussolinis gelang es nicht, diesen kriminellen Organisationen das Handwerk zu legen, auch wenn die italienische Mafia damals insgesamt unter großen Druck geriet. Nach dem Zweiten Weltkrieg passten sich die Organisationen schnell den neuen Zeiten an. Von einer Regionalregierung der ’Ndrangheta, die sozusagen die Organisation nach dem „Führerprinzip“ regiert, gehen die Justizstellen jedoch nicht aus. Vielmehr ist es eine dezentrale Führung nach „föderalem“ Prinzip. Eine stärkere Rolle als bei der sizilianischen Mafia und der Camorra spielen dabei verwandtschaftliche Bindungen zwischen den Mitgliedern der einzelnen lokalen Gruppen. Über Jahrzehnte profitierte die ’Ndrangheta davon, dass sie von den staatlichen Stellen als harmloser als die sizilianische Cosa Nostra und die neapolitanische Camorra erachtet wurde. Bis in die 1990er Jahre war die Cosa Nostra in der Tat die mächtigste Mafia-Organisation, doch als diese nach 1992 unter immer stärkeren Verfolgungsdruck geriet, konnte die ’Ndrangheta in vielerlei Hinsicht ihren Platz einnehmen. Das führte nicht zuletzt dazu, dass die ’Ndrangheta zuletzt 2005 den für sie unbequemen Politiker Francesco Fortugno vor einem Wahllokal erschoss.
Ab den 1950er Jahren machten Kriminelle aus Kalabrien in ganz Italien durch zahlreiche Entführungen Schlagzeilen. Sie verschleppten reiche Unternehmer, oft auch deren Kinder, und hielten sie in Verschlägen im Aspromonte gefangen. Mit den Lösegeldern verdienten sie Millionen, die sie später in andere Geschäftsfelder, etwa den Zigaretten- und den Rauschgiftschmuggel investierten.[72]
In den 1960er Jahren breitete sich die ’Ndrangheta nach Norditalien und besonders im Ausland aus. Dabei änderte sie allmählich ihr „Geschäftsmodell“: Weniger Entführungen, dafür Drogenhandel und Prostitution, Geldwäsche und Verwicklungen mit der Politik.[8]
Meinungsverschiedenheiten im Bezug auf die Verteilung von Einnahmen führten in den Jahren von 1974 bis 1976 zum ersten ’Ndrangheta-Konflikt, in dem 233 Menschen ums Leben kamen.[73] Dieser Krieg störte das Gleichgewicht im Triumvirat – bestehend aus Antonio Macrì, Domenico Tripodo und Girolamo Piromalli – welches die ’Ndrangheta seit 15 Jahren beherrscht hatte. Dieser Umstand erleichterte den Aufstieg einer neuen Generation von ’Ndranghetisti, wie dem aufstrebenden De Stefano ’ndrina. Ab den 1980er Jahren verdiente die ’Ndrangheta zunehmend ihr Geld mit Giftmüll und das Geschäft entwickelte sich zu einer ihrer wichtigsten Geldquellen.[8]
Der zweite ’Ndrangheta-Konflikt verlief von 1985 bis 1991. Der blutige sechsjährige Konflikt, in dem sich die Clans von Pasquale Condello, Antonio Imerti, Paolo Serraino und Diego Rosmini mit den Clans von De Stefano ’ndrina, Giovanni Tegano, Domenico Libri und Antonino Latella bekämpften, führte zu mehr als 600 Todesfällen.[74][75] Die Cosa Nostra trug zu einem Ende des Konflikts bei und schlug vor, ein Kollegialorgan, ähnlich wie die Sizilianische Mafia-Kommission oder cupola, einzurichten, um künftig über Veränderungen in der Organisation entscheiden und interne Machtkämpfe eindämmen zu können. Genannt wird diese Einrichtung La Provincia, auch bekannt als camera di controllo, oder camera di canalizzazione und besteht aus den führenden ’Ndranghetisti.[76][77]
1998 nahm die deutsche Polizei einen Auftragsmörder des Clans, Giorgio Basile, fest. Er sagte seitdem mehrfach gegen die Organisation aus.
21. Jahrhundert
Ermittlungen, die 2010 zur Festnahme zahlreicher Mitglieder der ’Ndrangheta führten, ergaben, dass sich mittlerweile eine der Mafia vergleichbare Kontrollgruppe gebildet hatte. Eine spezielle Gruppe innerhalb der Organisation sollen die im italienischen Norden tätigen Mitglieder darstellen (Lombardia).[5] Trotzdem versuchte der italienische Staat immer wieder, Herr der Lage zu werden. Beispielsweise stürmten 2003 insgesamt über 1000 Polizisten die Gemeinde Platì, wobei 131 Verdächtige festgenommen wurden. Am 17. Juli 2007 konnte ein einflussreicher Führer eines ’Ndrangheta-Clans – Giuseppe Bellocco – im Rahmen einer großangelegten Aktion gefasst werden.[78]
Ermittlungen im Zusammenhang mit den Mafiamorden von Duisburg am 15. August 2007 zeigten, dass die ’Ndrangheta in Deutschland mittlerweile, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, über feste Stützpunkte verfügt.[79]
Einen der ranghöchsten Führer der Organisation, den 57-jährigen Pasquale Condello, Spitznamen „Il Supremo“ (Der Größte), nahm die italienische Polizei am 19. Februar 2008 in Reggio Calabria fest.[80] Die italienische Polizei fasste im April 2010 in Reggio Calabria den siebzigjährigen Giovanni Tegano, ein führendes Mitglied der ’Ndrangheta. Tegano, der 17 Jahre lang auf der Flucht war, gehörte zu den 30 meistgesuchten Verbrechern Italiens. Seit 1995 war nach ihm mit einem internationalen Haftbefehl gefahndet worden. Wegen Mordes, Waffenschmuggels und Bildung einer verbrecherischen Vereinigung war er in Abwesenheit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Am 13. Juli 2010 wurden 300 ’Ndrangheta-Mitglieder beim größten Polizeieinsatz seit 15 Jahren verhaftet. Bei der Razzia mit etwa 3000 Justizbeamten wurde der mutmaßlich höchste ’Ndrangheta-Anführer Domenico Oppedisano gefasst. Er war zuvor gemeinsam mit anderen Führungsfiguren während der Wallfahrt der Madonna von Polsi gefilmt worden.[81] Das zuständige Gericht in Reggio Calabria verurteilte 93 Angeklagte zu Haftstrafen von insgesamt 568 Jahren, darunter den 65-jährigen angeblichen Clan-Chef Giuseppe Commisso zu 14 Jahren und 8 Monaten und den 81-jährigen Domenico Oppedisano, der nach Angaben der Justiz der „Hüter der Regeln“ der kriminellen Gruppierung war, zu zehn Jahren Haft.[82]
Am 19. November 2011 endete in Mailand ein Massenprozess gegen 119 Mitglieder der ’Ndrangheta mit 110 Schuldsprüchen. Nach Ansicht des Gerichts betrieben sie in über 15 regionalen Organisationen kriminelle Geschäfte. Zentrum der Aktivitäten war das Bauwesen. Zudem versuchten sie Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die höchste Strafe von 16 Jahren erhielt Alessandro Manno.[83]
Am 11. Oktober 2012 wurde bekannt, dass nach fast 20 Jahren Flucht einer der letzten Mafiabosse der ’Ndrangheta gefasst wurde: Domenico Condello wurde in einem Vorort der Provinzhauptstadt Reggio Calabria verhaftet.[84] Nach dem Mord und der Verbrennung eines Dreijährigen in einem Auto exkommunizierte Papst Franziskus im Juni des Jahres 2014 alle Mitglieder der ’Ndrangheta (Excommunicatio ferendae sententiae) bei seiner Rede in der Stadt Cassano all’Ionio in der süditalienischen Region Kalabrien, der Hochburg dieser Mafia-Organisation,[85] weil sie „die Straße des Guten verlassen hätten“.
Am 30. Januar 2016 wurden in einem Betonbunker nahe Maropati durch die Polizia di Stato die seit mehreren Jahren gesuchten Bosse der ’Ndrangheta, Giuseppe Crea und Giuseppe Ferraro, gefasst. Der 37-jährige Crea war seit 10 Jahren auf der Flucht, der 48-jährige Ferraro bereits seit 18 Jahren.[86][87]
Am 5. Oktober 2016 konnte Antonio Pelle, Spitzname: La Mamma, in einem Bunker unter seinem Haus in der Kleinstadt Bovalino festgenommen werden, er gilt als mächtiger Boss, sogenannter Medaglione bzw. Capo di tutti i capi, des Pelle-Vottari-Romeo-Clans der kalabrischen Mafia-Hochburg San Luca und wurde nach dem Mord am 25. Dezember 2006 zum Nachteil der 33-jährigen Maria Strangio zu dreizehn Jahren Haft verurteilt. Maria Strangio war die Ehefrau von Giovanni Luca Nirta, Medaglione des Nirta-Strangio-Clans. Der Mordanschlag gilt als wesentliche Mitursache der Mafiamorde von Duisburg. Antonio Pelle wurde nach Einnahme von Schlankheitspillen und des daraus resultierenden schlechten Gesundheitszustandes aus der Haft in ein ziviles Krankenhaus verlegt und flüchtete am 15. September 2011 aus der Haft.[88][12]
Im Januar 2021 begann in Lamezia Terme der daraus folgende Rinascita-Scott-Prozess[89] mit einem Gerichtsverfahren gegen 350 Angeklagte, mutmaßliche Mitglieder und Helfer der ’Ndrangheta, einem der größten Mafia-Prozesse in der italienischen Geschichte. Die Beschuldigten wurden unter anderem wegen Mafia-Zugehörigkeit, Mord, illegalem Waffenbesitz, Drogenhandel, Erpressung und Geldwucher angeklagt.[90] In einer Aktion mit dem Codenamen Rinascita-Scott (Wiedergeburt von Scott – die von Oberstaatsanwalt Nicola Gratteri gewählte Bezeichnung sollte postum an den 2013 verstorbenen US-amerikanischen Drogenfahnder Sieben William Scott erinnern)[91] verhafteten die italienischen Behörden im Dezember 2019 mehrere hundert Mitglieder und Unterstützer der ’Ndrangheta, überwiegend des Mancuso-Clans aus Limbadi.[92][93]
Am 17. Februar 2022 wurden in den latinischen Küstenstädten Anzio und Nettuno mehr als 60 Menschen um den Gallace-Clan wegen internationalen Drogenhandels, Erpressung und illegalen Waffenbesitzes festgenommen, davon 39 inhaftiert. Darunter sind auch zwei Beamte, die Informationen an die Mafia weitergegeben haben sollen. Bei den Ermittlungen seit dem Jahr 2018 stellte sich heraus, dass die Clans durch Einschüchterung die Kontrolle über die lokale Wirtschaft und die Abfallentsorgung erlangen wollten und die öffentliche Verwaltung infiltrierten. Zwei namhafte Bosse lenkten den Kokainimport aus Südamerika, die Drogen wurden in einem Labor aufbereitet, um sie später im Süden Roms zu vertreiben. Am 21. Juli 2022 wurde der flüchtige Antonio Gallace von den Carabinieri in Nettuno festgenommen und im sogenannten Appia-Prozess zu 20 Jahren Haft verurteilt.[94]
Am 1. September 2022 meldete die Finanzpolizei die Festnahme von 202 Mitgliedern und Helfern der ’Ndrangheta um die Stadt Cosenza wegen Drogenhandel, Wettbetrug und Geldwäsche. Darunter waren Politiker und hochrangige lokale Behördenvertreter. Es wurden Immobilien und Gegenstände im Wert von mehr als 72 Millionen Euro sichergestellt und beschlagnahmt.[95]
Im Zusammenhang mit dem Betrieb von Flüchtlingsheimen wurden 33 Mitglieder des Arena-Clans am 2. September 2022 wegen Geldwäsche, Wucher und Hehlerei festgenommen. Bei den Durchsuchungen in zwölf Provinzen von Nord- bis Süditalien und auf der Insel Sardinien wurden Güter im Gesamtwert von rund 6,5 Millionen Euro beschlagnahmt. Mindestens sieben Firmen in der Lombardei, Umbrien und Kalabrien hatten falsche Rechnungen im Wert von rund 20 Millionen Euro ausgestellt, um illegale Einkünfte des Arena-Clans zu waschen. Die Ermittlungen richten sich auch gegen Buchhalter, die Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung ausgearbeitet hatten und gegen Angestellte der Steuerbehörden wegen Korruption.[96]
Bei Durchsuchungsmaßnahmen bei insgesamt 140 Verdächtigen am 1. Dezember 2022 im Umfeld des berüchtigten Clans Cosca Bellocco aus Rosarno, nahe der Hafenstadt Gioia Tauro, wurden auf dem süditalienischen Festland 65 Verdächtige und 13 im nördlichen Brescia wegen Drogenhandels, Geldwäsche und Erpressung festgenommen. Nach dem Tod des langjährigen Oberhauptes Umberto Bellocco (* 1937) am 22. Oktober 2022 habe dessen Enkel die Führung übernommen. Gioia Tauro gilt als wichtiger Umschlagpunkt im internationalen Drogenhandel. In der Vergangenheit machten die Behörden des Hafens in Schiffscontainern aus Südamerika gewaltige Kokainfunde mit Millionenwert.[97]
Am 19. Januar 2023 wurden bei Festnahme- und Durchsuchungsmaßnahmen gegen den Mancuso-Clan, der Gebiete um den Touristenort Tropea kontrolliert, in verschiedenen Orten Kalabriens, sowie in Palermo, Rom und Mailand, 56 Personen festgenommen. Ihnen wird Drogenhandel, Erpressung, Gewalt, Korruption, illegaler Waffenbesitz und der Transport und Verkauf gestohlener Landmaschinen nach Malta und Rumänien vorgeworfen. Unternehmensbeteiligungen und Bankkonten im Wert von 250 Millionen Euro wurden sichergestellt. Der bereits inhaftierte Clan-Chef Luigi Manusco steht schon seit einem Jahr vor Gericht.[98] Im April 2023 wurde mit Pasquale Bonavota, einer der meistgesuchten italienischen Kriminellen, ein weitereres hochrangiges Mitglied der Ndrangheta, der 2018 wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden und seither untergetaucht war, in Genua festgenommen.[99]
Die Frauen der ’Ndrangheta
In der Frühphase der kalabrischen Mafia gehörte die Zuhälterei zum Kerngeschäft. Etliche Frauen einer ’ndrina waren Prostituierte, die mit Gewalt an die Gruppe gebunden wurden. Erst zwischen den beiden Weltkriegen wandelte sich die Rolle, sie wurden zunehmend zu Akteurinnen in dynastischen Ehebündnissen. Neben den normalen weiblichen Pflichten, ihre Männer zu Vergeltungsaktionen anzuhalten, Waffen zu verstecken, Botschaften an Gefangene zu überbringen und die Kinder in der Kultur der Gewalt zu erziehen, wurden ’Ndrangheta-Frauen sogar mit der Vermögensverwaltung der Bande betraut und genießen teils den Sonderstatus den Titel Schwester der Omertà führen zu dürfen. Sie bleiben trotzdem aus den Kommandostrukturen ausgeschlossen, es gibt weder weibliche Offiziere in den locali noch dürfen sie initiiert werden.[100] Die schwache Rolle in den männlichen kriminellen Bruderschaften familiärer Prägung zeigt sich in rund zwanzig Gerichtsverfahren zum Nachteil weiblicher Opfer, die vermisst werden oder zu Tode kamen.[101] Am 18. März 1994 wurde die Witwe eines ’Ndranghetista, Maria Teresa Gallucci, deren Mutter Nicolina Celano und deren Nichte Marilena Bracalia in Genua-Pegli von Domenico Leotta und Francesco Di Marte, im Auftrag von Salvatore Pesce, Chef des Rosarno-Clans, in der eigenen Wohnung erschossen, weil sie das Andenken an ihren Ehemann beschmutzt habe, in dem sie ein neues Liebesverhältnis mit Francesco Arcuri, Mitglied einer Bande aus Gioia Tauro, eingegangen war. Um die Ehre der Familie wiederzuerlangen, wurde zuerst der Liebhaber der Frau mit neun Unterleibsschüssen getötet. Um keinen Krieg zwischen rivalisierenden Familien zu entfesseln und da nach den Gesetzen der ’Ndrangheta diejenigen, die für die Ehre töten, nicht bestraft werden können, selbst wenn die Ermordete eine ’Ndranghetista ist, musste sich die Erlösung des Rächers erst durch den Tod der untreuen Frau, dann durch den Tod ihrer Mutter ergeben.[102][103]
Maria Concetta Cacciola heiratete im Alter von dreizehn Jahren Salvatore Figliuzzi aus dem Bellocco-Clan. Figliuzzi war ein gewalttätiger Mann, deshalb bat sie ihre Herkunftsfamilie um Hilfe, aber ihr Vater weigerte sich ihr zu helfen und sagte: Das ist deine Ehe und du wirst sie lebenslang behalten. Mit fünfzehn bekam sie das erste ihrer drei Kinder.[104] Salvatore Figliuzzi wurde 2002 zu acht Jahren Haft verurteilt, gemäß dem Ehrenkodex der ’Ndrangheta sperrten ihr Vater und ihr Bruder sie und ihre Kinder ohne Kontakt nach außen zu Hause ein. Über das Internet entwickelte sich eine zweijährige Liebesbeziehung mit einem anderen Mann, die 2010 nach anonymen Briefen ihrem Bruder und Vater bekannt wurde. In der Folge erlitt sie schwere körperliche Misshandlungen wegen Entehrung der Familie. Am 11. Mai 2011 wurde sie zur Carabinieri-Station Rosarno aufgrund der Verhaftung ihres ältesten Sohnes wegen Fahrens ohne Führerschein vorgeladen und nutzte diese Gelegenheit, um sich zu offenbaren und um staatlichen Schutz zu erwirken. Als offizielle Zeugin der Anti-Mafia-Bezirksdirektion (DDA) von Reggio Calabria wurde sie am 29. Mai 2011 ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen und heimlich zunächst nach Cassano all'Ionio, dann nach Bozen und schließlich nach Genua überführt, ohne weitere Kontakte zur Familie unterhalten zu können. In Genua trieb sie die Sehnsucht nach ihren Kindern, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Ihre Familie setzte sie jedoch unter Druck, ihren Aufenthaltsort preiszugeben und sie wurde am 2. August von ihren Eltern und ihrem Bruder aus ihrem Versteck abgeholt. Am 20. August 2011, zwölf Tage nach ihrer Rückkehr nach Rosarno, wurde Maria Concetta tot im Badezimmer des Hauses aufgefunden, nachdem sie Salzsäure getrunken hatte. Drei Tage später gingen die Eltern zur Staatsanwaltschaft von Palmi, reichten eine Anzeige ein, in der sie die Behörden beschuldigten, ihre Tochter zum Selbstmord verleitet und sie durch Täuschung zur Zusammenarbeit gezwungen zu haben und legten den Brief und die Audiokassette vor, in denen Maria Concetta alles widerrief das sie den Ermittlern gegenüber erklärt hatte und behauptete, dies nur gesagt zu haben, um sich an ihrem Vater und seinem Bruder zu rächen.[105] Maria Concettas Vater Michele wurde zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, ihre Mutter zu vier Jahren und zehn Monaten und ihr Bruder Giuseppe zu fünf Jahren und acht Monaten. Die Rechtsanwälte Pisani wurden zu viereinhalb Jahren und Gregorio Cacciola im November 2017 zu vier Jahren und acht Monaten verurteilt.[106]
Giuseppina Pesce bestätigte 2012 in einem Gerichtsprozess den Kodex: Die Frau, die betrügt oder die Familie entehrt, muss mit dem Tod bestraft werden. Die Anwendung dieses ungeschriebenen ’Ndrangheta-Gesetzes zeigte sich 1981 im Pesce-Clan als auf Befehl des damaligen Paten Don Pepe Annunziata Pesce wegen einer außerehelichen Beziehung ermordet wurde.[107] Die in den Jahren veränderte Rolle der Frauen der ’Ndrangheta bewahrt sie nicht, um der männlichen Ehre willen verstümmelt, verletzt oder getötet zu werden.
Caterina Giancotti (* 1977 in Triggiano) ist eine der seltenen Ausnahmen, weil sie als erste Frau in einer Spitzenstruktur des organisierten Verbrechens eine aktive, operative und organisatorische Rolle als rechte Hand von Cristian Bandiera, Sohn des Clan-Chefs Gaetano Bandiera, übernommen hatte. Bei Festnahme- und Durchsuchungsmaßnahmen am 22. November 2022 gegen insgesamt 49 Menschen eines Zweigs der Organisation in der lombardischen Stadt Rho waren fünf Frauen darunter, es wurden Vermögenswerte im Wert von 40 Millionen Euro sichergestellt. Dass die neuen Patinnen genauso kaltblütig agieren wie ihre männlichen Familienmitglieder, zeigen Gespräche aus Telefonüberwachungen, darunter Ich werde deine Leber und die dieser zwei beschissenen Ratten essen, Heute komme ich zu dir nach Hause und prügele dich zu Tod und Denke daran, dass sie mir ein Stück bringen werden von dir.[108]
Die heiligen Kühe der ’Ndrangheta
Der zweite ’Ndrangheta-Konflikt hatte zur Folge, dass in dem Gebiet rund um Locri zahlreiche Hauskühe keine Besitzer mehr hatten, weil deren Eigentümer ermordet oder verhaftet wurden. Die herrenlosen Tiere verwilderten und vermehrten sich unkontrolliert, sie verwüsteten landwirtschaftliche Kulturen, wurden zum Risiko im Verkehr und stellten ein Gesundheitsproblem durch die Verbreitung von Krankheiten unter dem domestizierten Bestand dar. Fast täglich kam es in und um Cittanova zu schweren Unfällen mit Kühen. Keiner wagte die Kühe zu vertreiben, einzufangen oder zu dezimieren. Die Clans hielten sich weiterhin für die rechtmäßigen Eigentümer der Tiere, die Kühe galten damit als unberührbar und wurden bald als le vacche sacre della ’ndrangheta betrachtet.
Am 8. September 2005, zwischen 12:00 und 13:00 Uhr, wurde auf der Strecke von Canolo nach Gerace aus einem Hinterhalt der pensionierte Augenarzt Fortunato La Rosa (67) von zwei Personen mit Vorderschaftrepetierflinten mit drei Schüssen getötet, als er mit seinem Geländewagen nach Hause zurückkehrte. Dr. La Rosa war ein hoch angesehener Augenarzt und hatte als Chefarzt die Augenabteilung des Krankenhauses von Locri geleitet, besaß neunzig Hektar Ackerland, das ihm mit Hilfe von fünfzig beschäftigten Mitarbeitern ein beträchtliches Einkommen einbrachte. Er hatte es gewagt, eine Anzeige zu erstatten, nachdem das Vieh sein Eigentum verwüstet hatte. Zur Machtdemonstration wurde er aus Rache ermordet. 2015 wurden zwei Mitglieder der Raso-Filippone-Bande unter dem Vorwurf der Anstiftung zum Mord verhaftet, es handelt sich um Giuseppe Raso (* 1941) der als einer der Anführer der gleichnamigen kriminellen Gruppe gilt, und Domenico Filippone (* 1974).[109][110] Nachdem die Situation im Hitzejahr 2017 unhaltbar wurde, gründete sich in Cittanova die Bürgerinitiative No Bull, der sich weitere anliegende Gemeinden anschlossen. Im Januar 2018 wurde eine polizeiliche Scharfschützeneinheit zur Tötung der Tiere gegründet, die bis 2022 bereits 400 Kühe erlegte.[111]
Film- und Hörspiel-Dokumentationen
- Das dunkle Business der ’Ndrangheta. Dokumentation, Frankreich, 2008, Regie: Agnès Gattegno[112]
- Das Gesetz des Schweigens – Auf den Spuren der Mafia in Italien. Dokumentation, 2008, Regie: Antje Pieper.
- Deutschland im Visier. Das geheime Netz der kalabrischen Mafia. Dokumentation, Deutschland/Italien, 2008, Regie: Christian Gramstadt und Markus Rosch[113]
- ’Ndrangheta – Das blutige Business einer Mafia. Frankreich, 2008, Regie: Corradino Durruti[114]
- Im Netz der Mafia – Auf den Spuren der Mörder von Duisburg. Dokumentation, Deutschland, 2008, Regie: Ulrike Brödermann und Philipp Zahn[115]
- Uomini d’onore. Dokumentation, Italien, 2009, Regie: Francesco Sbano
- Operation weiße Weste – Der Vormarsch der Mafia in Europa. Dokumentation, Deutschland/Italien, 2015, Regie: Edgar Wolf und Max Löschner
- Die Frauen der Mafia, Originaltitel: Women of Ndrangheta. Dokumentation, 2016
- arte-Themenabend am 24. Oktober 2017: Das Gift der Mafia und das europäische Gesetz des Schweigens
- Deutschlandfunk, Hörspiele, Feature am 17. März 2020 [1]
- Mafia-Kolonie Ostdeutschland (ARD-Dokumentation der Serie Die Story im Ersten, Regie: Margherita Bettoni, Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia), 2021[116]
- Mafia Land – der True Crime Podcast, ARD Audiothek, 2023.[117]
Literatur
- John Dickie: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ’Ndrangheta, S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-013910-8.
- Gudrun Dietz: Die ’Ndrangheta. Wiley-VCH, Weinheim 2011, ISBN 978-3-527-50455-8.
- Enzo Fantò (Hrsg.): Massomafia. ’Ndrangheta, politica e massoneria dal 1970 ai giorni nostri. Koinè, Rom 1997, ISBN 88-8106-010-8.
- Stefano Morabito (Hrsg.): Mafia, ’Ndrangheta, Camorra nelle trame del potere parallelo. Gangemi, Rom 2005, ISBN 88-492-0896-0.
- Letizia Paoli: Mafia Brotherhoods – Organized Crime, Italian Style. UP, Oxford 2003, ISBN 0-19-515724-9.
- Alex Perry: The Good Mothers: The True Story of the Women Who Took on the World's Most Powerful Mafia. William Collins, London 2018, ISBN 978-0-00-822210-9.
- Petra Reski: Mafia: Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern, Droemer eBook, 3. März 2014, ISBN 978-3-426-27466-8.
- Andreas Ulrich: Das Engelsgesicht. Die Geschichte eines Mafia-Killers aus Deutschland. Goldmann, München 2007, ISBN 978-3-442-12973-7.
Weblinks
- ’Ndrangheta. In: Enciclopedie on line, bei Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom (italienisch)
- Sandro Mattioli, Rainer Nübel: Das Mafia-Kolosseum zu Stuttgart. In: Kontext: Wochenzeitung. 11. Mai 2011
- „Im Schattenreich der Krake“, Süddeutsche Zeitung, 3. Februar 2006, Reportage über die ’Ndrangheta
- Kleine Zusammenfassung (Memento vom 16. Januar 2006 im Internet Archive) und Kurzprofile führender Bosse der ’Ndrangheta
- „Duisburger Blutfehde. Grausames Ende einer Geburtstagsfeier“, Stern, 15. August 2007, mit Fotostrecke
- „Die herrschenden Zirkel Süditaliens“, Die Zeit, 19. August 2007
- Interview: Mafia-Jäger Cortese über die ’Ndrangheta, Die Tageszeitung, 21. Februar 2011
- Dokumentation: „Das dunkle Business der ‘Ndrangheta“ (Memento vom 25. Februar 2011 im Internet Archive) auf spotting.at, 19. März 2011
- Kritik in cosmopolis.ch des Kronzeugen-Buches Metastasen zur ’Ndrangheta
- Feature: Mafia? bei uns doch nicht – Der Siegeszug der ´Ndrangheta im Norden, PDF, Bernhard Pfletschinger, Deutschlandfunk, 17. März 2020
Einzelnachweise
- ↑ Das Initial wird im Kalabrischen ohne vorangestellten Vokal angegeben.
- ↑ Filippo Poltronieri, Ilaria Meli, Antonella Mautone, Frank Hornig, Youssef Hassan Holgado, Maurizio Franco: Mafia in Italien: Kampf um Rom. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 4. Februar 2021.
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- ↑ Direzione Investigativa Antimafia: Relazione del Ministro dell’Interno al Parlamento sull’attività svolta e sui risultati conseguiti dalla. 2021-12-31 S. 343 (Auch Anlage 15b, Seite XXV).
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- ↑ Sara Carbonin: Maria Teresa e il triplice omicidio d'onore. In: La Repubblica. Rom 2020-02-28.
- ↑ Grazia Teresella Berva: Per Maria Concetta Cacciola, condannata a morte perché voleva la libertà. Genova Today, 15. Juni 2020, abgerufen am 16. Februar 2023 (italiano).
- ↑ Lirio Abbate: Maria Concetta Cacciola sognava la libertà. Per questo era destinata a morire. L’Espresso, 8. Februar 2014, abgerufen am 17. Februar 2023 (italiano).
- ↑ Antonio Nicola Pezzuto: Giustizia per Maria Concetta: ultimo atto. Libera Informazione, 27. Januar 2018, abgerufen am 17. Februar 2023 (italiano).
- ↑ Archivierte Fälle neu aufgerollt. Österreichischer Rundfunk, 1. August 2012, abgerufen am 17. Februar 2023.
- ↑ Micaela Taroni: Die Patinnen – Immer mehr Frauen an der Spitze von Mafia-Clans. Berliner Morgenpost, 25. Dezember 2022, abgerufen am 24. Februar 2023.
- ↑ Omicidio del medico Fortunato Larosa: arrestati i due presunti mandanti. Giornale di Calabria, 27. März 2015, abgerufen am 20. Februar 2023 (italiano).
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- ↑ Dominik Straub: Die heiligen Kühe der ’Ndrangheta. In: Sächsische Zeitung. 2022-08-01 S. 3 (Gleicher Text auch am 20. Mai 2022, Seite 24).
- ↑ Inhaltsangabe (Memento vom 17. Dezember 2008 im Internet Archive) von arte
- ↑ Inhaltsangabe (Memento vom 15. April 2008 im Internet Archive) der ARD
- ↑ Programm | de – ARTE. 1. August 2012, archiviert vom Original am 1. August 2012; abgerufen am 27. Januar 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Inhaltsangabe des ZDF
- ↑ Online auf daserste.de. Abgerufen am 23. Februar 2021.
- ↑ MAFIA LAND - der True Crime Podcast: Die unglaubliche Geschichte des schwäbischen Pizzawirts Mario L. Abgerufen am 5. Mai 2023.
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